Onegin

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Onegin. Eine Liebe in St. Petersburg – Originaltitel: Onegin – Regie: Martha Fiennes – Drehbuch: Peter Ettedgui, Michael Ignatieff, nach dem Versroman "Eugen Onegin" von Alexander Sergejewitsch Puschkin – Kamera: Remi Adefarasin – Schnitt: Jim Clark – Musik: Magnus Fiennes – Darsteller: Ralph Fiennes, Liv Tyler, Toby Stephens, Lena Headey, Martin Donovan, Alun Armstrong, Simon McBurney, Harriet Walter, Jason Watkins, Irene Worth, Gwenllian Davies u.a. – 1999; 105 Minuten

Inhaltsangabe

St. Petersburg um 1820. Der intelligente junge Dandy Eugen Onegin wird durch die Leere seines Daseins zum melancholischen Zyniker. Als er einen Landsitz erbt, lernt er Vladimir Lensky kennen, einen angehenden Dichter, der mit einer jungen Frau namens Olga verlobt ist. Ihre Schwester Tatjana, eine sensible und kultivierte Schönheit, schickt Onegin einen Liebesbrief. Schonungslos erklärt er ihr, dass er weder für die Liebe noch für die Ehe geschaffen sei und ihre Gefühle nicht erwidere ...
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Kritik

In der Verfilmung des Versromans "Eugen Onegin" lässt Martha Fiennes sich viel Zeit, die Handlung zu entwickeln. Sehenswert ist "Onegin. Eine Liebe in St. Petersburg" v. a. wegen der ästhetischen Bilder und der schauspielerischen Leistungen.
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St. Petersburg um 1820. Der junge Dandy Eugen Onegin (Ralph Fiennes) ist intelligent und belesen, aber seiner selbst und der Welt überdrüssig; zwar kann er höflich und charmant sein, doch die Leere seines Daseins macht ihn zum melancholischen Zyniker. Statt sich zu binden, besucht er lieber Kurtisanen.

Als er die Nachricht erhält, dass ein reicher Onkel (Tom Eastwood) auf seinem Landsitz im Sterben liegt und ihn noch einmal sehen möchte, zieht Eugen Onegin es vor, mit seiner Reise zu warten, bis der Onkel tot ist. Obwohl er ein riesiges Vermögen erbt, langweilt er sich auch bei der Testamentseröffnung so, dass der Notar die Verlesung abbricht und ihm die Papiere zum Unterschreiben hinlegt.

In einem zu dem geerbten Landsitz gehörenden Wald lernt Eugen Onegin einen etwa gleichaltrigen Nachbarn kennen, der zwar in Göttingen studierte und Dichter werden möchte, aber hier aufgewachsen war und sich in der ländlichen Umgebung wohlfühlt. Vladimir Lensky (Toby Stephens) führt seinen neuen Freund bei der Witwe Masha Larina (Harriet Walter) und ihren beiden Töchtern ein. Olga (Lena Headey) ist mit Lensky verlobt, Tatjana (Liv Tyler) ihre ältere Schwester.

Obwohl Eugen Onegin und Vladimir Lensky grundverschieden sind, verbringen sie viel Zeit miteinander. Zu einer ersten Verstimmung kommt es, als Eugen Onegin unverblümt sagt, er wundere sich darüber, dass Lensky Olga statt Tatjana heiraten wolle und nicht verhehlt, dass er die jüngere der beiden Schwestern für provinziell hält. Bei Tatjana handelt es sich dagegen um eine scheue, sensible und kultivierte Schönheit, die sich gegen den Willen ihrer Mutter regelmäßig Bücher aus der Bibliothek von Onegins Onkel lieh.

Bei einer Abendgesellschaft erklärt Eugen Onegin, er beabsichtige, bald wieder nach St. Petersburg zurückzukehren und das Landgut seinen Leibeigenen zu verpachten. Madame Larina und ihre Gäste sind entsetzt über diese revolutionären Gedanken, aber Tatjana spricht sich für die Abschaffung der Leibeigenschaft aus.

Sie bewundert Eugen Onegin und zeigt es, als sie um ein neues Buch aus der Bibliothek des Onkels bittet. Eugen Onegin klärt sie jedoch darüber auf, dass er über die Verpachtung des Anwesens an die Leibeigenen nicht aus liberaler Überzeugung nachdenke, sondern weil er keine Lust habe, die Verantwortung für das Gut zu übernehmen.

In einem Brief gesteht Tatjana Eugen Onegin ihre Liebe. Als er das Billet gelesen hat, wirft er es in den Kamin, überlegt es sich dann jedoch anders und holt das angesengte Stück Papier wieder heraus.

Auf Tatjanas Namenstagsfeier folgt Eugen Onegin der Briefschreiberin zu einem Gartenpavillon. Dort erklärt er ihr schonungslos, dass er ihre Gefühle nicht erwidere und weder für die Liebe noch für die Ehe geschaffen sei. Er hält ihre Empfindungen für die flüchtige Schwärmereien eines unerfahrenen Mädchens und meint, sie werde rasch darüber hinwegkommen. Dann kehrt er zu der Festgesellschaft zurück und tanzt demonstrativ mit Olga.

Eifersüchtig beobachtet Vladimir Lensky die beiden und wirft seinem Freund nach dem Tanz vor, seine Braut verführen zu wollen. Verächtlich erwidert Eugen Onegin, wenn er das vorgehabt hätte, wäre es ihm ohne weiteres gelungen, denn Olga sei leicht zu haben.

Wegen dieser Beleidigung fordert Lensky Eugen Onegin zum Duell.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Eugen Onegin kommt mit seinem Diener Guillot (Jason Watkins) als Sekundanten zu spät zum Duell und versucht, seinen Freund davon abzubringen, aber Vladimir Lensky bleibt unversöhnlich und schießt als Erster. Weil er jedoch sehr erregt ist, trifft er seinen Gegner nicht. Damit ist Eugen Onegin an der Reihe. Mit einem tödlichen Kopfschuss bricht Vladimir Lensky zusammen. Zum ersten Mal zeigt Eugen Onegin Gefühle: Er wirft sich schluchzend über seinen Freund.

Kurz darauf verlässt er das Landgut mit unbekanntem Ziel.

Olga tröstet sich nach kurzer Zeit über den Tod ihres Bräutigams mit einem Husaren (Chris Lee Wright) und wird dessen Frau.

Sechs Jahre lang reist Eugen Onegin umher, dann kehrt er nach St. Petersburg zurück. Auf einem Ball glaubt er Tatjana wiederzusehen. Weil er sich nicht sicher ist, ob sie es ist, fragt er seinen Cousin, den Prinzen Nikitin (Martin Donovan). Der führt ihn zu ihr und stellt sie Eugen Onegin als seine Ehefrau vor. Höflich bittet Eugen Onegin um den nächsten Tanz, aber Tatjana gibt ihm einen Korb.

Zu Hause liest Eugen Onegin zum wiederholten Mal Tatjanas an den Ecken verkohlten Liebesbrief, den er noch immer bei sich trägt. Dann schreibt er ihr, er habe damals im Pavillon einen schweren Fehler begangen und wisse jetzt, dass sie die Frau seines Lebens sei.

Tatjana zerreißt den Brief, nachdem sie ihn gelesen hat und verbrennt ihn im Kachelofen.

Während ihr Mann schläft, dringt Eugen Onegin zu ihr vor. Er wirft sich auf die Knie und fleht sie an, mit ihm fortzugehen. Tatjana gibt schluchzend zu, ihn noch immer zu lieben. Aber es war ihre Entscheidung, einen anderen Mann zu heiraten, und sie wird Prinz Nikitin treu bleiben.

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Alexander Sergejewitsch Puschkin (1799 – 1837) schrieb „Evgenij Onegin“ 1823 bis 1830. In der vollständigen Fassung wurde der „Roman in Versen“ 1833 veröffentlicht. Die erste deutsche Übersetzung erschien 1840 unter dem Titel „Eugen Onegin“. Der Versroman „Eugen Onegin“ gilt als Meilenstein in der russischen Literaturgeschichte, denn Puschkin leitete damit die Ära des großen, realistisch-poetischen Romans ein. (Übrigens starb Puschkin, wie die Romanfigur Vladimir Lensky, am 10. Februar 1837 an den Folgen eines zwei Tage zuvor ausgetragenen Pistolenduells.)

Peter Tschaikowsky verwendete „Eugen Onegin“ als Vorlage für eine gleichnamige Oper, die am 29. März 1879 in Moskau uraufgeführt wurde. (Tschaikowsky sprach nicht von einer Oper, sondern von „lyrischen Szenen“.)

1999 verfilmten der englische Schauspieler Ralph Fiennes (* 1962), seine Schwester Martha (* 1965) und sein Bruder Magnus (* 1965) „Eugen Onegin“. Für Martha Fiennes war „Onegin. Eine Liebe in St. Petersburg“ nach einer Reihe von Musikvideos der erste Kinofilm, den sie inszenierte. Magnus Fiennes komponierte die Musik. Ralph Fiennes produzierte „Onegin. Eine Liebe in St. Petersburg“ und übernahm die Titelrolle.

Martha Fiennes lässt sich viel Zeit, die Handlung zu entwickeln und schreckt nicht vor großen Gesten und Metaphern zurück. Beispielsweise zeigt sie, wie Tatjanas Finger nach dem Schreiben des Liebesbriefes mit schwarzer Tinte befleckt sind und sie damit auch ihr weißes Kleid beschmutzt. Wir sehen, wie Tatjana einen Liebesbrief schreibt und Eugen Onegin ihre Gefühle zurückweist. Dieser Teil der Handlung spiegelt sich am Ende, wenn Eugen Onegin ihr einen Liebesbrief schickt und sie vergeblich anfleht, ihn zu erhören. Eine der stärksten Szenen in „Onegin. Eine Liebe in St. Petersburg“ folgt dem Pistolenduell: Tatjana, die es aus der Ferne beobachtet hat, rennt nach Hause und überbringt ihrer Mutter und ihrer jüngeren Schwester aufgewühlt die Nachricht von Vladimir Lenskys Tod, worauf auch diese zu schluchzen anfangen. Aber wir hören das alles nicht, denn die Episode wurde ohne Ton gefilmt.

Sehenswert ist „Onegin. Eine Liebe in St. Petersburg“ vor allem wegen der durchkomponierten Bilder von Remi Adefarasin und der schauspielerischen Leistungen besonders von Ralph Fiennes und Liv Tyler.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2009

Jurek Becker - Bronsteins Kinder
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