Charles Lindbergh
Charles Lindbergh jr. wurde am 4. Februar 1902 in Detroit, Michigan, als Sohn eines gleichnamigen aus Schweden eingewanderten Rechtsanwalts (1859 – 1924) und dessen Ehefrau, der Chemielehrerin Evangeline Lodge Land, geboren.
Das Maschinenbau-Studium brach er 1922 nach vier Semestern ab und begann eine Mechaniker- und Pilotenausbildung bei der Nebraska Aircraft Corporation. Die sollte eigentlich mit einem Alleinflug abgeschlossen werden. Weil Charles Lindbergh jedoch die geforderte Kaution nicht aufbringen konnte, stellte man ihm keine Maschine zur Verfügung.
Nachdem Charles Lindbergh einige Zeit als Fallschirmspringer bei Luftshows mitgemacht hatte, kaufte er sich ein kleines Flugzeug, eine Curtiss JN-4, trainierte damit und verdiente sein Geld als Kunstflieger.
1924 wurde er Heeresflieger. Im Jahr darauf schloss er die militärfliegerische Ausbildung als Jahrgangsbester ab und ließ sich als Postflieger auf auf der Route St. Louis – Chicago einstellen.
Am 14. Juni 1919 waren der britische Pilot John Alcock (1892 – 1919) und sein Navigator Arthur Whitten Brown (1886 – 1948) als Erste über den Atlantik geflogen, und zwar von Neufundland nach Irland (ca. 3650 Kilometer). Noch im selben Jahr hatte der Hotelier Raymond Orteig (1870 – 1939) 25 000 Dollar für den ersten Nonstop-Flug zwischen New York und Paris ausgesetzt.
Charles Lindbergh nahm sich die Atlantiküberquerung vor und ließ sich für diesen Zweck von einem Hersteller in San Diego eine einmotorige Maschine bauen, die er auf den Namen „Spirit of St. Louis“ taufte.
Am 20. Mai 1927 um 7.54 Uhr startete Charles Lindbergh in New York zu dem über 5800 Kilometer weiten Alleinflug nach Paris. Seit knapp einem Jahr gehörte er der Freimaurerloge in St. Louis an, und das Freimaurersymbol prangte sowohl an seiner Fliegerjacke als auch an seiner Maschine. Um das Gewicht zu minimieren, hatte Lindbergh auf ein Funkgerät und einen Sextanten verzichtet. Obwohl die Navigation mittels Kompass schwierig war, verfehlte er seinen Zielpunkt über der irischen Küste nur um wenige Kilometer. Von dort aus konnte er sich an markanten Gegebenheiten der Landschaft orientieren, und nach insgesamt dreiunddreißigeinhalb Stunden landete er auf auf dem Pariser Flughafen Le Bourget.
Nach seiner Rückkehr wurde er mit einer Konfetti-Parade in Manhattan geehrt und erhielt die Medal of Honor, die höchste militärische Tapferkeitsauszeichnung der USA. Das „Time“-Magazin wählte ihn zum Mann des Jahres.
Ein Jahr später, am 28. Mai 1929, vermählte Charles Lindberg sich in Englewood, New Jersey, mit Anne Spencer Morrow, der Tochter eines Geschäftsmanns und Politikers. Die beiden bekamen sechs Kinder.
Der am 22. Juni 1930 geborene Sohn Charles III wurde am 1. März 1932 entführt. Lindbergh erklärte sich bereit, den Kidnappern 50 000 Dollar Lösegeld zu zahlen, aber am 12. Mai fand der LKW-Beifahrer William Allen das Baby tot in einem Waldstück auf. Offenbar hatte man es kurz nach der Entführung ermordet. Zwar wurde ein Mann namens Bruno Richard Hauptmann wegen des Verbrechens verurteilt und 1936 hingerichtet, doch es blieb umstritten, ob er das Lindbergh-Baby entführt und getötet hatte.
Nach dem traumatischen Erlebnis zog die Familie Lindbergh nach Europa und lebte zunächst in England, dann in Frankreich.
Dass Charles Lindbergh sich im Oktober 1938 von Hermann Göring mit dem von Hitler gestifteten „Großkreuz des Deutschen Adlerordens“ dekorieren ließ, wurde ihm von Gegnern der Nationalsozialisten verübelt.
Im Frühjahr 1939 kehrten die Lindberghs in die USA zurück. Als der Zweite Weltkrieg begann, quittierte Charles Lindbergh seinen Dienst bei der Luftwaffe,
engagierte sich gegen einen Kriegseintritt seines Landes und wurde Sprecher des America First Committee. 1940/41 verlangte er als Redner bei politischen Kundgebungen und in Radioansprachen von der US-Regierung, sich aus dem Krieg in Übersee herauszuhalten und ein vom Deutschen Reich dominiertes Europa zu akzeptieren. In Des Moines, Iowa, bezeichnete er am 11. September 1941 die Regierung von Franklin Delano Roosevelt sowie Juden und Briten als Kriegstreiber und warnte vor dem Einfluss der Juden in den USA („their large ownership and influence in our motion pictures, our press, our radio and our government“).
Nach dem Kriegseintritt der USA bemühte sich Charles Lindbergh um eine Reaktivierung als Luftwaffen-Offizier, stieß dabei jedoch aufgrund seiner politischen Einstellung auf Widerstand. Erst 1944 konnte er sich kurze Zeit als Pilot am Krieg im Pazifik beteiligen.
Für seine 1954 veröffentlichte Autobiografie „The Spirit of St. Louis“ („Mein Flug über den Ozean“) wurde Charles Lindbergh mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet.
Von 1957 bis zu seinem Tod unterhielt Charles Lindbergh heimlich ein Verhältnis mit der vierundzwanzig Jahre jüngeren Münchner Hutmacherin Brigitte Hesshaimer. Die drei gemeinsamen Kinder Dyrk (* 1958), Astrid (* 1960) und David (* 1967) erfuhren erst als Erwachsene, dass ihr Vater Charles Lindbergh war. (Dessen Vaterschaft wurde durch einen DNA-Vergleich im November 2003 bestätigt.) Parallel dazu zeugte Charles Lindbergh mit Brigitte Hesshaimers Schwester Marietta zwei Söhne und mit seiner Privatsekretärin zwei weitere Kinder, einen Sohn und eine Tochter.
Er starb am 26. August 1974 in seinem Haus auf der Hawaii-Insel Maui an Lymphdrüsenkrebs.
In ihrem Roman „Lipshitz“ verknüpft T Cooper Fakten über Charles Lindbergh mit einer fiktiven Familiengeschichte.
© Dieter Wunderlich 2011
T Cooper: Lipshitz