Im Bett. En la Cama

Im Bett. En la Cama

Im Bett. En la Cama

Im Bett. En la Cama – Originaltitel: En la Cama – Regie: Matías Bize – Drehbuch: Julio Rojas – Kamera: Christián Castro, Gabriel Díaz – Schnitt: Paula Talloni – Musik: Diego Fontecilla – Darsteller: Blanca Lewin, Gonzalo Valenzuela – 2005; 85 Minuten

Inhaltsangabe

Ein Mann und eine Frau, die sich gerade erst auf einer Party in Santiago de Chile zum ersten Mal gesehen haben, kopulieren in einem Hotelzimmer. Erst nach dem Orgasmus erkundigen sie sich nach ihren Namen. Bruno und Daniela – so heißen sie – bleiben im Bett und beginnen, miteinander zu reden. Nach jedem Koitus in dieser Nacht kommen sie sich auch gesprächsweise näher, aber es wird immer deutlicher, dass es bei einem One-Night-Stand bleibt.
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Kritik

"Im Bett. En la Cama" ist ein unspektakuläres Kammerspiel von Matías Bize mit nur zwei Schauspielern. Plot, Setting und Darsteller sind faszinierend; weniger gelungen finde ich die Kameraführung.
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Ein Mann und eine Frau, die sich gerade erst auf einer Party in Santiago de Chile zum ersten Mal gesehen haben, kopulieren in einem Hotelzimmer, über dessen Tür ein Leuchtschild mit der Aufschrift „SEXIT“ angebracht ist. Erst nach dem Sex erkundigen sie sich nach ihren Namen. Sie heißen Bruno (Gonzola Valenzuela) und Daniela (Blanca Lewin).

Sie bleiben im Bett und beginnen, miteinander zu reden.

Daniela berichtet über drei oder vier One-Night-Stands und erzählt, dass sich ihre Mutter scheiden ließ, als sie nach zweiunddreißig Ehejahren herausfand, dass ihr Mann ein Doppelleben führte und eine Geliebte hatte. Bruno erfährt, dass Daniela vor drei Jahren unter Bulimie litt. Sie sei von ihrem Partner Rodrigo in fünf Jahren ein paar Mal krankenhausreif geschlagen worden, sagt Daniela. Sie habe sich mehrmals von ihm getrennt und wieder versöhnt. Zur Zeit sei Rodrigo auf einer Geschäftsreise.

Bruno behauptet, er habe sich kürzlich von seiner Freundin Franziska getrennt, die glaubte, sie sei zu dick. In ein paar Tagen werde er nach Belgien reisen, um dort zu promovieren. Und er erzählt von einem Trauma aus seinem siebten Lebensjahr: Sein jüngerer Bruder verschwand damals spurlos, während die Eltern mit den beiden Kindern in einem Supermarkt einkauften. Erst heute, sagt Bruno, verrate er zum ersten Mal jemandem, dass er damals seinen Bruder auf der Straße sah, als bereits alle nach ihm suchten.

Bruno und Daniela baden zusammen in der Wanne und lieben sich dann erneut. Bald darauf zieht Daniela zum dritten Mal ihr Oberteil aus, aber Bruno benötigt noch etwas Zeit, bis er wieder kann. Sie schalten kurz das Fernsehgerät ein, hören Musik, und Daniela tanzt dazu im Bademantel. Beim nächsten Orgasmus stöhnt Bruno „Franziska“. Empört springt Daniela aus dem Bett. Im Bad merkt Bruno, dass das Kondom geplatzt ist. Darüber kommt es zum Streit. Es geht nicht nur um die Ansteckungsgefahr, sondern auch um das Risiko einer Befruchtung, denn Daniela nimmt keine Verhütungsmittel.

Obwohl es inzwischen 4 Uhr morgens ist, ruft Danielas Freundin Carla an. Sie möchte wissen, ob Daniela noch mit dem Mann zusammen ist, mit dem sie von der Party wegging. Daniela behauptet, sie habe Carla noch während der Party angekündigt, dass sie mit dem Unbekannten schlafen werde. Darauf reagiert Bruno etwas pikiert, denn er nahm an, er habe Daniela erobert.

Als Daniela in der Toilette ist, sucht Bruno in ihrer Handtasche nach weiteren Hinweisen auf ihr Leben außerhalb dieses Hotelzimmers und findet Hochzeitskarten: In ein paar Tagen wird sie Rodrigo heiraten.

Am frühen Morgen kuschelt Daniela sich an Bruno, legt ihren Kopf auf seine Brust und schließt die Augen.

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Wenn „Im Bett. En la Cama“ beginnt, bleibt die Leinwand erst einmal dunkel, aber wir hören einen Mann und eine Frau stöhnen. Sex pur. Dann huschen in einer hektisch geschnittenen Sequenz unscharfe Bewegungen über die Leinwand; hin und wieder erkennen wir weibliche bzw. männliche Körperteile. Erst wenn das Paar nach dem Orgasmus erschöpft auf dem Bett liegt, sehen wir sie als Personen und begreifen, dass sie sich in einem Hotelzimmer befinden. Sie schlüpfen wieder in die auf den Boden geworfene Unterwäsche; die Frau zündet sich eine Zigarette an, und sie beginnen miteinander zu reden. Kein einziges Mal verlässt die Kamera das Zimmer, in dem sich Bruno und Daniela aufhalten. Nach jedem Koitus kommen sie sich auch durch Gespräche näher – aber es wird immer deutlicher, dass es bei einem One-Night-Stand bleiben muss. Sie sind sich sympathisch und fühlen sich auch sexuell zu einander hingezogen, aber sie machen sich keine Illusionen über die Möglichkeit einer dauerhaften Beziehung. Gerade weil sie davon ausgehen, sich nach dieser Nacht nie wiederzusehen, wagen sie es, sich gegenseitig Geheimnisse zu verraten.

Neu ist das nicht: Michel Deville drehte bereits 1990 mit Marie Trintignant und Jean-Hugues Anglade einen ähnlichen Film: „Michel Deville: Eine Sommernacht in der Stadt“.

„Im Bett. En la Cama“ ist ein unspektakuläres Kammerspiel des chilenischen Regisseurs Matías Bize mit nicht mehr als zwei Schauspielern: Blanca Lewin und Gonzalo Valenzuela. Zu dem Minimalismus passt auch der weitgehende Verzicht auf Musikuntermalung. Im Zentrum des Films stehen die vordergründig banalen Dialoge, die ebenso realistisch wirken wie die Sexszenen, die zwar explizit sind, aber ohne Voyeurismus auskommen.

Weil die Kamera in einem engen Raum nicht viele Möglichkeiten hat, die Perspektive zu wechseln, sollen in diesem Film Schnittfolgen Dynamik erzeugen. Dabei ist mehrere Male zu erkennen, dass Bilder aus verschiedenen Takes zusammengesetzt wurden. Die hin und wieder im Vordergrund gefilmten unscharfen Farbtupfer widersprechen dem Minimalismus des Settings ebenso wie die zweimal eingesetzten Splitscreens. Ob die hin und wieder vorgenommenen amateurhaft-abrupten Zooms und Nachjustierungen der Schärfeneinstellung den Eindruck der Authentizität steigern sollen? Jedenfalls stören sie. Die Kameraführung ist der Schwachpunkt des sonst durchaus gelungenen Films „Im Bett. En la Cama“ von Matías Bize.

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Inhaltsangabe und Filmkritik: © Dieter Wunderlich 2009

Jörg-Uwe Albig - Das Stockholm-Syndrom und der sadomasochistische Geist des Kapitalismus
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