Tödliches Kommando. The Hurt Locker

Tödliches Kommando. The Hurt Locker

Tödliches Kommando. The Hurt Locker

Tödliches Kommando. The Hurt Locker – Originaltitel: The Hurt Locker – Regie: Kathryn Bigelow – Drehbuch: Mark Boal – Kamera: Barry Ackroyd – Schnitt: Chris Innis, Bob Murawski – Musik: Marco Beltrami, Buck Sanders – Darsteller: Jeremy Renner, Anthony Mackie, Brian Geraghty, Guy Pearce, Ralph Fiennes, David Morse, Christian Camargo, Suhail Aldabbach, Evangeline Lilly, Christopher Sayegh u.a. – 2008; 120 Minuten

Inhaltsangabe

William James, Mike Sanborn und Owen Eldridge gehören 2004 zum Explosive Ordnance Disposal der US-Armee im Irak. Ihre Aufgabe ist es, Bomben und Sprengfallen zu entschärfen. Nicht nur die Arbeit ist lebensgefährlich; die Männer müssen auch jederzeit mit Heckenschützen rechnen. Eldridge versucht seine Angst zu bezwingen, Sanborn vermeidet unnötige Risiken und hält sich strikt an Vorschriften, aber für James wird der Nervenkitzel zur Droge ...
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Kritik

"Tödliches Kommando. The Hurt Locker" ist weder ein Antikriegs- noch ein politischer Film. Kathryn Bigelow zeigt in authentisch wirkenden Episoden, wie drei Männer mit der Lebensgefahr umgehen, der sie täglich ausgesetzt sind.
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Irak, 2004. Sergeant Matt Thompson (Guy Pearce) ist Chef einer kleinen Einheit des Explosive Ordnance Disposal (EOD) der US-Armee. Aufgabe der drei Männer ist es, Bomben und Sprengfallen zu entschärfen.

Als der dabei benutzte Roboter eines Tages versagt, zieht Thompson Schutzkleidung an und geht selbst zu der in einem Abfallhaufen versteckten Bombe, während Sergeant Mike Sanborn (Anthony Mackie) und Specialist Owen Eldridge (Brian Geraghty) auf mögliche Heckenschützen achten. Zu spät entdecken sie in einem Verkaufsstand einen Metzger (Omar Mario) mit einem Mobiltelefon in der Hand. Sie schreien, er solle das Handy weglegen, aber da zündet er die Sprengladung, und Sergeant Thompson wird bei der Explosion getötet.

Ersetzt wird er durch Sergeant William James (Jeremy Renner). Bei ihm handelt es sich um einen Einzelkämpfer und tollkühnen Draufgänger.

Ein geparktes Auto, das wegen des augenscheinlich schwer beladenen Kofferraums verdächtig ist, wird gemeldet. Während Schaulustige von Fenstern und Hausdächern gaffen, macht James sich an die Arbeit. Im Kofferraum liegen tatsächlich mehrere große Bomben. Weil die Schutzkleidung in diesem Fall nichts nützen würde und bloß unbequem ist, zieht James sie unter Missachtung der Vorschriften aus. Eldridge beobachtet einen Araber, der mit einer Videokamera filmt. Bei der Vorstellung, einer der Attentäter sei dabei, die Explosion für YouTube aufnehmen, droht er die Nerven zu verlieren. Auch Sanborn wird nervös, und er drängt James zur Eile. Der zeigt ihm den Stinkefinger und wirft sein Funkgerät auf den Boden. Sanborn, der sich an Vorschriften hält und keine unnötigen Risiken eingehen will, wird so wütend, dass er James einen Schlag ins Gesicht versetzt, als dieser nach der erfolgreichen Arbeit an der Autobombe zurückkommt.

Kurz darauf bringt das Kommando Bomben, die nicht entschärft werden können, unter kontrollierten Bedingungen in der Wüste zur Explosion. Im letzten Augenblick fährt James noch einmal allein zu den vorbereiteten Sprengkörpern, weil er seine Handschuhe liegen ließ. Sanborn, der bereits den Auslöser in der Hand hält, spielt mit dem Gedanken, einen tödlichen Unfall vorzutäuschen, denn er befürchtet, dass James durch seine Todesverachtung die Überlebenschancen der Männer des Teams verringert. Eldridge ist entsetzt, als er merkt, dass Sanborn ernsthaft über einen Mord nachdenkt. Am Ende drückt Sanborn doch nicht vorzeitig auf den Knopf.

Nach den Sprengungen in der Wüste wird die um fünf Männer eines Sicherheitsunternehmens (Ralph Fiennes, Sam Spruell, Sam Redford, Feisal Sadoun, Barrie Rice) verstärkte Einheit von Scharfschützen attackiert. Die US-Soldaten fordern einen Hubschrauber an und liefern sich mit den Angreifern ein stundenlanges Feuergefecht, bei dem alle Araber und einige Amerikaner getötet werden.

Am Abend betrinken sich James, Sanborn und Eldridge gemeinsam. Das Erlebnis hat sie zusammengeschweißt. James vertraut seinen Kameraden an, er habe unbedacht eine von ihm geschwängerte Frau geheiratet. Inzwischen sei er zwar geschieden, zumindest nehme er das an, aber Connie (Evangeline Lilly) wohne nach wie vor mit dem zweijährigen Sohn im Haus. In einer Kiste unter dem Bett bewahrt James Teile der von ihm entschärften Bomben auf. Als Sanborn und Eldrige auch einen Ehering in der Kiste entdecken, meint er: „Ich sage doch, es sind alles Sachen, die mich beinahe umgebracht hätten.“

In einem verlassenen Terroristenquartier stoßen James, Sanborn und Eldridge auf die Leiche eines Zwölfjährigen, dem James DVDs abkaufte. In seiner Fußball-Begeisterung nannte er sich „Beckham“ (Christopher Sayegh). Rasch wird klar, dass es sich bei dem Toten um eine Körperbombe handelt. In solchen Fällen lösen die Männer des EOD unter kontrollierten Bedingungen eine Detonation aus. Während Sanborn und Eldridge vor dem Gebäude Wache halten, bereitet James die Sprengung vor. Aber dann bricht er die Arbeit ab, schneidet die Brust des Jungen auf, zieht die Bombe heraus und entschärft sie. Die Leiche übergibt er Arabern, die für eine würdige Bestattung sorgen sollen.

Eldridge spricht währenddessen mit einheimischen Männern und Frauen, die einen Eselskarren bei sich haben und Steine abtransportieren wollen. Er versucht ihnen klarzumachen, dass sie sich in einer Gefahrenzone befinden und drängt sie, den Ort zu verlassen. James, Sanborn und Eldridge sitzen bereits aufbruchbereit im Humvee, als Colonel Reed (David Morse), der mit ihnen zurückfahren möchte, den abziehenden Arabern noch freundlich nachwinkt. Plötzlich wird er von einer Bombe zerfetzt. Bis auf seinen Helm bleibt nichts mehr von ihm übrig.

Um herauszufinden, wer „Beckham“ tötete, wendet James sich an den DVD-Händler (Hasan Darwish), für den der Junge arbeitete. Der tut so, als verstünde er den US-Soldaten nicht. Als er gleich darauf seinen Verkaufsstand zusammenpackt und mit seinem Lieferwagen wegfahren will, springt James mit vorgehaltener Pistole auf den Beifahrersitz. Der Händler soll ihn zu „Beckhams“ Eltern bringen. Er setzt James ab und verschwindet. In dem Haus wohnen Professor Nabil (Nabil Koni) und dessen Frau (Nibras Qassem). Sie kannten den Jungen nicht, und die aufgeregte Frau vertreibt James, indem sie auf ihn einprügelt.

Noch in derselben Nacht explodiert ein Tanklastzug. Tote und Verletzte liegen auf der Straße. An vielen Stellen brennt es. Es herrscht Chaos. James vermutet, dass es sich nicht um einen Selbstmordanschlag handelte und die Terroristen noch in der Nähe sind. Er nimmt sich vor, sie aufzuspüren, obwohl das nicht zu den Aufgaben des EOD gehört. Sanborn und Eldridge sind entsetzt über das waghalsige und vorschriftswidrige Vorhaben, aber sie folgen ihm. Nach einer kurzen Schießerei bringen zwei Terroristen Eldridge in ihre Gewalt. James erschießt sie, trifft dabei aber auch Eldridge ins Bein. Mit einem zertrümmerten Oberschenkelknochen wird Eldridge ausgeflogen.

Zwei Tage vor dem Ende ihres Einsatzes im Irak werden James und Sanborn zu einer Straße gerufen. Dort steht ein Mann (Suhail Al-Dabbach), der behauptet, Sprengstoffgürtel zu tragen, aber nicht sterben zu wollen. Ein Araber (Michael Desante) dolmetscht zwischen ihm und den beiden Amerikanern, die ihn auffordern, seinen schwarzen Mantel und das weiße Hemd zu öffnen. Verkabelte Sprengstoffpakete werden sichtbar. Sollen James und Sanborn ihn erschießen? Der Mann fleht die US-Soldaten an, ihm zu helfen. Er habe sieben Kinder, sagt er. James zieht Schutzkleidung an, nähert sich dem Araber mit vorgehaltener Pistole und bringt ihn dazu, die Hände hinter dem Kopf zu verschränken, während er sich die Sprengstoffgürtel anschaut. Schnell begreift er, dass die Detonation in ein paar Minuten durch einen Zeitzünder ausgelöst wird. Weil die Gürtel mit Stahlketten und massiven Vorhängeschlössern versehen sind, lässt James sich von Sanborn einen Bolzenschneider bringen. Wenige Sekunden vor der Zündung sieht er ein, dass er es nicht schaffen kann. Er lässt von dem verzweifelten Mann ab und rennt los. Die Druckwelle der Explosion, die den Araber zerreißt, wirft ihn zu Boden, aber er überlebt ohne ernsthafte Verletzungen.

Wieder zurück in den USA, räumt James das Laub aus der Dachrinne seines Hauses und spielt mit seinem kleinen Sohn. Im Supermarkt hat seine Frau bereits den Einkaufswagen vollgepackt, als er gerade einmal eine Flasche Limonade findet. Connie fordert ihn auf, noch Cornflakes zu holen und ihr zur Kasse nachzukommen. Als James, der bei seinem Einsatz im Irak blitzschnell lebenswichtige Entscheidungen traf, vor dem riesigen Regal mit Dutzenden verschiedener Marken steht, ist er überfordert.

Er meldet sich für einen weiteren 365-Tage-Einsatz im Irak.

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Irak, 2004. Im Kampf gegen Terroristen gibt es für die US-Soldaten keine klar erkennbaren Fronten. Jeder Araber könnte ein Bombenleger sein. Und wenn ein Draht auf der Straße liegt, müssen die Männer des Explosive Ordnance Disposal (EOD) der US-Armee nachsehen, ob er mit einer Sprengfalle verbunden ist. Nicht nur das Entschärfen der Bomben ist lebensgefährlich; die Soldaten müssen auch jederzeit mit Heckenschützen rechnen.

„Tödliches Kommando. The Hurt Locker“ ist weder ein Antikriegsfilm noch ein politischer Film. Mark Boal (Drehbuch) und Kathryn Bigelow (Regie) fragen nicht, ob die beispielsweise im Irak und in Afghanistan geführten Kriege sinnvoll sind oder nicht, sie verwahren sich auch nicht gegen Krieg im Allgemeinen, sondern beschäftigen sich ausschließlich mit den Folgen, die der Kriegseinsatz für die Betroffenen haben kann.

Wir sehen in „Tödliches Kommando. The Hurt Locker“, wie drei Amerikaner mit dieser ungewöhnlichen Belastung umgehen. Sie bewähren sich nicht als Helden, die im Kampf ein strategisches Kriegsziel verfolgen, sondern üben bei der Armee einen Job aus, bei dem sie jeden Tag ihr Leben riskieren. Der von Jeremy Renner gespielte Protagonist William James erträgt dies nur, indem er sich todesverachtend und ohne viel nachzudenken an die Arbeit macht. Während er dabei blitzschnell lebenswichtige Entscheidungen trifft, überfordert ihn das Alltagsleben. Der Krieg wird für ihn zur Abhängigkeit erzeugenden Droge. Im Vorspann von „Tödliches Kommando. The Hurt Locker“ steht denn auch ein Zitat des Journalisten Chris Hedges: „Der Rausch des Kampfes wird oft zu einer mächtigen und tödlichen Sucht. Denn Krieg ist eine Droge.“

Auch formal weichen Mark Boal und Kathryn Bigelow in „Tödliches Kommando. The Hurt Locker“ von Antikriegsfilmen ab: Statt spektakulärer Schlachten zeigen sie in authentisch wirkenden Bildern Episoden aus dem täglichen Einsatz eines Räumkommandos im Irak.

Gedreht wurde „Tödliches Kommando. The Hurt Locker“ übrigens nicht im Irak, sondern in Jordanien.

Der Titel „The Hurt Locker“ stammt aus dem Soldatenjargon. Gemeint ist damit ein Ort, an dem der Schmerz weggesperrt ist. Der deutsche Titel „Tödliches Kommando“ ist missraten.

„Tödliches Kommando. The Hurt Locker“ wurde mit sechs „Oscars“ ausgezeichnet: Film, Regie, Drehbuch, Schnitt, Ton und Tonschnitt (Paul N. J. Ottosson, Ray Beckett). Nominiert hatte man auch Jeremy Renner für die Hauptrolle, Barry Ackroyd für die Kameraführung sowie Marco Beltrami und Buck Sanders für die Filmmusik.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2012

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