Ernest Hemingway : Der alte Mann und das Meer

Der alte Mann und das Meer
Originalausgabe: The Old Man and the Sea, New York 1952 Der alte Mann und das Meer Übersetzung: Annemarie Horschitz-Horst Rowohlt Verlag, Reinbek 1952
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Der alte kubanische Fischer Santiago ist nun schon 84 Tage lang mit seinem Boot hinaus aufs Meer gefahren, ohne auch nur einen einzigen Fisch zu fangen. In den ersten 40 Tagen hatte ihn der Junge Manolin begleitet, aber dann sorgten dessen Eltern dafür, dass ihr Sohn anderen Fischern half, die mehr Glück als Santiago hatten ...
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Kritik

"Der alte Mann und das Meer" ist als Parabel des Lebens zu verstehen. Es ist erstaunlich, mit welcher Kraft Ernest Hemingway diese Geschichte in kurzen Sätzen und mit einfachen Worten erzählt.
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84 erfolglose Tage

Der alte kubanische Fischer Santiago ist nun schon 84 Tage lang mit seinem Boot hinaus aufs Meer gefahren, ohne auch nur einen einzigen Fisch zu fangen. In den ersten 40 Tagen hatte ihn der Junge Manolin begleitet, aber dann sorgten dessen Eltern dafür, dass ihr Sohn anderen Fischern half, die mehr Glück als Santiago hatten. Morgens und abends kümmert sich Manolin jedoch um den einsamen Mann und bringt ihm zu essen. In seiner Hütte hat Santiago die kolorierte Fotografie seiner Frau von der Wand genommen und sie unter sein sauberes Hemd gelegt, weil er sich bei ihrem Anblick so verlassen fühlte.

Am 85. Tag trinkt Santiago vor Sonnenaufgang etwas von dem Kaffee, den ihm Manolin besorgt hat. Dann rudert er allein hinaus, weiter als alle anderen Fischer.

Die jungen Fischer, die durch den Verkauf von Hai-Leber so viel Geld verdienten, dass sie sich Motorboote leisten können, betrachten das Meer als etwas Maskulines — wie einen Konkurrenten. Der alte Mann jedoch hält die See für weiblich, „etwas, was große Gunst gewähren oder vorenthalten kann“ und vom Mond beeinflusst wird wie eine Frau.

Der Fang

Als Köder hat der alte Mann Sardinen und Tintenfische auf seine Angelhaken gespießt. Bald fängt er einen 10 Pfund schweren Albacore, den er als Köder für noch größere Fische auswirft. Der Fisch, der schließlich anbeißt, muss gewaltig sein, denn er schleppt das Boot des alten Mannes immer weiter aufs Meer hinaus. Die ganze Nacht und auch den nächsten Tag über zieht der Fisch das Boot hinter sich her. Zum Glück taucht er nicht in die Tiefe hinunter, denn sonst würde die Leine reißen.

Es wäre viel weniger anstrengend, wenn er alte Mann die Leine am Boot festmachen würde, aber dann könnte sie bei einem heftigen Ruck des Fisches reißen. Er muss sie ständig in der Hand halten und über die Schulter laufen lassen, um mit seinem Körper heftige Bewegungen des Fisches abzufedern. Der Rücken schmerzt, und die Handflächen reißen auf. Stundenlang kann er die linke Hand nicht benützen, weil sie sich verkrampft hat. Sorgsam achtet er darauf, nicht ruckartig an der Leine zu ziehen: „Ich darf seine Schmerzen nicht größer werden lassen, dachte er. Meine sind ganz egal. Meine kann ich beherrschen. Aber seine Schmerzen können ihn zum Wahnsinn treiben.“

Zwischendurch trinkt der alte Mann einen Schluck Wasser aus der einzigen Flasche, die er an Bord hat. Um bei Kräften zu bleiben, isst er von einem rohen Thunfisch. Später fängt er eine Makrele, aber er verzehrt nur ein Stück davon und die beiden fliegenden Fische aus ihrem Magen, weil er befürchtet, es könne ihm übel werden. Durch Erbrechen würde er Kraft verliert.

Der große Fisch tut ihm Leid, aber das ändert nichts an seinem Entschluss, ihn zu töten. „Wie vielen Menschen wird er als Nahrung dienen, dachte er. Aber sind sie’s wert, ihn zu essen? Nein, natürlich nicht. Es gibt niemand, der’s wert ist, ihn zu essen, wenn man die Art seines Verhaltens und seine ungeheure Würde bedenkt.“

Santiago wird es wiederholt schwarz vor den Augen, aber er gibt nicht auf. In der zweiten Nacht schläft er ein wenig, damit er einen halbwegs klaren Kopf behält. Plötzlich erwacht er, weil die Leine durch seine Hand rast. Vorsichtig bremst er den Zug ab. Am dritten Tag beginnt der Fisch um das Boot zu kreisen. Gegen Mittag kommt er so dicht an das Boot heran, dass der alte Mann ihn harpunieren kann.

Die Rückkehr

Das Tier ist größer als das Fischerboot. Dem alten Mann bleibt nichts anderes übrig, als den riesigen Schwertfisch der Länge nach neben dem Boot zu vertäuen. Dann richtet er den Mast auf und setzt Segel, um seine reiche Beute nach Hause zu bringen.

Aber das Blut, das beim Stich mit der Harpune in das Herz des Fisches im Meer verströmte, lockt Haie an. Den ersten Hai, der sein Furcht erregendes Maul aufreißt und die Zähne in den gefangenen Fisch schlägt, tötet der alte Mann mit seiner Harpune. Doch die Leine reißt und der tote Hai verschwindet mit der Harpune im Wasser. Santiago bindet ein Messer an einen der Riemen und tötet damit zwei weitere Haie. Beim letzten Stoß zerbricht die Klinge.

Jetzt bleibt ihm nur noch die Keule. Damit wehrt er nach Sonnenuntergang noch einmal ein Paar Haie ab.

Er mag seinen Fang nicht ansehen, aber er weiß, dass die Haie die Hälfte davon zerfetzt haben. Und er ahnt, dass noch mehr von ihnen kommen werden. „Vielleicht war es eine Sünde, den Fisch zu töten“, überlegt er. „Wahrscheinlich war es das, obwohl ich es tat, um mein Leben zu fristen und viele Leute damit zu ernähren. Aber dann ist alles eine Sünde.“ Etwa um 10 Uhr abends sieht er den Lichtschein der Stadt. Um Mitternacht greift ein ganzes Rudel Haie an. Mit aller Kraft schlägt er auf die Angreifer ein, bis die Keule verloren geht.

Als er endlich den Hafen seines Dorfes erreicht, hängt nur noch das Gerippe des gefangenen Fisches an seinem Boot. Aber auch die Haie konnten ihm die Erfahrung der Bewährung im Duell mit der edlen Kreatur nicht nehmen. Erschöpft fällt der alte Mann in seiner Hütte ins Bett. Manolin weckt ihn am nächsten Morgen und verspricht, wieder mit ihm zum Fischen hinauszufahren.

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„Der alte Mann und das Meer“ ist als Parabel des Lebens zu verstehen: In einem heroischen Duell auf Leben und Tod gewinnt der Mensch der Natur die Nahrung ab. Obwohl der alte Mann den Fisch als Mitgeschöpf betrachtet, hält er es für seine Aufgabe, ihn zu töten. Die Natur entreißt ihm die Beute zwar wieder, und am Ende bringt der erschöpfte Mann nichts als Abfall von seiner reichen Beute mit — aber er hat sich im Kampf bewährt.

Es ist erstaunlich, mit welcher Kraft Ernest Hemingway diese Geschichte in kurzen Sätzen und mit einfachen Worten erzählt. Er bekam dafür 1953 den Pulitzerpreis. Ein Jahr später wurde er mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet.

1958 verfilmte John Sturges „Der alte Mann und das Meer“ mit Spencer Tracy in der Hauptrolle.

Originaltitel: The Old Man and the Sea – Regie: John Sturges, Henry King, Fred Zinnemann – Drehbuch: Peter Viertel, nach dem Roman „Der alte Mann und das Meer“ von Ernest Hemingway – Kamera: Floyd Crosby, James Wong Howe – Schnitt: Arthur P. Schmidt – Musik: Dimitri Tiomkin – Darsteller: Spencer Tracy, Felipe Pazos, Harry Bellaver, Don Diamond, Don Blackman, Joey Ray, Mary Hemingway, Richard Alameda, Tony Rosa, Carlos Rivero, Robert Alderette, Mauritz Hugo u.a. – 1958; 85 Minuten

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002

Wilhelm Genazino - Das Glück in glücksfernen Zeiten
Wilhelm Genazino hält in "Das Glück in glücksfernen Zeiten" nicht nur die Balance zwischen Tragik und Komik bzw. Melancholie und Heiterkeit, sondern auch zwischen Absurdität, Realismus und Satire.
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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon einen Monat, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte. Aus familiären Gründen reduziere ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik.