Midlife Crisis


Zwar lässt die Produktion des männlichen Geschlechtshormons Testosteron ab dem 40. Lebensjahr nach, aber beim Mann gibt es keine mit der Menopause bzw. den Wechseljahren der Frau vergleichbare Zäsur. Der Begriff „Midlife Crisis“ bedeutet denn auch weniger eine biologische Phase als eine psychosoziale Besonderheit.

Die Midlife-Crisis ist tatsächlich eine gesellschaftliche Modeerscheinung. Es ist ein Luxusproblem, das vor allem die Mittel- und Oberschicht betrifft. Erst ab einem gewissen Bildungs- und Einkommensgrad hat man die Zeit, über so ewas überhaupt nachzudenken. (Peter Thiel im Interview mit Titus Arnu, Süddeutsche Zeitung, 19. Juli 2008)

Die Midlife Crisis betrifft Männer und Frauen nicht nur in Europa und in den USA, sondern auch auf den anderen Kontinenten. Wenn der Höhepunkt in der Karriere erreicht ist, das Haus längst steht und die Kinder ihre eigenen Wege gehen, zieht man Bilanz. Das geschieht in der Regel zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr. Vielleicht muss sich jemand dabei eingestehen, dass bestimmte persönliche Ziele nicht mehr erreicht werden können. Möglicherweise wird jemand parallel dazu mit dem Tod von Verwandten oder ernsthaften Erkrankungen Gleichaltriger konfrontiert, während die Alterung des eigenen Körpers nicht mehr zu übersehen ist. In diesem Zusammenhang kann es zu einer Lebenskrise – einer Midlife Crisis – kommen, die mit einer Krise in der Lebenspartnerschaft einhergehen kann. Selbstzweifel, Orientierungslosigkeit oder der Eindruck allgemeiner Sinnlosigkeit sind mögliche Folgen, aber auch Angst, Niedergeschlagenheit und das Gefühl von Einsamkeit. Der Körper reagiert unter Umständen mit Schlafstörungen und Erschöpfung.

Die Symptome sind individuell so verschieden in ihrer Art und Intensität, dass es fraglich erscheint, ob es sinnvoll ist, sie unter einem Begriff zusammenzufassen und ob es überhaupt so etwas wie eine Midlife Crisis gibt. Die Wirtschaftswissenschaftler David Blanchflower und Andrew Oswald kamen allerdings 2008 nach der Analyse von zwischen 1972 und 2006 gesammelten Daten über 2 Millionen Menschen aus 80 Nationen zu dem Schluss, dass es die Midlife Crisis gibt und es sich dabei um ein globales Phänomen handelt.

Jede Krise stellt eine Chance dar. Das gilt auch für die Midlife Crisis. Sie bewirkt unter Umständen eine Neuorientierung, den Verzicht auf inzwischen unerfüllbar gewordene Wünsche und eine geänderte Zielsetzung. Nicht selten beginnt jemand mit 45 eine völlig neue Karriere. Auch wenn das nicht der Fall ist, verbessert sich die Stimmung nach der Midlife Crisis in der Regel mit zunehmendem Alter wieder: Man wird gelassener.

Literatur zum Thema Midlife Crisis:

  • J. Michael Baerwald: Und plötzlich bist Du fünfzig. Männer zwischen Aufbruch und Resignation (Reinbek 1996)
  • Annette Degenhardt: Klimakterium virile oder Midlife Crisis? In: Jack E. Reis und Stephan E. Wolf: Individualität und soziale Verantwortung (Frankfurt/M 1993)
  • Toni Faltermaier, Philipp Mayring, Winfried Saup und Petra Strehmel: Entwicklungspsychologie des Erwachsenenalters (Stuttgart 1992)
  • Eva Jancak Eva: Untersuchungen zur „Midlife Krise“. Ein Beitrag zur Lebenslaufpsychologie (Dissertation, Wien 1980)
  • Gisela Schwarz: Die Sinnkrise in der Lebensmitte als Integrations- und Wertverlust. Eine kritische Auseinandersetzung mit C. G. Jungs Individuationstheorie (Dissertation,
    Berlin 1989)
  • Andreas Thiele: Verlust körperlicher Leistungsfähigkeit. Bewältigung des Alterns bei Männern im mittleren Lebensalter (Dissertation, Idstein 1998)
  • Dieter Wartenweiler: Männer in den besten Jahren. Von der Midlife-Crisis zur gereiften Persönlichkeit (München 1998)
  • Hans Zeier: Männer über 50. Körperliche Veränderungen, Chancen für die zweite Lebenshälfte (Bern 1999)

© Dieter Wunderlich 2006 / 2008

Sylvia Richard-Färber - Tagebuch einer Närrin
Mit ihrer geschulten Stimme wechselt "die Färberin" nicht nur zwischen laut und leise, schnell und langsam, sondern artikuliert auch überdeutlich. Unterhaltsam ist "Tagebuch einer Närrin" v. a. aufgrund ihrer Selbstironie.
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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.