Eugène François Vidocq


Eugène François Vidocq (Eugène-François Vidocq) wurde am 23. Juli 1775 in Arras als Sohn des wohlhabenden Getreidehändlers und Bäckermeisters Nicolas Joseph François Vidocq (1744 – 1799) und dessen Ehefrau Henriette Françoise (1744 – 1824) geboren. Einer seiner beiden älteren Brüder war bereits tot, als Eugène François das Licht der Welt erblickte, aber er bekam noch vier jüngere Geschwister: zwei Brüder und zwei Schwestern.

Eugène François Vidocq bestahl seine Eltern und wurde deshalb als Dreizehnjähriger auf Betreiben seines Vaters zwei Wochen lang von der Polizei eingesperrt, aber er besserte sich keineswegs. Einige Monate später nahm er sich Geld von seinen Eltern, um sich eine Schiffskarte von Ostende nach New York zu kaufen. Dabei wurde Eugène François Vidocq jedoch um seine gesamte Barschaft betrogen. Eine Weile schlug er sich als Gaukler und Straßenhändler durch. Erst dann kehrte er zu seiner Familie in Arras zurück.

Mit fünfzehn wurde Eugène François Vidocq Soldat – und duellierte sich innerhalb eines halben Jahres fünfzehn Mal. Zwei seiner Gegner kamen dabei ums Leben. Auch als er 1793 seinen Dienst quittierte, hörte er nicht auf, sich mit anderen zu duellieren.

Gut zwei Wochen nach seinem neunzehnten Geburtstag – am 8. August 1794 – heiratete Eugène François Vidocq die fast gleichaltrige Marie Anne Louise Chevalier, die eine Schwangerschaft vorgetäuscht hatte und ihn bald mit einem anderen Mann betrog. Vidocq verließ sie wenige Wochen nach der Hochzeit, aber die Ehescheidung erfolgte erst 1805.

Als er seine Geliebte Francine Longuet mit einem Nebenbuhler ertappte und diesen verprügelte, wurde Vidocq im September 1795 in Lille zu

einer dreimonatigen Haftstrafe verurteilt. Wegen seiner Beteiligung an Fluchtplänen ließ man ihn nach Ablauf der Zeit allerdings nicht frei. Als ihn Francine Longuet, bei der er nach einem Ausbruch Zuflucht fand, mit einer anderen Frau überraschte, musste er sich ein neues Versteck suchen. In ihrem Zorn verletzte Francine sich mit einem Messer und zeigte Eugène François Vidocq wegen versuchten Mordes an.

Wegen betrügerischer Fälschungen wurden Eugène François Vidocq und sein Kumpan César Herbaux am 27. Dezember 1796 zu acht Jahren in einem Straflager verurteilt. (César Herbaux wurde später aufgrund von Verbrechen hingerichtet.) Erst nach einem mehrmonatigen Aufenthalt im Gefängnis von Bicêtre und einem gescheiterten Fluchtversuch brachte man Vidocq am 21. November 1797 ins Bagno von Brest. Dort glückte ihm zwar bereits am 28. Februar 1798 die Flucht, aber im Jahr darauf verhaftete ihn die Polizei erneut, identifizierte ihn und schickte ihn ins Straflager von Toulon. Ein halbes Jahr später, am 6. März 1800, brach er von dort aus.

Einige Monate konnte Eugène François Vidocq sich bei seiner seit 1799 verwitweten Mutter in Arras verstecken.

1802 ließ er sich unter falschem Namen als Kaufmann in Rouen nieder, aber 1805 wurde er enttarnt und erneut verhaftet. Von Ende 1805 bis Mitte 1809 war Eugène François Vidocq wieder auf der Flucht. Dann, drei Wochen vor seinem vierunddreißigsten Geburtstag, spürte ihn die Polizei auf. Diesmal versuchte er nicht, zu fliehen, sondern begann, als Spitzel für die Polizei zu arbeiten, zuerst im Gefängnis von Bicêtre, dann in Paris für den Polizeichef Jean Henry, der ihm am 25. März 1811 zu einem fingierten Ausbruch aus dem Gefängnis verhalf, damit die Mithäftlinge keinen Verdacht schöpften.

Jean Henry setzte seinen Informanten als Chef einer neu geschaffenen Sicherheitsbehörde ein (Sûreté Nationale). Im Lauf der Jahre vergrößerte sich die Zahl der von Vidocq geführten Geheimagenten auf sechsunddreißig.

Offiziell galt Eugène François Vidocq noch als Verbrecher. Erst am 26. März 1817 erreichte der Pariser Polizeipräfekt, Comte Jules Anglès, die Begnadigung des erfolgreichen Chefs der Sûreté.

Nach etwas mehr als dreieinhalb Jahren Ehe starb Mitte Juni 1824 Vidocqs zweite Ehefrau Jeanne-Victoire. Sechs Wochen später verschied auch seine Mutter Henriette Françoise.

Weil Eugène François Vidocq sich weder mit dem neuen Polizeipräfekten Guy Delavau noch mit seinem neuen Vorgesetzten Marc Duplessis verstand, reichte er am 20. Juni 1827 seinen Abschied ein.

1830 heiratete Vidocq seine Cousine Fleuride Maniez und eröffnete in Saint-Mandé bei Paris eine Papierfabrik, aber der Betrieb ging nach kurzer Zeit bankrott.

Danach ließ Vidocq sich von dem amtierenden Polizeipräfekten Henri Gisquet wieder als Chef der Sûreté Nationale verpflichten. Die Zeiten hatten sich jedoch geändert: Eine Sicherheitsbehörde, die sich vor allem aus Kriminellen rekrutierte, war nicht länger tragbar. Am 15. November 1832 trat Eugène François Vidocq zurück; die Sûreté wurde aufgelöst und neu organisiert.

Vidocq gründete 1833 eine Mischung aus Detektei, Auskunftei und Privatpolizei: „Le bureau des renseignments“. Obwohl er neue Ermittlungsverfahren entwickelte und bedeutende Erfolge verzeichnete, geriet er durch die Beschäftigung von Kriminellen und seine nicht immer legalen Methoden mehrmals in Konflikt mit der staatlichen Polizei, die ihn Ende 1837 einsperrte, bis ein Richter im Februar 1838 seine Freilassung anordnete.

Fünfundsiebzig Polizisten verschafften sich am 17. August 1842 Zugang zu dem inzwischen erfolgreich weitergeführten „Bureau des renseignments“. Eugène François Vidocq musste wieder einmal ins Gefängnis. 1843 verurteilte ihn ein Gericht wegen verschiedener Vergehen zu einer fünfjährigen Freiheitsstrafe, aber er legte Berufung gegen das Urteil ein – und kam am 22. Juli 1843 wieder frei.

Nach dem Tod seiner dritten Ehefrau am 22. September 1847 lebte Vidocq mit wechselnden Partnerinnen zusammen. Große Aufträge übernahm er nicht mehr; 1848 versuchte er sich erfolglos als Politiker; im Jahr darauf saß er noch einmal vorübergehend im Gefängnis.

Am 11. Mai 1857 starb Eugène François Vidocq im Alter von einundachtzig Jahren in Paris.

Nach dem Vorbild von Eugène François Vidocq gestalteten Honoré de Balzac und Victor Hugo Romanfiguren. Auf der Grundlage seiner 1828 veröffentlichten Memoiren („Mémoires de Vidocq, chef de la police de Sûreté, jusqu’en 1827“) wurden Theaterstücke über Eugène François Vidocq geschrieben. Die ersten Spielfilme über ihn entstanden in den Dreißiger- und Vierzigerjahren. Am 7. Januar 1967 wurde die erste Folge der französischen Fernsehserie „Vidocq“ ausgestrahlt. Der Kinofilm „Vidocq“ von Pitof stammt aus dem Jahr 2001.

© Dieter Wunderlich 2007

Pitof: Vidocq

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.