Michelangelo


Michelangelo Buonarroti (eigentlich: Michelagniolo di Lodovico Buonarroti Simoni) wurde am 6. März 1475 in Caprese nördlich von Arezzo als zweiter Sohn des Florentiner Beamten Lodovico di Leonardo di Buonarroti Simoni (1444 – 1534) und dessen Ehefrau Francesca di Neri di Miniato del Sera (1456 – 1481) geboren. Die Frau eines Marmorarbeiters aus Settignano bei Florenz stillte ihn. Zusammen mit einem älteren Bruder – Lionardo (1473 – 1510) – und drei jüngeren Brüdern – Buonarroto (1477 – 1528), Giovansimone (1479 – 1548) und Sigismondo (1481 – 1555) – wuchs Michelangelo in Florenz auf. 1485, vier Jahre nach dem Tod seiner ersten Ehefrau, vermählte sich Lodovico Buonarroti mit Lucrezia Ubaldini.

Nach dem Tod seiner Mutter kam Michelangelo im Alter von sieben Jahren in die Lateinschule des Francesco da Urbino in Florenz. Er wollte Künstler werden. Das hielt sein Vater zwar nicht für standesgemäß, doch widerstrebend schloss er 1488 mit den Brüdern Davide und Domenico Ghirlandaio, die eine Kunstwerkstatt in Florenz betrieben, einen Lehrvertrag für seinen Sohn ab. Im Jahr darauf wurde Michelangelo in die von Bertoldo di Giovanni geleitete Kunstschule von Lorenzo de‘ Medici aufgenommen. Der Fürst förderte den außergewöhnlich begabten Kunststudenten, holte ihn 1490 in seinem Palast und ließ ihn aufgrund seiner Neigung in die Bildhauerschule wechseln. 1491 begann Michelangelo im Konvent von Santo Spirito, an Toten Anatomie zu studieren.

Leider starb Lorenzo de‘ Medici, „il Magnifico“, bereits 1492 im Alter von dreiundvierzig Jahren, und sein ältester Sohn, Piero de‘ Medici, besaß nicht die Größe seines Vaters. Weil Michelangelo ahnte, dass die Tage der Herrschaft der Medici in Florenz gezählt waren, setzte er sich Anfang 1494 nach Bologna ab. Dort schuf er zwei Heiligenfiguren und einen Engel für die Grabstätte des heiligen Dominikus in der Kirche St. Petronius.

In Florenz stürzte inzwischen Girolamo Savonarola, der Prior des Klosters San Marco, mit Hilfe des französischen Königs Karl VIII. die Medici und errichtete einen Gottesstaat.

Dennoch kehrte Michelangelo im Frühjahr 1495 nach Florenz zurück.

Für Lorenzo di Pierfrancesco de‘ Medici schuf er die Statue eines schlafenden Cupido. Lorenzo überredete ihn schließlich, die Statue so zu bearbeiten, dass er sie Raffaele Riario, dem Kardinal von San Giorgio in Rom, als antikes Kunstwerk verkaufen konnte. Der Betrug flog zwar auf, doch in der Hoffnung, den Kardinal von seinen Fähigkeiten überzeugt zu haben und Aufträge von ihm zu bekommen, zog Michelangelo im Juni 1496 nach Rom. Seine Erwartungen erfüllten sich zwar nicht, aber der Bankier Jacopo Galli brachte ihn mit dem französischen Kardinal Jean de Bilhères de Lagraulas zusammen, dem Abt von San Dionisio, und der gab im Herbst 1497 bei Michelangelo eine Pietà aus Carrara Marmor in Auftrag, die dieser 1499 vollendete. (Das später in der Peterskirche aufgestellte Kunstwerk wurde am 21. Mai 1972 von Laszlo Toth mit einem Hammer schwer beschädigt und steht seit der Restaurierung hinter Panzerglas.)

Der Eiferer Girolamo Savonarola verbreitete in Florenz Angst und Schrecken vor dem Zorn Gottes über die Sittenlosigkeit der Menschen, rief zur Buße auf, verlangte eine Kirchenreform und prangerte Papst Alexander VI. offen wegen seiner angeblichen oder tatsächlichen Ausschweifungen an. Der Papst exkommunizierte ihn am 13. Mai 1497 und ließ ihn im Jahr darauf festnehmen, foltern und am 23. Mai 1498 durch den Strang hinrichten. Die Leiche wurde danach auf einem Scheiterhaufen auf der Piazza della Signoria in Florenz verbrannt, die Asche in den Arno gekippt.

Michelangelo kehrte im Sommer 1501 nach Florenz zurück, wo sein Vater Lodovico Buonarrota in den Wirren von 1494 seine Stellung als Beamter verloren hatte und ebenso wie Lionardo, Buonarroto, Giovansimone und Sigismondo auf die finanzielle Unterstützung des Künstlers angewiesen war.

Aus einem kolossalen Marmorblock, an dessen Bearbeitung der Florentiner Bildhauer Agostino di Duccio (um 1418 – 1481) Jahrzehnte zuvor gescheitert war, meißelte Michelangelo im Auftrag der Wollweberzunft bis April 1504 eine über vier Meter hohe David-Figur, die vor dem Palast der Signoria aufgestellt wurde und den Sieg der Republik über die Tyrannei symbolisieren sollte. (Das Original befindet sich seit 1882 in der Akademie der Künste. Bei der Statue vor dem Palast der Signoria handelt es sich um eine Kopie.)

Im Frühjahr 1505 folgte Michelangelo einem Ruf des Papstes Julius II. nach Rom. Ein monumentales Grabmal sollte er für den Heiligen Vater errichten.

Nachdem Julius II. den Entwurf des Künstlers akzeptiert hatte, überwachte Michelangelo in Carrara acht Monate lang die Gewinnung der benötigten Marmorblöcke. Währenddessen beauftragte der Papst Donato Bramante (um 1444 – 1514) mit einem Neubau der Peterskirche. Als Julius II. von Michelangelo verlangte, die weiteren Vorbereitungen für das Grabmal erst einmal einzustellen und stattdessen die Decke der 1483 geweihten Sixtinischen Kapelle im Apostolischen Palast auszumalen, argwöhnte dieser, Bramante habe dem Papst eingeredet, Michelangelos Aufgabe zu ändern, obwohl dessen Leidenschaft nicht der Malerei, sondern der Bildhauerei galt. Weil Michelangelo sich einbildete, dass man ihm nach dem Leben trachten würde, floh er am 17. April 1506, einen Tag vor der Grundsteinlegung für die neue Peterskirche, aus Rom und suchte in Florenz Zuflucht.

Nachdem Papst Julius II. in einem siegreichen Feldzug gegen die Franzosen und ihre Verbündeten bis nach Bologna vorgedrungen war, ließ Michelangelo sich überreden, weiter für ihn zu arbeiten. Das von Michelangelo für das Hauptportal der dem heiligen Petronius geweihten Kirche in Bologna bis Anfang 1508 gestaltete Bronzebildnis des Papstes wurde bei einem Volksaufstand am 30. Dezember 1511 heruntergerissen und zertrümmert.

Zu diesem Zeitpunkt lebte Michelangelo bereits wieder in Rom. Julius II. hatte allerdings seine Meinung nicht geändert: Zuerst sollte er die Decke der Sixtinischen Kapelle mit Fresken bemalen. (Die Wände waren bereits mit Fresken dekoriert.) Als Bilder stellte sich der Papst die zwölf Apostel vor. Damit gab Michelangelo sich allerdings nicht zufrieden: Er wollte mit einer Vielzahl von Einzelbildern die Schöpfungsgeschichte bis zur Sintflut darstellen. 1508 holte Michelangelo einige Gesellen aus Florenz, aber nach kurzer Zeit schickte er sie wieder fort und arbeitete allein weiter. Gut vier Jahre lang – von 1508 bis 1512 – lag er mit wenigen Unterbrechungen jeden Tag auf dem Gerüst und bemalte das über fünfhundert Quadratmeter große Tonnengewölbe. Michelangelo begann mit der Sintflut und der Trunkenheit Noahs, gestaltete dann die Erschaffung des Menschen und am Ende die Scheidung von Licht und Finsternis. (Die Decke wurde 1980 bis 1994 restauriert.)

Erst als Michelangelo damit fertig war (Neueröffnung der Sixtinische Kapelle am 31. Oktober 1512), konnte er die Arbeit an dem Grabmal für Papst Julius II. wieder aufnehmen. Der verstarb jedoch wenige Monate später, am 21. Februar 1513, und seine Erben bestanden auf einer Verkleinerung des geplanten Monuments. Bis 1516 schuf Michelangelo drei der vierzig vorgesehenen Marmorfiguren: zwei Sklaven (die sich heute im Louvre befinden) und eine gewaltige Moses-Skulptur (die in der Kirche San Pietro in Vincoli in Rom zu bestaunen ist).

Als Kardinal Giovanni de Medici 1513 zum Papst gewählt wurde und den Namen Leo X. annahm, unterbrach Michelangelo die Arbeit an dem Grabmal für Julius II. und übernahm 1517 von den seit fünf Jahren erneut in Florenz herrschenden Medici den Auftrag, die Fassade der Kirche San Lorenzo neu zu gestalten. Wie 1505 reiste Michelangelo nach Carrara, aber die Medici wollten ihn zwingen, die Marmorblöcke in Pietrasanta bei Serravalle – also auf dem florentinischem Staatsgebiet – auszusuchen. Am 10. März 1518 wurde der Vertrag mit Michelangelo annulliert.

Ab 1522 lebte er wieder in Florenz, wo die Medici 1527 erneut gestürzt wurden, während nach Leo X. – der am 1. Dezember 1521 verstorben war – ein zweiter Medici-Papst – Clemens VII. – bis 1534 auf dem Stuhl Petri saß. 1529 wurde Michelangelo in den Verteidigungsrat der Stadt Florenz aufgenommen und zum Kriegsbaumeister ernannt. Im September floh er zwar vor dem Stadthauptmann Malatesta Baglioni nach Venedig, kehrte aber im November zurück und blieb dann auch während der Belagerung durch Kaiser Karl V. auf seinem Posten, bis Malatesta Baglioni die Stadt am 12. August 1530 verriet und übergab. Nach dem Ende der Republik übernahmen 1531 die Medici erneut die Macht in Florenz.

Im Herbst 1534 – einige Wochen nach dem Tod seines einundneunzigjährigen Vaters – zog Michelangelo endgültig nach Rom, um die Arbeit an dem inzwischen weiter verkleinerten Grabmal für Papst Julius II. fortzusetzen. Papst Clemens VII. bestand jedoch darauf, dass Michelangelo erst einmal die Frontwand über dem Altar der Sixtinischen Kapelle mit einem gewaltigen Fresko des Jüngsten Gerichts bemalte. Damit war der Künstler von 1535 bis 1541 beschäftigt. (Die entblößt dargestellten Genitalien einiger Figuren ließ die Kurie kurz nach Michelangelos Tod von Daniele da Volterra übermalen. Der Originalzustand wurde bei einer Restaurierung des Freskos 1975 wieder hergesellt.)

Danach schmückte Michelangelo die Cappella Paolina, die Privatkapelle von Papst Paul III., mit Fresken.

Nach dem Tod von Antonio da Sangallo dem Jüngeren (eigentlich: Antonio di Bartolomeo Cordini, 1483 – 1546) musste er auf Anordnung von Papst Pius IV.die Bauleitung für den Neubau der Peterskirche übernehmen. Es war seine letzte Tätigkeit: Am 18. Februar 1564 starb Michelangelo Buonarroti in Rom. Beigesetzt wurde er in der Kirche Santa Croce in Florenz.

Michelangelo Buonarroti gilt als bedeutendster Künstler der italienischen Hochrenaissance.

Literatur über Michelangelo Buonarroti

  • Trewin Copplestone: Michelangelo (Übersetzung: Peter Albrecht),
    Fränkisch-Crumbach 2005
  • Antonio Forcellino: Michelangelo. Eine Biographie (Übersetzung: Petra Kaiser),
    München 2006
  • Valerio Guazzoni: Michelangelo. Der Bildhauer (Übersetzung: Christel Galliani), Stuttgart / Zürich 1984
  • James Hall: Auf einen Kaffee mit Michelangelo (Übersetzung: Thomas Bauer),
    München 2008
  • Ross King: Michelangelo und die Fresken des Papstes, München 2003
  • Daniel Kupper:Michelangelo, Reinbek 2004
  • Werner Milstein: Michelangelo malt die Schöpfung, Norderstedt 2008
  • Gilles Néret: Michelangelo. 1475 – 1564, Köln 2006
  • Alessandro Nova: Michelangelo. Der Architekt (Übersetzung: Christel Galliani), Stuttgart / Zürich 1984
  • Stefanie Penck: Michelangelo, München 2005
  • Michael Petery: Michelangelo. Frömmigkeit und Ironie, München 2005
  • Michael Petery: Michelangelo. Der Zorn des Schöpfers, München 2008
  • Michael Rohlmann und Andreas Thielemann (Hg.): Michelangelo, München / Berlin 2000
  • Pierluigi De Vecchi: Michelangelo. Der Maler (Übersetzung: Christel Galliani), Stuttgart / Zürich 1984
  • Pierluigi de Vecchi: Die Sixtinische Kapelle (Übersetzung: Christina Callori und Jutta Götze), München 2007
  • Frank Zöllner, Christian Thoenes und Thomas Pöpper: Michelangelo 1475 – 1564. Das vollständige Werk, Köln 2007

© Dieter Wunderlich 2009

Michael Petery: Michelangelo. Der Zorn des Schöpfers

Alfred Döblin - Die Ermordung einer Butterblume
Ich weiß nicht, was Alfred Döblin mit seiner Erzählung "Die Ermordung einer Butterblume" meint. Aber auch so fasziniert mich die groteske Geschichte.
Die Ermordung einer Butterblume

 

(Startseite)

 

Nobelpreis für Literatur

 

Literaturagenturen

 

Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.