Erich Priebke
Erich Priebke wurde am 29. Juli 1913 in Hennigsdorf geboren. Während und nach seiner Ausbildung zum Hotelkaufmann arbeitete er in verschiedenen europäischen Städten. 1936 kehrte er nach Deutschland zurück und fing bei der Gestapo als Dolmetscher für Italienisch an. Im Februar 1941 wurde Erich Priebke als SS-Verbindungsoffizier zur italienischen Polizei nach Rom versetzt.
Nach dem Sturz Mussolinis am 25. Juli 1943 besetzten die Deutschen Italien. Während eine deutsche Militäreinheit am 23. März 1944 über die Kreuzung Via Rasella und Via del Bocaccio in Rom marschierte, zündeten Partisanen zwei Sprengkörper. 33 Deutsche und zwei Italiener kamen bei den Explosionen ums Leben, 67 Menschen wurden verwundet. Als Vergeltungsmaßnahme erschossen die Deutschen am nächsten Tag 335 Italiener in den Ardeatinischen Höhlen (Fosse Ardeatine) am Rand von Rom. Erich Priebke war einer der beteiligten SS-Offiziere, die dem Befehl des Obersturmbannführers Herbert Kappler (1907 – 1978) unterstanden. Es handelte sich um das schwerste Kriegsverbrechen unter der deutschen Besatzung in Italien.
Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet Erich Priebke in Italien in englische Kriegsgefangenschaft. Nach zwanzig Monaten gelang ihm die Flucht. Bis Oktober 1948 lebte er bei seiner Familie in Sterzing. Dann setzte er sich mit auf den Namen Otto Pape gefälschten Papieren nach Argentinien ab.
In der argentinischen Stadt San Carlos de Bariloche lebte Erich Priebke unbehelligt unter seinem richtigen Namen und wurde zum Vorsitzenden des Trägervereins der Deutschen Schule gewählt.
Erst als die Bundesrepublik Deutschland 1993 einen Auslieferungsantrag stellte, nahm man Erich Priebke in Argentinien unter Hausarrest.
Im Jahr darauf entdeckte der römische Militärstaatsanwalt Antonino Intelisano bei Ermittlungen im Fall Erich Priebke in einem Schrank der Allgemeinen Militäranwaltschaft im Palazzo Cesi in der Nähe der Piazza Navona – dem „Schrank der Schande“ („Armadio della vergogna“) – vergessene Akten über 2274 mutmaßliche Kriegsverbrechen, die im Zweiten Weltkrieg in Italien begangen worden waren.
Erich Priebke wurde 1995 nach Italien überstellt, aber am Ende eines drei Monate dauernden Gerichtsverfahrens am 1. August 1996 von dem zweiundfünfzigjährigen Richter Agostino Quistelli freigesprochen. Dadurch kam es zu Tumulten in Rom. Um die Gemüter zu beruhigen, versprach Justizminister Giovanni Maria Flick, man werde Erich Priebke sofort wieder festnehmen. Das geschah dann auch, und am 15. Oktober 1996 hob ein Kassationsgericht den Freispruch auf.
In einem zweiten Prozess wurde Erich Priebke zu fünfzehn Jahren Haft verurteilt, im Frühjahr 1998 dann zu lebenslanger Haft. Aufgrund seines Alters und seines schlechten Gesundheitszustandes brauchte er nicht mehr ins Gefängnis, sondern wurde stattdessen unter Hausarrest gestellt. Im Sommer 2007 durfte er sich sogar vorübergehend frei in Rom bewegen.
In dem Roman „Termini“ von Dorothea Dieckmann fliegt ein „Spiegel“-Reporter nach Rom, um über den Urteilsspruch im Fall Erich Priebke am 1. August 1996 zu berichten.
© Dieter Wunderlich 2009
Das Massaker in den Ardeatinischen Höhlen
Nationalsozialismus
Dorothea Dieckmann: Termini