Unter Nachbarn
Unter Nachbarn
Inhaltsangabe
Kritik
David Ahrens (Maxim Mehmet), ein junger Reporter, zieht von Berlin in einen Vorort von Karlsruhe, wo er bei der Lokalzeitung eine Stelle bekommen hat, und richtet sich in einem Einfamilienhaus ein, das ihm ein Freund seines Vaters für eine geringe Miete zur Verfügung stellt. Weil ihm für den Aufbau der Möbel Werkzeug fehlt, klingelt er bei seinem Nachbarn. Robert Graetz (Charly Hübner) leiht David nicht nur Hammer und Schraubenzieher, sondern packt auch gleich selbst mit an. Der Krankenpfleger, der sein Haus von der Mutter erbte, ist Single wie David, aber anders als der kontaktfreudige Journalist, fühlt er sich am wohlsten beim Angeln an einem Waldsee. Dass Robert einsam ist, entgeht David zunächst.
Kurz nach seinem Einzug schlägt David einen gemeinsamen Kneipenbesuch vor, und sie fahren mit seinem Wagen in die Stadt. An der Bar einer Diskothek kommt David mit der 28-jährigen Janine Rafael (Katharina Heyer) ins Gespräch, sie gibt ihm ihre Telefonnummer, und er ruft sie kurz an, damit sie auch seine Nummer auf dem Handy hat.
Als die beiden Männer im Morgengrauen nach Hause fahren und David abgelenkt ist, weil er eine CD aus dem Handschuhfach holen will, erfasst er mit dem Wagen eine Radfahrerin. Es ist Janine. Robert stellt fest, dass sie tot ist, setzt sich ans Lenkrad und drängt David, ebenfalls einzusteigen. Sie lassen die Tote liegen und fahren nach Hause.
In der Zeitungsredaktion erhält ausgerechnet David den Auftrag, über den tödlichen Unfall mit Fahrerflucht zu berichten. Während er damit beschäftigt ist, schraubt sein Nachbar die polizeilichen Kennzeichen des Unfallautos ab und versenkt es in einem See. Als David nach Hause fahren will, steht sein Wagen nicht mehr auf dem Parkplatz. Er nimmt an, dass das Fahrzeug gestohlen wurde. Als er am Abend mit Robert darüber spricht, lässt dieser ihn in dem Glauben und rät ihm, den Diebstahl bei der Polizei zu melden. David soll sagen, sie hätten den Wagen nach dem gemeinsamen Kneipenbesuch in der Stadt stehen lassen und seien nach Mitternacht mit der Straßenbahn heimgefahren.
Nach einer Pressekonferenz wendet sich Janines Schwester Vanessa Rafael (Petra Schmidt-Schaller) an David. Sie ist frustriert, weil die von Hauptkommissar Wagner (Helmut Rühl) geleiteten Ermittlungen noch kein Ergebnis gebracht haben. David soll weiter über den Fall berichten, um die Polizei unter Druck zu setzen. Vanessa erzählt, dass sie und Janine ihre Eltern vor drei Jahren ebenfalls durch einen tödlichen Unfall verloren.
Schließlich geht David mit Vanessa in ein Restaurant. Weil er für denselben Abend bei Robert zum Essen eingeladen ist, ruft er seinen Nachbarn an und lügt, er müsse bis tief in die Nacht in der Zeitungsredaktion arbeiten. Robert packt einige der vorbereiteten Sachen in einen Korb und fährt zum Verlag, um seinen neuen Freund damit zu überraschen. Dort erfährt er jedoch, dass David gar nicht da ist. Dann sieht er ihn durchs Fenster mit einer Frau im nahen Restaurant sitzen. Frustriert bricht er einen Außenspiegel des Autos ab, das David sich inzwischen als Ersatz für das andere gekauft hat.
Am Abend vor Janine Rafaels Beerdigung beobachtet Robert, wie die Frau, mit der David beim Essen war, seinen Nachbarn besucht. Offenbar verbringt sie die Nacht mit ihm.
Vanessa schlägt David einen gemeinsamen Kajak-Ausflug vor. Überraschend taucht auch Robert am Fluss auf und will sich ihnen anschließen. David erklärt ihm unmissverständlich, dass er mit Vanessa allein sein wolle, aber da beginnt Robert von der Toten zu sprechen und über den flüchtigen Unfallverursacher zu schimpfen. Vanessa erträgt die Tirade nicht und fängt wie wild zu paddeln an, um wegzukommen. Die Männer folgen ihr, aber David, der noch ungeübt ist, bleibt ein Stück weit zurück. Als Vanessa kentert und sich das Boot mit dem Kiel nach oben an einer übers Wasser ragenden Baumwurzel verklemmt, unternimmt Robert nichts, um sie zu retten. Erst als David eintrifft, hilft er ihm, Vanessa aus dem Wasser zu holen.
Inzwischen hat die Polizei ermittelt, dass Janine Rafael wenige Stunden vor ihrem Tod von David Ahrens angerufen wurde. Bei der Befragung behauptet David zunächst, Janine nicht gekannt zu haben. Dann gibt er zu, dass er ein paar Worte mit ihr sprach. Vanessa ist entsetzt, als sie begreift, dass ihr neuer Freund ihre Schwester kannte, aber er beteuert, nicht gewusst zu haben, dass es sich bei dem Unfallopfer um die Zufallsbekanntschaft aus der Bar handelte. Kommissar Wagner lässt sich von Davids Nachbarn bestätigen, dass die beiden Männer nicht mit dem Auto, sondern mit der Straßenbahn nach Hause fuhren. David hat also ein Alibi.
Erst als die Polizei weg ist, klärt Robert seinen Nachbarn darüber auf, dass er dessen Auto wegen der Unfallspuren fortschaffte. Der Umgang Davids mit Janines Schwester sei viel zu riskant, meint Robert und nimmt ihm als Gegenleistung für das falsche Alibi und die Beseitigung von Spuren das Versprechen ab, die Affäre mit Vanessa zu beenden.
David bleibt nichts anderes übrig, als sich zu fügen.
Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.
Vanessa findet heraus, dass der Betrieb der Straßenbahn, mit der David und Robert in der fraglichen Nacht angeblich heimfuhren, wegen Bauarbeiten seit zwei Monaten jeweils um 22 Uhr eingestellt wird. Sie geht zu David, um ihn zur Rede zu stellen, aber er ist nicht da. Robert kommt aus dem Nachbarhaus. Als sie ihn mit ihrer Erkenntnis konfrontiert, überwältigt er sie und sperrt sie in eine Hütte am Waldsee.
Spätabends kommt David aus der Redaktion. In seinem Haus wird er von Robert erwartet. Der Nachbar hat Dorsch zubereitet, den Tisch festlich gedeckt und eine Flasche Sekt geöffnet. Außerdem legt er David die Tickets für eine gemeinsame dreiwöchige Norwegen-Reise hin. Davids Urlaub habe er bereits mit seinen Vorgesetzten bei der Zeitung abgesprochen, sagt er. Da begreift David, dass sein Nachbar psychisch krank ist und wirft ihn hinaus.
Nun will er reinen Tisch machen. Als Erstes ruft er Vanessa an, um ihr die Wahrheit zu sagen. Das Handy wird zwar aktiviert, aber niemand meldet sich, und David legt wieder auf. Dass statt Vanessa Robert am Apparat war, kann er nicht ahnen. Er kündigt bei der Zeitung und wählt immer wieder Vanessas Telefonnummer. Robert hört das Handy klingeln und bricht vor Zorn seinen Zinnfiguren die Köpfe ab.
Am Kühler eines aus dem Wasser geborgenen Autos entdeckt Kommissar Wagner Spuren von Janine Rafaels Fahrrad.
Als David erneut Vanessas Nummer wählt, meldet Robert sich und sagt, Vanessa und er würden am Waldsee auf ihn warten.
David fährt sofort los. Aus der Hütte am Waldsee hört er einen Schrei. Er eilt hin. Robert hat Vanessa mit einem Holzbalken niedergeschlagen. David stürzt sich auf ihn. Robert flieht, wird jedoch von David eingeholt und mit dem Holzbalken am Bein getroffen. Gerade als David erneut ausholt, taucht ein Polizeikommando auf und fordert ihn auf, den Balken fallen zu lassen.
Robert ruft, in der Hütte liege eine schwer verletzte Frau. David habe sie mit dem Holzbalken niedergeschlagen und nun versucht, auch ihn zu töten. Er bedankt sich bei der Polizei für seine Rettung.
David wird festgenommen. An dem Holzbalken wird die Polizei nur seine Fingerabdrücke finden, denn Robert trug Handschuhe, als er damit zuschlug.
Kommissar Wagner spricht noch einmal mit Robert und meint, dieser habe Vanessa mit seinem Anruf bei der Polizei das Leben gerettet. Die Sanitäter konnten die Schwerverletzte wiederbeleben. Sie ist auf dem Weg ins Krankenhaus.
Als alle fort sind, fährt Robert mit seinem Kahn hinaus und ertränkt sich.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)Eine kleine Unachtsamkeit – und man wird aus der Bahn geworfen. Nachdem David den Tod einer jungen Frau verursacht hat und sich, noch unter Schock stehend, von einem Nachbarn zur Fahrerflucht überreden ließ, wird er von Schuldgefühlen gepeinigt. Zu spät begreift er, dass sein Nachbar ein Psychopath ist, der ihm ein falsches Alibi verschafft und Spuren beseitigt, um ihn an sich zu ketten. Hinter Roberts Spießigkeit klafft ein menschlicher Abgrund.
„Unter Nachbarn“ ist mehr als ein spannender Psychothriller; es ist ein düsteres Drama über Schuld, Einsamkeit und Abhängigkeit. Stephan Rick und Silja Clemens vermeiden dabei eine scharfe Grenzziehung zwischen Gut und Böse. Das Verhalten der Figuren ist gut nachvollziehbar.
Die Dreharbeiten für „Unter Nachbarn“ fanden vom 14. September bis 22. Oktober 2010 in Karlsruhe, Baden-Baden und Mannheim statt. Bei dem Waldsee handelt es sich um den Waldenecksee (auch: Petersee), einen 200 Meter langen Steinbruchsee am Westrand des Nordschwarzwalds.
Für die Rolle des psychisch kranken Nachbarn Robert wurde Charly Hübner mehrfach ausgezeichnet: beim Fancine festival de cine fantástico de la Universidad de Málaga (2012), mit dem Deutschen Regiepreis Metropolis in der Kategorie „Bester Schauspieler“ (2012) und mit einer Goldenen Kamera (2013).
„Unter Nachbarn“ wurde beim Internationalen Filmfestival Shanghai vom 11. bis 19. Juni 2011 uraufgeführt. Die deutsche Premiere erfolgte bei den Hofer Filmtagen am 27. Oktober 2011. Im Fernsehen war „Unter Nachbarn“ erstmals am 30. Mai 2012 zu sehen (Erstes Programm).
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2014