Tiefschläge

Tiefschläge

Tiefschläge

Tiefschläge - Originaltitel: Frappes interdites - Regie: Bernard Malaterre - Drehbuch: Janne Fontaine - Kamera: Florent Montcouquiol - Schnitt: Anne Bettenfeld - Musik: Nathaniel Mechaly - Darsteller: Stomy Bugsy, Isabelle Gelinas, Roger Souza, Audrey Dewilder, Lawrence Labeau, Raphaëline Goupilleau, Thierry Gimenez, Grégoire Leprince-Ringuet, Slony Sow, Emmanuel Patron, Morgane Lombard, Didier Menin, Cécile Richard, Anne-Marie Joubert u.a. - 2005; 90 Minuten

Inhaltsangabe

Eine unschuldige Patchwork-Familie wird Opfer sozialer und rassistischer Vorurteile. Die gutbürgerlichen Nachbarn grenzen die Familie aus und zeigen die Eltern wegen angeblicher Kindesmisshandlung an, eine Zeitung greift den Skandal auf und schürt den Verdacht, der Vater habe seine Stieftochter missbraucht; die Familie wird mit anonymen Morddrohungen terrorisiert, und jemand setzt ihr Auto mit einem Molotow-Cocktail in Brand ...
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Kritik

Bernard Malaterre inszenierte das Sozialdrama "Tiefschläge" realistisch, fesselnd und spannend. Die Hauptrolle wird von dem populären französischen Hiphop-Musiker Stomy Bugsy überzeugend gespielt.
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Handlung:

Der französische Profiboxer Amadi Diouf (Stomy Bugsy) zieht mit seiner Ehefrau Karine (Isabelle Gelinas), seiner fünfzehnjährigen Stieftochter Clara (Audrey Dewilder) und seinem fünfjährigen Sohn Sun (Lawrence Labeau) von Marseille in eine bürgerliche Einfamilienhäuser-Siedlung in einem Vorort von Paris. Clara stammt aus Karines erster Ehe mit Marc (Emmanuel Patron), und ihre Hautfarbe ist weiß wie die ihrer Mutter. Bei Sun handelt es sich um einen Mischling, denn Amadi ist schwarz. Die weißen Nachbarn recken die Hälse und begaffen neugierig die Patchwork-Familie. Der Nachbarjunge Kevin Lefort (Grégoire Leprince-Ringuet) weiß, dass es sich bei Amadi Diouf um einen erfolgreichen Boxer handelt, der bald den Weltmeister herausfordern wird.

Sun ist gerade in einer Trotzphase: Er will sich nichts sagen lassen und plärrt, um seine Wünsche durchzusetzen. Bei seinen Tobsuchtsanfällen verletzt er sich auch hin und wieder selbst. Karine wird kaum noch mit ihm fertig und ist froh, wenn Amadi ein Machtwort spricht. Argwöhnisch beobachten die Nachbarn, wie Amadi seinem schreienden Sohn kurz nach dem Einzug durch den Garten nachrennt und sich dann um dessen Nasenbluten kümmert. Hat der Boxer den kleinen Jungen geschlagen?

Kurz darauf reißt Sun sich auf der Straße von Karine und Clara los, rennt auf einen Bolzplatz, klettert am Tornetz hoch – und stürzt zu Boden. Zum Glück geht der Unfall mit ein paar Prellungen ab. Aufgeregt fahren Karine und Clara den Jungen nach Hause. Dort kümmert Amadi sich um ihn, während seine Frau mit ihrer Tochter noch einmal losfahren will, um den abgebrochenen Einkauf fortzusetzen. Sun würde viel lieber wieder mitkommen und schreit, aber Amadi holt ihn ins Wohnzimmer und geht kurz in die Küche, um ihm etwas Essbares zu bringen. Vom Auto aus sehen Karine und Clara, wie Sun im Haus auf sie zurennt, mit dem Kopf gegen die große Glasscheibe des Terrassenfensters prallt und bewusstlos zusammenbricht.

Im Krankenhaus wird die stark blutende Kopfwunde genäht. Dem behandelnden Arzt Dr. Motta (Didier Menin) fallen mehrere ältere Hämatome und mehr oder weniger verheilte Verletzungen auf. Handelt es sich um einen Fall von Kindesmisshandlung? Obwohl es nicht nötig wäre, behält Dr. Motta den Jungen über Nacht zur Beobachtung da und lässt die Familienangehörigen nicht zu ihm, denn er will Zeit gewinnen, um das Jugendamt einschalten zu können.

Als die Dioufs nach Hause kommen, werden sie vor ihrem Haus von zwei Kriminalbeamten erwartet. Die Nachbarin Martine Lefort (Raphaëline Goupilleau) hat ihren Mann Serge (Thierry Gimenez) nämlich aufgrund des neuen Vorfalls überredet, Amadi Diouf wegen Verdachts auf Kindesmisshandlung anzuzeigen. „Diese Boxer sind immer gewalttätig. Das liegt denen im Blut.“

Amadis Manager Rupi (Roger Souza) verspricht, seinen Anwalt einzuschalten, aber stattdessen ruft er heimlich einen Journalisten an und informiert ihn über die Vorwürfe gegen den Boxer, denn er kennt das Gesetz der Public Relations: „Hauptsache, man ist im Gespräch!“

Gegen das Verbot ihrer Mutter lässt Clara sich ein Nabelpiercing machen. Es kommt zu einem Streit, in den auch Amadi eingreift, der seine Stieftochter schließlich ohrfeigt. Aufgebracht läuft Clara aus dem Haus. Amadi folgt ihr, entschuldigt sich, nimmt sie in die Arme und tröstet sie. Auch das beobachten die Nachbarn.

Als Karine ihren Sohn am zweiten Tag aus dem Krankenhaus holen will, sagt man ihr, das Kind müsse noch länger zur Beobachtung bleiben. Misstrauisch geworden, schleicht Karine sich in das Arztzimmer, blättert die Akte auf und liest etwas von einem Verdacht auf Kindesmisshandlung. Da ruft sie ihren Mann an, und gemeinsam entführen sie Sun aus dem Krankenhaus. Die Fotos, die der von Rupi auf den Fall aufmerksam gemachte Reporter davon schießt, erscheinen am nächsten Tag groß aufgemacht in der Zeitung.

Verstört sucht Clara bei ihrem leiblichen Vater und dessen neuer Partnerin Michèle (Morgane Lombard) Zuflucht. Als sie den Zeitungsartikel über die Entführung ihres kleinen Halbbruders sieht, erzählt sie Marc, Amadi habe sie vor den Augen ihrer Mutter geschlagen. Daraufhin setzt Marc sich mit Karine in Verbindung. Zwar klärt sich rasch auf, dass es sich nur um eine spontane Ohrfeige handelte, aber auch Karine hält es für besser, dass Clara bei Marc bleibt, bis wieder Ruhe eingekehrt ist.

Nach einem Telefonat mit dem Kinderpsychologen in Marseille, zu dessen Klientel Sun gehörte, zieht Dr. Motta seine Vorwürfe gegen Amadi und Karine Diouf zurück, und eine Richterin (Anne-Marie Joubert) stellt das Verfahren gegen sie ein.

Als Clara nach dem Unterricht aus dem Lycée „Marcel Proust“ kommt, wird sie von einer jungen Frau angesprochen, die sich Silvie (Cécile Richard) nennt und vorgibt, für eine Kinderschutzorganisation tätig zu sein. Es gelingt Silvie, sich in das Vertrauen der Jugendlichen einzuschleichen und sie auszufragen. Um Silvies Verdacht zu zerstreuen, Amadi sei in der Familie gewalttätig, erzählt Clara, dass er gern mit ihr schmust. Am anderen Tag erscheint in der Zeitung ein Artikel, der den Verdacht erweckt, Amadi missbrauche seine Stieftochter: Clara wurde von einer Journalistin hereingelegt.

Mit der Post treffen Beschimpfungen und Morddrohungen ein. Einmal liegt ein kleiner Sarg mit einer Puppe vor der Tür, und darauf steht: „Amadi hat seinen kleinen Sohn umgebracht“.

Beim letzten Boxkampf vor dem Weltmeisterschaftskampf sitzt Karine im Publikum, um ihren Mann anzufeuern. Zu Hause passt ein Babysitter auf Sun auf. Clara geht mit dem Nachbarjungen Kevin spazieren. Plötzlich fahren Feuerwehren auf. Jemand hat einen Molotowcocktail in das vor dem Haus abgestellte Zweitauto der Dioufs geworfen. Als Amadi nach dem siegreichen Kampf mit seiner Frau nach Hause kommt und erfährt, was los ist, rastet er beinahe aus und bedroht einige der aufdringlichen Schaulustigen. Deshalb wird er vorübergehend festgenommen.

Die Zeitung reagiert auf den Vorfall mit der Schlagzeile: „Boxer verprügelt Nachbarn“.

Schließlich halten es Amadi und Karine nicht mehr aus: Sie wollen nach Paris ziehen und hoffen, dort weniger aufzufallen. Aber sobald die Immobilienmakler herausfinden, um wen es sich bei den Interessenten handelt, verzichten sie auf das mögliche Geschäft.

Marc bietet seiner Exfrau und deren Familie an, sie im Apartment seines verreisten Bruders in Paris unterzubringen, aber Michèle hält nichts davon, denn sie ist überzeugt, dass an den Vorwürfen gegen Amadi etwas dran ist: „Kein Rauch ohne Feuer!“

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In „Tiefschläge“ zeigt Bernard Malaterre, wie eine unschuldige Patchwork-Familie zum Opfer sozialer und rassistischer Vorurteile werden kann. Die Nachbarn grenzen die Familie aus und zeigen die Eltern wegen angeblicher Kindesmisshandlung an; eine Zeitung greift den Skandal auf und schürt den Verdacht, der Vater habe seine Stieftochter missbraucht; die Familie wird mit anonymen Morddrohungen terrorisiert, und jemand setzt ihr Auto mit einem Molotow-Cocktail in Brand. Auch wenn Janne Fontaine (Drehbuch) und Bernard Malaterre (Regie) etwas dick aufgetragen haben, handelt es sich bei „Tiefschläge“ um ein mitreißendes, beunruhigendes Sozialdrama über den Fremdenhass.

Bernard Malaterre hatte als Schauspieler gearbeitet, bevor er 1996 erstmals Regie führte („Des Mouettes dans la tête“). Der überzeugende Hauptdarsteller Stomy Bugsy (eigentlich: Gilles Duarte) wuchs im Pariser Vorort Sarcelles auf, wollte Boxer werden, entschied sich dann aber doch für eine Musikerkarriere und veröffentlicht seit Mitte der Neunzigerjahre erfolgreiche Rap-Alben.

Synchronisation: Dorothee Muschter. Sprecher: Asad Schwarz (Amadi Diouf), Ulrike Stürzbecher (Karine), Anne Helm (Clara), Malte Stübing (Sun), Michael Pan (Rupi), Victor Neumann (Marc), Till Völger (Kevin Lefort), Denise Gorzelanny (Martine Lefort), Frank Ciazynski (Serge Lefort), Uwe Büschken (Dr. Motta), Sabine Arnhold (Michèle), Marion Musiol (Sylvie), Sabine Walkenbach (Richterin) u.a.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2005

Kindesmisshandlung

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Das von zwei Journalisten verfasste erschütternde Sachbuch "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" unterrichtet ein breites Publikum über die Drogenproblematik, nicht abstrakt, sondern am konkreten Beispiel der Drogensüchtigen Christiane F., die 1978 im Alter von 15 Jahren über ihre Erfahrungen berichtet. Horst Rieck und Kai Hermann lassen sie in der Ich-Form erzählen und treten dahinter zurück.
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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon einen Monat, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte. Aus familiären Gründen reduziere ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik.