Die zwei Gesichter des Januars

Die zwei Gesichter des Januars

Die zwei Gesichter des Januars

Die zwei Gesichter des Januars – Originaltitel: The Two Faces of January – Regie: Hossein Amini – Drehbuch: Hossein Amini, nach dem Roman "Die zwei Gesichter des Januars" von Patricia Highsmith – Kamera: Marcel Zyskind – Schnitt: Nicolas Chaudeurge, Jon Harris – Musik: Alberto Iglesias – Darsteller: Oscar Isaac, Viggo Mortensen, Kirsten Dunst, Daisy Bevan, David Warshofsky u.a. – 2014; 95 Minuten

Inhaltsangabe

Der junge Amerikaner Rydal, der sich als Fremdenführer in Athen durchschlägt, sieht 1962 zufällig, wie Chester MacFarland, einer seiner Kunden, einen angeblich betrunkenen Mann in dessen Hotelzimmer bringt und aufs Bett legt. Tatsächlich handelt es sich um einen Privatdetektiv, den Geschädigte auf den Finanzbetrüger Chester ansetzten, und er ist nicht betrunken, sondern tot. Weil Chester und seine Ehefrau Colette sich nicht mehr sicher fühlen, flüchten sie aus dem Hotel und lassen ihre an der Rezeption hinterlegten Pässe zurück. Rydal hilft dem Paar ...
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Kritik

Bei dem klassischen Thriller-Drama handelt es sich um eine Verfilmung des Romans "Die zwei Gesichter des Januars" von Patricia Highsmith. Hossein Amini erzählt ruhig und stringent; die beiden Hauptrollen hat er mit Oscar Isaac und Viggo Mortensen überzeugend besetzt.
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Athen 1962. Rydal Keener (Oscar Isaac) ist ein 25-jähriger Amerikaner, der ein Jura-Studium in Yale angefangen hatte, aber dann vor seinem strengen Vater, einem Archäologie-Professor aus Harvard, ins Ausland floh. Seit einem Jahr lebt er in Griechenland und schlägt sich als Fremdenführer durch. Nebenbei betrügt er Touristen beim Wechseln von Dollar und Drachmen. Als sein Vater vor einem Monat starb, reiste er nicht nach Hause zur Beerdigung, weil er annahm, dass sein Vater es nicht gewollt hätte.

Eine Touristin namens Lauren (Daisy Bevan) lässt sich von ihm in ein Gartenlokal ausführen. Chester MacFarland (Viggo Mortensen), ein anderer Gast, der bereits einige Stunden zuvor auf der Akropolis den Eindruck hatte, der Fremdenführer beobachte ihn, fühlt sich von ihm angestarrt. Colette (Kirsten Dunst), die deutlich jüngere Ehefrau des 48-Jährigen, folgt Rydal deshalb auf dem Weg zur Toilette, spricht ihn an und engagiert ihn für eine Führung. Danach lädt das im Grandhotel abgestiegene Ehepaar Rydal und Lauren zu einem Restaurantessen ein.

Chester kann nicht wissen, dass er Rydal an dessen Vater erinnert. Der Jüngere fühlt sich außerdem zu Colette hingezogen.

Nach dem Treffen zu viert findet Rydal im Taxi Colettes Armreif. Um ihn ihr zu bringen, fährt er zurück zum Grandhotel. Von der Rezeption aus ruft er die MacFarlands in ihrem Zimmer an, aber sie heben nicht ab. Rydal geht hinauf und trifft im Korridor auf Chester, der einen leblosen Mann über den Boden schleift. Der sturzbetrunkene Kerl habe Colette im Aufzug betatscht und sei deshalb von ihm niedergeschlagen worden, erklärt Chester, wirft Rydal einen Zimmerschlüssel zu und bittet ihn, ihm zu helfen, den Fremden aufs Bett zu legen.

Als Rydal auf dem Schreibtisch des angeblich Betrunkenen Fotos von dem Ehepaar MacFarland entdeckt, gesteht Chester ihm, dass es sich um einen Privatdetektiv handelte, der vor einer Viertelstunde vor der Tür stand. Er selbst sei Anlageberater. Durch verunglückte Börsenspekulationen habe eine zwielichtige Gruppe in New York viel Geld verloren und verfolge ihn jetzt. Der Privatdetektiv, den sie auf ihn hetzten, sei während der Unterredung gestolpert, hingefallen und habe das Bewusstsein verloren.

Als Zuschauer wissen wir, dass Chester eine Reihe von gutgläubigen Menschen absichtlich um eine insgesamt riesige Geldsumme betrog. Einige der Geschädigten engagierten den Privatdetektiv Paul Vittorio (David Warshofsky), um ihn aufzuspüren. Paul Vittorio bedrohte Chester MacFarland mit einer Pistole, aber dieser schlug sie ihm aus der Hand, und bei dem Gerangel stürzte der Privatdetektiv so unglücklich auf den Kopf, dass er auf der Stelle tot war.

Nun sagt Chester, er befürchte, dass der Privatdetektiv nicht allein gewesen sei. Nachdem man ihn und Colette aufgespürt habe, seien sie in Gefahr, denn die Gruppe, die den Privatdetektiv auf sie hetzte, scheue vor nichts zurück. Rydal nimmt das Ehepaar für die Nacht in seiner Wohnung auf.

Weil Chester und Colette ihre an der Hotelrezeption hinterlegten Pässe zurücklassen mussten, können sie weder Griechenland verlassen noch in einem anderen guten Hotel Zimmer bekommen. Rydal bringt sie mit Nikos (Omiros Poulakis) zusammen, der in der Lage ist, ihnen gegen Bezahlung von einem Freund gefälschte Pässe zu beschaffen. Das wird allerdings fünf Tage dauern. Sich so lange in Athen aufzuhalten, hält Chester für zu riskant. Rydal schlägt dem Ehepaar deshalb vor, die Wartezeit auf Kreta zu verbringen und begleitet es.

In Heraklion finden sie auch kein Hotel, das Gäste ohne Ausweispapiere akzeptiert. Am nächsten Morgen fahren sie deshalb mit dem Bus nach Chania. Bei einer Rast erfährt Rydal aus den Radionachrichten, dass der Privatdetektiv tot in seinem Hotelzimmer aufgefunden wurde und die Polizei nach dem Mörder fahndet. Chester gibt zu, gewusst zu haben, dass der Mann nicht nur bewusstlos war, beschwört Rydal allerdings, es seiner Frau zu verschweigen. Als Rydal ihm rät, sich zu stellen und auf Notwehr zu plädieren, lehnt Chester das ab und weist ihn darauf hin, dass er inzwischen ebenfalls in die Sache verstrickt sei und sich strafbar gemacht habe.

In der ersten Nacht im Hotel in Chania kann Chester nicht schlafen. Im Morgengrauen schluckt er deshalb eine Tablette. Als er aufwacht, vermisst er Colette. Rydals Zimmer ist leer, aber am Geruch der Bettwäsche merkt Chester, dass seine Frau da war. Außer sich vor Eifersucht macht er sich auf die Suche nach den beiden.

Nachdem er sie gefunden hat, nimmt er an, dass Rydal seiner Frau alles erzählt habe und gesteht ihr den Mord. Kurz darauf belauscht er ein Gespräch Colettes mit Rydal. Sie verrät ihm, dass ihr Mann ein Finanzbetrüger im großen Stil sei.

Bei der Rückfahrt im Bus nach Heraklion befürchtet Colette, sie sei von anderen Fahrgästen erkannt worden, gerät in Panik und rennt bei einem Halt ins Freie. Die beiden Männer folgen ihr und beruhigen sie, aber die restliche Strecke müssen sie zu Fuß gehen, denn der Busfahrer konnte nicht so lange warten.

Als ein Wolkenbruch einsetzt, finden sie in den Ruinen von Knossos Unterschlupf. Mit einem brennenden Feuerzeug als Lichtquelle in der Hand geht Chester über eine Treppe in unterirdische Gewölbe hinunter. Plötzlich ist ein Schrei von ihm zu hören. Colette ruft nach ihm, aber er antwortet nicht. Besorgt sucht Rydal nach ihm. Chester taucht plötzlich aus dem Dunkel auf und schlägt ihn nieder. Dann geht er nach oben und will den Weg mit seiner Frau fortsetzen. Sie fragt nach Rydal. Chester meint, sie solle ihn vergessen, aber sie weigert sich, Rydal zurückzulassen und will auf der geländerlosen Treppe an ihrem Mann vorbei nach unten, um nach Rydal zu sehen. Durch einen unbeabsichtigten Stoß Chesters verliert sie das Gleichgewicht, stürzt hinab und bricht sich das Genick.

Chester beweint sie kurz. Dann rafft er sich auf und kehrt allein nach Heraklion zurück. Beim bereits vereinbarten Treffen mit Nikos behauptet er, Rydal sei mit seiner Frau durchgebrannt.

Rydal kam inzwischen zu sich und entdeckte Colettes Leiche. Weil er beim Verlassen der Ruinen auf eine Mädchenschulklasse und deren Lehrerin stieß, wird inzwischen wegen Mordes nach ihm gefahndet.


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Auf der Fähre nach Athen überrascht er Chester. Der bietet ihm 10 000 Dollar, aber Rydal weist das Geld zurück und provoziert Chester mit der Aussage, er habe Colette gewollt. Da schlägt der Ältere ihn erneut nieder und droht, ihn über die Reling zu werfen.

Bei der Kontrolle nach der Ankunft im Fährhafen wird Rydal aus der Warteschlange geholt, denn er entspricht der Beschreibung des Mannes, den die Lehrerin und ihre Schülerinnen sahen. Rydal zeigt auf Chester und behauptet gegenüber dem Polizisten, er reise mit seinem Vater. Notgedrungen bestätigt Chester diese Angabe. Weil die Polizei nach einem einzelnen jungen Mann sucht, können sie beide die Kontrolle passieren.

Sie fahren zum Flughafen. An einem Schalter, an dem Chester zwei Flugtickets kaufen will, gibt er Frankfurt am Main als Reiseziel an. Während die Angestellte (Evgenia Dimitropoulou) sich nach den Daten erkundigt, fordert Chester Rydal auf, sich schon mal hinzusetzen. Als er dann zu Rydal kommt, gibt er ihm den Pass zurück, und darin steckt ein Ticket nach Frankfurt. Ein paar Minuten später geht Chester zur Toilette – und taucht nicht wieder auf. Von der Schalter-Angestellten erfährt Rydal, dass Chester statt nach Frankfurt nach Istanbul gebucht hat.

Zehn Tage später erhält Chester in seinem Hotelzimmer in Istanbul einen Anruf von Rydal, der ihn zu einem Treffen auffordert. Während des Gesprächs im Café Sultan begreift Chester, dass Rydal annimmt, er habe Colette ermordet und ihn niedergeschlagen, um ihm das Verbrechen anzuhängen. Chester fallen einige Männer auf, die sich in ihrer Nähe aufhalten. Misstrauisch geworden, steht er auf und rennt los. Einige der Männer, bei denen es sich um türkische Polizeibeamte in Zivil handelt, verfolgen ihn, andere Rydal, der ebenfalls losgelaufen ist. Fast im selben Augenblick werden beide auf einem Platz gestellt. Chester wird von einem Schuss getroffen und stürzt zu Boden. Rydal, der mit der Polizei einen Deal geschlossen hatte und mit einem unter dem Hemd versteckten Mikrofon ein Geständnis Chesters aufnehmen wollte, lässt sich von den Polizisten zu dem Sterbenden bringen. Chester gesteht den Betrug und übernimmt die Verantwortung sowohl für den Tod des Privatdetektivs als auch seiner Frau. Ausdrücklich betont er, dass Rydal nichts mit den Verbrechen zu tun habe.

Der wird daraufhin freigelassen. Durch Chesters späte Reue besänftigt, besucht Rydal dessen Grab und denkt an seinen Vater.

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Der Roman „The Two Faces of January“ von Patricia Highsmith erschien 1964 in einer englischen und einer um 40 Seiten gekürzten amerikanischen Fassung. Zwei Jahre später brachte der Rowohlt Verlag unter dem Titel „Unfall auf Kreta“ eine deutsche Übersetzung von Anne-Marie Uhde heraus. Eine Neuübersetzung für den Diogenes Verlag aus dem Jahr 2003 stammt von Werner Richter. Im Deutschen trägt das Buch nun den Titel „Die zwei Gesichter des Januars“. Es gibt auch ein Hörbuch dazu. Gelesen wird es von Charles Brauer, der zusammen mit Yolanda Jilot und Thomas Schücke in der von Wolfgang Storch und Gabriela Zerhau 1986 inszenierten Verfilmung des Romans zu sehen ist.

Originaltitel: Die zwei Gesichter des Januar – Regie: Wolfgang Storch, Gabriela Zerhau – Drehbuch: Wolfgang Storch und Karl Heinz Willschrei, nach dem Roman „Die zwei Gesichter des Januars“ von Patricia Highsmith – Kamera: Wolfgang Treu – Schnitt: Inez Regnier – Musik: Eberhard Schoener – Darsteller: Charles Brauer, Yolanda Jilot, Thomas Schücke u.a. – 1986

Der iranische Drehbuchautor Hossein Amini griff die Romanvorlage von Patricia Highsmith in seinem Debütfilm als Regisseur erneut auf. Im Buch wird deutlich, dass Rydal sich den MacFarlands anschließt, weil er Colette begehrt, aber mehr noch, weil Chester ihn an seinen Vater erinnert und er in einem Psychoduell mit diesem Ersatz seine gestörte Vater-Sohn-Beziehung aufarbeiten will. Als 15-Jähriger hatte Rydal eine Liebesbeziehung mit einer gleichaltrigen Cousine. Als Agnes ihn schließlich ungerechterweise sexueller Übergriffe beschuldigte, wurde Rydal von seinem Vater gnadenlos in eine Erziehungsanstalt gesperrt. Hossein Amini deutet Rydals Zerrissenheit zwischen dem Groll auf den Vater und der Liebe zu ihm nur an. Im Film sieht es so aus, als gehe es Rydal vor allem darum, Colette zu gewinnen. Trotzdem dominieren auch in dieser Version der Dreiecksgeschichte die beiden Männer.

In Patricia Highsmiths Roman „Die zwei Gesichter des Januars“ versucht Chester seinen Rivalen zu töten, indem er eine antike Amphore von einer Terrasse stößt. Aber statt Rydal triff er damit Colette und zertrümmert ihr den Schädel. Außerdem setzt Chester sich in der literarischen Vorlage nicht nach Istanbul ab, sondern nach Paris, und der Showdown findet in Marseille statt.

Ungeachtet dieser Abweichungen ist Hossein Amini mit dem klassischen Thriller-Drama „Die zwei Gesichter des Januars“ eine überzeugende Literaturverfilmung gelungen. Er erzählt ruhig und stringent, entwickelt die Handlung chronologisch-linear und schiebt nur einige wenige Perspektivwechsel ein, die den Zuschauern einen Wissensvorsprung verschaffen. Vor allem die sorgfältige Ausstattung im Look der Sechzigerjahre evoziert eine intensive Atmosphäre. Oscar Isaac und Viggo Mortensen sind für die beiden Hauptrollen eine perfekte Besetzung.

Der Titel bezieht sich übrigens auf den Monat Januar, in dem die Handlung spielt. Die Bezeichnung geht auf den römischen Gott Janus zurück, der mit zwei in entgegengesetzte Richtungen blickenden Gesichtern dargestellt wird (Januskopf). Damit spielte Patricia Highsmith sowohl auf Chester MacFarland als auch auf Rydal Keener an. Der eine ist ein Verbrecher, liebt aber auch seine Frau und bereut seine Taten schließlich. Der andere ist ein kleiner Gauner, der seinen Vater lieben möchte, aber beinahe vom Groll auf ihn zerfressen wird und sich erst am Ende symbolisch mit ihm aussöhnt.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2014

Patricia Highsmith

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon einen Monat, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte. Aus familiären Gründen reduziere ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik.