Henri Désiré Landru


Henri Désiré Landru wurde am 12. April 1869 in Paris als Sohn eines Hüttenarbeiters und einer Schneiderin geboren. In seiner Schulzeit war er Messdiener und sang im Kirchenchor. Nach dem Schulabschluss arbeitete Henri Landru in einem Architekturbüro, und beim Militär brachte er es zum Unteroffizier. In dieser Zeit heiratete er seine Cousine Catherine, mit der er vier Kinder zeugte.

Nach dem Militärdienst handelte Henri Landru zum Schein mit alten Möbeln; tatsächlich schlug er sich jedoch mit Gaunereien durch, darunter auch Heiratsschwindel. Deshalb wurde er mehrmals zu Haftstrafen verurteilt. Um sich einer weiteren gerichtlichen Verfolgung zu entziehen, tauchte er im April 1914 in Paris unter. Immer wieder nannte er sich anders, zum Beispiel: Diard, Petit, Frémyet, Dupont, Guillet, Barzieux, Tarempion.

Große Ansprüche stellte Henri Landru nicht. Um jedoch für seine Familie Geld zu beschaffen, verfiel er auf die Idee, alleinstehende Frauen mittleren Alters zu ermorden.

Er beantwortete Heiratsannoncen, die ihm geeignet erschienen, und gab selbst welche auf. Auf diese Weise soll er mit 283 Frauen Kontakt aufgenommen haben. Mit einigen von ihnen traf er sich, nannte einen falschen Namen und gab sich beispielsweise als Fabrikant aus. Henri Landru umwarb die Frauen, bis sie bereit waren, seiner Einladung zu einem gemeinsamen Ausflug aufs Land zu folgen. Für diesen Zweck mietete er zunächst in Vernouillet, dann in Gambais ein Haus. Aus Sparsamkeitsgründen löste er in Paris für sich eine Rückfahrkarte, für seine Opfer jedoch nur eine einfache Bahnfahrkarte. Die zerstückelten Leichen verbrannte Henri Landru in einem Ofen. Dann löste er die Wohnungen der Ermordeten auf, verkaufte ihre Sachen und ließ sich mit gefälschten Vollmachten die Bankguthaben auszahlen.

Die Mordserie blieb wegen des Ersten Weltkrieges lange unentdeckt. Erst als Henri Landru am 6. April 1919 in einem Porzellangeschäft in Paris einkaufte und eine Kundin den Liebhaber ihrer vermissten Schwester an dem Parfum „Mouchoir de Monsieur“ erkannte, kam die Polizei auf seine Spur. Er wurde festgenommen. (Die Nachricht soll die Modeschöpferin Coco Chanel auf die Idee gebracht haben, ein Parfum zu kreieren.)

Bei Hausdurchsuchungen wurden Reste von menschlichen Knochen, Knöpfen und Korsetts gefunden.

Am 7. November 1921 begann in Versailles der Gerichtsprozess gegen Henri Désiré Landru. Da es keine Tatzeugen gab und der Angeklagte seine Unschuld beteuerte, musste sich die Staatsanwaltschaft auf Indizien stützen, um ihm die Ermordung von zehn Frauen nachzuweisen. In Notizbüchern von Henri Landru glaubte man zwar Hinweise auf die Morde gefunden zu haben, aber sie waren verschlüsselt, und Landru behauptete, es handele sich um Aufzeichnungen über Kundinnen. Es gelang nicht, Verbindungen zwischen ihm und den zehn Opfern herzustellen oder auch nur Leichenteile einer der zehn Frauen zu finden. Der Anklagevertreter konnte nicht einmal genau angeben, wie die Frauen ermordet und deren Leichen beseitigt wurden. Mit der Auflösung der Bankkonten sei er von den Frauen vor deren Verschwinden beauftragt worden, behauptete Henri Landru, und er wisse nichts über den Verbleib der Vermissten. Die Verteidigung wies darauf hin, dass die Hausdurchsuchungen erst durchgeführt wurden, nachdem bereits andere Personen Gelegenheit gehabt hatten, dort Gegenstände zu hinterlassen.

Obwohl Henri Désiré Landru die Morde nicht nachgewiesen werden konnten, sprachen die Geschworenen ihn schuldig, und das Gericht verurteilte ihn am 30. November 1921 zum Tod. Selbst dann noch beteuerte er seine Unschuld.

Am 25. Februar 1922 wurde Henri Landru in Versailles guillotiniert.

Übrigens: Die Nachricht, die Schwester eines Mordopfers habe Henri Landru am Parfum „Mouchoir de Monsieur“ erkannt, soll Coco Chanel auf die Idee gebracht haben, sich von dem Parfumeur Ernest Beaux in La Bocca bei Cannes ein exklusives Parfum kreieren zu lassen (Chanel No. 5).

Filme und Bücher über Henri Désiré Landru:

  • Jürgen Alberts: Landru (1987)
  • Hugo Bettauer: Der Frauenmörder (1922)
  • Pierre Boutron (Regie): Désiré Landru (2005)
  • Claude Chabrol (Regie): Der Frauenmörder von Paris (1963)
  • Charlie Chaplin (Regie): Monsieur Verdoux. Der Frauenmörder von Paris (1947)
  • Juan José Gurrola (Regie): Landru (1973)
  • Hans Otto Löwenstein (Regie): Landru, der Blaubart von Paris (1923; mit Wilhelm Sichra als Henri Landru)

Monsieur Verdoux. Der Frauenmörder von Paris – Regie: Charlie Chaplin – Drehbuch: Charlie Chaplin, nach einer Idee von Orson Welles – Kamera: Roland Totheroh – Schnitt: Willard Nico – Musik: Charlie Chaplin – Darsteller: Charles Chaplin, Mady Correll, Allison Roddan, Robert Lewis, Audrey Betz, Martha Raye, Ada May, Isobel Elsom, Marjorie Bennett, Helene Heigh, Margaret Hoffman, Marilyn Nash, Irving Bacon, Edwin Mills, Virginia Brissac, Almira Sessions, Eula Morgan, Bernard Nedell, Charles Evans, William Frawley, Arthur Hohl, Barbara Slater, Fritz Leiber, Vera Marshe, John Harmon, Christine Ell, Lois Conklin u. a. – 1947

Désiré Landru – Regie: Pierre Boutron – Drehbuch: Jérôme Beaujour und Pierre Boutron nach einer Vorlage von Emmanuel Carrère und Jérôme Beaujour – Kamera: Guy Famechon – Schnitt: Patrice Monnet – Musik: Angélique Nachon und Jean-Claude Nachon – Darsteller: Patrick Timsit, Julie Delarme, Catherine Arditi, François Caron, Danièle Lebrun, Catherine Jacob, Michel Robin, Isabelle Petit-Jacques, Damien Jouillerot, Babsie Steger, Thierry Nenez, Rose Thiéry, Nicolas Vaude, Frédéric Bazin, Jean Dell, Andréa Ferréol u. a. – 2005

© Dieter Wunderlich 2007

Claude Chabrol: Der Frauenmörder von Paris

Ketil Bjørnstad - Der Fluss
Intensiv und einfühlsam beschäftigt Ketil Bjørnstad sich in "Der Fluss" mit der psychischen Entwicklung des Protagonisten, der – hin- und hergerissen zwischen Trauer, Lust und Karriereziel – seinen Weg sucht.
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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon einen Monat, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte. Aus familiären Gründen reduziere ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik.