Neue Buchtipps
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Ferdinand von Schirach: Strafe
Die Schöffin – Die falsche Seite – Ein hellblauer Tag – Lydia – Nachbarn – Der kleine Mann – Der Taucher – Stinkefisch – Das Seehaus – Subotnik – Tennis – Der Freund ...
In den zwölf unter dem Titel "Strafe" zusammengefassten, vermutlich auf realen Fällen basierenden Kurzgeschichten veranschaulicht Ferdinand von Schirach, dass es vor Gericht weniger auf Wahrheit und Gerechtigkeit als auf Formalien ankommt. Beispielsweise muss ein grausamer Menschenhändler wegen eines Verfahrensfehlers am Ende freigesprochen werden. Das geht unter die Haut.
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John Grisham: Der Verrat
Michael Brock hat bei einer renommierten Anwaltskanzlei in Washington, D. C., eine vielversprechende Karriere vor sich. Der Workaholic führt ein Leben auf der Überholspur. Durch die Konfrontation mit einem verzweifelten Obdachlosen kommt er zur Besinnung. Geld und Erfolg seien nicht das Entscheidende, meint er. Brock kündigt und beginnt, sich für die Bedürftigen in der Stadt zu engagieren. Im Kontrast zu ihm stehen gut verdienende Anwälte und Geschäftsleute, die sich sogar auf Kosten der Ärmsten skrupellos bereichern ...
John Grisham hat sowohl spannendere als auch komplexere Romane geschrieben. Aber wie in fast allen seinen Büchern veranschaulicht er in "Der Verrat" Charakteristika der US-amerikanischen Gesellschaft und ihres Justizwesens, die er für bedenklich hält. Das macht den besonderen Reiz der leichten Lektüre aus.
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Dieter Gräbner, Stefan Weszkalnys: Der ungehörte Zeuge
Kurt Gerstein war ein Charakter voller Widersprüche. Er trat 1933 in die NSDAP ein, meldete sich nach dem Überfall auf Polen als Kriegsfreiwilliger und avancierte in der Waffen-SS zum Obersturmführer. Weil er tausendfach Schriften der Bekennenden Kirche verteilte, wurde er zweimal mehrere Wochen lang eingesperrt, aus der NSDAP ausgeschlossen und aus dem Staatsdienst entlassen. Während er enorme Mengen Zyklon B für die Vernichtungslager beschaffte, versuchte er, die Kirche und die Alliierten darüber zu informieren ...
Dieter Gräbner und Stefan Weszkalnys halten Kurt Gerstein für einen Widerstandskämpfer, einen "Spion im Lager der Mörder", und begründen dies mit einer Reihe von Argumenten. Zugleich werfen sie der Kirche und den Alliierten vor, trotz frühzeitigen Wissens über den Holocaust geschwiegen zu haben.
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Ben Roeg: Verwandtschaften
Themenschwerpunkte der drei in diesem Band zusammengefassten "politischen Real-Fiktionen aus sieben Jahrzehnten bundesdeutscher Utopie-Geschichte" sind die 68er-Bewegung und ihre Folgen ("Acht und Sechzig"), Kritik an der Nutzung der Kernspaltung ("Wahl-Verwandtschaften") und ein Plädoyer für die Akzeptanz von Sterbehilfe ("Requiescam") ...
In drei polyphonen "Real-Fiktionen" prangert Ben Roeg inhumane Auswirkungen von Ideologien, Gesetzen und Institutionen an. Die Texte bewegen sich zwischen Sachbuch und Belletristik, denn fiktive Figuren konkretisieren historische Fakten.
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Fuminori Nakamura: Die Maske
Fumihiro Kuki, ein ohne Mutter aufgewachsener Elfjähriger, erfährt von seinem Vater, dass er nur gezeugt wurde, um Böses in die Welt zu setzen. Als der Vater die Adoptivtochter Kaori missbraucht und Schlimmeres androht, tötet ihn der Sohn kurz vor seinem 13. Geburtstag. Mehr als zehn Jahre später lässt Fumihiro sein Gesicht operieren, um einen Schlussstrich unter seine Vergangenheit zu ziehen. Aber die Vergangenheit des Mannes, dessen Identität er nun angenommen hat, macht ihm ebenfalls zu schaffen. Und er entgeht auch seiner eigenen nicht ...
In dem düsteren Roman "Die Maske" kombiniert Fuminori Nakamura eine Familien- und Entwicklungsgeschichte mit Krimi-Elementen und Gesellschaftskritik. Im Zentrum steht die Frage, ob man sich von den Zwängen aus Tradition, Genom, Erziehung und persönlicher Vergangenheit befreien kann.
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Martin Suter: Lila, Lila
Der schüchterne Kellner David Kern verliebt sich in die angehende Literaturstudentin Marie Berger, die ihn jedoch nicht weiter beachtet. Als er ein altes Romanmanuskript findet, scannt er es ein und gibt es ihr zu lesen. Marie ist begeistert. Er will keine Veröffentlichung, aber sie schickt das Manuskript ohne sein Wissen ein. Um seine Freundin nicht wieder zu verlieren, spielt David weiter – und wird bald darauf als Bestseller-Autor gefeiert. Bei einer Lesung taucht eines Tages ein Obdachloser auf, der behauptet, der Autor zu sein ...
"Lila, Lila" ist eine amüsante Mischung aus Tragikomödie und Melodram mit Thriller-Elementen und satirischen Seitenhieben nicht nur auf den Literaturbetrieb. Es geht um Liebe und Lüge, Sein und Schein. Reizvoll ist v. a. die Verschachtelung und Spiegelung der Geschichten.
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Kent Haruf: Lied der Weite
Die 17-jährige Schülerin Victoria wird von ihrem Freund verlassen, nachdem er sie geschwängert hat. Und von ihrer Mutter verstoßen. Zuflucht findet sie durch die Vermittlung einer tatkräftigen Lehrerin bei zwei älteren Farmern. Die Sorge um das Mädchen verändert das Leben der beiden nie verheirateten Brüder. Parallel dazu entwickelt sich die Geschichte des Lehrers Tom Guthrie, dessen depressive Frau fortgeht und ihn mit den beiden kleinen Söhnen allein lässt, die von einem älteren Schüler drangsaliert werden ...
"Lied der Weite" ist ein anrührender, bewusst einfach erzählter Roman über Menschen in der amerikanischen Provinz. Kent Haruf entwickelt die Handlungsstränge zunächst im Wechsel und führt sie dann immer enger zusammen.
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Viktor Glass: Schüssler und die verschwundenen Mädchen
Augsburg 1890. Ein junger Soldat wendet sich an den Privatermittler Ludwig Schüssler und beauftragt ihn, nach seiner vermissten Braut zu suchen, die bisher als Dienstmädchen in einem Augsburger Haushalt arbeitete. Bald darauf erfährt Schüssler, dass es sich bei den Modellen einiger Aktgemälde in einer Ausstellung des Künstlers Eginald Berwanger um Mädchen handelt, die inzwischen aus Augsburg verschwunden sind ...
Viktor Glass weiß viel über die Augsburger Industrie- und Sozialgeschichte. Einiges davon bringt er konkret und bildlich in seinen Kriminalroman ein. Das macht "Schüssler und die verschwundenen Mädchen" zum Lesevergnügen.
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Charlotte Habersack: Kalle gegen alle
Der Bäckersohn Kalle wird in drei Wochen zehn Jahre alt. Seine Mutter plant eine Geburtstagsfeier, aber er hat keine Freunde, die er einladen könnte. In der Schulklasse gehört er keiner Clique an, und einige Jungen hänseln ihn. Kalle führt das auf seine Unsportlichkeit und ein paar Pfunde Übergewicht zurück. Als er einem zwei Jahre jüngeren Schüler hilft, der sich ebenfalls allein fühlt, entwickelt sich eine feste Freundschaft, und die beiden Jungen unterstützen sich gegenseitig in dem Bemühen, ihre Situation zu verbessern ...
Der aus der Sicht der Hauptfigur erzählte Kinderroman "Kalle gegen alle" veranschaulicht kurzweilig den Wert der Freundschaft. Charlotte Habersack plädiert zugleich für Fairness und gegen Ausgrenzung bzw. Mobbing.
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Natsume Sōseki: Der Bergmann
Der namenlose 19-jährige Ich-Erzähler berichtet im Nachhinein, wie er aus seinem Elternhaus in Tokio ausriss, sich von einem Schlepper für ein Kupferbergwerk anwerben ließ und fünf Monate dort verbrachte. Anfangs ist er ziellos und desorientiert. Willenlos folgt er dem Schlepper. Die Begegnung mit den Bergarbeitern – die er als "Wilde" erlebt –, der strapaziöse Abstieg in die finsteren Tiefen des Bergwerks – in eine Hölle – und der noch anstrengendere Rückweg zum Licht verändern ihn ...
Obwohl es um eine innere Reise geht, passt "Der Bergmann" nicht in die Schublade Bildungsroman. Natsume Sōseki tut so, als handele es sich um einen wirklichkeitsgetreuen Bericht des Ich-Erzählers und entwickelt die Geschichte konsequent aus dessen subjektiver Perspektive.
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