Konrad Duden


Konrad Duden wurde am 3. Januar 1829 als zweiter Sohn des »Liqueurfabrikanten« Johann Konrad Duden und dessen Ehefrau Juliane Charlotte (»Julia«) auf dem Gut Bossigt in Lackhausen (heute: Wesel) geboren. Weil sich Johann Konrad Duden als Unternehmer überschuldete, musste er 1833 das von seinem Schwiegervater, dem Arzt Jacob Monje, übernommene Landgut Gläubigern überlassen und mit seiner Familie wegziehen.

Ein Freiplatz im evangelischen Waisenhaus in Wesel und Stipendien ermöglichten es Konrad Duden trotz der finanziellen Schwierigkeiten der 1837 nach Dinslaken gezogenen Familie, die Vereinigte höhere Bürgerschule und Gelehrtenschule (heute: Konrad-Duden-Gymnasium) in Wesel zu besuchen.

Im Alter von siebzehn Jahren machte er sein Abitur und immatrikulierte sich an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn für ein Studium der Philologie, Germanistik und Geschichte. Als Mitglied der Verbindung »Germania« beteiligte er sich im Revolutionsjahr 1848 an den Demonstratrationen der Burschenschaften. Finanzielle Gründe zwangen Konrad Duden, das Studium nach vier Semestern abzubrechen. Er zog nach Frankfurt am Main und betätigte sich dort als Hauslehrer bei der Familie des Senators Eduard Franz Souchay (1800 – 1872).

Trotz des Studienabbruchs konnte er mit einer Ausnahmegenehmigung am 17. März 1854 die Abschlussprüfung an der Universität Bonn nachholen und im selben Jahr an der Philosophischen Fakultät der Philipps-Universität Marburg promovieren, und zwar ohne Rigorosum, allein aufgrund seiner philologischen Dissertation »De Sophoclis Antigona« (Über die Antigone von Sophokles). Für die einjährige Referendarzeit erhielt er zwar eine Stelle am Archigymnasium in Soest, aber nach wenigen Wochen reiste er ab und unterrichtete die Kinder der Familie Gruber in Genua. Erst nach fünf Jahren kehrte Konrad Duden nach Soest zurück, wo er zunächst Lehrer und 1867 auch Prorektor am Archigymnasium wurde.

1861 heiratete der Zweiunddreißigjährige Adeline Sophia Jakob, die elf Jahre jüngere Tochter eines deutschen Konsuls, die er 1854 während eines Aufenthalts in Messina kennen gelernt hatte.

Anfang 1869 zog Konrad Duden mit seiner Frau und drei in Soest geborenen Kindern – ein viertes war kurz nach der Geburt gestorben – nach Schleiz im Fürstentum Reuß, wo Adeline Duden während der nächsten Jahre mit drei weiteren Kindern niederkam und ihr Mann bis 1876 das Städtische Rutheneum-Gymnasium leitete. 1871 gründete Konrad Duden mit finanzieller Unterstützung von Honoratioren einen »Allgemeinen Bildungsverein« – eine Vorform der Volkshochschule – in Schleiz und veröffentlichte im Jahresbericht der Schule Rechtschreibregeln (»Zur deutschen Rechtschreibung«). Im Jahr darauf folgte das später als »Schleizer Duden« bezeichnete Buch »Die deutsche Rechtschreibung. Abhandlungen, Regeln und Wörterverzeichnis mit ethymologischen Angaben«.

Mit dem Adjektiv »deutsch« hatte man im Mittelalter die einheimische germanische Volkssprache sowohl von dem »Welsch« der kelto-romanischen Nachbarn als auch vom Latein der Gelehrten abgegrenzt. Der älteste Beleg für das Wort – und zwar in lateinischer Übersetzung – stammt aus der Zeit Karls des Großen (786). Obwohl Martin Luther (1483 – 1546) mit seiner Bibel-Übersetzung eine überregionale deutsche Hochsprache geschaffen hatte (»Luther-Deutsch«), war die deutsche Rechtschreibung schon aufgrund der zahlreichen Kleinstaaten weder übergreifend noch verbindlich geregelt worden. Die einzelnen Verlage hielten sich an ihre jeweilige Haus-Orthografie, und an den Schulen setzten sich die Lehrer zusammen, um bestimmte Rechtschreibregeln für ihre Lehranstalt festzulegen. Darum ging es auch Konrad Duden, und er schlug zugleich vor, dabei nach phonetischen statt ethymologischen Gesichtspunkten vorzugehen (»schreibe wie du sprichst«). Nicht im Traum hätte er daran gedacht, dass seine Anregungen über Schleiz hinaus beachtet werden könnten.

Aber die Reichsgründung am 18. Januar 1871 ging mit dem Bestreben nach einer Vereinheitlichung auch der Schriftsprache in Preußen, Sachsen, Bayern sowie den anderen Territorien einher. Adalbert Falk (1827 – 1900), der neue preußische »Minister für geistliche, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten«, wurde 1872 von der Schulkonferenz der Länder in Dresden beauftragt, eine Rechtschreibreform vorzubereiten. An der vom 4. bis 15. Januar 1876 in Berlin tagenden »Orthographischen Konferenz« nahm auch Konrad Duden teil. Der Versuch zur »Herstellung größerer Einigkeit in der deutschen Rechtschreibung« scheiterte jedoch, weil Reichskanzler Otto von Bismarck (1815 – 1898) sein Veto gegen die in Berlin erarbeiteten Reformvorschläge einlegte.

Trotz des Fehlschlags gab Konrad Duden nicht auf, sondern brachte am 7. Juli 1880 – vier Jahre nachdem er mit seiner Familie nach Hersfeld umgezogen und dort Direktor des Königlichen Gymnasiums geworden war – ein »Vollständiges orthographisches Wörterbuch der deutschen Sprache« heraus. Dieses unter Einbeziehung bayerischer Besonderheiten auf preußischen Regeln fußende Werk erklärten die Vertreter der deutschen Bundesstaaten und Österreich-Ungarns, die sich vom 17. bis 19. Juni 1901 in Berlin versammelt hatten (»II. Orthografische Konferenz«), zur Grundlage einer Vereinheitlichung der deutschsprachigen Rechtschreibung, die durch einen Beschluss des Bundesrats ab 1903 für den amtlichen und schulischen Gebrauch im gesamten Reichsgebiet verbindlich eingeführt und sowohl von der Schweiz als auch von der Doppelmonarchie übernommen wurde.

Neunundzwanzig Jahre lang leitete Konrad Duden das Königliche Gymnasium zu Hersfeld nach dem Motto »In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas« (wo es notwendig ist: Einheit der Meinung, wo es verschiedene Möglichkeiten gibt: Freiheit der Entscheidung; immer jedoch Fürsorge). Der von seiner Tätigkeit begeisterte Pädagoge ging erst als Sechsundsiebzigjähriger am 18. September 1905 in den Ruhestand und richtete sich auf seinem Alterswohnsitz in Sonnenberg (heute: Wiesbaden) ein. Sein Name war inzwischen so bekannt, dass ihn die im selben Jahr erschienene 9. Auflage seines Wörterbuchs und Regelwerks im Titel trug: »Duden. Rechtschreibung der deutschen Sprache und der Fremdwörter«. Der »Duden« wurde zum Begriff.

Am 1. August 1911 starb Konrad Duden im Alter von 82 Jahren. Beigesetzt wurde er in Bad Hersfeld.

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es vier Jahrzehnte lang in der DDR und in der Bundesrepublik Deutschland getrennte Duden-Ausgaben. Anfang 1990 setzten sich die Mitarbeiter der Mannheimer Duden-Redaktion und des Leipziger Bibliografischen Instituts zusammen, um einen gemeinsamen Duden zu erarbeiten. Der erschien 1991.

Im Juli 1996 erklärten Deutschland, Österreich, die Schweiz und einige Staaten mit deutschsprachigen Bevölkerungsgruppen ihre Absicht, eine Rechtschreibreform durchzuführen. Obwohl die Änderungen auf breite Ablehnung stießen, wurde die Rechtschreibreform am 1. August 1998 in den deutschen Schulen eingeführt. Allerdings werteten die Lehrer »überholte« Schreibweisen zunächst nicht als Fehler; erst am 1. August 2005 erklärten alle Bundesländer bis auf Bayern und Nordrhein-Westfalen die neue Rechtschreibung für verbindlich – mit Ausnahme einiger Regelungen, die der am 17. Dezember 2004 konstituierte »Rat für deutsche Rechtschreibung« noch diskutierte. Im März 2006 beschlossen die Kultusminister und die Ministerpräsidenten, der Rechtschreibreform mit den vom »Rat für deutsche Rechtschreibung« erarbeiteten Nachbesserungen ab 1. August 2006 bundesweit Geltung zu verschaffen. Weil zusätzliche Schreibvarianten eingeführt wurden, viele Autoren und Verlage sich weigern, die offiziellen Schreibweisen zu übernehmen und einige Medien Hausorthografien eingeführt haben, herrscht nun im deutschsprachigen Raum wieder ein Durcheinander wie vor Konrad Duden.

© Dieter Wunderlich 2006

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.