Polizeiruf 110. Der scharlachrote Engel

Polizeiruf 110. Der scharlachrote Engel

Polizeiruf 110. Der scharlachrote Engel

Originaltitel: Polizeiruf 110. Der scharlachrote Engel - Regie: Dominik Graf - Drehbuch: Günter Schütter - Kamera: Alexander Fischerkoesen - Schnitt: Ulla Höllinger - Musik: Sven Rossenbach und Florian van Volxem - Darsteller: Nina Kunzendorf, Martin Feifel, Edgar Selge, Michaela May, Claudia Messner, Hildegard Kuhlenberg, Mona Seefried, Ursula Gottwald u.a. - 2005; 90 Minuten

Inhaltsangabe

Spätabends nimmt Kommissar Jürgen Tauber im Münchner Polizeipräsidium einen Anruf entgegen: Die Jurastudentin Floriane Engelhard behauptet, sie habe gerade einen Einbrecher erschossen. Vor der Wohnung finden Tauber und seine Kollegin Jo Obermaier zwar Blutspuren, jedoch keine Leiche. Hat der Fall etwas damit zu tun, dass Floriane im Internet unter dem Namen "Angel" strippt?
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Kritik

"Der scharlachrote Engel" ist nicht Dominik Grafs bester Film, nicht zuletzt, weil einige Szenen einfach misslungen und unglaubwürdig sind, aber es geht in dieser Folge der Serie "Polizeiruf 110" immerhin um ein wichtiges Thema: die Risiken des Internets.
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Um nicht schlaflos zu Hause zu liegen, verbringt Kriminalhauptkommissar Jürgen Tauber (Edgar Selge) wieder einmal eine Nacht im Münchner Polizeipräsidium und bastelt kleine Plastikhäuser für die Kinder seiner Kollegen. Da erhält er einen Anruf: Die Jurastudentin Floriane („Flo“) Engelhard (Nina Kunzendorf) zeigt sich selbst an und behauptet, soeben einen Einbrecher erschossen zu haben. Auf dem Weg vor der Wohnung finden Tauber und seine Kollegin Jo Obermaier (Michaela May) zwar Blutspuren, aber keine Leiche. Flo sagt aus, dass die Pistole von ihrem Vater stamme, einem vor Jahren in die USA zurückgekehrten GI, der mit ihrer Mutter ein Verhältnis gehabt hatte. Die Mutter (Elisabeth Rath) ist im Amerikahaus beschäftigt, aber Flo hat kaum Kontakt zu ihr.

Jo Obermaier fällt auf, dass Flos Wohnung teuer eingerichtet ist. Woher hat die Studentin das Geld? Bei der „Munich Travelgroup“ hat sie seit einem Jahr keinen Job als Reiseführerin mehr angenommen. Verdient Flo das Geld im Internet? Die Vermutung liegt nahe, weil auf ihren Computer eine Webcam montiert ist. Tatsächlich hat die Studentin eine Homepage angemeldet, auf der sie unter dem Decknamen „Angel“ gegen entsprechende Abbuchungen von der Kreditkarte die Wünsche ihrer virtuellen Besucher erfüllt und beispielsweise nackt vor der Kamera tanzt. Handelt es sich bei dem gesuchten Einbrecher um einen ihrer Kunden?

Zur Rede gestellt, gibt Flo zu, als „Angel“ im Internet zu strippen. Nur auf diese Weise könne sie ihren Schuldenberg von 60 000 Euro abbauen. Bisher glaubte sie, durch den Decknamen gegen unerwünschte persönliche Kontakte geschützt zu sein.

Als Flo von ihrer Aussage im Polizeipräsidium zurückkehrt, wird sie von dem Täter erwartet, der erneut in ihre Wohnung eingedrungen ist. Er zeigt ihr die Schussverletzung an der Schulter, nimmt ein starkes Schmerzmittel und fordert sie zu einem Striptease auf. Wieso sie seine Wünsche zwar im Internet erfüllte, sich jedoch jetzt weigert, vor seinen Augen nackt zu tanzen, versteht er nicht. Er zertrümmert eine gerahmte Fotografie, drückt ihr die Spitze einer Glasscherbe an den Hals und bringt sie so in seine Gewalt.

Am nächsten Tag erhält Flos Mutter im Amerikahaus ein Päckchen mit eim Stück Fleisch und einen Zettel mit der Nachricht: „Das habe ich Ihrer Tochter herausgeschnitten.“

Jürgen Tauber und Jo Obermaier rasen zu Flos Wohnung. Sie liegt nackt und halb bewusstlos in ihrer Badewanne. Ihr Körper weist mehrere Hämatome auf. Mit dem Stück Schweineleber leistete sich der Täter zwar nur einen bösen Scherz, aber er hatte Flo unter Drogen gesetzt, verprügelt und vergewaltigt.

Eine Prostituierte, die Tauber mit Informationen aus dem Rotlichtmilieu versorgt, sucht den Täter anhand einer Phantomzeichnung. Sie entdeckt ihn in einem Nachtlokal und alarmiert Tauber, doch als er hinkommt, ist der Gesuchte bereits fort.

In der Nähe erwacht jemand kurz darauf durch ein Geräusch in der Wohnung, und als er nachsieht, kauert ein Einbrecher schluchzend auf dem Boden: Das Geschrei eines Babys hat ihn fertiggemacht.

Es handelt sich um Will Gérard (Martin Feifel). Sein Aussehen stimmt mit dem Phantombild überein. Beim Verhör im Polizeipräsidium gibt er nicht nur eine Reihe von Einbruchsdiebstählen zu, sondern auch die Vergewaltigung Flos. Offenbar war er bei einem seiner Einbrüche zufällig auf die Gelegenheitsstripperin gestoßen, die er des öfteren im Internet gesehen hatte.

In der Gerichtsverhandlung widerruft Will Gérard unerwartet das Geständnis und behauptet, Flo habe ihn animiert und einvernehmlich mit ihm Sex gehabt. Die Verteidigerin weist darauf hin, dass ihr Mandant mit einem IQ von 89 unfähig sei, sich raffinierte Ausreden auszudenken und betont, er sei zum Tatzeitpunkt aufgrund der schmerzhaften Schussverletzung gar nicht in der Lage gewesen, einer Frau Gewalt anzutun. Die Staatsanwältin (Mona Seefried) macht zwar darauf aufmerksam, dass Marie Böhm (Ursula Gottwald), die Mutter der achtjährigen Tochter des Angeklagten, Krankenschwester sei und ihm ein starkes Schmerzmittel besorgt haben könnte, aber darauf geht die Richterin (Hildegard Kuhlenberg) nicht weiter ein. Mit den Fingerabdrücken auf der Glasscherbe konfrontiert, behauptet Will Gérard, die vorgetäuschte Bedrohung habe zu dem von Flo angeregten Sexspiel gehört. Warum er Flos Mutter mit dem Stück Fleisch erschreckt habe? Aus Mitleid mit der einsamen jungen Frau; damit sich jemand um sie kümmert.

Rechtzeitig vor der nächsten Verhandlung im Gerichtssaal finden Taubers Leute heraus, dass Will Gérard vor zehn Jahren, als Siebzehnjähriger, wegen eines sexuellen Übergriffs aufgefallen war – aber die Straftat kann ihm inzwischen nicht mehr zur Last gelegt werden.

Geschickt deckt die Verteidigerin auf, dass Flo in den verheirateten Rechtsanwalt Hendrik Elling verliebt ist und baut darauf das Bild einer jungen Frau auf, die sich wegen ihrer unerfüllbaren Liebe einsam fühlt. Von da ist es nicht mehr weit zu der Unterstellung, Flo gerate durch Angst in sexuelle Erregung.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Die Richterin spricht den Angeklagten von dem Vorwurf der Vergewaltigung frei, weil ihm die Tat nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte. Für die Einbrüche verurteilt sie ihn zu einer Haftstrafe, die sie zur Bewährung aussetzt. Er wird noch im Gerichtssaal freigelassen.

Um Flo zu beschützen, verbringt Tauber den Abend bei ihr. Flo macht in der Küche Tee. Plötzlich steht Will Gérard vor ihr und bedroht sie. Tauber liegt bewusstlos mit dem Kopf auf dem Tisch: Gérard hat ihm ein Betäubungsmittel vor die Nase gehalten. Es kommt zu einem erbitterten Kampf zwischen Flo und Gérard, bei dem es ihr gelingt, ihn mit einer Schnur zu erdrosseln.

Jo Obermaier nimmt den Hörer ab, als Flo erneut im Polizeipräsidium anruft und meldet, sie habe gerade einen Einbrecher getötet.

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„Der scharlachrote Engel“ ist nicht Dominik Grafs bester Film, nicht zuletzt, weil einige Szenen einfach misslungen und unglaubwürdig sind (etwa, wenn die beiden Polizeikommissare „Angel“ beim Striptease vor der Webcam zusehen und dabei vor dem Bildschirm im Büro singen und tanzen), aber es geht in dieser Folge der Serie „Polizeiruf 110“ immerhin um ein wichtiges Thema: die Risiken des Internets. Dominik Graf veranschaulicht die fehlende Medienkompetenz am Beispiel eines nicht besonders intelligenten Mannes, der nicht mehr zwischen dem Virtuellen und der Wirklichkeit unterscheiden kann und davon ausgeht, dass eine Frau, die sich im Internet unter einer anderen Identität bereitwillig vor der Kamera auszieht, auch im realen Leben seine sexuellen Wünsche erfüllt.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2005

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