Vom Suchen und Finden der Liebe

Vom Suchen und Finden der Liebe

Vom Suchen und Finden der Liebe

Originaltitel: Vom Suchen und Finden der Liebe - Regie: Helmut Dietl - Drehbuch: Helmut Dietl und Patrick Süskind - Kamera: Jürgen Jürges - Musik: Dario Farina und Harold Faltermeyer - Darsteller: Moritz Bleibtreu, Alexandra Maria Lara, Uwe Ochsenknecht, Anke Engelke, Heino Ferch, Justus von Dohnányi, Harald Schmidt, Marily Milia, Richard Beek, Christoph Maria Herbst, Elmar Wepper u.a. - 2005; 105 Minuten

Inhaltsangabe

Nach sieben Jahren trennt die Schnulzensängerin Venus Morgenstern sich von ihrem Lebenspartner, dem Komponisten Mimi Nachtigal. Um über den Verlust hinwegzukommen, reist Mimi auf eine griechische Insel. Aber er kann seine große Liebe nicht vergessen, nimmt sich verzweifelt das Leben und wird von Hermes Aphroditos in den Hades geführt. Schließlich merkt Venus, wie sehr Mimi ihr fehlt, und sie beschließt, ihn zurückzuholen ...
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Kritik

Ausstattung und Ausleuchtung sind vom Feinsten. Die Handlung wird in Episoden dargestellt, wobei einige der Szenen beinahe wie Sketche wirken. Vieles ist sehr komisch, und der Kitsch wird durch Ironie gebrochen. Die Schauspieler zeigen sich in bester Spiellaune: "Vom Suchen und Finden der Liebe".
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An einem verregneten Abend begegnet der grüblerische Schlagerkomponist Mimi Nachtigal (Moritz Bleibtreu) in Berlin der Gesangsstudentin Gretel Grieneisen (Alexandra Maria Lara). Gretel, die gerade an einer Partie aus der Oper „Orpheus und Eurydike“ (1762) von Christoph Willibald Gluck (1714 – 1787) scheiterte, behauptet zwar, nicht an die große Liebe zu glauben, aber sie und Mimi verlieben sich wie Orpheus und Eurydike unsterblich ineinander. Mimi verhilft seiner Geliebten zu einer Karriere als Schnulzensängerin und nennt sie „Venus Morgenstern“, doch als sie endlich so singt, wie er sich das immer vorgestellt hat, ist die leidenschaftliche Liebe des Paares erkaltet. Sie streiten sich immer heftiger über Belanglosigkeiten, bis Venus sich nach sieben Jahren auf offener Bühne von Mimi trennt und ein Verhältnis mit dem blonden Musikproduzenten Harry (Justus von Dohnányi) beginnt.

Um Mimi über seinen Liebeskummer hinwegzuhelfen, überredet ihn sein bester Freund, der Musikprofessor Theo Stokowski (Uwe Ochsenknecht), auf eine griechische Insel zu reisen, wo er ihm seine Villa zur Verfügung stellt.

Auch in Griechenland kommt Mimi nicht über das Scheitern seiner großen Liebe hinweg, und in seiner Verzweiflung nimmt er sich mit Schlaftabletten das Leben. Der zweigeschlechtliche Götterbote Hermes Aphroditos (Heino Ferch) fliegt herbei, holt Mimis Schatten ab und springt mit ihm in einen uralten Brunnen auf Theos Grundstück, von dem die Griechen glauben, dass es sich um einen der drei Zugänge zum Hades handelt. Am Styx kommt der alte Fährmann Charon (Richard Beek) mit seinem Hund Zerberus herangerudert, um die beiden überzusetzen. Hermes Aphroditos, der sich längst in Mimi verliebt hat, bringt ihn ganz allein in einem Schloss unter und hofft, seine Liebe gewinnen zu können, aber Mimi denkt immer nur an Venus.

Theo erfährt von Mimis Suizid durch einen Telefonanruf der jungen Schäferin Kalypso (Marily Milia), die auf seine Villa aufpasst. Ohne die Nachricht glauben zu können, reist Theo sofort nach Griechenland – und verliebt sich trotz oder wegen seines Schmerzes um den toten Freund in Kalypso. Während er sich in Berlin weigerte, mit seiner Ehefrau Helena (Anke Engelke), einer karrieregeilen Rechtsanwältin, ohne vorherige Terminvereinbarung Sex zu haben, treibt er es mit Kalypso mehrmals am Tag. Helena dagegen ist frustriert, weil Theo den Koitus-Termin eine Stunde vor seinem Abflug nicht einhielt – und sie geht deshalb mit dem Psychotherapeuten (Harald Schmidt) vom Nachbarbüro in ein Hotel. Seit er und seine Frau fremdgehen, erzählt der Psychologe Helena im Bett, sei ihre Beziehung wieder richtig glücklich. Dann fragt er Helena: „Möchten Sie noch einmal?“

Inzwischen merkt Venus nach einem Nervenzusammenbruch, wie sehr Mimi ihr fehlt und beschließt, ihn auf der griechischen Insel zu besuchen, um ihn für einen Neuanfang zu gewinnen. Auf der Fähre trifft Venus zufällig mit Helena zusammen, die zu ihrem Mann unterwegs ist. Venus ahnt noch nichts vom Tod ihres früheren Lebensgefährten, schwelgt in Zukunftsplänen und begreift erst nach einigem Zureden von Helena, was geschehen ist.

Nach der Ankunft findet Helena ihren Mann als Hirten bei Kalypsos Schafen. Um Theo zurückzuerobern, schleicht sie sich nachts in die Hütte der Schäferin und steigt nackt neben den beiden ins Bett. – Bei Frühstück lassen Helena und Kalypso sich von Theo bedienen, und Helena überlegt, ob sie Kalypso adoptieren sollten, um ihre Dreierbeziehung auch in Berlin fortsetzen zu können, ohne einen Skandal auszulösen.

Im Hades wird Hermes Aphroditos immer zudringlicher und verwandelt sich schließlich in Venus Morgenstern, um Mimi zu verführen. Mimi ist überglücklich und glaubt, seine Geliebte sei ins Totenreich gekommen, um mit ihm zu schlafen. Erst danach gesteht Hermes Aphroditos die Täuschung. Da legt Mimi sich hin und will gar nicht mehr aufwachen.

Deshalb hört er auch Venus nicht, die in den Brunnen gesprungen ist, sich von Charon über den Styx bringen ließ und jetzt nach ihm ruft. Hermes Aphroditos eilt hinaus, tritt ihr in der Gestalt Mimis entgegen und weist sie brüsk zurück, aber Venus singt daraufhin so traurig, dass sie selbst das Herz ihres Rivalen erweicht und er sie zu Mimi führt. Mimi glaubt zunächst, Hermes Aphroditos wolle ihn erneut hereinlegen, aber als Venus zu streiten anfängt, begreift er, dass sie es wirklich ist. Glücklich verlassen sie den Hades und steigen nach oben. Venus geht voran. Als Mimi erwähnt, dass ihr Po nicht mehr so straff wie früher sei, dreht sie sich wütend um – und da fliegt Mimi zurück und verschwindet zwischen schwarzen Wolkenkaskaden in einer Schlucht.

Viele Jahre später erhält Mimi einen kurzen Sonderurlaub, damit er nachsehen kann, was aus Venus geworden ist. In Berlin geht er in eines ihrer Konzerte, aber die traurigen Lieder der älter gewordenen Sängerin erträgt er nicht. Weinend geht er ins Freie und wartet, bis Venus herauskommt. Sie geht allein nach Hause. In einem kurzen Gespräch lässt sie keinen Zweifel daran, dass sie die Illusion der großen Liebe bewahren möchte und sie der Realität vorzieht. Dann küsst sie ihn zum Abschied zart auf die Wange und geht weiter.

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„Vom Suchen und Finden der Liebe“ ist eine romantische, operettenhafte und zugleich ironische Komödie, in der Helmut Dietl und Patrick Süskind die Orpheus-Sage umgekehrt haben: Nicht der Mann (Orpheus) holt die Frau (Euridike) aus dem Hades zurück, sondern die Frau (Venus Morgenstern) den Mann (Mimi Nachtigal).

Die Geschichte, die der Film erzählt, ist die: Männer und Frauen, selbst wenn sie sich leidenschaftlich lieben, passen nicht zusammen. aber man muss es trotzdem immer wieder versuchen. (Moritz Bleibtreu in einem Interview)

Wie in „Rossini“ darf geraten werden, welche realen Personen mit den Figuren gemeint sind. Harry wirkt beispielsweise wie eine Karikatur von Dieter Bohlen, und Mimi Nachtigal weist autobiografische Züge von Helmut Dietl auf, nicht zuletzt, wenn er versucht, seine Geliebte nach seinen Vorstellungen zu formen.

Was ich darstellen wollte, ist ein allgemeines Phänomen: dass Liebespaare, nachdem sie eine Weile fasziniert voneinander waren, anfangen, am anderen herumzubasteln. In all meinen Beziehungen, nicht nur in der zur Vroni [Veronica Ferres], bin ich der Hauptschuldige gewesen, weil ich immer versucht habe, mir die Frauen nach einem bestimmten Bild zurechtzukneten. (Helmut Dietl in einem Interview).

Ausstattung und Ausleuchtung sind – wie wir es von Helmut Dietls Filmen gewohnt sind – vom Feinsten. Das gilt vor allem für den Hades, eine schwarze Landschaft, die nicht einfach dunkel ist, sondern durch sorgfältig gesetzte Lichter Kontraste aufweist. Die Handlung wird in Episoden dargestellt, wobei einige der Szenen beinahe wie Sketche wirken, etwa wenn Theo und Helena ihre Notebooks aufklappen, um einen Termin für den nächsten Koitus zu vereinbaren, oder wenn Helena ihren Mann in Griechenland als mit einer Erektion kämpfenden Schafhirten wiedersieht. Viele Situationen und besonders die pointierten Dialoge bzw. der von Elmar Wepper aus dem Off gesprochene Kommentar sind sehr komisch, und der Kitsch wird durch Ironie gebrochen. Die Schauspieler zeigen sich in bester Spiellaune. „Vom Suchen und Finden der Liebe“ reicht wohl nicht an „Schtonk!“ heran, aber es ist eine handwerklich perfekt gemachte und sehr unterhaltsame Komödie.

Opern über die griechische Sage von „Orpheus und Euridike“:
– Claudio Monteverdi und Alessando Striggio: „L’Orfeo“
  (Uraufführung am 24. Februar 1607 in Mantua);
– Christoph Willibald Gluck und Ranieri de‘ Calzabigi:
  „Orpheus und Euridike“ (Urauführung am 5. Oktober 1762 in Wien);

Das Buch zum Film gibt es bei Diogenes (Helmut Dietl und Patrick Süskind: Vom Suchen und Finden der Liebe. Diogenes Verlag, Zürich 2005).

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2005

Helmut Dietl (Kurzbiografie)

Helmut Dietl: Kir Royal 1 – 3
Helmut Dietl: Kir Royal 4 – 6
Helmut Dietl: Schtonk!
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