Aung San Suu Kyi
Aung San Suu Kyi wurde am 19. Juni 1945 in Rangun (Birma, seit 1989: Myanmar) geboren. Ihr Vater Bogyoke Aung San, der Kommandeur der Burma Independence Army und Präsident der Anti-Fascist People’s Freedom League, starb 1947 im Alter von 32 Jahren bei einem Attentat. Suu Kyis Mutter Ma Khin Kyi wurde 1960 die erste weibliche Botschafterin Burmas in Indien.
Nachdem Aung San Suu Kyi in Neu-Delhi die Hochschulreife erworben hatte, studierte sie in Oxford Philosophie, Politik und Wirtschaft. 1967 schloss sie das Studium mit einem Bachelor Degree ab. Von 1969 bis 1971 war sie im UN-Sekretariat in New York tätig.
Mit dem britischen Historiker und Tibetologen Michael Aris (1946 – 1999), den sie im Winter 1971/72 heiratete, zog sie 1974 wieder nach Oxford. Aung San Suu Kyi gebar zwei Söhne: Alexander und Kim. Nachdem sie 1984 ein Buch über ihren ermordeten Vater veröffentlicht hatte, promovierte sie an der School of Oriental and African Studies in London und sammelte bei einem Aufenthalt 1985/86 in Kyoto weiteres Material über ihn.
Als ihre Mutter ernsthaft erkrankte, kehrte sie 1988 nach Birma zurück und erlebte dort die Unruhen, die den faktischen Herrscher Ne Win (1911 – 2002) zwangen, am 23. Juli 1988 den Vorsitz der Burma Socialist Programme Party niederzulegen. (Das Amt des Staatspräsidenten hatte er bereits sieben Jahre zuvor offiziell abgegeben.) Nach der gewaltsamen Niederschlagung des Aufstands übernahm im August ein Zivilist das Amt des Staatspräsidenten, und Aung San Suu Kyi hoffte auf ein endgültiges Ende der Militärdiktatur. Am 26. August hielt sie ihre erste politische Rede und plädierte für eine Entwicklung zur Demokratie. Aber am 18. September 1988 riss erneut eine Militärjunta die Macht an sich.
Am 27. September 1988 wurde die National League for Democracy (NLD) gegründet und Aung San Suu Kyi zur Parteivorsitzenden gewählt. Das Militärregime untersagte ihr im Februar 1989 eine Kandidatur bei Parlamentswahlen, und im Juli wurde sie erstmals unter Hausarrest gestellt, weil sie angeblich die Sicherheit des Staates gefährdete. Als die NLD bei den Wahlen im folgenden Jahr die meisten Stimmen erhielt, erklärten die Militärs die Wahlen für ungültig und schlugen Studentenproteste gewaltsam nieder.
„Für ihren gewaltlosen Kampf für Demokratie und Menschenrechte“ wurde Aung San Suu Kyi 1991 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Weil sie befürchten musste, dass man sie nicht wieder nach Myanmar einreisen lassen würde, versuchte sie gar nicht, das Land zu verlassen und ließ sich am 10. Dezember in Oslo von ihren Söhnen vertreten.
Der Hausarrest wurde erst am 10. Juli 1995 aufgehoben. Allerdings durfte sie sich auch weiterhin nicht frei bewegen, und man erlaubte ihr keine Zusammenkunft mit ihrem Ehemann. Michael Aris starb am 27. März 1999, seinem 53. Geburtstag.
Bill Clinton verlieh Aung San Suu Kyi am 6. Dezember 2000 The Presidential Medal of Freedom, die höchste zivile Auszeichnung der USA.
Mit der Begründung, sie habe gegen Auflagen verstoßen, wurde sie von September 2000 bis Mai 2002 erneut unter Hausarrest gestellt. Ein Jahr später musste sie vorübergehend ins Gefängnis. Anschließend zwang man ihr einen weiteren Hausarrest auf.
Etwa tausend protestierende Mönche drangen am 22. September 2007 bis zu ihrem Haus vor, und Aung San Suu Kyi zeigte sich daraufhin eine Viertelstunde im Freien.
Der UN-Sondergesandte Ibrahim Gambari traf sich am 20. Mai 2006, am 30. September und am 2. Oktober 2007 mit Aung San Suu Kyi. Gambari erreichte, dass der frühere General und aktive Minister Aung Kyi im Oktober 2007 zum
offiziellen Verbindungsmann der Regierung für Aung San Suu Kyi ernannt wurde. Am 8. November 2007 ging sie auf das Angebot der herrschenden Militärjunta ein und sprach mit dem Staatspräsidenten Generalissimus Than Shwe. Im Rahmen der Unterredungen mit Aung Kyi konnte sich die Parteiführerin am 9. November erstmals seit viereinhalb Jahren wieder mit anderen Parteifunktionären austauschen. Bis zum 30. Januar 2008 fanden fünf Gesprächsrunden statt.
Weil Anfang 2009 der US-Bürger John Yettaw den Inya See durchschwommen hatte und zu Aung San Suu Kyi vorgedrungen war, musste sie noch einmal ins Gefängnis. Ein Gericht verurteilt sie am 11. August 2009 zu drei Jahren Haft mit Zwangsarbeit, aber Than Shwe reduzierte die Strafe auf 18 Monate Hausarrest. (John Yettaw wurde zu sieben Jahren Haft und Zwangsarbeit verurteilt, brauchte die Strafe jedoch nicht anzutreten und konnte Myanmar verlassen.)
An den Parlamentswahlen am 7. November 2010 ließ das Militärregime Aung San Suu Kyi nicht teilnehmen.
Sechs Tage später, am 13. November, wurde der Hausarrest endlich aufgehoben.
Luc Besson drehte 2010 über Aung San Suu Kyi den Kinofilm „The Lady. Ein geteiltes Herz“. Die Hauptdarstellerin Michelle Yeoh traf sich mit Aung San Suu Kyi kurz nachdem der Hausarrest aufgehoben worden war.
Am 29. Januar 2012 kündigte Aung San Suu Kyi an, sie werde bei den Nachwahlen am 1. April für einen Sitz im Unterhaus kandidieren. Sie gewann den Wahlkreis Kawhmu, und die National League for Democracy erhielt 40 der 45 neu vergebenen Mandate.
Sommer 2012: Aung San Suu Kyi wurde Vorsitzende des Parlamentsausschusses für Rechtsstaatlichkeit und Frieden.
Im November 2015 gewann Aung San Suu Kyi mit ihrer Partei, der National League for Democracy, die erste freie Parlamentswahl nach einem halben Jahrhundert Militärherrschaft. Trotz des überwältigenden Erfolgs blieb Aung San Suu Kyi aufgrund einer vom Militär zuvor in die Verfassung aufgenommenen Regelung vom Staatspräsidentenamt ausgeschlossen, weil ihre Kinder ausländische Pässe besitzen. An ihrer Stelle wurde am 15. März 2016 der 69-jährige Htin Kyaw zum Staatspräsidenten gewählt.
© Dieter Wunderlich 2012 / 2015 / 2016
Luc Besson: The Lady. Ein geteiltes Herz