Stefan Zweig : Schachnovelle

Schachnovelle
Schachnovelle Erstausgabe: 1941
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Die Gestapo verhaftet um 1940 den prominenten ehemaligen Wiener Anwalt Dr. B., der das Vermögen mehrerer Klöster verwaltet, und um sein Schweigen zu brechen, wird er in ein Hotelzimmer gesperrt. Nach vier Monaten Isolation gelingt es Dr. B., beim Warten auf ein Verhör ein Buch zu stehlen ...
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Kritik

Mit der "Schachnovelle" veranschaulicht Stefan Zweig die Gefährdung der Kultur durch die in diesem Fall nationalsozialistische Barbarei.
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Nach dem „Anschluss“ Österreichs ans Deutsche Reich im März 1938 verhaftet die Gestapo den prominenten Wiener Anwalt Dr. B., der das Vermögen mehrerer Klöster verwaltet. Um sein Schweigen über den Verbleib des Kirchenschatzes zu brechen, wird er allein in ein Hotelzimmer gesperrt. Nach vier Monaten Isolation gelingt es Dr. B., beim Warten auf ein Verhör ein Buch zu stehlen. In seinem Zimmer zieht er das Buch gierig hervor und ist schwer enttäuscht: Es ist nicht etwa ein Roman, wie er hoffte, sondern eine Sammlung von hundertfünfzig Schachpartien. Doch um sich etwas Abwechslung zu verschaffen, vollzieht er die Partien auf dem karierten Bett mit Schachfiguren aus Brotkrumen nach und lernt die Züge auswendig. Nur so schafft er es, in der völligen Isolation nicht verrückt zu werden. Als er sich dann aber eigene Schachpartien ausdenkt und im Kopf durchspielt, erleidet er einen Nervenzusammenbruch.

Ein Arzt setzt sich dafür ein, dass Dr. B. nach einem Jahr frei kommt. Allerdings muss er das Land innerhalb von zwei Wochen verlassen. Auf dem Schiff, das ihn von New York nach Argentinien bringt, befindet sich auch der einundzwanzigjährige Schachweltmeister Mirko Czentovic, der seine ebenso außergewöhnliche wie einseitige Begabung vermarktet. Czentovic wuchs nach dem frühen Tod seines Vaters bei einem Dorfpfarrer auf. Er lernte nichts, zeigt jedoch unversehens ein außergewöhnliches Talent für das Schachspiel. Inzwischen ist aus dem geistig beschränkten Sohn eines armen Donauschiffers ein tumber, eitler Star geworden.

Ein Journalist aus Wien – der Erzähler – versucht vergeblich, Kontakt mit dem Schachweltmeister aufzunehmen und spielt eigens eine Partie gegen den stümperhaften Amerikaner McConnor.

Tatsächlich kommt Czentovic vorbei, doch er wirft nur einen Blick auf das Schachbrett und geht gelangweilt weiter. Als McConnor von der Anwesenheit des Schachweltmeisters erfährt, ist er bereit, 250 Dollar für ein Spiel gegen ihn zu bezahlen. Raffgierig geht Czentovic auf das Angebot ein. McConnor verliert natürlich und verlangt Revanche. Im Verlauf der zweiten Partie schaltet sich plötzlich Dr. B. ein und erreicht trotz der ungünstigen Ausgangslage ein Remis. Alle sind beeindruckt, aber Dr. B. zieht sich in seine Kabine zurück.

Der Journalist soll ihn überreden, eine Partie gegen den Schachweltmeister zu spielen, und McConnor übernimmt das Honorar. Dr. B. erzählt dem Journalisten seine Geschichte und erklärt sich zögernd bereit, die erste reale Schachpartie seines Lebens zu spielen.

Während sich Czentovic jeden Zug lang überlegt, probiert Dr. B. in seinem Kopf Simultanpartien durch. Obwohl er dadurch immer nervöser wird, bringt er den Schachweltmeister in Schwierigkeiten. Als der Erzähler jedoch befürchtet, Dr. B. könne unter der psychischen Belastung durch die Erinnerung an seine traumatischen Erlebnisse erneut zusammenbrechen, sorgt er für einen Abbruch der Partie.

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Menschlich und intellektuell ist der kultivierte Jurist dem ungebildeten Parvenü weit überlegen, aber von den traumatischen Erlebnissen in der Isolationshaft wird er sich wohl nie mehr befreien können. In der „Schachnovelle“ veranschaulicht Stefan Zweig die Gefährdung der Kultur durch die in diesem Fall nationalsozialistische Barbarei.

Stefan Zweig bettet den Bericht Dr. B.s über die Isolationshaft in die Erzählung eines Wiener Journalisten über seine Erlebnisse während einer Schiffsreise nach Südamerika ein.

Die „Schachnovelle“ gibt es auch als Hörspiel, bearbeitet von Klaus L. Graeupner (Regie: Hans Hausmann, Sprecher: Gert Westphal, Mario Adorf, Willy Trenk-Trebitsch, 1959, Neuauflage: München 2010).

Gerd Oswald verfilmte die Novelle 1960: „Schachnovelle“.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002/2003

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