Drei Schwestern made in Germany

Drei Schwestern made in Germany

Drei Schwestern made in Germany

Originaltitel: Drei Schwestern made in Germany - Regie: Oliver Storz - Drehbuch: Oliver Storz - Kamera: Gernot Roll – Schnitt: Heidi Handorf - Musik: Klaus Doldinger – Darsteller: Barbara Rudnik, Karoline Eichhorn, Mavie Hörbiger, Stefan Kurt, Matthias Brandt, Christopher Buchholz, Felix Eitner u.a. - 2006; 90 Minuten

Inhaltsangabe

1947 will der amerikanische Stadtkommandant in Frauenburg eine Deutsche heiraten: Freya, eine der drei Sonnenberg-Schwestern. Am Abend vor der Hochzeit taucht ein Erpresser auf, der vor drei Jahren auf einer Fete in Berlin kompromittierende Fotos von Freya mit Joseph Goebbels geknipst hatte und nun droht, sie nach der Hochzeit der Presse zu übergeben, wenn er nicht 10 000 Dollar bekomme. Da schmieden die drei Schwestern einen Mordplan ...
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Kritik

"Drei Schwestern made in Germany" ist der zweite Teil einer Trilogie von Oliver Storz über die Nachkriegszeit in Deutschland. Es handelt sich um eine Mischung aus Komödie, Melodram, Thriller und Farce.
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Im Spätherbst 1947 will der amerikanische Stadtkommandant in der schwäbischen Garnisonsstadt Frauenburg, Colonel Montgomery Bellmont (Christopher Buchholz), eine Deutsche heiraten: Freya (Karoline Eichhorn), die mittlere der drei Töchter des im „Dritten Reich“ von kleinbürgerlichen Intriganten aus dem Amt gejagten und inzwischen aus Gram verstorbenen Bürgermeisters Sonnenberg. Freya kann damit rechnen, dass ihr Traum, aus dem tristen Nachkriegsdeutschland wegzukommen, bald in Erfüllung geht, denn ihr Bräutigam beabsichtigt, sobald wie möglich mit ihr nach Washington, D. C., zurückzukehren. Die ältere der drei Frauen – Nora (Barbara Rudnik) – versucht, den beiden anderen die tote Mutter zu ersetzen. Gudrun (Mavie Hörbiger), die Jüngste, hat eine hemmungslose Affäre mit dem afroamerikanischen GI Bill Rochester (Jaymes Butler), der in seiner Freizeit in einem Jazzorchester spielt.

Am Abend vor der Hochzeit ihrer Schwester kommt Gudrun tropfnass nach Hause, weil sie und Bill mit dem Wagen in den See gerollt sind, während sie es im Fond trieben. Freya probiert gerade das Brautkleid an, und Nora hilft ihr dabei. Gudrun ist frustriert, weil sie sich von ihren beiden Schwestern zu wenig beachtet fühlt. Sie hält es für unanständig, trotz der Versorgungsschwierigkeiten und der hungernden Bevölkerung mit so einem Aufwand zu feiern – und schüttet Freya ein Glas Rotwein über das weiße Kleid, das Nora auf dem Schwarzmarkt besorgt hatte.

Aufgeregt eilt Nora zum „Schwarzmarktkönig“ Jacob Goldblum (Stefan Kurt), einem Juden, den die Nationalsozialisten in ein Konzentrationslager gesperrt hatten. Er ist der Einzige, der ihr bis zum nächsten Vormittag ein neues Brautkleid verschaffen kann. Jacob und Nora wissen, dass sie sich lieben, haben das Thema aber noch nie angesprochen. Der „Schwarzmarktkönig“ hofft, dass einige jüdische Schneiderinnen rechtzeitig ein neues Kleid anfertigen können, wenn sie die ganze Nacht durcharbeiten.

Während Freya allein zu Haus ist, taucht ein Fremder auf, der sich als Fotograf mit dem Namen Schubert vorstellt (Matthias Brandt). Vor drei Jahren machte er bei einer Fete in Berlin Fotos von Freya, die damals ihren Dienst als Wehrmachtshelferin bei der Flak ableistete und als Tischdame für Joseph Goebbels eingeteilt worden war. Der für seine Amouren bekannte Reichsminister tanzte und flirtete mit ihr. Wer weiß, was er verlangt hätte, wenn das Fest nicht aufgrund eines alliierten Luftangriffs abgebrochen worden wäre. Die Fotos zeigen jedoch nicht, wie der Abend endete, sondern sie lassen vermuten, dass Freya eine der Gespielinnen Goebbels‘ war. Schubert droht, die Aufnahmen nach der Hochzeit der Presse zuzuspielen. Colonel Montgomery Bellmont stünde dann vor der Wahl, sich auf der Stelle von seiner gerade erst angetrauten Frau loszusagen oder seinen Abschied zu nehmen, denn in seiner Position könnte er unmöglich mit einer Deutschen verheiratet sein, die im Verdacht steht, etwas mit Goebbels gehabt zu haben. Für sein Schweigen verlangt Schubert 10 000 Dollar. Er weiß, dass Bellmont aus einer reichen amerikanischen Familie stammt und die Summe bezahlen kann.

Als Nora nach Hause kommt, erzählt Freya ihr von dem Erpresser, und Gudrun, die das Gespräch belauscht hat, schlägt kurzerhand vor, den Schuft umzubringen. Sie gräbt die Armeepistole ihres Vaters aus dem Ersten Weltkrieg aus, die noch mit einer einzigen Patrone geladen ist. Nora ist überzeugt, dass die Waffe nicht mehr funktioniert, drückt ab – und schießt ein Loch in die Decke. Ohne Munition ist die Pistole nun tatsächlich unbrauchbar. Die drei Schwestern planen deshalb am nächsten Vormittag, Schubert während der Hochzeitsfeier zur angeblichen Geldübergabe in einen leer stehenden Gebäudeteil zu locken. Freya weiß, dass die Aufzugtüren dort ungesichert sind, obwohl der Fahrstuhl außer Betrieb ist. Sie wird mit Schubert hingehen; Nora soll ihn von hinten in den Aufzugschacht stoßen und Gudrun im Keller warten, bis sie dem Toten das kompromittierende Material abnehmen kann.

Der Bote Eli (Sebastian Urzendowsky), der einen Teil des Gesprächs der Schwestern mitbekam, als er das neue Brautkleid brachte, berichtet Jacob, dass die Sonnenberg-Schwestern während der Hochzeitsfeier jemanden ermorden wollen.

Jacob hatte eigentlich nicht vor, an der Feier teilzunehmen, obwohl Nora ihn eingeladen hatte, weil er weiß, dass er in Frauenburg nach wie vor ein Außenseiter ist: Die Spießer treiben zwar Handel mit ihm, aber mit einem Juden wollen sie möglichst wenig zu tun haben. Um sich selbst ein Bild von den Absichten der drei Schwestern zu machen, geht Jacob nun doch zu dem Hochzeitsfest. Rasch merkt er, dass Nora, Freya und Gudrun Angst vor einem Fremden haben. Gerade als sie ihren Plan verwirklichen wollen, bringt Jacob den Erpresser unauffällig nach draußen, entlarvt ihn als ehemaligen SD-Spitzel, nimmt ihm das Filmmaterial ab und scheucht ihn fort.

Nora und Freya wundern sich über das Verschwinden Schuberts. Als Gudrun zurück in den Saal kommt, nachdem sie lange vergeblich im Keller neben dem Aufzug gewartet hatte, merkt sie, dass ihre Schwestern sie wieder einmal vergaßen. Zornig fordert sie Bill zum Tanz auf und bewegt sich mit ihm so lasziv, dass die braven Bürger von Frauenburg erstarren. Montgomery Bellmont lässt die Musik abbrechen und verlangt von Freya, die „Hure“ zur Vernunft zu bringen. Aber Gudrun lässt sich nicht einschüchtern, tritt ans Mikrofon und gibt ihre Verlobung mit Bill bekannt. Der Colonel will dafür sorgen, dass der GI nach Asien versetzt wird. Nicht auszudenken, wenn Gudrun sich mit Bill vermählen würde! Der Colonel sagt, er könne sich mit einem Gangster oder vielleicht sogar mit einem Nazi in der Familie abfinden, aber nicht mit einem Schwarzen. Freya ist entsetzt. So kommt es zwischen ihr und ihrem Mann bereits wenige Stunden nach der Trauung zum Bruch.

Dabei ist sie auch noch schwanger. Allerdings hält sie nicht ihren Ehemann für den Vater, sondern den Pianisten Rolf Niehaus (Felix Eitner), bei dem sie Klavierunterricht hatte. Es muss bei der Abschiedsklavierstunde vor sechs Wochen passiert sein. Nachdem der Colonel den Saal aufgebracht verlassen hat, geht sie zu Rolf an den Flügel und umarmt ihn.

Nora und Jacob haben es nicht geschafft, sich von der Vergangenheit zu befreien: Jacob wird Deutschland in zehn Tagen an Bord eines norwegischen Frachters verlassen und verabschiedet sich von Nora.

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„Drei Schwestern made in Germany“ ist der zweite Teil einer Trilogie über die Nachkriegszeit in Deutschland, die Oliver Storz mit „Gegen Ende der Nacht“ begann und mit „Die Frau, die im Wald verschwand“ abschloss. Im Untertitel nennt er seinen Film eine „Komödie aus finsterer Zeit“, aber er hat sich nicht konsequent für ein Genre entschieden und pendelt in „Drei Schwestern made in Germany“ zwischen Komödie, Melodram, Thriller und Farce hin und her. Vielleicht ist diese Mischung von Albernem und Ernstem auch beabsichtigt. Auf jeden Fall machen allein schon Barbara Rudnik, Karoline Eichhorn, Mavie Hörbiger, Stefan Kurt und Matthias Brandt den Film „Drei Schwestern made in Germany“ sehenswert.

Oliver Storz (*1929) schrieb zahlreiche Drehbücher und drehte außer der genannten Trilogie beispielsweise auch den zweiteiligen Fernsehfilm „Im Schatten der Macht“ über Willy Brandt (Erstausstrahlung: Arte, 3./4. November 2003).

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2006

Barbara Rudnik (Kurzbiografie)

Oliver Storz: Gegen Ende der Nacht
Oliver Storz: Die Frau, die im Wald verschwand

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