Kaspar Hauser

Kaspar Hauser

Kaspar Hauser

Originaltitel: Kaspar Hauser - Regie: Peter Sehr - Drehbuch: Peter Sehr - Kamera: Gernot Roll und Jörg Widmer - Musik: Nikos Mamangakis - Darsteller: André Eisermann, Katharina Thalbach, Uwe Ochsenknecht, Udo Samel, Jeremy Clyde, Hansa Czypionka, Peter Lohmeyer u.a. - 1993; 175 Minuten (Kurzfassung: 135 Minuten)

Inhaltsangabe

Im Mai 1828 taucht in Nürnberg ein verwilderter, völlig desorientierter, etwa 16 Jahre alter Junge auf, der nichts über seine Herkunft weiß und nur einen einzigen Satz sprechen kann ("i mecht a solchener Reiter wern wia mei Vadder einer gwesen is"). Auf einem Zettel, den er bei sich hat, steht sein Name: Kaspar Hauser ...
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Kritik

Der grandiose Film beschäftigt sich nicht nur mit dem ergreifenden Schicksal Kaspar Hausers, sondern auch mit den politischen und kriminalistischen Hintergründen und prangert den unmenschlichen Machtmissbrauch von Intriganten und Regierungen an.
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Im Mai 1828 taucht in Nürnberg ein verwilderter, völlig desorientierter, etwa 16 Jahre alter Junge auf, der nichts über seine Herkunft weiß und nur einen einzigen Satz sprechen kann („i mecht a solchener Reiter wern wia mei Vadder einer gwesen is“). Auf einem Zettel, den er bei sich hat, steht sein Name: Kaspar Hauser (André Eisermann).

In Rückblenden zeigt Peter Sehr, was seiner Meinung nach geschah:

Luise Caroline Geyer von Geyersburg, Reichsgräfin von Hochberg (1768 – 1820, gespielt von Katharina Thalbach) ersetzt den 1812 geborenen Sohn des Großherzogs Karl von Baden (1786 – 1818, gespielt von Tilo Nest) und seiner Ehefrau Stephanie (1789 – 1860, gespielt von Cecile Paoli) – übrigens einer Nichte und Adoptivtochter Napoleons – einige Tage nach der Geburt gegen den Säugling eines Kammerdieners. Das untergeschobene Kind stirbt nach der Taufe an den Folgen eines von der Gräfin befohlenen Genickschlags. Den echten Prinzen versteckt die Intrigantin in einem verlassenen Schloss am Oberrhein.

Karl von Baden erliegt 1818 einem Magenleiden. Hat ihn sein Onkel Ludwig (Uwe Ochsenknecht) vergiftet? Jedenfalls tritt dieser das Erbe an. Nun verrät ihm seine ehemalige Geliebte, Gräfin von Hochberg, dass sie den Sohn des Großherzogs Karl vertauscht hat und der legitime Erbprinz noch lebt. Sollte Großherzog Ludwig sich verheiraten oder Kinder zeugen, werde sie das Geheimnis preisgeben und ihn dadurch stürzen. Sie glaubt sich fast am Ziel: Von Großherzog Ludwig geht die Herrschaft in Baden an ihre eigene Nebenlinie der Zähringer über!

Damit der Erbprinz vor Großherzog Ludwig sicher ist, soll ihn eine Bedienstete nach Ungarn bringen. Aber die Frau liefert das zweijährige Kind gegen Geld der mit Baden verfeindeten bayrischen Regierung aus. Man sperrt den Jungen allein in ein Verlies, weil man ihn vielleicht einmal als Druckmittel gegen den Großherzog von Baden benutzen kann. Dazu kommt es nicht, und nach zwölf Jahren wird beschlossen, Kaspar Hauser in Nürnberg auszusetzen.

Der Gerichtspräsident Anselm Ritter von Feuerbach (1755 – 1833, gespielt von Hermann Beyer) stellt Nachforschungen an – bis er unter ungeklärten Umständen stirbt.

Kaspar Hauser wird zunächst in den Turm des Vester Tors gesperrt und dort von morgens bis abends von Neugierigen begafft. Im Juli 1828 nimmt ihn der Lehrer Georg Friedrich Daumer (Udo Samel) auf und beginnt ihn zu unterrichten. Begierig lernt der Junge und versucht so zu werden wie die Menschen um ihn herum. Nach einem Anschlag im Oktober des folgenden Jahr klagt er: „Hätt’ er mich doch umgebracht, ehe ich wusste, was Leben ist!“ Auch einen zweiten Mordversuch im April 1830 überlebt er.

Ab 1831 bemüht sich Philip Henry Lord Stanhope (Jeremy Clyde) um Kaspar Hauser. Er kleidet ihn neu ein, beschenkt ihn und bemüht sich um die Vormundschaft, angeblich aus Anteilnahme an seinem Schicksal, wahrscheinlich jedoch aus politischen Gründen. Daumer wirft seinen korrumpierten Zögling schließlich aus dem Haus. Daraufhin übernimmt Nürnbergs Bürgermeister Jakob Friedrich Binder die Vormundschaft, und der Junge wird im Dezember 1831 nach Ansbach zu dem Lehrer Johann Georg Meyer gebracht, der ihn allerdings für einen Betrüger hält. Lord Stanhope reist im Januar 1932 ab und lässt nichts mehr von sich hören.

Im Dezember 1833 wird Kaspar Hauser in Ansbach von einem unbekannten Täter niedergestochen. Johann Georg Meyer glaubt nicht an einen Anschlag und nimmt an, Kaspar Hauser habe sich selbst aus Geltungssucht eine unbedeutende Wunde beigebracht. Drei Tage später ist der 21-Jährige innerlich verblutet.

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Mit einer außergewöhnlichen Intensität und allen denkbaren Facetten spielt André Eisermann diese Rolle und erweist sich als Idealbesetzung für „Kaspar Hauser“.

Der Film beschäftigt sich nicht nur mit dem ergreifenden Schicksal Kaspar Hausers, sondern auch mit den politischen und kriminalistischen Hintergründen und prangert den unmenschlichen Machtmissbrauch von Intriganten und Regierungen an.

Eine kurze, faktenreiche Darstellung der Leidensgeschichte Kaspar Hausers ist in Stefan Gläsers Buch „Frauen um Napoleon“ nachzulesen (S. 205-210).

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002

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