Theresa Prammer : Die unbekannte Schwester

Die unbekannte Schwester
Die unbekannte Schwester Originalausgabe: List, Berlin 2017 ISBN: 978-3-471-35139-0, 382 Seiten ISBN: 978-3-8437-1503-4 (eBook)
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Carlotta gilt als Tochter der Operndiva Maria Fiore. Dass sie in Wahrheit Julia Fürst heißt und als vierjähriges Kind von Maria Fiore entführt wurde, weiß kaum jemand. Ihren Vater fand sie vor zwei Jahren wieder. Der Wiener Polizeidirektor, der nichts von ihrer Verwandtschaft ahnt, stellt nun Vater und Tochter ein. Am ersten Arbeitstag findet Carlotta bei einem vermeintlichen Selbstmörder einen Zettel mit ihrem Namen und dem Datum der Entführung. Woher kannte der Journalist das Geheimnis?
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Kritik

Mit "Die unbekannte Schwester" knüpft Theresa Prammer an ihre beiden früheren Kriminalromane über Carlotta Fiore an. Sie entwickelt die teilweise unrealistische Handlung aus der Perspektive der Protagonistin chronologisch, linear – und holprig.
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Carlotta („Lotta“) Fiore gilt als Tochter der inzwischen verstorbenen welt­berühm­ten Operndiva Maria Fiore. Dass sie in Wahrheit Julia heißt und es sich bei ihren Eltern um Eva und Konrad Fürst handelt, ist ein streng bewahrtes Geheimnis. Nachdem sie im Alter von vier Jahren von Maria Fiore auf einem Volksfest in Wien entführt worden war, quittierte ihr Vater den Dienst bei der Kriminalpolizei und suchte zweieinhalb Jahrzehnte lang auf eigene Faust nach seiner offiziell für tot erklärten Tochter. Konrad Fürst wurde alkoholkrank, und seine Ehe zerbrach.

Maria Fiore hatte zwar eine eigene Tochter, aber die hielt sie wegen einer leichten geistigen Behinderung nicht für vorzeigbar. Deshalb schob sie Henriette in eine psychiatrische Anstalt ab und zog die gleichaltrige Julia Fürst unter dem Vornamen Carlotta als angeblich leibliche Tochter zunächst in London, dann in Wien auf. Allerdings gelang es ihr nicht, aus Carlotta ebenfalls eine Opernsängerin zu machen, denn dafür reichte deren Talent nicht.

Weil Carlotta im Fragebogen einen Suizidversuch verschwiegen hatte, wurde sie von der Polizeischule relegiert. Sie arbeitete als Kaufhaus-Detektivin. Um der Polizei zu helfen, eine Mordserie in der Wiener Oper aufzuklären, schleuste sie sich vor zwei Jahren als Statistin dort ein. Dabei lernte sie Konrad Fürst kennen, der ebenfalls undercover mitarbeitete, obwohl er der Polizei längst den Rücken gekehrt hatte. Bei dem Einsatz stürzte er von einer sechs Meter hohen Beleuchterbühne in die Tiefe. Er wurde reanimiert und lag eineinhalb Jahre lang im Koma.

Der Verdacht, dass es sich bei ihm um ihren leiblichen Vater handeln könnte, wurde durch einen DNA-Vergleich bestätigt.

Inzwischen wohnt der 60-Jährige, der seit dem langen Krankenhausaufenthalt an einer dissoziativen Amnesie leidet, bei Carlotta, ihrem als Hauptkommissar bei der Mordkommission beschäftigten Lebensgefährten Hannes Fischer und seinem ein Jahr alten Enkel Konny. Auf das Kind passt des Öfteren Henriette auf, die abwechselnd in einer von Carlotta geerbten Wohnung und in einem Heim in Wien lebt.

Der Wiener Polizeichef Heinz Krump stellt Konrad Fürst und Carlotta Fiore ein. Nicht einmal er ahnt, dass es sich um Vater und Tochter handelt.

Gleich am ersten Arbeitstag werden die beiden mit einem Toten konfrontiert. Die Leiche des kahlköpfigen Journalisten Anton Jäger liegt mit einem Föhn in der Badewanne. Die Putzfrau alarmierte die Polizei. Es sieht nach einem Suizid aus, nicht zuletzt, weil die Wohnungstür von innen abgesperrt war. Carlotta entdeckt eine Rechnung aus dem Café Hawelka mit Notizen in Steno, ihrem Namen und dem Datum ihrer Entführung. Woher wusste der Journalist von dem Geheimnis?

Obwohl Konrad Fürst und Carlotta Fiore keine Ermittlungen durchführen, sondern nur Vorträge halten sollen, stellen sie eigene Nachforschungen an und halten dabei – anders als die Kollegen – auch einen Mord für möglich. Carlotta findet heraus, dass der Mörder oder die Mörderin durch ein benachbartes Fenster kletterte.

Nachdem Henriette unvermittelt verschwunden ist, bringt Hannes den kleinen Konny vorübergehend zu seiner Mutter. Henriettes Pfleger Bartholomäus verunglückt beim Bungee-Springen vom Donauturm tödlich. Offenbar wurde das Seil vertauscht und war zu lang.

Eine Spur führt zum Burgtheater. Dort findet Carlotta die von Anton Jägers altersdementer Nachbarin Pospischil erwähnte „riesige Frau“, die bei Anton Jäger gewesen sein soll. Es handelt sich um die Maskenbildnerin Sandra Markovich. Sie liebte Anton Jäger, aber nach dessen Tod schickte ihr jemand Fotos, die ihn beim Sex mit verschiedenen Frauen zeigen. Nach ihrer Vernehmung wird ihre Leiche mit einem Föhn in der Badewanne gefunden, und im Wasser schwimmen die Fotos von Anton Jäger. Die Polizei wertet das als Suizid und Geständnis der Ermordung Anton Jägers.

Bei Carlotta löste kürzlich eine Kissenschlacht mit Hannes eine Panikattacke aus. Ähnlich geht es ihr, als sie in einer Datei auf Anton Jägers Computer in der Redaktion des Wiener Tagblatts auf den Namen Laura stößt. Um der Sache nachzugehen, lässt Carlotta sich von ihrer Psychotherapeutin Dr. Beatrix Machland hypnotisieren. Dabei erinnert sie sich, dass Maria Fiore sie mit einem Kissen ersticken wollte und ihr das nur nicht gelang, weil Laura sie wegzerrte. Am Tag darauf wurde Marias Schwester Laura beim Überqueren der Straße totgefahren.

Hinter der Waschmaschine in Anton Jägers Wohnung findet die Polizei bei einer weiteren Durchsuchung einen Aktenordner, in dem der Journalist aufgelistet hat, was Konrad Fürst seit der Entführung seiner Tochter Julia unternahm, um sie wiederzufinden. Offenbar recherchierte Anton Jäger über Konrad Fürst, Maria Fiore und Julia Fürst bzw. Carlotta Fiore. Aber woher stammten seine detaillierten Informationen?

Konrad stürzt im Treppenhaus. Danach kann er sich an nichts erinnern, aber die Mitbewohnerin Anna, die Carlotta alarmierte, glaubt im Treppenhaus eine fremde Person wahrgenommen zu haben. Kurz darauf verschwindet Konrad ebenso unvermittelt wie Henriette.


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Carlotta, die sich deshalb Sorgen macht, will den Polizeichef dazu bringen, eine Fahndung auszulösen. Heinz Krump ist jedoch bei dem Fernsehmoderator Maximilian Breck und soll in wenigen Minuten in dessen Night-Talkshow live auftreten. Carlotta eilt zum Sender und wird zu Brecks Garderobe gebracht. In einer Schublade des Schminktisches findet sie neben Sexfotos von Anton Jäger, wie sie auch Sandra Markovich bekam, Fotos von Maria Fiore. Von der Toilette kommend, überrascht Maximilian Breck die Frau in seiner Garderobe, schlägt sie nieder und sperrt sie in eine Kiste.

Dem Polizisten Franz Steinmeier, der sie befreit, entreißt sie die Dienstpistole. Damit rennt sie ins Aufnahmestudio, richtet die Waffe vor den Augen des Polizeichefs auf den Moderator und droht abzudrücken, falls die Übertragung abgebrochen wird. Sie provoziert Maximilian Breck, bis dieser vor laufenden Kameras schreit.

„SIE WAREN ES NIE WERT, MARIAS TOCHTER ZU SEIN. ICH WÜNSCHTE, ICH HÄTTE SIE AUCH UMGEBRACHT. ICH HÄTTE SIE TÖTEN SOLLEN.“

Hannes Fischer und Heinz Krump befreien Konrad Fürst, den der Mörder mit Propofol betäubt hat und in der Heizanlage seines Hauses verbrennen wollte.

Henriette taucht auf und gesteht Carlotta, dass sie ihrem Pfleger Bartholomäus die ganze Geschichte über Maria Fiore und Julia Fürsts Entführung erzählte. Daraufhin brachte er sie mit dem Journalisten Anton Jäger zusammen, der darüber berichten wollte.

Die meisten Fernsehzuschauer halten Carlotta für eine Lügnerin, denn kaum jemand kann sich vorstellen, dass die gefeierte Operndiva Maria Fiore ein Kind entführte. Maximilian Breck wurde ins Polizeipräsidium mitgenommen, wo sich inzwischen sechs Anwälte um ihn kümmern. Heinz Krump überredet Carlotta, allein zu dem Mordverdächtigen in den Vernehmungsraum zu gehen und ihn nochmals zu provozieren. Er hofft auf ein Geständnis, das dann von der Überwachungskamera aufgezeichnet wird. Um Carlotta Zeit zu verschaffen, löst er einen Feueralarm aus und führt die Anwälte zum Sammelplatz im Freien.

Carlotta weiß aus dem Internet, dass Maximilian Brecks Mutter bei seiner Geburt starb und sein Vater ihr zehn Jahre später ins Grab folgte. Der Waisenjunge wuchs zunächst in Heimen, dann in Pflegefamilien auf. Carlotta vermutet, dass Maria Fiore die große, unerfüllte Liebe des Mannes vor ihr war. Um ihn herauszufordern, behauptet sie, ihre Mutter habe sich nach einem Interview verächtlich über ihn geäußert und sich über ihn lustig gemacht.

Plötzlich springt er auf und beginnt, Carlotta zu würgen. Dabei brüllt er:

„JA, ES STIMMT, ICH HABE DAS ANDENKEN AN MARIA FIORE GERETTET. ICH. ANTON, DIESER SCHEISSKERL, WOLLTE ALLES VERÖFFENTLICHEN.“

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Mit „Die unbekannte Schwester“ knüpft Theresa Prammer an ihre beiden früheren Kriminalromane über Carlotta Fiore an. Wie in „Wiener Totenlieder“ (2015) und „Mörderische Wahrheiten“ (2016) lässt sie auch in „Die unbekannte Schwester“ die Protagonistin Carlotta Fiore bzw. Julia Fürst als Ich-Erzählerin auftreten. In vier kurzen Einschüben wechselt sie zur Perspektive des Mörders, ohne zu verraten, um wen es sich handelt. Durch Kursivdruck vom Rest des Textes abgehoben sind auch die Passagen über Carlotta Fiores therapeutische Sitzungen bei Dr. Beatrix Machland.

Theresa Prammer entwickelt die Handlung chronologisch, linear – und holprig. Einiges wirkt unrealistisch. Und die Figuren in „Die unbekannte Schwester“ bleiben schemenhaft, weil sich Theresa Prammer mit Küchenpsychologie und klischierten, skizzenhaften Charakterisierungen begnügt. Es ist ihr nicht gelungen, aus der Grundidee der Trilogie über Carlotta Fiore neue Funken zu schlagen.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2017
Textauszüge: © Ullstein Buchverlage

Theresa Prammer: Mörderische Wahrheiten

Bruno Gebhardt - Handbuch der deutschen Geschichte
Der Gymnasiallehrer Bruno Gebhardt gab 1891/92 ein zweibändiges Handbuch der deutschen Geschichte heraus, mit dem er sich besonders an seine Kollegen wandte.
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