Ernst sein ist alles

Ernst sein ist alles

Ernst sein ist alles

Ernst sein ist alles – Originaltitel: The Importance of Being Earnest – Regie: Oliver Parker – Drehbuch: Oliver Parker, nach dem Bühnenstück "The Importance of Being Earnest" ("Bunbury") von Oscar Wilde – Kamera: Tony Pierce-Roberts – Schnitt: Guy Bensley – Musik: Charlie Mole – Darsteller: Rupert Everett, Colin Firth, Reese Witherspoon, Judi Dench, Frances O'Connor, Tom Wilkinson, Anna Massey u.a. – 2002; 95 Minuten

Inhaltsangabe

Bei Jack Worthing handelt es sich um ein auf dem Landsitz seines Adoptivvaters aufgewachsenes Findelkind. Um hin und wieder einen Aufenthalt in London begründen zu können, hat der inzwischen 35-Jährige einen dort lebenden Bruder Ernst erfunden. Kompliziert wird es, als seine Angebetete aus London, die ihn unter dem Namen Ernst kennt, auf dem Landsitz auftaucht und sein Freund sich als Jacks Bruder Ernst vorstellt, um sich an dessen Mündel Cecily Cardew heranzumachen ...
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Kritik

Mit der Komödie "The Importance of Being Earnest" ("Bunbury"), nahm Oscar Wilde die snobistische englische Gesellschaft am Ende des Viktorianischen Zeitalters aufs Korn. Viel von dem Sprachwitz und der Situationskomik steckt auch in der Verfilmung durch Oliver Parker.
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England um 1895. Jack Worthing (Colin Firth) ist Mitte dreißig. Wer seine Eltern waren, weiß er nicht, denn er wurde als Säugling in einer Reisetasche auf dem Londoner Bahnhof Victoria Station gefunden. Der reiche Landbesitzer, der ihn entdeckte und später adoptierte, gab ihm den Namen des Badeortes, für den er gerade eine Fahrkarte gelöst hatte: Worthing.

Eigentlich sollte Jack sich nun auf dem von seinem verstorbenen Adoptivvater geerbten Landsitz in Woolton um dessen Verwandte Cecily Cardew (Reese Witherspoon) kümmern, eine ebenso hübsche wie romantische Siebzehnjährige, die lieber von ihrem Ritter träumt, als mit der Gouvernante Miss Patricia Prism (Anna Massey) lateinische Verben zu konjugieren. Aber Jack zieht es immer wieder in die Stadt, und um seine Ausflüge rechtfertigen zu können, hat er einen Bruder namens Ernst erfunden, der angeblich in London lebt und Jack wegen seines liederlichen Lebenswandels viel Sorgen macht.

In der Identität von Ernst, für den er sich in der Stadt auszugeben pflegt, verliebt er sich in Gwendolen Fairfax (Frances O’Connor), die seine Gefühle offenbar erwidert. Doch als er sie fragt, ob sie seine Frau werden möchte, schreitet Gwendolens resolute Mutter ein: Lady Augusta Bracknell (Judi Dench). Als sie herausfindet, dass er vermögend ist und außer einem Gut auf dem Land auch ein Stadthaus in London besitzt – wenngleich auf der weniger vornehmen Straßenseite –, neigt sie zwar dazu, seinen Namen auf die Liste akzeptabler Bewerber zu setzen, doch dann erfährt sie, dass es sich bei ihm um ein Findelkind handelt, und ein Mann mit unbekannter Herkunft wäre das Letzte, was sie an der Seite ihrer einzigen Tochter dulden würde!

Gwendolen ist die Cousine eines Mannes, der nur wenig älter als Jack alias Ernst ist: Algernon („Algy“) Moncrieff (Rupert Everett). Dessen inzwischen verstorbene Mutter war eine Schwester von Lady Bracknell. Algy, der sich nur ungern mit den Niederungen des täglichen Lebens wie etwa dem Broterwerb auseinandersetzen mag, ist bis über beide Ohren verschuldet und muss hin und wieder vor seinen Gläubigern wie ein Dieb davonrennen. Um sich vor den langweiligen Abendgesellschaften seiner Tante drücken zu können, hat er einen schwerkranken Freund namens Bunbury erfunden, der zu passenden Zeitpunkten unbedingt seine Hilfe benötigt.

Algy und Jack werden Freunde und erzählen sich, was es mit Ernst bzw. Bunbury auf sich hat. Als Algy von dem reizenden Mündel seines Freundes hört, nutzt er einen Aufenthalt Jacks in London, fährt in einem Ballon zu dessen Landsitz und gibt sich dort als Jacks Bruder Ernst aus, der sich vorgenommen hat, ein anständiger Mensch zu werden. Unerwartet trifft kurz nach ihm Jack ein, und zwar in Trauerkleidung und mit einer Urne in der Hand. Ohne etwas von Algys Anwesenheit zu ahnen, behauptet er, sein Bruder Ernst sei in Paris an einer Erkältung gestorben. Da holt Cecily Jacks vermeintlichen Bruder aus dem Rosengarten. Schlagfertig behauptet Algy alias Ernst, er habe seinem Bruder nur einen Streich spielen wollen und deshalb sein Ableben vorgetäuscht. Jack bleibt nichts anderes übrig, als mitzuspielen und so zu tun, als sei Algy tatsächlich sein Bruder, obwohl es ihm sehr missfällt, dass dieser ein Auge auf Cecily geworfen hat und von ihr angehimmelt wird.

Da tauchen zwei Beamte auf, um „Ernst“ wegen wiederholter Zechprellerei im Hotel „The Savoy“ in London festzunehmen. Tatsächlich bezahlte Jack dort grundsätzlich nicht, weil das zu dem Charakter der erfundenen Figur Ernst passte. Zuerst glaubt er, Algy durch die Verhaftung loswerden zu können, aber Cecily, Miss Prism und der ebenfalls anwesende Reverend Frederick Chasuble (Tom Wilkinson) drängen ihn, die Schulden zu bezahlen, damit sein vermeintlicher Bruder nicht ins Gefängnis muss.

Inzwischen hat es die rebellische Gwendolen, die sich ihren „Ernst“ nicht verbieten lassen will, ohne ihn in London nicht mehr ausgehalten. Heimlich nahm sie das Automobil ihrer Mutter und ist damit nun unterwegs nach Woolton. Dort trifft sie zunächst nur Cecily an – und wird sofort eifersüchtig, als die attraktive junge Frau ihr sagt, sie sei Mr Worthings Mündel. Aber nicht von Ernst, sondern von Jack Worthing, fährt Cecily fort, und Gwendolen atmet erleichtert auf, bis Cecily hinzufügt, dass sie damit rechne, bald Ernst Worthings Ehefrau zu werden. Das macht die beiden Damen zu Rivalinnen. Erst als die beiden Männer erscheinen und zugeben müssen, dass keiner von ihnen Ernst heißt, versöhnen sie sich.

Um Jack und Algy zu bestrafen, reden sie nicht mehr mit ihnen. Die Männer strengen sich an, bis Cecily und Gwendolen einlenken. Da steht die zornige Lady Bracknell in der Tür, um die Narretei ihrer Tochter zu beenden und sie auf der Stelle mit zurück nach London zu nehmen. Auch von einer Verlobung ihres Neffen Algy mit Cecily will sie nichts wissen – bis sie von Cecilys Vermögen erfährt und ihren Segen gibt. Da pocht jedoch Jack auf seine Rolle als Vormund und macht seine Zustimmung zu Cecilys Verlobung davon abhängig, dass Lady Bracknell ihn als Schwiegersohn akzeptiert. Das lehnt Lady Bracknell brüsk ab.

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Beide Verbindungen drohen zu scheitern, als Lady Bracknell den Namen Prism hört und die Gouvernante sehen möchte. „Wo ist das Baby?“, fragt sie Miss Prism. Die sinkt daraufhin erst einmal ohnmächtig zu Boden. Nachdem sie wieder zu sich gekommen ist, gibt sie zu, was vor vierunddreißig Jahren geschah. Sie fuhr mit Algys jüngerem Bruder im Kinderwagen spazieren und hatte in einer Reisetasche auch ihr Manuskript für einen dreibändigen Roman dabei. In Gedanken packte sie auf der Victoria Station das Manuskript in den Kinderwagen und den Säugling in die Reisetasche, die sie dann auch noch versehentlich stehen ließ. Jack holt die von ihm aufbewahrte Reisetasche herbei, in der er gefunden wurde, und Miss Prism erkennt sie wieder. Es gibt keinen Zweifel: Er ist Lady Bracknells Neffe und Algys jüngerer Bruder!

Aber auf welchen Namen wurde er getauft? Lady Bracknell weiß es nicht mehr, aber sie erinnert sich, dass der Säugling ebenso hieß wie sein Vater, der General. Also sieht Jack in der Armeeliste nach – und behauptet zum Entzücken Gwendolens, sein richtiger Name sei Ernst. Argwöhnisch überprüft Lady Bracknell die Angabe und stellt fest, dass der General mit Vornamen John hieß, aber statt ihren Neffen John zu verraten, lacht sie nur.

So geht alles gut: Nicht nur Algy und Cecily, Jack und Gwendolen schließen sich in die Arme, sondern auch Reverend Chasuble und Miss Prism werden endlich ein Paar.

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Mit der Salonkomödie „The Importance of Being Earnest“ (in Deutschland: „Bunbury“), in der zwei charmante Gentlemen in ein immer tieferes Dickicht von Ausreden und Verwechslungen geraten, nahm Oscar Wilde die snobistische englische Gesellschaft am Ende des Viktorianischen Zeitalters aufs Korn, in der sehr auf Etikette geachtet wurde – außer wenn Geld auf dem Spiel stand.

Das 1883 von Oscar Wilde geschriebene Stück wurde am 14. Februar 1895 im St. James Theatre in London uraufgeführt (mit George Alexander und Allan Aynesworth in den Hauptrollen), jedoch am 8. Mai wieder abgesetzt, zweieinhalb Wochen, bevor ein Gericht den am 5. April verhafteten Autor aufgrund einer Auseinandersetzung mit John Sholto Douglas, Marquess of Queensberry, zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilte [mehr dazu].

Als Vorlage für seinen Film „The Importance of Being Earnest“ („Ernst sein ist alles“) verwendete Oliver Parker statt der bekannteren Version der Komödie in drei Akten die ursprüngliche Fassung in vier Akten. Viel von dem Sprachwitz und der Situationskomik des Bühnenstücks steckt auch im Film. Einige der Sprachspielereien gingen jedoch in der Synchronisation verloren. Schon die Übersetzung des Titels stellt ein Problem dar: Earnest heißt aufrichtig und klingt wie der Eigenname Ernest. „The Importance of Being Earnest“ ergibt also gerade vor dem Hintergrund der flunkernden Männer einen Doppelsinn. In der deutschen Übersetzung ist das nicht nachzumachen, denn aufrichtig ist nun einmal kein Homonym von Ernst, und das Adjektiv ernst ergibt im Zusammenhang mit dem Stück nicht viel Sinn. Deshalb hat sich an deutschen Theatern der Titel „Bunbury“ eingebürgert.

„Ernst sein ist alles“ wurde im Frühjahr 2001 in den Ealing Studios in England gedreht. Die Außenaufnahmen von Jacks Landsitz entstanden im West Wycombe Park. Weil für „The Savoy“ keine Drehgenehmigung zu bekommen war, dekorierten die Filmemacher das Hotel „St. Ermine’s“ in London entsprechend um.

Die Komödie „The Importance of Being Earnest“ („Bunbury“) wurde 1952 erstmals von Anthony Asquith verfilmt. Außerdem gibt es einen Fernsehfilm von Kurt Jung-Alsen mit dem Titel „Keine Hochzeit ohne Ernst“ (1976). Darüber wurde 1964 in der DDR eine Musical-Adaption uraufgeführt: „Mein Freund Bunbury“.

Oscar Wilde’s The Importance of Being Earnest – Regie: Anthony Asquith – Drehbuch: Anthony Asquith, nach dem Bühnenstück „The Importance of Being Earnest“ („Bunbury“) von Oscar Wilde – Kamera: Desmond Dickinson – Schnitt: John D. Guthridge – Musik: Benjamin Frankel – Darsteller: Michael Redgrave, Richard Wattis, Michael Denison, Walter Hudd, Edith Evans, Joan Greenwood, Dorothy Tutin, Margaret Rutherford, Miles Malleson, Aubrey Mather, Ivor Barnard u. a. – 1952; 95 Minuten

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2007

Oscar Wilde (Kurzbiografie)

Oliver Parker: Ein perfekter Ehemann

Johan Theorin - Nebelsturm
"Nebelsturm" ist eine formal und inhaltlich überzeugende, anspruchsvolle und packende Mischung aus Familiensaga, Kriminalroman und Spukgeschichte.
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