Der Knochenjäger

Der Knochenjäger

Der Knochenjäger

Der Knochenjäger – Originaltitel: The Bone Collector – Regie: Phillip Noyce – Drehbuch: Jeremy Iacone, nach dem Roman "Die Assistentin" ("Der Knochenjäger") von Jefferey Deaver – Kamera: Dean Semler – Schnitt: William Hoy – Musik: Craig Armstrong – Darsteller: Denzel Washington, Angelina Jolie, Queen Latifah, Ed O'Neill, Michael Rooker, Mike McGlone, Luis Guzmán, Leland Orser, John Benjamin Hickey u.a. – 1999; 120 Minuten

Inhaltsangabe

Ein querschnittgelähmter Experte für Spurensuche und eine junge Streifenbeamtin der New Yorker Polizei arbeiten bei der Fahndung nach einem Serienmörder zusammen. Während Linc ans Bett gefesselt ist, fährt Amelia zu den Tatenorten, steht dabei über ein Headset mit ihm in Verbindung und ersetzt ihm gewissermaßen Augen, Arme und Beine. Bei jeder Leiche hinterlässt der Killer rätselhafte Hinweise auf die nächste Tat, die jedoch in fast allen Fällen von der Polizei zu spät entschlüsselt werden ...
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Kritik

"Der Knochenjäger", die Verfilmung eines Romans von Jeffery Deaver durch Phillip Noyce, überzeugt weniger durch die Handlung, als durch Atmosphäre, Kameraführung und Hauptdarsteller.

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Lincoln („Linc“) Rhyme (Denzel Washington), ein Experte für Spurensuche, der für das Morddezernat der Polizei von New York City arbeitet, wird durch einen Unfall bei einem Einsatz in einem U-Bahn-Schacht schwer verletzt. Er überlebt, ist aber bis auf Kopf und Zeigefinger der rechten Hand gelähmt und liegt in einem mit medizinischen Geräten und elektronischen Kommunikationsmitteln bestens ausgestatteten Apartment in Manhattan, wo ihn die Krankenschwester Thelma (Queen Latifah) und deren Kolleginnen rund um die Uhr betreuen. Für die Wartung der medizinischen Geräte ist Richard Thompson (Leland Orser) zuständig. Die Polizei zahlt Lincs Gehalt weiter, und die Versicherung kommt für Pflege und Einrichtung auf. Vier Jahre nach dem Unfall wird Linc immer häufiger von Erstickungsanfällen gequält und hat seinen Lebenswillen verloren: Deshalb überredet er den mit ihm befreundeten Arzt Dr. Barry Lehman (John Benjamin Hickey), ihm am nächsten Sonntag beim Suizid zu helfen (Sterbehilfe).

Zur gleichen Zeit wird die junge Streifenpolizistin Amelia Donaghy (Angelina Jolie) zu einem einsamen Gelände an einer alten Eisenbahnlinie gerufen: Ein kleiner Junge namens Chris (Christian Veliz) hat dort eine menschliche Hand entdeckt, die aus dem Schotter ragt. Amelia gibt ihm Geld und bittet ihn, ihr rasch eine Wegwerfkamera zu kaufen, damit sie den Tatort fotografieren kann. Auf dem Bahndamm neben der Leiche fällt ihr eine Schraube auf, mit der ein Papierschnipsel beschwert wurde. Beherzt bringt Amelia einen nahenden Zug zum Stehen, damit die Spuren erhalten bleiben. Beim Fotografieren legt sie eine Dollarnote neben einen Fußabdruck, um die Größenverhältnisse festzuhalten. Kurz darauf trifft Captain Howard Cheney (Michael Rooker), der arrogante Leiter der Mordkommission, mit einem Expertenteam ein. Dass Amelia einen Zug anhielt, findet er maßlos übertrieben; er lässt sie seine Verachtung deutlich spüren und schickt sie zurück in den Streifendienst.

Detective Paulie Sellitto (Ed O’Neill) und sein Assistent Kenny Solomon (Mike McGlone) wenden sich in der Mordsache an Linc. Erst als der Gelähmte erfährt, mit welcher Umsicht eine einfache Streifenpolizistin die Spuren am Tatort sicherte, erwacht sein Interesse, und er übernimmt die Leitung der Ermittlungen.

Amelia, deren Affäre mit Steve (Bobby Cannavale) gerade zu Ende ging, will sich zur Abteilung Jugendkriminalität versetzen lassen, aber jetzt soll sie erst einmal zu Linc kommen. Widerstrebend lässt sie sich darauf ein, bei der Aufklärung des Mordfalls mitzuhelfen.

Bei dem Toten handelt es sich um den reichen New Yorker Alan Rubin (Gary Swanson). Zeugen sahen ihn und seine Frau Lindsay (Olivia Birkelund), wie sie im Morgengrauen am Flughafen ankamen und in ein Taxi stiegen. Seither fehlt von Lindsay Rubin jede Spur. Linc ist überzeugt, dass die Spuren am Tatort absichtlich gelegt wurden und einen Hinweis darauf enthalten, wo der Mörder Lindsay versteckt hat. Schließlich glaubt er, das Rätsel gelöst zu haben: Er schickt Paulie, Kenny und Amelia in den Keller eines alten Gebäudes. Dort hören sie aus einem verschlossenen Raum eine Frau, die trotz ihres zugeklebten Mundes versucht, auf sich aufmerksam zu machen. Bevor die Polizisten sie befreien können, schießt minutenlang heißer Dampf aus den Leitungen. Das kann die Gefangene nicht überlebt haben. Als der Dampf abgezogen ist, dringt Amelia, die über ein Headset mit Linc verbunden ist und ihm gewissermaßen Augen, Arme und Beine ersetzt, weiter vor und findet außer der verbrühten Leiche von Lindsay Rubin ein blutiges Knochenstück mit einem weiteren Papierschnipsel. Linc möchte, dass sie die Leiche untersucht, aber da reißt sie sich entnervt das Headset herunter und rennt ins Freie.

Weil sie zu Hause nicht ans Telefon geht, kommt Kenny, um sie erneut zu Linc zu bringen.

Der hat inzwischen Amelias Personalakte auf den Bildschirm geholt. Er weiß jetzt, dass ihr Vater auch bei der New Yorker Polizei gewesen war und sich mit seiner Dienstwaffe erschossen hatte. Amelia, die damals noch als Model arbeitete, fand seine Leiche.

Als ein Student der Universität von New York City (Daniel Brochu) in einem Taxi entführt wird, besteht kein Zweifel mehr daran, dass der Mörder von Alan und Lindsay Rubin weitermacht und der Polizei mit seinen rätselhaften Hinweisen an den Tatorten eine perverse Schnitzeljagd aufzwingt. Diesmal vermutet Linc das Versteck in einem längst aufgelassenen Schlachthof. Er hat Recht, aber die Polizei kommt wieder zu spät: Amelia findet die Leiche des Studenten, an der bereits Ratten fressen.

Unvermittelt taucht Captain Howard Cheney am Tatort auf. Er entzieht Linc die Leitung der Ermittlungen und befiehlt Amelia, sich beim Streifendienst zurückzumelden. Kurz darauf prahlt Cheney damit, er habe den Serienmörder identifiziert: Ein am Tatort gefundener Fingerabdruck gehört zu einem wegen Gewalttaten vorbestraften Mann mit einer Taxilizenz. In dessen Werkstatt stoßen Cheney und seine Einsatzkräfte jedoch auf die Leiche des Verdächtigen. Sie wurden von dem Killer in die Irre geführt.

Statt Cheneys Befehl zu befolgen, bringt Amelia die in dem alten Schlachthof sichergestellten Asservate zu Linc.

Kurze Zeit später wird gemeldet, dass ein alter Mann (Frank Fontaine) und dessen Enkelin (Zena Grey), die er in der Central Station abholte, vermisst wird. Der Fahrer des Taxis, mit dem sie losfuhren, schlug einen Inspektor (Desmond Campbell) nieder, der ihn anhalten wollte, weil er das Taxameter nicht eingeschaltet hatte.

Immer wieder setzt Linc die Abbildungen der bei den Leichen gefundenen winzigen und Jahrzehnte alten Papierschnipsel auf dem Computerbildschirm neu zusammen, bis er endlich herausfindet, dass es sich um ein zerrissenes Verlagssignet handelt. In einem Antiquariat wird Amelia fündig: Das Signet ziert eine kurz nach 1900 veröffentlichte Kriminalromanreihe. Einer der Buchtitel lautet: „The Bone Collector“ („Der Knochenjäger“). Drei der vier Abbildungen stimmen genau mit den Umständen überein, unter denen das Ehepaar Rubin und der Student getötet wurden. Die vierte Abbildung zeigt die Leiche eines Mannes, der an einem Seil so weit ins Wasser gehängt wird, dass er allmählich ertrinkt.

Bei der alten Anlegestelle der Fähre nach Staten Island stößt Amelia auf den Großvater und seine Enkelin, die wie auf dem Bild im Wasser hängen. Während für den Greis jede Hilfe zu spät kommt, können die herbeigerufenen Sanitäter das bewusstlose Mädchen wiederbeleben.

Amelia kann gerade noch die neuen Hinweise des Serienmörders in ihre Manteltasche stecken, als Cheney eintrifft und sie festnehmen will. Amelia flieht in einen aufgelassenen U-Bahn-Stollen. Auf dem staubigen Boden entdeckt sie Fußabdrücke und einige offenbar gerade erst gesäuberte Nummernschilder. Was haben die Zahlen zu bedeuten? Eine davon stimmt mit der Nummer überein, unter der Linc bei der Polizei geführt wird. Soll der Gelähmte das nächste Opfer sein?

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Zur selben Zeit klingelt ein Mann an Lincs Apartment und ersticht Thelma, als sie öffnet. Dann reißt er die Kabel aus den Geräten an Lincs Bett. Es handelt sich um den Techniker, den Linc unter dem Namen Richard Thompson kennt, der jedoch in Wirklichkeit Marcus Andrews heißt und als Gerichtsmediziner tätig gewesen war, bis Linc vor acht Jahren bei einem Gerichtsfall in Syracus, New York, als Gutachter nachwies, dass er belastende Indizien gefälscht und auf diese Weise sechs Unschuldige ins Gefängnis gebracht hatte. „Sie haben mein Leben zerstört“, klagt Marcus Andrews. Aufgrund von Lincs Gutachten war er damals zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Mit der Mordserie und den absichtlich gelegten Spuren glaubt Marcus Andrews nachgewiesen zu haben, dass Lincoln Rhyme gar nicht so gut ist, wie es immer geheißen hat. Jetzt will der Serienmörder Schluss machen und auch Linc umbringen. Er zerrt den Gelähmten aus dem Bett. Als er mit einem Messer in der Hand ausholt, um ihn zu erstechen, trifft ihn ein tödlicher Schuss: Amelia ist gerade noch rechtzeitig gekommen.

Bei einer Weihnachtsparty empfangen Linc und seine neue Lebensgefährtin Amelia zahlreiche Gäste, darunter auch Lincs Schwester Jeanine (Yahsmin Daviault) mit ihrer Tochter Kimmie (Keenan Macwilliam), die seit Jahren keinen Kontakt mit Linc hatten.

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Die Handlung des 1997 veröffentlichten, nicht besonders anspruchsvollen Romans „The Bone Collector“ („Die Assistentin“ bzw. „Der Knochenjäger“, Goldmann Verlag, München 1999, 506 Seiten) von Jeffery Deaver nahm Jeremy Iacone als Vorlage, als er das Drehbuch für den Film „Der Knochenjäger“ schrieb. Bei der Inszenierung orientierte sich Phillip Noyce unverkennbar an „Das Schweigen der Lämmer“ und „Se7en“. Es geht um Semiotik, um die Dechiffrierung der von einem Serienmörder bewusst gelegten Spuren, die jeweils auf das Versteck der nächsten Opfer hinweisen, aber in fast allen Fällen von der Polizei zu spät entschlüsselt werden. Im Mittelpunkt von „Der Knochenjäger“ stehen ein querschnittgelähmter Experte für Spurensuche und eine junge Streifenbeamtin der New Yorker Polizei, die sich beide in einer Lebenskrise befinden und durch die Zusammenarbeit in diesem Fall neue Schaffenskraft gewinnen. Faszinierend ist, dass die Polizeiarbeit von einem Gelähmten gesteuert wird, der sein Spezialbett und schon gar nicht sein Apartment verlassen kann. Die Auflösung der Mordserie ist allerdings recht enttäuschend. Überhaupt ist der Plot – neben dem Titel „Der Knochenjäger“ – wohl das Schwächste an diesem Film. Sehenswert ist er wegen der vorzüglichen Kameraführung (Dean Semler), der dichten Atmosphäre und der beiden Hauptdarsteller Denzel Washington und Angelina Jolie.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2005

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