The Big Short

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The Big Short

The Big Short – Originaltitel: The Big Short – Regie: Adam McKay – Drehbuch: Adam McKay, Charles Randolph, nach dem Buch "The Big Short. Inside the Doomsday Machine" von Michael Lewis – Kamera: Barry Ackroyd – Schnitt: Hank Corwin – Musik: Nicholas Britell – Darsteller: Christian Bale, Steve Carell, Ryan Gosling, Brad Pitt, John Magaro, Finn Wittrock, Karen Gillan, Marisa Tomei, Melissa Leo u.a. – 2015; 130 Minuten

Inhaltsangabe

Investitionen im US-Immobilienmarkt gelten als sicher. Die Zusammensetzung der von Banken geschnürten Bündel hypotheken­besicherter Wertpapiere schaut niemand an – bis auf den skurrilen Hedgefonds-Mana­ger Michael Burry. Der erkennt 2005, dass in den CDOs viele faule Kredite versteckt sind und erwartet spätestens 2007 ein Platzen der Immobilienblase. Deshalb überredet er Großbanken zu einer neuen Art Ausfallversicherung. Seine Anleger werden bald unruhig, weil die Prämien dafür das Kapital aufzufressen drohen ...
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Kritik

"The Big Short", die Verfilmung eines Buches von Michael Lewis durch Adam McKay, ist eine unterhaltsame Mischung aus Satire und Tragi­komödie. Obwohl der Film großenteils aus Dialogen besteht, werden wir von Eindrücken überflutet, und das entspricht wohl der Hektik an der Börse.
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In den Siebzigerjahren sei das Bankgeschäft noch langweilig gewesen, erklärt Jared Vennett (Ryan Gosling) den Zuschauern. Aber dann habe es Hypothekenanleihen gegeben …

Der Wert amerikanischer Immobilien steigt seit der Weltwirtschaftskrise von 1929. Von 1998 bis Mitte 2006 verdoppeln sich die Preise. Die Banken konkurrieren um die Kunden. Wenn es sein muss, verlangen sie von ihnen kein Eigenkapital, denn was soll beim erwarteten Wertzuwachs schon passieren? Es gibt sogar Angebote einer 100-Prozent-Finanzierung mit negativer Amortisation, das heißt: Der Kunde braucht während der Laufzeit keine Tilgungsraten zu bezahlen. Die großen Banken machen daraus an der Börse gehandelte hypothekenbesicherte Wertpapiere: Mortgage Backed Securities (MBS). Tranchen mit unterschiedlichem Ausfallrisiko und Zinsniveau werden zu Collateralized Debt Obligations (CDO) gebündelt. Obwohl sich in diesen Paketen auch faule Kredite befinden, werden sie von den Rating-Agenturen mit Bestnoten versehen. Deshalb nehmen auch auf Sicherheit bedachte Organisationen wie Sozialversicherungen diese Papiere in ihre Portfolios auf.

Und niemand macht sich die Mühe, den Inhalt zu überprüfen – bis auf Michael Burry (Christian Bale).

Bei ihm handelt es sich um einen am Asperger-Syndrom leidenden ehemaligen Neurologen, der durch eine Krankheit bereits als Kind ein Auge verlor. Michael Burry managt den Hedgefonds Scion Capital. Er sitzt bei Heavy Metal Music barfuß und verschwitzt in seinem Büro und schaut sich auf dem Computer-Bildschirm Zahlen an. Im Frühjahr 2005 fällt ihm auf, dass auch mit Triple-A bewertete CDOs faule Immobilienkredite enthalten. Nachdem er mit Hilfe seiner Mitarbeiter Tausende von Daten analysiert hat, ist er überzeugt, dass im Immobilienmarkt der USA eine Zeitbombe tickt und der Zusammenbruch bevorsteht. Um das von ihm betreute Kapital zu schützen und von der erwarteten Entwicklung zu profitieren, nimmt Michael Burry sich vor, gegen den Hypothekenmarkt zu wetten. Er schlägt Goldman Sachs vor, ihn gegen Ausfälle von CDOs zu versichern. Gegen eine regelmäßige Prämienzahlung erwartet er beim Ausfall einen Ausgleich. Bei Goldman Sachs hält man das für die verrückte Idee eines schrulligen Außenseiters, bei der die Bank angesichts des grundsoliden Häusermarkts nur gewinnen könne. Nach kurzer interner Absprache bietet man Michael Burry einen entsprechenden Vertrag über 5 Millionen Dollar an. Aber er denkt an 100 Millionen bei Goldman Sachs, 200 Millionen bei der Deutschen Bank, insgesamt 1,3 Milliarden Dollar. Auf diese Weise entstehen Credit Default Swaps (CDS): Derivate, die es ermöglichen, mit Ausfallrisiken zu spekulieren.

Jared Vennett, der für die Deutsche Bank in New York mit CDOs handelt, ahnt 2005, dass Michael Burrys Beurteilung der Lage zutreffend sein könnte. Durch ihn erfährt Mark Baum (Steve Carell) von der Entwicklung. Unter dem Dach von Morgan Stanley managt der Choleriker zwar mit seinem Team einen kleinen Hedgefonds, hält aber die Börse für einen Tummelplatz von Betrügern und misstraut dem Finanzsystem. Von Jared Vennett lässt Mark Baum sich zum Kauf von CDS im großen Stil überreden.

Georgia Hale (Melissa Leo), eine für Standard & Poor’s tätige Analystin, gibt im Gespräch mit Mark Baum zu, dass sie unbesehen Bestnoten für CDOs vergibt, weil die Banken dafür bezahlen und im Fall einer Weigerung einfach zu Moody’s gehen würden.

Eine sich am Pool eines Hotels in Las Vegas sonnende junge Mitarbeiterin der US-Börsenaufsicht interessiert sich nicht für Hinweise auf Betrugsmethoden in der Finanzbranche. Stattdessen flirtet sie mit einem Mitarbeiter von Goldman Sachs, von dem sie hofft, dass er ihr einen besser bezahlten Job vermitteln kann.

Um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen, sieht Mark Baum sich mit seinen Leuten in Florida um. Dort reden sie mit Kredithaien, die damit prahlen, wie sie die Menschen zu Hypotheken überreden, die diese sich gar nicht leisten können. Eine Maklerin zeigt den Investment-Managern Häuser, die leer stehen, weil die Besitzer sich finanziell übernommen haben. Im Pool einer verlassenen Villa schwimmt ein Alligator. Eine Stripperin berichtet Mark Baum, dass sie fünf Häuser auf Pump gekauft habe. Das macht aus seinem Argwohn, dass der Immobilienmarkt zusammenbrechen könnte, eine Überzeugung.

Charlie Geller (John Margaro) und Jamie Shipley (Finn Wittrock), zwei junge Gründer eines noch winzigen Hedgefonds, die von einer Bank wie J. P. Morgan nicht ernst genommen werden, lesen zufällig in Unterlagen von Jared Vennett, dass der Immobilienmarkt vielleicht doch nicht so solide ist, wie allgemein angenommen. Mit Hilfe des ausgestiegenen früheren Börsenhändlers Ben Rickert (Brad Pitt) kaufen sie CDS und hoffen auf große Gewinne durch den Zusammenbruch des Häusermarkts, obwohl ihnen der desillusionierte Aussteiger klarmacht, dass es dann auch zu einer Wirtschaftskrise mit zahlreichen Arbeitslosen kommen würde.

Die Zahl der Ausfälle von Hypotheken nimmt zu, nicht zuletzt wegen steigender Zinsen, aber die Banken verhindern oder verzögern zumindest das Platzen der Immobilienblase. Sie stoßen wertlos gewordene CDOs ab und shorten sie dann auch noch, das heißt sie wetten gegen die von ihnen ohnehin bereits übertölpelten Käufer.

Charlie Geller und Jamie Shipley, die inzwischen statt eines Zusammenbruchs des Häusermarkts die Insolvenz ihres Fonds befürchten, wenden sich an einen früheren Mitschüler, der inzwischen für das Wall Street Journal schreibt, aber der Familienvater will seine mühsam aufgebauten Verbindungen zu den Tradern nicht durch eine Enthüllungsstory aufs Spiel setzen.

Die Investoren, die Geld bei Scion Capital angelegt haben, beobachten unruhig, wie die Prämien für die von Michael Burry ausgehandelten Credit Default Swaps jährlich 20 Prozent des Kapitals auffressen. Im Frühjahr 2007 macht Michael Burry von seinem Recht Gebrauch, Kapitalentnahmen zu sperren, um zu verhindern, dass sein Fonds zusammenbricht. Daraufhin drohen ihm wütende Anleger mit gerichtlichen Klagen.

Als am 9. August 2007 die Zinsen für Interbankfinanzkredite sprunghaft ansteigen, platzt die Immobilienblase.

Michael Burry, Jared Vennett, Charlie Geller, Jamie Shipley und andere Spekulanten, die darauf gewettet haben, streichen nun riesige Gewinne ein. Mark Baum erfährt, dass er mit den für seinen Fonds lukrativen CDS-Geschäften unwissentlich dazu beigetragen hat, dass Morgan Stanley am Rande des Abgrunds steht und Mitarbeiter entlassen muss.

Am 30. Mai 2008 wird die 1923 gegründete Investmentbank Bear Stearns in New York mit Unterstützung der Federal Reserve vom Konkurrenten J. P. Morgan übernommen. Andernfalls wäre sie bankrott gewesen. Die Großbank Lehman Brothers bricht am 15. September 2008 zusammen. Andere Banken („too big to fail“) werden von Staaten gerettet. Der Internationale Währungsfonds schätzt die Wertpapierverluste durch die von der Immobilien- bzw. Subprime-Krise ausgelöste Weltwirtschaftskrise im April 2009 auf 4 Billionen Dollar.

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Adam McKay verfilmte das 2010 von Michael Lewis veröffentlichte Buch „The Big Short. Inside the Doomsday Machine“ über die Immobilienblase in den USA, deren Platzen 2007/08 die globale Finanz- bzw. die Weltwirtschaftskrise auslöste.

Michael Burry (* 1971) ist denn auch keine fiktive Figur. Nach dem Medizinstudium praktizierte er als Neurologe. Ende 2000 gründete er einen Hedgefonds, den er nach dem Roman „The Scions of Shannara“ (1990; „Das Erbe von Shannara“) von Terry Brooks benannte: Scion Capital. Aufgrund seiner Analysen sah Dr. Burry 2005 den Zusammenbruch des amerikanischen Immobilienmarkts voraus und handelte entsprechend, obwohl er damit seine Investoren auf eine harte Probe stellte. Scion Capital erwirtschaftete von der Gründung bis zur Schließung im Sommer 2008 einen Profit von mehr als 400 Prozent.

Andere Filmfiguren basieren ebenfalls auf Vorbildern aus der Wirklichkeit, aber ihre Namen wurden verändert.

Jared Vennett gleicht Greg Lippmann. Der arbeitete für die Deutsche Bank in New York, handelte mit CDOs und verkaufte die Papiere noch zu einem Zeitpunkt, als er wohl wie andere Insider längst auf einen Zusammenbruch des Marktes spekulierte. Obwohl die Deutsche Bank seine Geschäfte begrenzte, soll er ihr damit 1,5 Milliarden Dollar eingebracht haben.

Der für sein ungehobeltes Benehmen bekannte Jurist Steve Eisman (* 1962) – im Film: Mark Baum – managte unter dem Dach von Morgan Stanley den Fonds FrontPoint Partners. Weil er vor 2007 auf einen Zusammenbruch des amerikanischen Immobilienmarktes wettete, verdoppelte er seinen Einsatz von 700 Millionen Dollar.

Wie vermittelt man in einem Kinofilm wie „The Big Short“ auf unterhaltsame Weise schwer zu verstehende Begriffe und Zusammenhänge aus der Finanzbranche? Adam McKay lässt Jared Vennett und andere Filmfiguren direkt zum Zuschauer sprechen. Einmal stellt Jared Vennett einen Jenga-Turm auf und vergleicht ihn mit einem CDO: oben sind zwar die AAA-Schichten, aber die stürzen mit ab, wenn er unten einige B-Bauklötze herauszieht. Der amerikanische Fernsehkoch Anthony Bourdain (* 1956) erläutert, wie er übrig gebliebenen Fisch für einen Eintopf verwendet und vergleicht das mit CDOs. Die australische Schauspielerin Margot Robbie (* 1990), die in „The Wolf of Wall Street“ als Dessous-Designerin Naomi Lapaglia zu sehen ist, liegt im Schaumbad, trinkt Champagner und erklärt, was „subprime“ bedeutet. Ihre amerikanische Kollegin Selena Gomez (* 1992) sitzt mit dem Wirtschaftsprofessor Richard Thaler (* 1945) am Spieltisch eines Casinos in Las Vegas und assistiert ihm bei seinem kleinen Vortrag über synthetische CDS: Weil Selena Gomez eine Glückssträhne zu haben scheint, wettet eine Zuschauerin, dass sie weiter gewinnen werde. Einer der Umstehenden wettet auf die Wette der Frau. Weitere Wetten kommen dazu. Durch so eine mehrstufige Verschachtelung werden an der Börse scheinbare Werte kreiiert, die mit der Realwirtschaft kaum noch etwas zu tun haben.

„The Big Short“ ist keine Dokumentation, kein Lehrstück, sondern eine Mischung aus Satire und Tragikomödie. Hin und wieder trägt Adam McKay auch ein wenig dick auf, etwa wenn eine Analytikerin von Standard & Poor’s wegen eines Augenleidens eine dunkle Brille trägt und kaum etwas sieht.

Das episodische Geschehen spiegelt sich fast vollständig in Dialogen. Obwohl im Grunde nur gesprochen wird, werden wir in „The Big Short“ mit Eindrücken bombardiert: kurze Takes, Zeitsprünge, eine wild bewegte Kamera und ein Schnitt-Stakkato entsprechen der Hektik und Reizüberflutung an der Börse.

Die Dreharbeiten für „The Big Short“ begannen am 18. März 2015. Sie fanden großenteils in New Orleans und Las Vegas statt. Eine Szene mit Brad Pitt entstand in einem Pub in Fulmer in South Buckinghamshire.

Für das Drehbuch wurden Adam McKay und Charles Randolph mit einem „Oscar“ ausgezeichnet. Nominiert hatte man „The Big Short“ außerdem in den Kategorien Bester Film, Bester Regisseur, Bester Nebendarsteller (Christian Bale) und Bester Schnitt.

Die Filmmusik von Nicholas Britell besteht aus den Titeln „Boring Old Banking“, „Lewis Ranieri“, „America’s Number One Industry“, „Glass Eye“, „Mouseclick Symphony Mouvement 1“, „Does It Make You Bored“, „The Dopeness“, „I Love My Job“, „Gully“, „Truth Is Like Poetry“, „Jamie & Charlie & the Sec Girl“, „Shorting the AA“, „Vegas“, „Neptune“, „Redemption at the Roulette Table“, „I Offered Him Money“, „Restricting Withdrawals“, „New Century“, „To Kathy’s Office“, „15 Billion“, „I Say When We Sell“, „Smells Like Sheep“, „The Big Short Piano Suite“.

Deutsche Synchronstimmen in „The Big Short“ (Dialogbuch: Sven Hasper, Regie: Antonia Ganz): David Nathan (Michael Burry), Uwe Büschken (Mark Baum), Tommy Morgenstern (Jared Vennett), Tobias Meister (Ben Rickert), Roman Wolko (Jamie Shipley), Katrin Zimmermann (Cynthia Baum), Tobias Nath (Danny Moses), Nick Forsberg (Vinnie Daniel), Marcel Collé (Porter Collins) u.a.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2016

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