Brügge sehen ... und sterben?

Brügge sehen … und sterben?

Brügge sehen ... und sterben?

Brügge sehen ... und sterben? – Originaltitel: In Bruges – Regie: Martin McDonagh – Drehbuch: Martin McDonagh – Kamera: Eigil Bryld – Schnitt: Jon Gregory – Musik: Carter Burwell – Darsteller: Colin Farrell, Brendan Gleeson, Ralph Fiennes, Clémence Poésy, Jérémie Renier, Thekla Reuten, Jordan Prentice, Eric Godon u.a. – 2008; 100 Minuten

Inhaltsangabe

Weil der Profikiller Ray bei seinem ersten Auftrag in London versehentlich ein Kind erschoss, schickt der Boss Harry ihn zusammen mit seinem Kollegen Ken nach Brügge. Dort sollen sie in einer Pension auf telefonische Anweisungen warten. Zufällig lernt Ray die Belgierin Chloé kennen, die nicht nur in einem Film mitspielt, sondern auch mit Drogen handelt und Männer ausraubt. Während er bei ihr ist, erhält Ken von Harrry den Auftrag, Ray wegen des in London gemachten Fehlers zu erschießen ...
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Kritik

"Brügge sehen ... und sterben?" ist eine originelle tragikomische Gangstergroteske von Martin McDonagh. Drehbuch, Darsteller, Inszenierung und Filmmusik sind gleichermaßen eindrucksvoll.
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Ken (Brendan Gleeson) und Ray (Colin Farrell) arbeiten als Profikiller. Der Ire Ray hat seinen ersten Auftrag allerdings verpatzt und nicht nur die Zielperson, einen Priester (Ciarán Hinds), sondern versehentlich auch einen kleinen Jungen (Theo Stevenson) in einer Kirche in London erschossen. Der Auftraggeber Harry (Ralph Fiennes) schickt Ken und Ray deshalb nach Brügge. Dort hat er ihnen in einer bescheidenen Pension für zwei Wochen ein Doppelzimmer gebucht. Sie sollen auf telefonische Anweisungen von ihm warten.

Ray ist entsetzt darüber, kein eigenes Zimmer zu haben, und das weihnachtliche Brügge gefällt ihm überhaupt nicht. „Ein Scheißkaff“, schimpft er. Sein Kollege und väterlicher Freund Ken schwärmt dagegen vom mittelalterlichen Stadtbild und der Grachtenfahrt. „Du bist der mieseste Tourist, den ich kenne“, tadelt er Ray, der frierend und zusammengekauert im Boot sitzt und keinen Blick für die Sehenswürdigkeiten hat. Während Ken wegen der Aussicht auf den Belfried steigt, bleibt Ray auf einer Bank sitzen. Ein dicker Amerikaner (Mark Donovan) fragt ihn, ob er schon auf dem Turm gewesen sei. Ray warnt ihn und seine beiden ebenfalls übergewichtigen Begleiterinnen (Emily Thorling, Ann Elsley) vor den Strapazen des Aufstiegs auf der engen Treppe. Das fasst der Amerikaner als Beleidigung auf. Er beschimpft Ray und hätte sich beinahe mit ihm geprügelt. In diesem Augenblick kommt Ken zurück. Als er sieht, dass die drei Dicken die Kasse für den Treppenaufgang ansteuern, rät er ihnen wohlmeinend davon ab – und wundert sich, als ihn die gereizten Touristen heftig beschimpfen.

Interesse zeigt Ray erst, als er mit Ken zu einer Straßenecke kommt, wo gerade ein Film gedreht wird. In einer Drehpause macht er sich an die hübsche belgische Hauptdarstellerin Chloé (Clémence Poésy) heran. Auf seine Frage, warum ein Zwerg (Jordan Prentice) mitspiele, erklärt sie ihm, dass es sich bei dem Film um eine Hommage an „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ handele. Für den Abend des nächsten Tages verabreden sie sich zum Essen in einem Restaurant.

Die schwangere Pensionswirtin Marie (Thekla Reuten) übergibt Ken eine mit Flüchen gespickte Nachricht von Harry, der in der Zwischenzeit anrief, keinen der beiden Killer erreichen konnte und zornig darauf reagierte.

Obwohl Harry für den nächsten Abend einen weiteren Anruf angekündigt hat, lässt sich der gutmütige Ken von Ray dazu überreden, allein in der Pension zu bleiben. Ray geht zu der Verabredung mit Chloé. Im Restaurant beschwert sich ein kanadischer Gast (Zeljko Ivanek) darüber, dass Chloé raucht. Ray schlägt ihn nieder, und als die Begleiterin des Mannes (Stephanie Carey) mit einer Weinflasche ausholt, schickt er auch sie zu Boden. Dann verlässt er mit Chloé das Lokal.

Chloé nimmt ihn mit nach Hause. Dort taucht plötzlich ein Mann namens Eirik (Jérémie Renier) auf, der Chloés eifersüchtigen Freund spielt und Ray mit einer Pistole bedroht. Ray entreißt ihm die Waffe. Es handelt sich um eine Schreckschusspistole. Als Eirik ein Messer zieht, feuert Ray die Pistole vor seinem Gesicht ab und blendet ihn dadurch auf einem Auge. Während Chloé den Verletzten ins Krankenhaus bringt, durchsucht Ray die Wohnung und steckt mehrere Tütchen mit Kokain, Ecstasy und anderen Drogen ein. Offenbar handelt Chloé mit Drogen und raubt mit Hilfe ihres Komplizen Eirik Männer aus.

Währenddessen sitzt Ken in der Pension und schaut sich im Fernsehen den Film „Im Zeichen des Bösen“ von Orson Welles an, bis das Telefon klingelt. Harry fragt, wie es Ray in Brügge gefalle. Er selbst war einmal als Kind hier und fand die mittelalterliche Stadt wunderschön. Ken lügt und behauptet, Ray sei ebenfalls begeistert. Da ist Harry zufrieden. Er wollte, dass Ray am Ende seines Lebens noch etwas Schönes sieht. Ken soll ihn nämlich wegen des unverzeihlichen Fehlers in London erschießen.

Eine Pistole erhält Ken von Yuri (Eric Godon), einem anderen, in Brügge wohnenden Mitarbeiter Harrys.

Als Ray am nächsten Tag auf einer Anlagenbank im Königin-Astrid-Park sitzt, schleicht Ken sich von hinten an. In dem Augenblick, in dem er die entsicherte Waffe hebt, hält Ray sich plötzlich selbst eine Pistole an den Kopf, denn er kommt nicht darüber hinweg, ein Kind getötet zu haben. Ken schreit, statt zu schießen und hält Ray vom Selbstmord ab. Ray blickt sich verwundert um, sieht die Waffe in Kens Hand und begreift, dass dieser den Auftrag hat, ihn zu töten.

Ken bringt Ray zum Bahnhof und lässt ihn mit dem nächsten Zug wegfahren. Dann ruft er Harry an und berichtet ohne Umschweife, was geschehen ist. Der cholerische Prinzipienreiter Harry verabschiedet sich daraufhin von seiner Frau und den drei Kindern und reist selbst nach Brügge. Als er sich bei Yuri eine Pistole besorgt, trifft er auf Eirik, der ein Auge verbunden hat und sich darüber beschwert, dass Ray mit einer Schreckschusspistole auf ihn schoss, als er ihn auszurauben versuchte.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Ray wird im Zug verhaftet, weil ihn das kanadische Paar aus dem Restaurant anzeigte. Die Polizei bringt ihn nach Brügge zurück. Chloé holt ihn aus dem Gefängnis ab. Sie spielt ihm nichts vor, sondern hat sich wirklich in ihn verliebt. Das macht Ray glücklich. Er setzt sich mit ihr vor den Belfried – ohne Ken und Harry zu bemerken, die in den Turm hineingehen.

Der Kartenverkäufer erklärt den beiden Männern, der Turm sei vorübergehend geschlossen, weil ein Amerikaner auf der Treppe einem Herzinfarkt erlag. Harry lässt sich von dem Mann nicht zurückhalten, sondern schlägt ihn in blinder Wut halb tot. Auf der Aussichtsplattform legt Ken seine Waffe weg und versichert Harry seine Loyalität. Er hat nicht vergessen, was Harry 1976 für ihn tat: Damals rächte er die Ermordung seiner afrikanischen Ehefrau. Harry ist irritiert und schießt Ken zornig ins Bein. Dann besinnt er sich und hilft ihm beim Abstieg auf der Treppe.

Eirik kommt ihnen entgegen. Er verrät Harry, dass Ray sich vor dem Belfried aufhält. Da schießt Harry noch einmal auf Ken und rennt nach unten.

Ken, der durch den zweiten Schuss am Hals getroffen wurde, schleppt sich wieder nach oben, überwindet die Brüstung und lässt sich in die Tiefe fallen, um Ray aufzuscheuchen. Ray rennt zu ihm. Da taucht auch schon Harry auf und schießt sofort. Ray wird mehrmals getroffen. Die Verfolgungsjagd endet am Filmset. Dort schießt Harry Ray nieder, trifft dabei aber versehentlich auch den Zwerg Jimmy. Weil er glaubt, ein Kind ermordet zu haben, nimmt er den Lauf seiner Pistole in den Mund und richtet sich selbst.

Ray wird schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht.

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„Brügge sehen … und sterben?“ ist der erste abendfüllende Film des irischen Dramatikers und Regisseurs Martin McDonagh (* 1970), der bereits 2004 einen „Oscar“ für seinen Kurzfilm „Six Shooter“ erhielt. Es handelt sich um eine tragikomische Groteske, die sich um zwei grundverschiedene britische Killer und ihren Auftraggeber dreht, die von Colin Farrell, Brendan Gleeson und Ralph Fiennes eindrucksvoll verkörpert werden. Ray fällt in einer Kunstausstellung ein Gemälde von Hieronymus Bosch auf: „Das Jüngste Gericht“. Von Schuld und Sühne handelt denn auch der originelle Film. Dass „Brügge sehen … und sterben?“ in der Weihnachtszeit spielt und die schwangere Pensionswirtin Marie heißt, ist bestimmt kein Zufall.

Der deutsche Titel spielt auf das italienische Sprichwort „Vedi Napoli e poi muori“ (Neapel sehen und sterben) an.

Gedreht wurde vom 2. Februar bis 28. März 2007 an Originalschauplätzen in Brügge.

Für das gut durchdachte Drehbuch von „Brügge sehen … und sterben?“ wurde Martin McDonagh für einen weiteren „Oscar“ nominiert.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2011

 

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