Henning Mankell : Die falsche Fährte

Die falsche Fährte
Originalausgabe: Villospår, 1995 Die falsche Fährte Übersetzung: Wolfgang Butt Paul Zsolnay Verlag, Wien 1999 ISBN: 3-552-04928-2, 492 Seiten dtv – Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2001 ISBN: 3-423-20420-6, 506 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Im Juni und Juli 1994 sucht Kurt Wallander vom Polizeipräsidium in Ystad nach einem Serienmörder. Der Täter benutzt dabei eine Axt und skalpiert die Opfer, unter ihnen ein früherer Justiz­minister, ein dubioser Kunst­händler, ein ebenso reicher Wirtschafts­krimineller und ein gewalttätiger Hehler. Die Spuren zeugen davon, dass er barfuß läuft, und es muss sich um eine sehr schlanke Person handeln. Einige der Ermordeten stehen im Verdacht, mit Menschenhandel, Zwangsprostitution und dem Missbrauch Minderjähriger zu tun gehabt zu haben ...
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Kritik

Henning Mankell vermittelt uns das Geschehen in "Die falsche Fährte" sowohl aus der Sicht des ermitteln­den Kommissars als auch des von ihm gesuchten Serienmörders. Dabei schreckt er nicht vor grausa­men Gewaltszenen zurück, beschäf­tigt sich jedoch v. a. mit den poli­zeilichen Ermittlungen.
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Prolog

1968 geht der 21-jährige Pedro Santana mit seinem zwei Jahre älteren Bruder Juan vom Heimatdorf in der Dominikanischen Republik zu Fuß zur 70 Kilometer entfernten Stadt Santiago de los Treinta Caballeros, um dort Karneval zu feiern. Dort lernt er Dolores kennen, die in der Metropole vergeblich eine Anstellung als Haushaltshilfe sucht.

Zwei Jahre später heiraten Pedro und Dolores und ziehen in ein kleines Haus in Pedros Dorf, das ihnen einer seiner Onkel zur Verfügung stellt. Pedro arbeitet auf einer Zuckerrohrplantage, und Dolores verkauft selbst angebautes Gemüse.

Als Dolores acht Jahre nach der Eheschließung endlich schwanger wird und eine Tochter zur Welt bringt, kommt es zu Komplikationen, und sie stirbt. Der Witwer Pedro Santana lässt seine Tochter in Santiago de los Treinta Caballeros auf den Namen Dolores Maria Santana taufen.

Schonen, 21. – 24. Juni 1994

Am 21. Juni 1994 wird Otto Björk von Lisa Holgersson im Amt des Polizeipräsidenten von Ystad abgelöst.

Nachdem Kommissar Kurt Wallander die Abschiedsrede gehalten hat, wird er zu einem Bauernhof bei Marsvinsholm gerufen, weil sich in einem Rapsfeld des Bauern Edvin Salomonsson eine dunkelhäutige Ausländerin herumtreibt und seltsam verhält. Wallander versucht, mit der Jugendlichen zu sprechen, aber sie weicht vor ihm zurück. Als er sie stellt, zündet sie sich an. Innerhalb von Sekunden lodern die Flammen so hoch, dass Wallander ihr nicht helfen kann. Offenbar tränkte sie nicht nur ihre Kleidung mit Benzin, sondern auch den Boden.

Edvin Salomonsson erleidet einen Schock und wird ins Krankenhaus gebracht. Dort stirbt er in der Nacht an einem Gehirnschlag.

Bei der Untersuchung werden fünf halb geschmolzene Benzinkanister gefunden. Das junge Mädchen muss sie aus dem Stall des Bauernhofs gestohlen haben.

Am Abend dieses Tages bemalt ein 14-Jähriger, der sich Hoover oder Geronimo nennt, im Keller eines Schulgebäudes in Malmö sein Gesicht.

Jetzt machte er wirklich die große Verwandlung durch. Mit jedem Strich, den er auf sein Gesicht malte, schien er sein altes Leben weiter hinter sich zu lassen. Es gab kein Zurück mehr. Von diesem Abend an war das Spiel ein für allemal vorbei, und er würde in den Krieg hinausgehen, in dem Menschen richtig sterben mussten.

Er sucht eine der bereitgelegten Äxte aus, setzt einen Motorradhelm auf und fährt mit einem Moped zur Strandvilla des früheren Justizministers Gustaf Wetterstedt in Sandskogen östlich von Ystad.

Obwohl Wetterstedt vor 25 Jahren seinen Abschied nahm, verfügt er noch immer über gute Kontakte nicht nur in der schwedischen Rechtsmaschinerie, sondern auch in der Unterwelt, beispielsweise zu Freunden, die ihm jede Woche ein anderes minderjähriges Mädchen bringen.

Als der über 70 Jahre alte Ex-Minister von seinem Haus zum Strand hinuntergeht, spaltet ihm eine Axt das Rückgrat. Bevor der Mörder verschwindet, skalpiert er den Toten und versteckt die Leiche unter einem umgekippten Boot.

Die Leiche wird am 22. Juni gefunden. In der Villa des Ermordeten entdeckt Wallander ein Album mit altertümlichen pornografischen Fotografien.

Zwei Tage später feiert der Kunsthändler Arne Carlman auf seinem Schonenhof in Bjäresjö ein großes Fest. Vom 9. Februar bis 8. Juni 1969 verbüßte er wegen Hehlerei und Betrugs eine Haftstrafe auf Långholmen. Aber das ist längst vergessen. Inzwischen betreibt er mehr als 30 Galerien und einen Versandhandel. Seit 15 Jahren lädt er am Mittsommerabend hundert Gäste ein, und wer in der Kunstszene einen Namen hat, nimmt daran teil. Kurz vor Mitternacht am 24. Juni 1994 überredet der 66-Jährige die vielversprechende junge Künstlerin Madelaine Rhedin aus Göteborg in einer Laube, einen von ihm vorbereiteten Vertrag zu unterschreiben. Sobald die Frau zu den anderen Gästen zurückgekehrt ist, stürzt sich Hoover/Geronimo, der in der Nähe lauerte, auf Carlman und spaltet ihm mit einem Axthieb den Schädel bis zum Oberkiefer.

Zwei Stunden später vergräbt er den Skalp des Kunsthändlers neben dem des Ex-Ministers unter dem Fenster seiner Schwester Louise im St.-Lars-Krankenhaus in Lund.

Schonen, 25. – 28. Juni 1994

Interpol identifiziert das Mädchen, das sich im Rapsfeld verbrannte, als Dolores Maria Santana aus Santiago de los Treinta Caballeros in der Dominikanischen Republik. Ihr Vater, der Landarbeiter Pedro Santana, meldete sie am 1. Januar 1994 als vermisst. Am 18. Februar wurde sie 17. Bis zu ihrem 16. Lebensjahr hatte sie bei ihrem verwitweten Vater in einem Dorf gelebt. Dann war sie zu einem entfernt Verwandten in Santiago de los Treinta Caballeros gezogen, um sich dort Arbeit als Haushaltshilfe zu suchen. Aber stattdessen verschwand sie.

Kurt Wallander ist überzeugt, dass Gustaf Wetterstedt und Arne Carlman von ein und derselben Person ermordet wurden. Aber Anita Carlman, die Witwe des Kunsthändlers, glaubt nicht, dass ihr Mann jemals etwas mit Gustaf Wetterstedt zu tun hatte, und in dessen Telefonverzeichnis steht Arne Carlman auch nicht. Die Polizei entdeckt keine Beziehung zwischen den beiden Mordopfern außer der Tatsache, dass sie mit einer Axt getötet und skalpiert wurden. Allerdings war Gustaf Wetterstedt Gerüchten zufolge während seiner Amtszeit als Justizminister in Kunstdiebstähle verwickelt, die nie aufgeklärt wurden. Gibt es da eine Verbindung zu Arne Carlman?

Am 27. Juni geht Kurt Wallander Hinweisen nach, denen zufolge Gustaf Wetterstedt im Januar 1957 von einem Mädchen angezeigt wurde. Er habe sie mit einem Ledergürtel geschlagen und mit einer Rasierklinge in die Füße geschnitten, klagte Karin Bengtsson. Aber dann verschwand die Anzeige, und Karin Bengtsson kaufte sich ein gut eingeführtes Modegeschäft in Västerås – vermutlich von ihrem Schweigegeld. Fragen kann Kurt Wallander sie nicht mehr, denn sie starb 1984.

Eigentlich wollte Hoover/Geronimo als Nächsten einen Mann namens Åke Liljegren töten. Weil der jedoch überraschend ins Ausland gereist ist, zieht der Junge die Ermordung seines Vaters vor. Am 28. Juni ruft er ihn mit verstellter Stimme in Malmö an, gibt sich als Peter Hjelm aus, behauptet, soeben in einer Villa in Limhamn eine Briefmarken-Sammlung im Wert von mindestens einer halben Million Kronen erbeutet zu haben und lockt ihn zum Parkplatz des Segelclubs in Limhamn.

Als Björn Fredman dort aus seinem Kastenwagen steigt, schlägt ihm sein Sohn mit der stumpfen Seite einer Axt auf den Hinterkopf. Nachdem der Junge seinen Vater gefesselt und ihm den Mund verklebt hat, wartet er, bis er wieder zu sich kommt. Dann träufelt er ihm Salzsäure ins linke Auge. Der Mann brüllt mit zugeklebtem Mund und reißt an den Stricken, aber Hoover zieht das Lid des anderen Auges hoch und zerstört es ebenfalls mit Säure. Dann wirft er die Flasche ins Meer, zieht seinem Vater den Skalp ab und spaltet ihm mit einem Axthieb die Stirn.

Schonen, 29. Juni – 4. Juli 1994

Die Leiche wird am 29. Juni in einer Baugrube gefunden. Die polizeilichen Ermittlungen ergeben, dass es sich bei dem Toten um Björn Fredman aus Malmö handelt, der wegen Körperverletzung und Hehlerei mehrmals zu Haftstrafen verurteilt worden war. Er schlug seine Frau sogar während der dritten Schwangerschaft. 1991 wurde die Ehe geschieden. Anette Fredman wohnt mit den Kindern nach wie vor in der alten Wohnung im Stadtteil Rosengård in Malmö.

Am 30. Juni sucht Kurt Wallander sie mit seinem Kollegen Sten Forsfält aus Malmö zusammen auf. Der 14-jährige Sohn Stefan nimmt an der Befragung ebenfalls teil. Wallander findet den wachen Jungen, der sich zu benehmen weiß und mehrmals anstelle seiner offenbar alkoholkranken Mutter antwortet, außergewöhnlich sympathisch. Als Wallander nach der 17-jährigen Tochter Louise fragt, sagt Stefan, sie sei für ein paar Tage verreist. Sein vierjähriger Bruder Jens ist bei einer Freundin der Mutter.

Erika, die 27-jährige Tochter von Arne und Anita Carlman, wird nach einem Suizidversuch mit Tabletten ins Krankenhaus gebracht, und die Ärzte sind nicht sicher, ob sie durchkommt.

Bei einem zweiten Besuch in Malmö trifft Kurt Wallander Stefan Fredman allein an, und dem Kommissar fällt auf, dass der Junge barfuß ist. Seine Mutter sei mit Jens nach Kopenhagen gefahren, sagt Stefan. Als Wallander erklärt, er müsse sich ein Bild von dem Ermordeten machen, rät ihm der Junge, Peter Hjelm zu befragen, der viel mit seinem Vater zusammen gewesen sei.

Unbemerkt stiehlt Stefan dem Kommissar die Schlüssel aus der Jacke. Als Kurt Wallander das Fehlen der Schlüssel bemerkt, nimmt er an, sie verloren zu haben, hält es jedoch nicht für erforderlich, das Türschloss zu wechseln.

Peter Hjelm öffnet die Wohnungstür splitternackt. Augenscheinlich lag er gerade mit einem anderen Mann im Bett, der sich als Geert van Loenen aus Amsterdam ausweist. Hjelm nennt dem Kommissar immerhin den Namen einer Freundin Björn Fredmans: Marianne Eriksson.

Sten Forsfält erreicht sie telefonisch in Málaga. Marianne Eriksson wusste weder, dass Björn Fredman vorbestraft, noch dass er verheiratet war und drei Kinder hatte.

Außerdem findet Forfält heraus, dass Louise Fredman nicht für ein paar Tage verreist ist, sondern sich seit drei Jahren wegen einer schweren Psychose in der geschlossenen psychiatrischen Abteilung des St.-Lars-Krankenhauses in Lund befindet.

Während Linda bei ihrem von der Mutter Mona geschiedenen Vater Kurt Wallander übernachtet, schleicht Hoover/Geronimo sich in dessen Wohnung, betrachtet die Schlafenden und geht unbemerkt wieder hinaus. Den Kommissar und dessen Tochter will er seiner Schwester als Zugabe opfern.

Schonen, 5. – 8. Juli 1994

Inzwischen ist Åke Liljegren von seiner Reise zurückgekehrt. Hoover/Geronimo steigt durch ein Kellerfenster in Liljegrens Haus in Helsingborg ein. Als der Mann aus dem Bad im Obergeschoss kommt, trifft ihn die stumpfe Seite einer Axt am Hinterkopf. Der Junge schleift den Bewusstlosen über die Treppe hinunter in die Küche, wo er bereits den Herd eingeschaltet hat, skalpiert Liljegren und schiebt dessen Kopf ins Bratrohr, bevor er das Haus wieder verlässt.

Wegen der Rauchentwicklung wird schließlich die Polizei alarmiert, und Kriminalinspektor Waldemar Sjösten ermittelt in dem Mordfall. Åke Liljegren war kein Unbekannter. Er wird hinter einer Reihe von Scheinfirmen vermutet und war in den Achtzigerjahren zu einer sechsmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden, aber schwerere Straftaten konnten ihm nie nachgewiesen werden.

Weil sein Mörder das enge Fenster des Apfelkellers benutzte, um ins Haus einzudringen, kann es sich nur um eine sehr schlanke Person handeln. Die Spuren zeugen davon, dass sie barfuß lief.

Hoover fährt am 6. Juli mit dem Zug nach Ystad, um den Kommissar weiter auszuspionieren. Als er dessen Tochter aus dem Haus kommen sieht, folgt er ihr.

Weil es im Zusammenhang mit Åke Liljegren auch Gerüchte über Mädchenhandel gibt, vermittelt Waldemar Sjösten seinem Kollegen Kurt Wallander im Polizeipräsidium von Helsingborg ein Treffen mit der 29-jährigen Prostituierten Elisabeth Carlén, die mehrmals an Orgien in Åke Liljegrens Villa teilnahm. Inzwischen fragt sich Wallander, ob das brennende Mädchen im Rapsfeld etwas mit den Serienmorden zu tun haben könnte. Elisabeth Carlén verhält sich zwar kooperativ, weigert sich jedoch, Namen zu nennen.

Als Kurt Wallander von unterwegs seine eigene Telefonnummer in Ystad wählt, hebt Linda wie erhofft ab, und er kann ihr sagen, dass er in Helsingborg übernachten werde. Seine Tochter erzählt ihm von einer Probe des Theaterstücks, das sie mit ihrer Freundin Kajsa zusammen einstudiert. Ein höflicher Junge, der sich mit dem Namen Hoover vorgestellt habe, sei als Zuschauer dabei gewesen, sagt sie, und habe sie anschließend nach Hause begleitet.

Bei einer weiteren Befragung rät Elisabeth Carléns dem Kommissar aus Ystad, mit Hans Logård zu sprechen, der Åke Liljegren ebenfalls kannte.

Waldemar Sjösten und Kurt Wallander finden Hans Logårds Anwesen Hördestigen in der Nähe von Bjuv. Niemand öffnet. Kurzerhand brechen die beiden Kriminalbeamten die Tür eines Hintereingangs aus den Angeln, obwohl sie wissen, dass sie dadurch die Alarmanlage auslösen. Hinter einer Stahltüre sind Stimmen zu hören. Wallander zerschießt das Schloss mit der Waffe seines Kollegen. In dem Raum kauern vier verängstige junge Mädchen.

Als ein Auto zu hören ist, geht Sjösten zur Tür, weil er annimmt, dass es sich um die Wachgesellschaft handelt, die durch den Alarm herbeigerufen wurde. Schüsse treffen ihn am Ohr und zertrümmern sein linkes Schlüsselbein. Wallander bleibt unverletzt. Der Schütze entkommt mit seinem Wagen.

Kurz darauf trifft Polizei ein. Der Wagen des Mannes, der Sjösten anschoss – vermutlich Hans Logård – stieß mit einem Fahrzeug der alarmierten Wachgesellschaft zusammen. Der Flüchtige zwang daraufhin die beiden Wachmänner, ihm ihr Auto zu überlassen.

Es stellt sich heraus, dass drei der befreiten Mädchen aus der Dominikanischen Republik stammen, eines aus dem Senegal. Sie suchten Arbeit als Hausmädchen und wurden mit falschen Versprechungen über Amsterdam und Kopenhagen nach Schweden geschleust. Hans Logårds Keller war gewiss nur eine Durchgangsstation auf dem Weg in die Zwangsprostitution.

Louise Fredman verschwindet aus dem St.-Lars-Krankenhaus in Lund. Ein Besucher, der sich mit einem unleserlichen Namen eingetragen hatte, scheint sie weggebracht zu haben.


Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.


Eigentlich plante Hoover, seine Schwester in einem Haus in Limhamn unterzubringen, das einer früheren Lehrerin von ihm gehört, die jedes Jahr im Sommer zu Verwandten nach Kanada fliegt. Als er Besorgungen für sie machte, gelang es ihm, eine Kopie ihres Haustürschlüssels anfertigen zu lassen. Aber zunächst bringt er Louise in den Keller der Schule, den er selbst als Versteck benutzt. Dort muss sie vorübergehend mit einer Matratze und einer Wolldecke auskommen.

Sture Birgersson, der Polizeidirektor von Helsingborg, unterstützt Kurt Wallander bei den Ermittlungen. Sie ergeben, dass Hans Logård auch den Namen Erik Sturesson und Sture Eriksson benutzt. Er ist 47 Jahre alt und wurde in Skövde geboren. Seine Eltern starben Ende der Sechzigejahre. Bis 1989 verbüßte er mehrere Haftstrafen. Seither fiel er der Polizei nicht mehr auf. 1991 wurde das Anwesen Hördestigen bei Bjuv auf seinen Namen ins Grundbuch eingetragen. Möglicherweise bekam er es von Åke Liljegren.

Ein schlanker Täter, der barfuß läuft, seine Opfer wie ein Indianer skalpiert, ein Moped fährt und noch nie festgenommen wurde, weil seine Fingerabdrücke nicht in der Datenbank sind: Plötzlich begreift Kurt Wallander, dass es sich bei dem psychisch kranken Serienmörder um einen Jugendlichen handelt, um den 14-jährigen Stefan Fredman. Das wollte er die ganze Zeit über nicht wahrhaben.

Zehn Minuten, bevor Kurt Wallander mit seinem Mitarbeiter Karl Svedberg nach Hause kommt, ist Stefan in die Wohnung eingedrungen. Er versteckt sich mit einer Axt in der Hand in der Kleiderkammer und belauscht die beiden Polizisten. Auf diese Weise erfährt er von einem Mann namens Hans Logård. Der soll Åke Liljegrens dabei geholfen haben, Mädchen aus der Karibik ins Land zu schmuggeln, die dann beispielsweise Arne Carlman oder Gustaf Wetterstedt zugeführt wurden. Wallander äußert die Vermutung, dass es der Serienmörder auch auf Hans Logård abgesehen haben könnte. Stefan, der bisher noch nichts von Hans Logård wusste, vermutet nun, dass dieser Mann seine Schwester vergewaltigte und misshandelte, bevor man sie drogensüchtig machte und schließlich zu Carlman und Wetterstedt brachte.

Als die Polizei den Schulkeller entdeckt, den Stefan Fredman als Versteck benutzte, ist dort niemand mehr.

Kurz zuvor brachte Stefan seine Schwester zum leer stehenden Haus von Gustaf Wetterstedt, um sie dort für ein paar Tage unterzubringen. Aber in der Garage steht das Auto einer Wachgesellschaft. Offenbar hat in der Villa bereits jemand anders Zuflucht gesucht. Nachdem Stefan Louise auf ein Ruderboot gesetzt hat, schleicht er sich ins Gebäude.

Kurz darauf erhält Kurt Wallander einen Anruf von Hans Logård, der ihn auffordert, in Gustaf Wetterstedts Haus zu kommen. Dort könne er ihm verraten, wo Stefan und Louise Fredman zu finden seien. Als Kurt Wallander hinkommt, ist die Haustür offen, und Hans Logård steht im Korridor. In dem Augenblick, in dem der Kommissar ein klaffendes Loch im Kopf des Mannes wahrnimmt, lässt Stefan Fredman den Toten fallen und stürzt sich mit einer Axt auf Wallander, der sich im letzten Augenblick zur Seite werfen kann. Stefan holt erneut mit der Axt aus, aber da taucht Wallanders Kollegin Ann-Britt Höglund in der Tür auf, die ihren Chef sicherheitshalber begleitete. Stefan Fredman rennt durch die Terrassentür aus dem Haus.

Er holt seine Schwester von dem Ruderboot und setzt die Flucht mit ihr auf einem Moped fort. Aber nach kurzer Fahrt gerät das Fahrzeug ins Schlingern und schleudert gegen einen Baum. Als Wallander hinkommt, kniet der Junge schluchzend neben seiner toten Schwester.

Epilog

Während Kurt Wallanders Tochter Linda mit ihrer Freundin Kajsa zusammen nach Visby fährt, um an einem Theaterkurs teilzunehmen, holt er selbst am 9. Juli Baiba Liepa am Flughafen in Kopenhagen-Kastrup ab und fährt mit ihr für einige Tage nach Skagen. Baiba, die Witwe des ermordeten lettischen Polizeihauptmanns Karlis Liepa, lebt in Riga. Vor drei Jahren lernten sie und Kurt Wallander sich kennen. An einem der letzten Tage in Skagen macht er ihr einen Heiratsantrag, aber sie sagt nein, denn sie ist noch nicht über den gewaltsamen Tod ihres Mannes hinweg und zögert, sich erneut auf eine Ehe mit einem Polizisten einzulassen.

Am 16. September 1994 kommt Pedro Santana nach Ystad. Er hat einen Großteil seines Besitzes verkauft, um das Flugticket bezahlen zu können. Kurt Wallander bringt den Mann, der kein Wort Schwedisch spricht, zum Friedhof und zeigt ihm das Grab der Tochter.

Am nächsten Tag erfüllt Kurt Wallander ein Versprechen, das er seinem Vater während der Ermittlungen im Juni gab: Er holt seinen Vater in Löderup ab und fliegt mit ihm nach Italien. Vermutlich ist es seine letzte Chance, dem inzwischen mit seiner Pflegerin Gertrud verheirateten Greis näherzukommen.

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Der Kriminalroman „Die falsche Fährte“ von Henning Mankell dreht sich vor allem um Menschenhandel, Zwangsprostitution und den Missbrauch Minderjähriger. Durch kriminelle Machenschaften reich gewordene Männer und ein (fiktiver) ehemaliger schwedischer Justizminister mit guten Kontakten in der Unterwelt sind in die Verbrechen verwickelt. Das lässt sich als Gesellschaftskritik verstehen.

Das Besondere an „Die falsche Fährte“ ist der Aufbau des Romans: Henning Mankell vermittelt uns das Geschehen aus der Sicht des Kommissars Kurt Wallander, schaut zwischendurch aber auch immer wieder dem Serienmörder über die Schulter. Als Leser wissen wir fast von Anfang an, wer der Mörder ist und sind den Ermittlern weit voraus, zumal Kurt Wallander falschen Fährten folgt, weil er die schreckliche Wahrheit lange Zeit verdrängt.

Henning Mankell schreckt in „Die falsche Fährte“ nicht vor grausamen Gewaltszenen zurück, beschäftigt sich jedoch auf den weitaus meisten Seiten mit den ermüdenden Ermittlungen der Polizei. Es ist zwar durchaus positiv, dass er dieser weitgehend unspektakulären Arbeit viel Platz widmet, aber einiges davon hätte er vielleicht doch weniger ausführlich darstellen sollen.

Bei der Verfilmung des Romans durch Leif Magnusson mit Rolf Lassgård in der facettenreichen Rolle des Kommissars Kurt Wallander arbeitete Henning Mankell am Drehbuch mit: „Die falsche Fährte“.

Den Roman „Die falsche Fährte“ von Henning Mankell gibt es auch als Hörbuch, gelesen von Hermann Beyer, Claudia Geisler, Peter Matić, Otto Mellies, Jens Wawrczek u.a. (Bearbeitung und Regie: Lutz Volke, ISBN 3-89584-817-4)

 

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2015
Textauszüge: © Paul Zsolnay Verlag

Leif Magnusson: Die falsche Fährte

Henning Mankell (kurze Biografie)
Henning Mankell: Der Sandmaler
Henning Mankell: Mörder ohne Gesicht (Verfilmung)
Henning Mankell: Hunde von Riga (Verfilmung)
Henning Mankell: Die weiße Löwin (Verfilmung)
Henning Mankell: Der Mann, der lächelte (Verfilmung)
Henning Mankell: Die fünfte Frau (Verfilmung)
Henning Mankell: Mittsommermord (Verfilmung)
Henning Mankell: Die Brandmauer (Verfilmung)
Henning Mankell: Wallanders erster Fall
Henning Mankell: Der Chronist der Winde
Henning Mankell: Die rote Antilope
Henning Mankell: Die Rückkehr des Tanzlehrers (Verfilmung)
Henning Mankell: Kennedys Hirn (Verfilmung)
Henning Mankell: Die italienischen Schuhe
Henning Mankell: Der Chinese (Verfilmung)
Henning Mankell: Der Feind im Schatten
Henning Mankell: Erinnerung an einen schmutzigen Engel

Robert Harris - Der zweite Schlaf
Weil es in diesem Buch nicht um historische Tatsachen geht, punktet Robert Harris nicht – wie gewohnt – mit profundem Wissen und gründlichen Recherche-Ergebnissen. Aber man kann "Der zweite Schlaf" als einen in der Zukunft spielenden, vor aktuellen Gefahren für unsere Kultur und Zivilisation warnenden Thriller lesen, als einen farbigen, mitreißenden Unterhaltungsroman.
Der zweite Schlaf