Serpico

Serpico

Serpico

Serpico – Originaltitel: Serpico – Regie: Sidney Lumet – Drehbuch: Waldo Salt, Norman Wexler nach dem Buch "Serpico" von Peter Maas – Kamera: Arthur J. Ornitz – Schnitt: Dede Allen, Richard Marks – Musik: Mikis Theodorakis – Darsteller: Al Pacino, John Randolph, Jack Kehoe, Biff McGuire, Barbara Eda-Young, Cornelia Sharpe, Tony Roberts, John Medici, James Tolkin, M. Emmet Walsh, Kenneth McMillan u.a. – 1973; 130  Minuten

Inhaltsangabe

Sidney Lumet schildert in dem Film einen authentischen Fall: den Kampf des New Yorker Polizisten Frank Serpico gegen Korruption. – Weil Serpico kein Schmiergeld annimmt, misstrauen ihm die Kollegen, grenzen ihn aus und mobben ihn. Ein Captain, dem er mehrmals von den Miss­ständen berichtet, hält ihn hin. Serpico wendet sich deshalb ans Büro des Bürger­meisters, aber der will sich nicht mit dem NYPD anlegen. Erst als eine Zeitung Serpicos Anschuldigungen aufgreift, wird ein Untersuchungsausschuss gebildet ...
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Kritik

Der realistische Cop-Thriller von Sidney Lumet dreht sich um einen Polizeiapparat, in dem die Ver­brechens­bekämpfung dazu genutzt wird, Schmiergelder zu kassieren. Die Kritik lässt sich auch auf andere Machtapparate übertragen.
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Frank Serpico (Al Pacino) absolviert die Polizeiakademie und fängt als Streifenpolizist beim New York Police Department an. Er wollte immer schon Polizist werden. Aber er hat es sich anders vorgestellt. Während auf der Akademie von Gesetz und Ordnung die Rede war, nehmen Polizisten Geld von Kriminellen und wenden willkürlich Gewalt an.

Am ersten Tag nimmt ihn sein Partner mit in eine Gaststätte, in der Polizisten nicht zu bezahlen brauchen. Ein paar Stunden später hören sie im Funk die Meldung über eine Vergewaltigung am Rand ihres Zuständigkeitsbereichs. Gegen den Willen seines Partners fährt Serpico hin, und sie befreien das Opfer (Marjorie Eliot). Die Verbrecher fliehen, aber Serpico holt einen von ihnen ein und nimmt ihn fest. Auf dem Polizeirevier wird der Schwarze von Serpicos Kollegen Malone (Hank Garrett) aufgefordert, die Namen seiner Komplizen zu nennen und brutal geschlagen. Der Verhaftete schweigt. Erst als Serpico ruhig mit ihm redet, lotst er ihn zu einem Sportplatz und zeigt ihm die beiden. Serpico fordert vergeblich Verstärkung an und nimmt die zwei Vergewaltiger dann allein fest.

Weil Serpico keine Schmiergelder annimmt, betrachten ihn die Kollegen als Außenseiter, misstrauen ihm und grenzen ihn aus. Polizeileutnant Steiger (James Tolkin) behauptet, Serpico sei schwul und er habe ihn beim Masturbieren auf der Toilette erwischt. Einige Kollegen machen zwar nur widerwillig bei der Korruption mit, haben aber Angst um ihre Familien oder wollen nicht wie Serpico gemobbt werden.

Schließlich lässt Serpico sich versetzen. Inzwischen hat er sich einen Oberlippenbart wachsen lassen. In der neuen Abteilung wird er aufgefordert, ihn abzurasieren und sich einen kürzeren Haarschnitt zuzulegen, aber er kann seinen neuen Chef davon überzeugen, dass er sich mit diesem Aussehen auf der Straße unauffälliger bewegen könne und mehr erfahre. Bei einer Festnahme wird er allerdings von einem Streifenpolizisten in Uniform beinahe erschossen.

Seine Freundin Leslie Lane (Cornelia Sharpe) verlässt ihn und heiratet in Texas einen anderen Mann.

Ein unbekannter Kollege drückt Serpico im Vorbeigehen einen Umschlag in die Hand. Als er ihn öffnet, findet er darin 300 Dollar. Er geht damit zu Kellogg (John McQuade), dem Vorsitzenden der polizeilichen Untersuchungskommission. Der rät ihm, das Geld einzustecken und zu vergessen. Serpico will es jedoch nicht haben und verschenkt es.

Captain McClain (Biff McGuire) arrangiert für ihn eine weitere Versetzung. Sein neuer Partner Tom Keough (Jack Kehoe) lässt sich bei einem der ersten gemeinsamen Einsätze von einem Kriminellen bestechen, ihn nicht zu verhaften.

Einige Zeit später wird Keough von Rubello (Norman Ornellas) als Serpicos Partner abgelöst. Rubello nimmt nicht nur Schmiergeld an, sondern treibt es sogar mit Gewalt für eine Gruppe von Polizisten ein. Er kann es kaum fassen, dass Serpico nichts davon haben will und verspricht, dessen Anteil aufzuheben.

Immer wieder weist Serpico seinen vermeintlichen Förderer McClain auf die Missstände beim NYPC hin. Der Captain versichert ihm, er habe mit Polizeichef Delaney (Charles White) darüber gesprochen, der kümmere sich darum und werde gewiss auch noch Fragen an ihn haben. Aber nichts geschieht. Offenbar wird Serpico von McClain hingehalten. Jedenfalls wartet er vergeblich auf die von ihm angestrebte polizeiinterne Untersuchung.

Als Serpico einen Mafioso namens Corsaro (Richard Foronjy) auf der Straße festnimmt, zückt dieser seine Brieftasche und kann es kaum glauben, dass der Polizist kein Geld annimmt. Auf dem Revier feixen die Kollegen mit Corsaro, von dem sie regelmäßig Schmiergeld bekommen haben. Dabei handelt es sich bei dem Mafioso nicht um einen Kleinkriminellen, sondern er verbüßte wegen der Ermordung eines Polizisten 15 Jahre Haft. Serpico rastet aus. In seinem Zorn schlägt er Corsaro vor den Augen der anderen Polizisten und schleudert ihn in eine Gefängniszelle. Um sich abzureagieren, zertrümmert er noch einen Stuhl.

Bob Blair (Tony Roberts), mit dem er seit der Polizeiakademie befreundet ist, verfügt inzwischen über Kontakte zum Büro des Bürgermeisters von New York und erreicht, dass sich ein Vertrauter des Bürgermeisters Serpicos Bericht über die Missstände anhört.

Nachdem Serpico eineinhalb Jahre lang von Captain McClain hingehalten wurde, berichtet er ihm von seiner Unterredung im Büro des Bürgermeisters. Daraufhin wird er zu den Polizeioffizieren Palmer (Bernard Barrow) und Gilbert (John Lehne) gerufen, die ihn auffordern, vor einer Untersuchungskommission auszusagen. Als er es tut, muss er feststellen, dass der Bezirksstaatsanwalt Tauber (Allan Rich) und der Richter ihn nur Aussagen über Polizisten ganz unten in der Hierarchie machen lassen und verhindern, dass er höhere Polizeioffiziere belastet.

Der Bürgermeister befürchtet in diesem Sommer Unruhen und will sich deshalb zu diesem Zeitpunkt nicht mit dem NYPC anlegen.

Serpico kann kaum noch an etwas anderes denken. Der Polizeichef versucht das Gerücht zu lancieren, er sei schwul. Er wird von seinen Kollegen gemobbt, ist frustriert darüber, dass er an den Zuständen nichts ändern kann, will jedoch den Kampf gegen die Korruption nicht aufgeben. Seine Freundin Laurie (Barbara Eda-Young) erträgt das nicht länger. Sie trennt sich von ihm.

Nach einer erneuten Versetzung wird Serpico zwar wiederum von den Kollegen gemobbt, aber von seinem neuen Chef Lombardo (Edward Grover) unterstützt. Obwohl Lombardo um seine Familie besorgt ist, begleitet er Serpico und Blair zu einem Gespräch mit einem Journalisten über die Missstände beim NYPD. Die New York Times berichtet darüber.


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Während der Bürgermeister nun doch einen Untersuchungsausschuss einsetzt, wird Serpico zur Drogenfahndung versetzt, wo die Schmiergelder viel höher sind als in anderen Bereichen.

Mit drei Kollegen zusammen observiert er den Eingang eines Hochhauses, in dem einem Tipp zufolge Drogengeschäfte abgewickelt werden. Serpico klettert über die Feuerleiter aufs Dach und beobachtet dann im Treppenhaus, wie zwei Kunden etwas an einer Wohnungstüre kaufen. Nachdem die beiden beim Verlassen des Gebäudes mit Heroin festgenommen wurden, geht Serpico mit zwei der Kollegen zurück zu der Tür. Er nennt das zuvor gehörte Codewort, und als die Tür einen Spalt weit geöffnet wird, versucht er einzudringen. Aber die Sperrkette verhindert das. Einer der Dealer schießt ihm ins Gesicht. Serpico wird zurückgeschleudert. Seine beiden Kollegen lassen ihn schwer verletzt liegen und ziehen sich zurück, statt ihm zu helfen.

Im Krankenhaus erfahren Serpicos Eltern (Mildred Clinton, Sal Carollo), dass der Patient überleben wird. Die Kugel drang unterhalb eines Auges ein und verletzte weder das Gehirn noch die Halswirbelsäule.

Chief Sidney Green (John Randolph) bringt eine neue Polizeimarke ins Krankenhaus: Serpico soll zum Detective befördert werden. Das strebte er schon lange an, aber unter diesen Umständen weist er die Beförderung zurück.

Bob Blair holt ihn schließlich vom Krankenhaus ab.

Serpico sagt vor dem Untersuchungsausschuss aus. Er hofft nicht nur, dass die bisherigen Missstände abgeschafft werden, sondern auch ein Klima entsteht, in dem Polizisten Korruption melden können, ohne um ihr Leben fürchten zu müssen.

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Der realistische Cop-Thriller „Serpico“ basiert auf einem 1973 veröffentlichten Buch, in dem der Journalist Peter Maas 1973 unter Mitarbeit von Anthony T. S. Sampson über den Kampf des New Yorker Polizisten Frank Serpico gegen die Korruption in den eigenen Reihen berichtete.

Die Kritik richtet sich gegen einen Polizeiapparat, in dem die Verbrechensbekämpfung dazu genutzt wird, Schmier- und Bestechungsgelder zu erpressen. Eine interne Abschaffung der Missstände ist in dem gezeigten Fall nicht möglich, und der Gang an die Öffentlichkeit mit Lebensgefahr verbunden. Nachdem wir erfahren haben, wie exzessiv die NSA Daten sammelt, können wir uns leicht vorstellen, dass das von Sidney Lumet gestaltete Bild eines missbrauchten Machtapparats nicht nur für die Polizei relevant ist.

Sidney Lumet beginnt den Film mit der Einlieferung des schwerverletzten Polizisten ins Krankenhaus. Wir wissen also von Anfang an, dass Serpico für seinen Kampf gegen die Korruption einen hohen Preis bezahlen wird. Mit Ausnahme dieser Vorwegnahme einer späteren Szene entwickelt Sidney Lumet die Handlung chronologisch-linear und aus der Perspektive des Protagonisten.

Al Pacino spielt den frustrierten Idealisten und Außenseiter recht überzeugend. Und wenn man sein Aussehen mit einem Foto des echten Frank Serpico vergleicht, stellt man fest, dass das lange Haar und der Vollbart nicht übertrieben sind. Übrigens ließ Al Pacino sich tatsächlich einen Vollbart wachsen, der dann schrittweise verkleinert und am Ende ganz abrasiert wurde. Im Film ist es umgekehrt: Anfangs ist er bartlos, dann lässt er einen Oberlippenbart stehen, ergänzt ihn durch einen Kinnbart und so weiter.

1976/77 wurde die aus 15 Folgen bestehende Fernsehserie „Serpico“ mit David Birney als Hauptdarsteller ausgestrahlt.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2014

Frank Serpico (Biografie)

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