25 Stunden

25 Stunden

25 Stunden

25 Stunden – Originaltitel: 25th Hour – Regie: Spike Lee – Drehbuch: David Benioff, nach einem Roman von David Benioff – Kamera: Rodrigo Prieto – Schnitt: Barry Alexander Brown – Musik: Terence Blanchard – Darsteller: Edward Norton, Philip Seymour Hoffman, Barry Pepper, Rosario Dawson, Anna Paquin, Brian Cox u.a. – 2002; 135 Minuten

Inhaltsangabe

Monty Brogan wird wegen Drogenhandels in New York zu einer siebenjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. In den letzten 24 Stunden vor dem Haftantritt denkt er über sein Leben nach und verabschiedet sich von den für ihn wichtigen Personen. Nach einem Essen mit seinem Vater folgt er mit seiner Lebensgefährtin Naturelle und seinen beiden besten Freunden Jacob und Frank einer Einladung des Drogenbosses "Onkel Nikolai" in dessen Diskothek ...
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Kritik

Für den Film "25 Stunden" adaptierte David Benioff seinen Debütroman. Spike Lee hat bei dem nachdenklichen Psychodrama vor allem auf Gesten und Dialoge gesetzt. Dass dieses Konzept aufging, verdankt er nicht zuletzt den herausragenden Darstellern.
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Eigentlich wollte Montgomery („Monty“) Brogan (Edward Norton) mit dem seit Schulzeiten betriebenen Drogenhandel aufhören, aber als zwei afroamerikanische Zyniker von der Drogenfahndung das Luxusapartment in New York durchsuchen, das der Dreißigjährige mit seiner aus Puerto Rico stammenden Lebensgefährtin Naturelle Riviera (Rosario Dawson) bewohnt, finden sie in der Polsterung einer Couch ein Kilogramm Heroin. Dafür muss er für sieben Jahre ins Gefängnis.

In den letzten 24 Stunden vor dem Haftantritt denkt Monty über sein Leben nach, versucht herauszufinden, wer ihn verraten hat und verabschiedet sich von den für ihn wichtigen Personen.

Mit seinem Vater James (Brian Cox) verabredet er sich zum Essen in dessen Restaurant „Brogan’s“. James Brogan macht sich Vorwürfe, weil er zu trinken anfing [Alkoholkrankheit], als seine Frau starb, obwohl sein Sohn damals erst zwölf Jahre alt war. Den Verdacht Montys, dass Naturelle der Polizei einen Tipp gegeben haben könnte, hält sein Vater für abwegig.

In der Nacht gibt der Drogenboss „Onkel Nikolai“ (Levan Uchaneishvili) in seiner Diskothek eine Abschiedsparty für Monty. Der nimmt außer Naturelle seine beiden besten Freunde mit: den schüchternen Lehrer Jacob Elinsky (Philip Seymour Hoffman) und den risikofreudigen Broker Francis („Frank“) Xavier Slaugherty (Barry Pepper). Vor dem Eingang drängt sich die siebzehnjährige Schülerin Mary D’Annunzio (Anna Paquin) ihrem Lehrer auf, weil sie sonst nicht an dem Türsteher vorbeikommt.

Frank wirft sich vor, seinen besten Freund nicht vom Drogenhandel abgebracht zu haben, und er beschuldigt Naturelle, wissentlich von dem durch Drogen verdienten Geld profitiert zu haben.

Jacob widersteht zunächst Marys Versuchen, ihn anzumachen, weil er befürchtet, dass er seine Stelle verliert, wenn ihn jemand mit einer seiner Schülerinnen zusammen sieht. Doch als sie zur Toilette geht, folgt er ihr und küsst sie. Danach flieht er entsetzt über sein unbeherrschtes Verhalten zurück an den Tisch.

Monty vertraut Jacob seinen Hund Doyle an. Das Tier hatten er und sein ukrainischer Partner Kostya Novotny (Tony Siragusa) auf dem Weg zu einem Drogendeal schwer verletzt auf der Straße liegen sehen. Ungeachtet der Verabredung und Kostyas Protesten fuhr Monty den Hund in eine Tierklinik und nahm ihn nach der Genesung bei sich auf. Er ist ihm längst ans Herz gewachsen.

Onkel Nikolai lässt Monty in seine Privaträume holen. Er glaubt Montys Beteuerung, beim Verhör keine Namen genannt zu haben. Das Angebot Onkel Nikolais, während der Haft für seinen Vater zu sorgen, lehnt Monty ab, denn er will mit den Drogenhändlern nichts mehr zu tun haben. Onkel Nikolai drückt ihm eine Pistole in die Hand, mit der er den ebenfalls anwesenden Kostya erschießen soll. Der habe ihn nämlich verraten. Nach kurzem Zögern legt Monty die Waffe weg und verlässt den Raum, in dem Onkel Nikolai residiert.

Im Morgengrauen gehen Monty, Jacob und Frank mit dem Hund spazieren. Unvermittelt fordert Monty Frank auf, ihm das Gesicht zu zerschlagen, und zwar mit der Begründung, dann habe er eine Chance, nicht bereits am ersten Tag im Gefängnis vergewaltigt zu werden. Monty provoziert Frank so lange, bis dieser seine ganze aufgestaute Wut an ihm auslässt.

So ist Monty halb bewusstlos, als James Brogan ihn zur Haftanstalt fährt. Er träumt, wie sein Vater statt zum Gefängnis nach Westen fährt und wie er dort in einer Kleinstadt unerkannt ein neues Leben anfängt und eine Familie gründet.

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Beim Schreiben des Drehbuchs für „The 25th Hour“ („25 Stunden“) adaptierte David Benioff (*1970) seinen gleichnamigen Debütroman aus dem Jahr 2000 (deutsch: 25 Stunden, Übersetzung: Frank Böhmert, Heyne Verlag, München 2003, 222 Seiten). Der deutsche Titel müsste eigentlich „Die 25. Stunde“) heißen, denn es geht um die letzten vierundzwanzig Stunden, bevor der Drogendealer Monty Brogan in New York eine siebenjährige Haftstrafe antritt.

„25 Stunden“ ist ein Psychodrama mit Elementen des Ensemblefilms. Es geht um Beziehungen, Liebe und Freundschaft, Schuld und Sühne, Ängste und unerfüllte Träume. Im Mittelpunkt stehen Monty Brogan und dessen Beziehung zu seiner Lebensgefährtin Naturelle Riviera. Im Gegensatz zu dem Drogendealer, der kühl und überlegt seine Beschlüsse fasst und dazu steht, schreckt sein biederer Freund Jacob Elinsky vor jeder riskanten Entscheidung zurück. Der Broker Frank Slaugherty, Montys anderer Freund, geht bei seinen Transaktionen an der Börse zwar enorme Risiken ein, aber er ist nicht in der Lage, seinen Zorn herauszulassen, bis Monty ihn dazu bringt. Der wiederum hat sich zuvor im Wandspiegel einer Toilette angesehen und dabei in seinem Kopf eine Tirade voller Selbsthass und Wut auf die Mitmenschen gehört, bis er einsah, dass er nicht andere für sein Geschick verantwortlich machen kann, sondern selbst schuld daran ist. Auf der Fahrt zum Gefängnis glaubt er all die Menschen freundlich winken zu sehen, die er in seiner Hasstirade verdammte. Er weiß, dass der Abschied endgültig ist und er das Gefängnis nicht unbeschadet überleben kann. Zumindest wird er bei seiner Entlassung ein Anderer sein. Am Ende träumt er zwar von einer glücklicheren Alternative, aber statt zu fliehen, stellt er sich den Folgen seiner früheren Entscheidungen.

Als Szenario wählte Spike Lee das durch die Anschläge auf das World Trade Center am 11. September 2001 traumatisierte New York. Schon im Vorspann ist die Silhouette der Stadt mit zwei senkrecht in den Himmel ragenden Lichtstrahlen statt der beiden zerstörten Türme zu sehen. Später blicken wir von oben auf Ground Zero.

Spike Lee hat bei dem nachdenklichen und langsam erzählten Film „25 Stunden“ vor allem auf Gesten und Dialoge gesetzt. Dass dieses Konzept aufging, verdankt er nicht zuletzt den herausragenden Darstellern, allen voran Edward Norton, Philip Seymour Hoffman, Barry Pepper und Rosario Dawson. Dazu passt der akzentuierte Soundtrack des Jazztrompeters Terence Blanchard.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2007

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Andrea Roedig - Man kann Müttern nicht trauen
Andrea Roedig versucht, sich von einem belastenden Thema durch Sprache zu befreien. Bei vielen autobiografischen Büchern ist der therapeutische Nutzen beim Schreiben größer als der Gewinn beim Lesen, und das gilt wohl auch für "Man kann Müttern nicht trauen".
Man kann Müttern nicht trauen