Antonia Kerr : Blumen für Zoë

Blumen für Zoë
Originalausgabe: Des fleurs pour Zoë Éditions Gallimard, Paris 2010 Blumen für Zoë Übersetzung: Jutta Schiborr Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2011 ISBN: 978-3-8031-2662-7, 138 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

33 Jahre lang war Richard Harris mit Evelyn zusammen, ohne ihr immer treu gewesen zu sein. Nun hat sie ihn wegen eines anderen Mannes verlassen. Ein Jahr später geht der 59-Jährige in den Vorruhestand und lässt sich von einer Seniorenresidenz in Florida anwerben. In Kay West lernt er Zoë kennen, und als die Gegend wegen eines Wirbelsturms evakuiert wird, bricht er mit ihr nach Kanada auf. Schon bald überfordern ihn die sexuellen Ansprüche der 22-Jährigen ...
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Kritik

Bei dem Roman "Blumen für Zoë" handelt es sich um eine unterhaltsame, leicht zu lesende Road Story. Antonia Kerr schreibt flott, mit viel Humor und Ironie.
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Das Interesse des New Yorker Brokers Richard Harris an Frauen beschränkt sich nicht auf seine Lebensgefährtin Evelyn.

Katherine Willingtons Brüste waren wirklich sehr verlockend. Was sollte ich machen? Der Mann kann nicht gegen die Natur an, und einer schönen Frau gegenüber habe ich keinerlei Gegenwehr, wenn ich Evelyn betrog, war das gegen meinen Willen.

Im Lauf der Zeit ließ Evelyns Eifersucht nach. Deshalb war er verblüfft, wie heftig sie reagierte, als sie herausfand, dass er seit einem halben Jahr eine Affäre mit der Südkoreanerin Lee hatte, die in Princeton Anthropologie studierte und als Model tätig war. Irgendwie erfuhr sie auch von seinem Seitensprung mit dem Hausmädchen – er sprach von einer „Assistentin“ – Condolezza. Kurz darauf eröffnete ihm Evelyn nach dreiunddreißig gemeinsam verbrachten Jahren, sie habe jemanden kennengelernt, einen Rechtsanwalt namens Bob Sherman.

Ein Jahr nachdem Evelyn ihn wegen Bob Sherman sitzen ließ, beschließt Richard, in den Vorruhestand zu gehen und nach Winnipeg zu ziehen. Er ist jetzt neunundfünfzig Jahre alt. Ein Anruf aus dem „L’Espadon“ in Key West, einer Mischung aus Seniorenheim und Fünf-Sterne-Hotel, lässt ihn hinsichtlich des Ortes umdenken, an dem er seinen Lebensabend verbringen möchte. Mittels einer Zeitungsanzeige sucht er einen Mitfahrer nach Key West. Es meldet sich ein nichtweißer arbeitsloser Kunstmaler, John-John, der sich mit seiner Ex-Frau Marquette versöhnen möchte, die mit dem siebenjährigen Sohn Leroy von seinen Eltern in Florida aufgenommen wurde.

Während der Fahrt regnet es plötzlich Fische, und ein lebender Thunfisch klatscht auf die Motorhaube. Der Wagen kommt ins Schlittern. Richard und John-John stürzen in eine Schlucht, werden aber nur geringfügig verletzt. Nachdem sie eine Stunde lang vergeblich als Anhalter am Straßenrand standen, gehen sie zur nächsten Tankstelle und bitten um Hilfe.

Nach drei Tagen erreichen sie endlich Key West.

Durch einen Telefonanruf erfährt Richard von seiner Tochter Madeleine Evelyn, die zu seinem Verdruss mit einem „konzeptionellen Künstler“ liiert ist, dass sie schwanger ist.

In Florida lernt er Zoë kennen, John-Johns zweiundzwanzigjährige Nichte, deren Haut heller ist als die der anderen Familienmitglieder. Sie studierte Literatur und jobbt seit einiger Zeit als Kellnerin.

Als die Menschen wegen einer Tornado-Warnung die Gegend verlassen, holt Richard Zoë ab und schlägt ihr vor, gemeinsam nach Kanada zu fahren.

Unterwegs schauen sie bei seiner verwitweten Mutter vorbei. Richard weiß zwar, dass sie früher ein Hippie-Mädchen war, aber als sie erzählt, sie habe selbst Marihuana angebaut, überrascht ihn das doch.

Auf einem mexikanischen Friedhof in Texas küsst Zoë ihn leidenschaftlich und reißt ihm die Kleider vom Leib. Es ist der Beginn einer heftigen Liebesaffäre, die Richard körperlich überfordert. Er fragt Zoë, warum sie keine Unterwäsche trage. Sie fühle sich dadurch freier, antwortet sie.

In Santa Barbara läuft ihnen ein Reh ins Auto. Richard bindet dem verletzten Tier mit Klebeband die Hinterläufe zusammen und versucht, an einer Notrufsäule Hilfe zu holen, aber es heißt, man rücke nur für Menschen aus. Als Richard zurückkommt, wird er von einem Cop mit gezogenem Revolver erwartet. Zoë sitzt mit Handschellen gefesselt im Streifenwagen. Der Cop zeigt die Bisswunde am Arm, die sie ihm zufügte, bevor er mit ihr wegfährt.

Zufällig kommt ein Tierarzt vorbei. Er nimmt sich des Rehs an und bringt Richard auf einer leer stehenden Ranch unter, die ihm gehört.

Nachdem Richard einem korrupten Polizisten fast seine ganze Barschaft überlassen hat, kommt Zoë frei.

Während sie schläft, telefoniert Richard mit seinem Psychiater Hawthorne in New York.

Mit der Zeit hatte sich unser Verhältnis in Richtung einer bezahlten Freundschaft entwickelt. manchmal kam es sogar vor, dass er sich mir anvertraute, insbesondere im Hinblick auf seine Gattin, die ihn regelmäßig wegen seiner Frauen- und Marihuana-Abhängigkeit verließ.

Aufgrund der sexuellen Ansprüche Zoës fürchtet Richard um seine Gesundheit. Er schreibt ihr deshalb einen Abschiedsbrief und fährt allein weiter. Weil er sich nicht auskennt, findet er sich an seinem sechzigsten Geburtstag statt im Norden an der mexikanischen Grenze wieder. Daraufhin kehrt er zu Zoë zurück.

In Los Angeles kommt sie unvermittelt auf die Idee, sich ein Bauchpiercing machen zu lassen und drängt ihn, ihrem Beispiel zu folgen. Richard entscheidet sich für einen Nasenring.

Endlich erreichen sie den Oberen See. Inzwischen will Richard jedoch nicht mehr nach Kanada, sondern zurück nach New York. Wieder beginnt er einen Abschiedsbrief. Aber bevor er damit fertig ist, liest Zoë, was er geschrieben hat. So kommt es, dass sie zusammen nach New York fahren.

In Richards Wohnung werden Zoë und Condolezza zu Rivalinnen.

Längst hat Richard sich daran gewöhnt, dass Zoë allein zum Tanzen geht. Eines Morgens kommt sie jedoch nicht zurück. Er meldet sie als vermisst. Selbst nach einer Woche hat er noch keine Nachricht von ihr.

Evelyn ruft ihn an. Sie erkundigt sich, wie es ihm geht, schlägt ihm vor, öfter miteinander zu telefonieren und Freunde zu bleiben.

Kaum hat Richard aufgelegt, kommt Zoë zurück. Wo sie war, erfährt er nicht.

John-John erzählt Richard am Telefon, dass Marquette eine kleine Tochter bekommen hat.

Das bringt Zoë auf die Idee, sich ein Kind von Richard zu wünschen. Er schlägt ihr vor, lieber einen Hund aus dem Tierheim zu adoptieren.

Maddie ruft an: Sie hat Zwillinge geboren und fordert ihn auf, zu ihr und Owen ins San Fernando Valley zu kommen, um seine Enkel Owen jr. und Richard III. kennenzulernen.

Gerade habe ich meine Tasche gepackt. Zoë habe ich gebeten, mich während meines kurzen Aufenthalts im San Fernando Valley nicht zu verlassen. Sie hat Stein und Bein geschworen.
So wie eine Seele sich vom Körper löst, spüre ich meine Angst dahinschwinden – vielleicht kommt das Glück ja doch noch irgendwann.

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Antonia Kerr tut so, als handele es sich bei dem Text um die Aufzeichnungen, die Richard Harris während seiner Reise mit Zoë in seinem Notizbuch machte. Dementsprechend wird die teilweise surreal wirkende Handlung in der Ich-Form erzählt. In die chronologisch-lineare Darstellung sind einige Rückblenden eingebaut. Die ungewöhnliche Beziehung eines Sechzigjährigen, dessen Potenz längst nachgelassen hat, mit einer jungen, lebenshungrigen und sexgierigen Zweiundzwanzigjährigen erinnert ein wenig an Romane von Philip Roth.

„Blumen für Zoë“ ist eine unterhaltsame, leicht zu lesende Road Story. Antonia Kerr schreibt flott, mit viel Humor und Ironie. Immer wieder sind launige Formulierungen wie die folgende eingestreut.

Dann kam Maddie zur Welt, und selbstverständlich waren wir uns einig, dass es sich um das größte Wunder der Menschheit seit der Erfindung der Chipkarte handelte.

Bei der Übersetzung haben sich Grammatikfehler eingeschlichen. Zum Beispiel:

Nachdem ich meinem Vater mein Leid klagte, hatte dieser geantwortet: „Das ist keine Einbildung […]“

Die wenigen Male, wo ich über meinen harten Schwanz kommunizieren wollte, hatte sie mich verflucht und sich auf der anderen Seite des Bettes verschanzt.

 

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2011
Textauszüge: © Verlag Klaus Wagenbach

Wolfgang Bittner - Beruf Schriftsteller
Nachdem Wolfgang Bittner skizziert hat, wie man sich den Alltag eines Autors vorstellen kann und wie ein Text "gemacht" wird, präsentiert er ein etwas düster und plakativ gemaltes Bild der deutschen Kulturlandschaft im Allgemeinen und des Verlagsgeschäftes im Besonderen.
Beruf Schriftsteller