Horst David


Horst David wurde am 22. November 1938 in Breslau geboren. Es heißt, dass ihn seine unverheiratete Mutter 1944 auf der Flucht nach Westen auf dem Bahnhof in Hof zurückließ. Er wuchs in Waisenhäusern auf. Auch nachdem die Mutter 1948 in Cuxhaven ausfindig gemacht worden war, soll sie kaum auf seine Briefe geantwortet und ihn bis zu ihrem Tod im Jahr 1990 kein einziges Mal wiedergesehen haben.

1963 heiratete Horst David. Das Paar, das zwei Söhne bekam, lebte in Hainsacker bei Regensburg. Einundzwanzig Jahre lang arbeitete Horst David als Anstreicher bzw. Malermeister im Betrieb von Elfriede und Karl Maurer. Auf Sauberkeit und Ordnung legte Horst David großen Wert. Er sammelte Briefmarken, wirkte ruhig und unauffällig. Nur beim Fußballspielen soll er aggressiv geworden sein. Frauen gegenüber verhielt er sich hilfsbereit und wie ein Kavalier. Horst David tanzte gern, gehörte einem Kegelklub an und war Mitglied im Schützenverein. Wenn er als Weihnachtsmann auftrat, trug er selbst verfasste Gedichte vor. Als Jugendlicher hatte er bei den Regensburger Domspatzen mitgesungen; auch später spielte er noch Akkordeon und auf einer Heimorgel.

Die Ehe war offenbar nicht glücklich. Es kam vor, dass Horst David tagelang nicht nach Hause kam und seine Frau nicht wusste, wo er war. Wie sich später herausstellte, fuhr er nach München, Hamburg, vielleicht auch in andere Städte, und weil er dort viel Geld mit Frauen ausgab, befand sich die Familie in finanziellen Schwierigkeiten. Vergeblich hoffte er auf einen größeren Lottogewinn. Elfriede und Karl Maurer erzählen in dem Dokudrama „Der Mann, dem die Frauen vertrauten. Der Serienmörder Horst David“, er habe immer davon geträumt, sich ein Haus an der französischen Riviera und vielleicht auch noch ein Boot zu kaufen.

1984 trennte sich Horst David von seiner Frau und seinen Söhnen, kündigte seine Anstellung und zog in ein möbliertes Zimmer in Regensburg. Damit begann sein sozialer Abstieg. Trotz seiner beruflichen Qualifikation schlug sich der Malermeister mit Gelegenheitsarbeiten durch; er trug sich mit Selbstmordgedanken und begann zu trinken. Nachdem er am 16. Juli 1985 seine Jugendliebe Heidi wiedergetroffen hatte, zog er mit ihr und ihrer Mutter zusammen. Die alte Frau starb einige Jahre später, und Heidi wurde schließlich wegen ihrer Alkoholkrankheit in ein Pflegeheim eingewiesen.

Am 7. September 1993 fand man die fünfundachtzigjährige Rentnerin Mathilde Steindl in ihrer Wohnung erwürgt auf. Weil die Polizei dort Fingerabdrücke von Horst David sicherstellte, wurde er vernommen.

Horst David, der im selben Haus wohnte, war fast täglich bei Mathilde Steindl in der Wohnung gewesen und hatte sie sogar „Muttl“ genannt. Trotzdem hielt ihn die Kriminalpolizei Regensburg für den Hauptverdächtigen und nahm ihn fest. Im September saß Horst David kurz in Untersuchungshaft, dann noch einmal von November 1993 bis Februar 1994. Weil jedoch die Fingerabdrücke und Faserspuren von Mathilde Steindls Unterwäsche auf Horst Davids Kleidung dem Richter nicht für einen Schuldspruch ausreichten, kam Horst David wieder frei.

Routinemäßig schickte die Kriminalpolizei Regensburg die Fingerabdrücke von Horst David im Januar 1994 an das Bayerische Landeskriminalamt in München. Dort wurde zu dieser Zeit gerade ein „Automatisiertes Fingerabdruckidentifizierungssystem“ (Afis) erprobt. Beim Abgleich der neu aufgenommenen Fingerabdrücke mit vorhandenen Daten ergab sich eine Übereinstimmung: Die gleichen Fingerabdrücke hatte man nach der Erdrosselung der dreiundzwanzigjährigen Münchner Edelprostituierten Fatima Grossart am 24. August 1975 gefunden. Damals hatte die Polizei Fatimas drei Jahre älteren Ehemann, den Konzertmanager Klaus Grossart, festgenommen. Er war zwar vom Gericht freigesprochen worden, aber die Anklage und die Presseberichte darüber hatten seine erfolgreiche Karriere zerstört.

Josef Wilfling (* 1947) – der die Ermittlungen im Mordfall Walter Sedlmayr geleitet hatte und 2002 zum Leiter der Münchner Mordkommission aufstieg – fuhr nach Regensburg, vernahm Horst David in der dortigen Polizeidirektion zunächst als Zeugen und ließ ihn am 7. Juni 1994 als Tatverdächtigen ins Polizeipräsidium München bringen, wo der Verhaftete unerwartet gestand, drei Frauen ermordet zu haben: nicht nur Fatima Grossart und Mathilde Steindl, sondern auch Waltraud Frank. Er hatte die vierundzwanzigjährige Prostituierte am 22. August 1975 in ihrer Münchner Wohnung erdrosselt.

Die beiden Prostituierten hätten mehr Geld verlangt, als vereinbart gewesen war, erklärte Horst David. Deshalb sei er mit ihnen in Streit geraten und habe sie umgebracht. Mathilde Steindl musste sterben, weil sie sich weigerte, ihm nochmals Geld zu leihen und ihn stattdessen beschimpfte.

Ohne erkennbaren Anlass gab Horst David dann noch vier weitere Morde zu: Am 12. April 1981 habe er die neunundfünfzigjährige Barbara Ernst in Regensburg erwürgt, am 26. Januar 1983 die siebenundsechzig Jahre alte pensionierte Beamtin Martha Lorenz und am 27. Oktober 1984 die siebzigjährige Rentnerin Maria Bergmann. Die drei Damen hatten sich von ihm ihre Wohnungen renovieren lassen, ihm aber einen Vorschuss verweigert bzw. kein Geld geliehen. Kunigunda Thoss, eine Vierundachtzigjährige, die am 12. Januar 1992 von Horst David erwürgt worden war, hatte ihm nach und nach mehr als 20 000 D-Mark geliehen.

Dass Barbara Ernst und Maria Bergmann einem Verbrechen zum Opfer gefallen waren, erfuhr die Polizei erst durch Horst Davids Geständnis. In beiden Fällen hatte er die Leichen so drapiert, als ob die Frauen eines natürlichen Todes gestorben wären.

Insgesamt gestand Horst David sieben Morde. Da er des Öfteren mehrere Tage verreist war, ist nicht auszuschließen, dass er auch noch weitere Frauen getötet haben könnte. Wie der Biedermann zum Serienmörder wurde, konnten auch die psychiatrischen Sachverständigen vor Gericht nicht erklären. Es blieb ein Rätsel.

Die 1. Strafkammer am Landgericht München I verurteilte
Horst David im Dezember 1995 zu zweimal lebenslänglicher Haft. Er verbüßt seine Strafe in der Justizvollzugsanstalt Straubing. Erst 2023, im Alter von fünfundachtzig Jahren, kann er freigelassen werden.

In der Kriminalgeschichte gilt der Fall Horst David als Meilenstein, weil es 1994 zum ersten Mal gelang, mit Hilfe eines automatischen Spurenauswertungssystems zwanzig Jahre zurückliegende Verbrechen aufzuklären.

Das Ehepaar Walter Harrich und Danuta Harrich-Zandberg drehte das Dokudrama „Der Mann, dem die Frauen vertrauten. Der Serienmörder Horst David“.

Literatur über Horst David

  • Rudolf Schröck: Der Biedermann. Die Geschichte des Frauenmörders Horst David (Droemer-Knaur, München 2004, 255 Seiten, ISBN: 978-3426777213)

© Dieter Wunderlich 2008

Walter Harrich: Der Mann, dem die Frauen vertrauten. Der Serienmörder Horst David

Eva Menasse - Vienna
In "Vienna" sind Eva Menasse einige brillante Miniaturen mit funkelndem Sprachwitz gelungen, aber dem teilweise autobiografischen Familienroman fehlt es an einer überzeugenden Struktur.
Vienna