Henry Miller


Henry Miller wurde am 26. Dezember 1891 in New York als Sohn eines aus Deutschland stammenden Schneiders geboren. Er wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf, fühlte sich schon in der Jugend als Rebell, brach sein Studium ab und schlug sich mit verschiedenen Tätigkeiten durch – u. a. als Goldsucher in Alaska, Bettler, Totengräber, Milchmann und Küchenhilfe –, bevor er von 1930 bis 1939 in Paris lebte.

Zwar hatte er 1923 ein erstes Buch verfasst („Clipped Wings“) und kürzere Arbeiten auf eigene Kosten drucken lassen, aber erst mit dreiundvierzig Jahren veröffentlichte Henry Miller in Paris seinen ersten Roman: „Tropic of Cancer“ („Wendekreis des Krebses“). Eine seiner Geliebten, die Schriftstellerin Anaïs Nin, schrieb dazu ein Vorwort. 1939 zog Henry Miller nach Griechenland, und im Jahr darauf kehrte er in die USA zurück. 1942 ließ er sich in dem kalifornischen Küstenort Big Sur nieder. Er starb am 7. Juni 1980 in Los Angeles.

Obwohl Henry Miller mehrmals verheiratet war (Béatrice Silvas, June Edith Smith), lebte er promiskuitiv, denn er hielt die Unterdrückung der Triebe für ein Zeichen von Unfreiheit und die hemmungslose Sexualität für eine Möglichkeit, die gesellschaftlichen Zwänge zu sprengen. Wie D. H. Lawrence verabscheute er die Zivilisation. Auf der Suche nach einem unverfälschten Leben ging es Henry Miller darum, das bürgerliche Wertesystem, das er für verlogen hielt, durch einen radikalen Individualismus zu ersetzen.

Im Grunde bin ich Metaphysiker […] Ich bin gegen Pornografie und für Obszönität – und für Kraft, vor allem für Bildhaftigkeit, Fantasie, für eine Freiheit, wie wir sie uns noch nicht träumen lassen. Ich gebrauche die Zerstörung schöpferisch (vielleicht ein wenig zu sehr im deutschen Sinne), aber ich strebe immer nach wahrer, innerer Harmonie, nach innerem Frieden – und Schweigen. Ich ziehe die Musik allen anderen Künsten vor, weil sie sich selbst genug ist und hilft, das Schweigen zu fördern. (Henry Miller, zit. Franz Lennartz: Ausländische Dichter und Schriftsteller unserer Zeit, Stuttgart 1960, S. 465)

Nur in wenigen Werken von Henry Miller gibt es eine Handlung im herkömmlichen Sinn. „Wendekreis des Krebses“ und „Wendekreis des Steinbocks“ sind autobiografische Bekenntnisse, in denen „das Burleske, Surreale und Fantastische den gleichen Rang einnehmen wie das Realistische“ (Harenbergs Lexikon der Weltliteratur, Band 5, Dortmund 1989, S. 3054). Im ungeordneten, die traditionellen literarischen Formen missachtenden Nebeneinander von bedeutenden Themen und Belanglosigkeiten, obszönen Details und philosophischen Gedanken, Grausamkeit und Zärtlichkeit, Würde und Lächerlichkeit versucht Henry Miller, das Leben abzubilden.

Henry Miller: Bibliografie (Auswahl)

  • Tropic of Cancer (1934; Wendekreis des Krebses, 1953)
  • Black Spring (1936; Schwarzer Frühling, 1960)
  • Tropic Of Capricorn (1939; Wendekreis des Steinbocks, 1953)
  • The Colossus of Maroussi (1941; Der Koloss von Maroussi, 1956)
  • The Air-Conditioned Nightmare (1945; Der klimatisierte Alptraum, 1977)
  • Remember to Remember (1947; Land der Erinnerung, 1957)
  • The Smile at the Foot of the Ladder (1948; Das Lächeln am Fuß der Leiter, 1955)
  • The Rosy Crucifixion (1949; Sexus, 1970)
  • Plexus (1953; Plexus, 1962)
  • Nights of Love and Laughter (1955; Lachen, Liebe, Nächte, 1957)
  • Quiet Days in Clichy (1956; Stille Tage in Clichy, 1968)
  • Big Sur and the Oranges of Hieronymus Bosch (1957;
    Big Sur und die Orangen des Hieronymus Bosch, 1958)
  • Nexus (1960; Nexus, 1965)
  • Just Wild About Harry (1963; Ganz wild auf Harry, 1963)
  • Opus pistorum (1983; Opus pistorum, 1984)

Über das Dreiecksverhältnis von Henry Miller, June Smith und Anaïs Nin drehte Philip Kaufman den Film „Henry & June“.

© Dieter Wunderlich 2006

Anaïs Nin (Kurzbiografie)
Henry Miller: Das Lächeln am Fuß der Leiter
Henry Miller: Stille Tage in Clichy (Verfilmung)
Henry Miller: Ein Teufel im Paradies, aus: Big Sur und die Orangen des Hieronymus Bosch
Philip Kaufman: Henry & June

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