Heinrich Hertz


Heinrich Rudolf Hertz wurde am 22. Februar 1857 in Hamburg als ältestes von fünf Kindern des Rechtsanwalts und späteren Justizsensators Gustav Hertz (1827 – 1914) und dessen Ehefrau Anna (1835 – 1910) geboren.

Als sich herausstellte, dass der Junge über ein besonderes Gedächtnis verfügte und außergewöhnlich lernfähig war, sorgte sein Vater dafür, dass er zusätzlich zum Schulunterricht Privatstunden bekam und schickte ihn aufs Johanneum, die älteste und anspruchsvollste höhere Schule Hamburgs.

Nach dem Abitur und einem Praktikum bei einem Baumeister in Frankfurt am Main begann Heinrich Hertz im Alter von neunzehn Jahren am Königlich-Sächsischen Polytechnikum in Dresden mit dem Studium für Bauingenieure. Statt mit dem zweiten Semester weiterzumachen, leistete er erst einmal seinen Militärdienst beim Eisenbahnregiment in Berlin. In dieser Zeit entschied er sich für ein naturwissenschaftliches Studium, das er im Wintersemester 1877/78 an der Königlich Bayerischen Technischen Hochschule in München anfing. 1878 zog er nach Berlin, wo er zwei Jahre später bei Hermann von Helmholtz (1821 – 1894) promovierte. Im Alter von 26 Jahren habilitierte sich Heinrich Hertz an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel.

1885 folgte er einem Ruf als Ordinarius für Experimentalphysik an die Technische Hochschule in Karlsruhe. Dort heiratete er im Jahr darauf Elisabeth Doll, die Tochter des Karlsruher Geodäten Max Doll. Kurze Zeit später gelang ihm eine Entdeckung auf dem Gebiet der Elektrodynamik, die ihn weltberühmt machte.

Bei der Elektrodynamik handelte es sich um eine noch recht junge Wissenschaft, die von dem englischen Naturforscher Michael Faraday (1791 – 1867) begründet worden war, der 1831 festgestellt hatte, dass man nicht nur mit elektrischem Strom Magnetfelder erzeugen, sondern den Vorgang auch umkehren kann: Die Bewegung eines Magneten induziert elektrischen Strom. Der schottische Physiker James Clerk Maxwell (1831 – 1879) entwickelte ab 1856 mathematische Gleichungen für die von Michael Faraday beobachteten Zusammenhänge und nahm 1864 zur Erklärung sowohl der elektrischen wie auch der magnetischen Phänomene unsichtbare transversale – elektromagnetische – Schwingungen an.

Am 13. November 1886 setzte Heinrich Hertz zwei gerade, an den Enden mit Kugeln versehene Stücke Draht (Dipol) unter Strom und ließ zwischen den beiden benachbarten Kugeln Funken überspringen. Jedes Mal, wenn dies geschah, knisterte es auch an der Funkenstrecke einer eineinhalb Meter entfernten Drahtschleife, obwohl es keine Kabelverbindung zwischen den beiden Stromkreisen gab. Offenbar strahlte der Schwingungserzeuger (Oszillator) unsichtbare Wellen ab, die von der Drahtschleife (Antenne) aufgefangen wurden. Solche Funkenüberschläge waren zwar auch schon anderen Forschern aufgefallen, aber sie hatten die Bedeutung nicht erkannt. Heinrich Hertz begriff im Gegensatz zu ihnen, dass er damit Maxwells theoretische Annahmen verifizieren konnte. Deshalb ließ er in einem Hörsaal Gasrohre und Kronleuchter abmontieren und auch sonst alles Metall entfernen. In diesem »Laboratorium« variierte er seine Versuchsanordnung so lange, bis er nachweisen konnte, dass tatsächlich Schwingungen übertragen wurden, die zwar niemand sah, die sich jedoch hinsichtlich Ausbreitungsgeschwindigkeit, Beugung und Reflexion wie Licht verhielten. Im Rückschluss zeigte er damit zugleich, dass es sich bei Licht um eine elektromagnetische Strahlung handelt. »Mir wenigstens erschienen die beschriebenen Versuche in hohem Grade geeignet, Zweifel an der Identität von Licht, strahlender Wärme und elektrodynamischer Wellenbewegung zu beseitigen«, konstatierte Heinrich Hertz. Die Berliner Akademie der Wissenschaften veröffentlichte am 13. Dezember 1888 seinen Forschungsbericht »Über Strahlen elektrischer Kraft«. Es handelt sich dabei um nicht weniger als die Grundlagen der Funktechnik, die in den Neunzigerjahren des 19. Jahrhunderts mit der drahtlosen Telegrafie begann und ohne die es heute weder Rundfunk noch schnurlose Telefone oder Handys gäbe.

Angebote aus Berlin, Gießen und sogar von Universitäten in den USA lehnte Gustav Hertz ab, aber 1889 folgte der Zweiunddreißigjährige einem Ruf an die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn und übernahm dort den Lehrstuhl für Physik.

Drei Jahre später verschlechterte sich sein Gesundheitszustand; er hatte ständig Schnupfen, litt unter Eiterungen am Kiefer und musste mehrmals operiert werden. (Möglicherweise litt er an der allerdings erst vier Jahrzehnte später entdeckten Wegnerschen Granulomatose.) Am 7. Dezember 1893 hielt er nochmals eine Vorlesung. Es war seine letzte: Heinrich Hertz verstarb am Neujahrstag des Jahres 1894 im Alter von 36 Jahren in seinem Haus in Bonn an einer Blutvergiftung.

Ihm zu Ehren wurde für die Einheit, in der die Frequenz von Schwingungen angegeben wird, die Bezeichnung »Hertz« eingeführt: 1 Hertz (abgekürzt: Hz) = 1 Schwingung pro Sekunde.

Literatur über Heinrich Hertz und die Funktechnik

  • Albrecht Fölsing: Heinrich Hertz. Eine Biographie (Hamburg 1997)
  • Wolfgang Schreier: Die Entstehung der Funktechnik (München 1996)

© Dieter Wunderlich 2006

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