Das Wunder von Mâcon

Das Wunder von Mâcon

Das Wunder von Mâcon

Das Wunder von Mâcon - Originaltitel: The Baby of Macon - Regie: Peter Greenaway - Drehbuch: Peter Greenaway - Kamera: Sacha Vierny - Darsteller: Julia Ormond, Ralph Fiennes, Jonathan Lacey, Philip Stone u.a. - 1993; 125 Minuten

Inhaltsangabe

1659 wird in Mâcon ein barockes Theaterstück aufgeführt. Eine hässliche alte Frau gebiert auf der Bühne einen schönen Knaben, dessen hübsche, 18 Jahre alte Schwester behauptet, er sei ihr Kind; sie habe ihn als Jungfrau empfangen. Das Mädchen, das sich von jetzt an "Maria" nennt, sperrt die Mutter ein und setzt sich mit dem Säugling zurecht, um dessen Segen zu möglichst hohen Preisen an Bittsteller zu verkaufen ...
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Kritik

"Das Wunder von Mâcon" ist ein monströser, von Sacha Vierny brillant fotografierter Bilderbogen über den Machtapparat der römisch-katholischen Kirche, das Zusammenspiel staatlicher und kirchlicher Machthaber, die Ausbeutung der Unschuld und die Manipulierbarkeit des Volkes.
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1659 wird in Mâcon zu Ehren des 17-jährigen Cosimo Medici (Jonathan Lacey) ein barockes Theaterstück aufgeführt. Eine hässliche alte Frau gebiert auf der Bühne einen schönen Knaben, dessen hübsche, 18 Jahre alte Schwester (Julia Ormond) behauptet, er sei ihr Kind; sie habe ihn als Jungfrau empfangen.

Das Mädchen, das sich von jetzt an „Maria“ nennt, sperrt die Mutter ein und setzt sich mit dem Säugling zurecht, um dessen Segen zu möglichst hohen Preisen an Bittsteller zu verkaufen. Es gibt reichlich Zulauf, weil die Felder der Bauern von Mâcon unfruchtbar sind und in der Gegend seit einem Jahrzehnt kein Kind mehr geboren wurde.

Der Sohn des Bischofs (Ralf Fiennes) glaubt nicht an das Wunder: Wenn das Mädchen die Mutter des Kindes sei, habe es gehurt und könne es nicht mehr unberührt sein. Um ihn vom Gegenteil zu überzeugen, verführt ihn das Mädchen in einem Stall – aber bevor es zur Entjungferung kommt, zerfleischt eine Kuh mit ihren Hörnern den jungen Mann.

Daraufhin veranlasst der Bischof (Philip Stone), dass man dem Mädchen den Knaben fortnimmt. Die Kirche vermarktet ihn jetzt selbst: seinen kondensierten Atem, seinen Speichel, seinen Urin, sein Blut und seine Tränen. Um den malträtierten Bruder von seinem entwürdigenden Los zu befreien, erstickt ihn das Mädchen mit einem Kissen.

Weil die Mörderin tatsächlich noch Jungfrau ist, darf sie nach geltendem Recht nicht hingerichtet werden. Aber der Bischof erteilt einer langen Reihe von Soldaten, die das Mädchen vergewaltigen wollen, im Voraus die Absolution. Die junge Schauspielerin hält es zunächst für einen schlechten Scherz, als der erste Soldat die Hose herunterlässt. Gellend schreit sie auf. Hunderte machen sich einer nach dem anderen über sie her, bis sie leblos aus dem Bett fällt.

Das Volk aber versammelt sich um den Leichnam des Wunderkindes, zieht ihn aus und zerstückelt ihn, um an Reliquien zu kommen.

Die Bühnenschauspieler verneigen sich. Die Kamera fährt nach hinten durch den Zuschauerraum, und das Publikum verneigt sich vor den Kinobesuchern.

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„Das Wunder von Mâcon“ ist ein monströser, von Sacha Vierny brillant fotografierter Bilderbogen über den Machtapparat der römisch-katholischen Kirche, das Zusammenspiel staatlicher und kirchlicher Machthaber, die Ausbeutung der Unschuld und die Manipulierbarkeit des Volkes. Der Regisseur des barocken Theaterstücks verkörpert den Filmregisseur Peter Greenaway, den allwissenden Zauberer, der – wie Prospero bzw. Shakespeare – die Fäden zieht, wobei die Grenzen zwischen Spiel und Realität verschwimmen.

Das Drehbuch des Films „Das Wunder von Mâcon“ ist in deutscher Übersetzung 1993 bei Rogner & Bernhard in Hamburg erschienen.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002

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In seinem Roman "Seilschaften" zeichnet György Dalos am Beispiel Ungarns ein pessimistisches Bild der osteuropäischen Staaten nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Regime: Die Pressefreiheit wird missbraucht, und in den Ämtern tummeln sich korrupte Geschäftemacher.
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