Trainspotting

Trainspotting

Trainspotting

Originaltitel: Trainspotting - Regie: Danny Boyle - Buch: John Hodge, nach dem Roman "Trainspotting" von Irvine Welsh - Kamera: Brian Tufano - Schnitt: Masahiro Hirakubo - Musik: Damon Albarn - Darsteller: Ewan McGregor, Ewen Bremner, Jonny Lee Miller, Robert Carlyle, Kelly Macdonald, Kevin McKidd, Peter Mullan, James Cosmo, Eileen Nicholas, Susan Vidler, Pauline Lynch, Shirley Henderson, Irvine Welsh, Stuart McQuarrie, Dale Winton u.a. - 1996; 90 Minuten

Inhaltsangabe

Mark Renton und die meisten seiner Kumpel in einer Edinburgher Vorstadtclique sind heroinsüchtig. Nachdem er es geschafft hat, von der Sucht loszukommen, versucht er sich in London als Immobilienmakler. Von seinen Freunden lässt er sich zu einem lukrativen Drogendeal überreden – und türmt schließlich mit der gesamten Beute ...
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Kritik

In seiner Verfilmung der Groteske "Trainspotting" von Irvine Welsh sorgt Danny Boyle trotz einiger schockierender oder Ekel erregender Szenen durch unkonventionelle Ideen und zynische Dialoge für Unterhaltung.
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Sag „ja“ zum Leben, sag „ja“ zum Job, sag „ja“ zur Karriere, sag „ja“ zur Familie. Sag „ja“ zu einem pervers großen Fernseher. Sag „ja“ zu Waschmaschinen, Autos, CD-Playern und elektrischen Dosenöffnern. Sag „ja“ zu Gesundheit, niedrigem Cholesterinspiegel und Zahnzusatzversicherung. Sag „ja“ zur Bausparkasse, sag „ja“ zur ersten Eigentumswohnung, sag „ja“ zu den richtigen Freunden. Sag „ja“ zur Freizeitkleidung mit passenden Koffern, „ja“ zum dreiteiligen Anzug auf Ratenzahlung in hunderten von scheiß Stoffen. Sag „ja“ zu Do-it-yourself und dazu, dass du am Sonntagmorgen nicht mehr weißt, wer du bist. Sag „ja“ dazu, auf deiner Couch zu hocken und dir Hirn lähmende Game Shows reinzuziehen und dich dabei mit scheiß Junkfraß vollzustopfen. Sag „ja“ dazu, am Schluss vor dich hin zu verwesen, dich in einer elenden Bruchbude vollzupissen und den missratenen Ego-Ratten von Kindern, die du gezeugt hast, damit sie dich ersetzen, nur noch peinlich zu sein. Sag „ja“ zur Zukunft, sag „ja“ zum Leben.
Aber warum sollte ich das machen? Ich habe zum Ja-Sagen „nein“ gesagt. Ich hab‘ zu ‚was anderem „ja“ gesagt. Und der Grund dafür? Es gibt keinen Grund dafür. Wer braucht Gründe, wenn man Heroin hat?

Diese Sätze spricht Mark Renton (Ewan McGregor) aus dem Off. Bei ihm und seinen Freunden Spud (Ewen Bremner) und Sick Boy (Jonny Lee Miller) handelt es sich um Heroinsüchtige in Edinburgh.

Wenn du an der Nadel hängst, hast du nur eine Sorge: Wo kriegst du Stoff her? Und wenn du davon runter bist, musst du dir plötzlich über allen möglichen Scheiß Gedanken machen: Hast du keine Kohle, kannst du dich nicht besaufen; hast du Kohle, säufst du zu viel. Hast du keine Braut, kannst du keine Nummer schieben; hast du ’ne Braut, gibt’s nur Stress. Du machst dir Sorgen, wie du dein Essen und deine Rechnungen bezahlst oder um deine Fußballmannschaft, die gerade mal wieder absteigt und um zwischenmenschliche Beziehungen und das ganze Zeug, das absolut keine Rolle spielt, wenn man ehrlich und aufrichtig an der Nadel hängt.

Zu der Clique gehören auch Allison (Susan Vidler) mit ihrem Säugling, der eines Tages plötzlich tot in seinem Kinderbett liegt, Tommy (Kevin McKidd) und seine Freundin Lizzy (Pauline Lynch), die sich beim Sex filmen und eines Abends die Videokassette vermissen (weil Renton sie mitgenommen hat), sowie der Aufschneider Frances Begbie (Robert Carlyle), der zwar keine Drogen nimmt, aber Bier säuft und beim geringsten Anlass zuschlägt und sein Messer zieht.

Den Stoff besorgen Renton, Spud und Sick Boy sich bei Swanney (Peter Mullan), aber die Trips machen sie nicht high, sondern nur dröge. Um Swanney bezahlen zu können, beklauen die Junkies senile Greise im Altenheim und stecken bei Arztbesuchen Rezeptblöcke ein. Als sie erwischt werden, muss Spud für sechs Monate ins Gefängnis, aber Renton, der gerade mit einer Therapie begonnen hatte, erhält vom Richter nur die Auflage, weiter regelmäßig am Methadonprogramm teilzunehmen.

Als Renton es zwischendurch nicht mehr aushält, lässt er sich von Swanney zwei Opiumzäpfchen geben. Davon bekommt er Durchfall. Also rennt er in die nächstbeste Kneipe und setzt sich auf das widerliche, völlig verdreckte Klo. Danach sucht er in der vollen Schüssel nach den Zäpfchen, steckt den Kopf hinein, verschwindet ganz in dem WC – und taucht im klaren Wasser eines Sees weiter, bis er die Zäpfchen findet.

Schließlich kann er sogar wieder in eine Disko gehen und lernt dabei Diane (Kelly Macdonald) kennen, die sich zuerst über seine Anmache lustig macht und ihn dann auffordert, zu ihr ins Taxi zu steigen. Am anderen Morgen stellt sich heraus, dass sie noch zur Schule geht.

Lang hält Renton es nicht ohne Drogen aus. Dann besorgt er sich bei Swanney einen Schuss. Weil er die Augen nicht mehr öffnet, schleift Swanney ihn auf die Straße, ruft ein Taxi und lässt ihn zur Notaufnahme einer Klinik bringen. Sobald Renton entlassen werden kann, holen seine Eltern (James Cosmo, Eileen Nicholas) ihn ab und sperren ihn zu Hause fürsorglich ein. Sie haben eigens einen schweren Riegel außen an seine Tür geschraubt. Er schreit vor Verzweiflung, sieht ein Baby über die Zimmerdecke krabbeln und befürchtet, verrückt zu werden.

Nach dem Entzug beginnt Renton als Angestellter eines Immobilienmaklerbüros in London zu arbeiten. Bald tauchen Begbie und Sick Boy bei ihm ein, und als aufkommt, dass er sie in einer leer stehenden Wohnung untergebracht hat, wird er fristlos entlassen.

Tommy ist inzwischen an Aids gestorben.

Für 4000 Pfund könnte Sick Boy zwei Kilogramm Heroin besorgen, von Mikey Forrester (Irvine Welsh), einem Kumpel Swanneys, der es in einer Hafenkneipe zwei russischen Matrosen abgekauft hatte, am nächsten Morgen erschrak und es nun so schnell wie möglich wieder loskriegen möchte. Da Sick Boy und Begbie zusammen nur über 2000 Pfund verfügen, soll Renton den Rest beisteuern. Nach längerem Zögern lässt er sich dazu überreden. Für 16 000 Pfund können sie den Stoff einem Dealer weiterverkaufen. Als sie danach in einer Kneipe feiern, fängt Begbie wieder eine wüste Schlägerei an.

Begbie hält zwar die Reisetasche mit dem Geld auch beim Schlafen im Arm, aber Renton gelingt es, sie ihm abzunehmen, ohne ihn aufzuwecken. Nur Spud merkt es, aber er bleibt still liegen, und als Renton ihn mit einer Geste zum Mitkommen auffordert, schüttelt er nur kurz den Kopf.

Aber machen wir uns nichts vor: Ich habe meine sogenannten Freunde übel abgezockt.
Also, warum habe ich es gemacht? Ich hätte eine Million Antworten parat. Alle falsch! Die Wahrheit ist, dass ich ’n schlechter Mensch bin. Das wird sich ändern. Ich werde mich ändern. Es war das letzte Mal, dass ich so ‚was gemacht habe. Ich mach‘ reinen Tisch, ’nen neuen Anfang, werd‘ anständig. Ich freu‘ mich schon drauf. Bald bin ich genau so wie ihr! Job, Familie, pervers großer Fernseher, Waschmaschine, Auto, CD und elektrischer Dosenöffner …

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John Hodge verwendete etwa die Hälfte der Episoden des Kultromans „Trainspotting“ (1993) von Irvine Welsh (*1958), um daraus einen zwar immer noch etwas episodenhaften, aber durchgängigen und packenden Plot zu machen. „Trainspotter“ nennt man Menschen, deren Hobby es ist, Zugnummern aufzuschreiben. Eine durch und durch sinnlose Tätigkeit! (Auf der Tapete in Rentons Zimmer sind tausende von Lokomotiven abgebildet.) – „Trainspotting“ handelt von der Drogensucht, aber Danny Boyle moralisiert nicht, stilisiert die Junkies nicht zu Opfern und identifiziert sich auch nicht mit ihnen, obwohl die Geschichte aus der subjektiven Sicht eines Betroffenen – Mark Renton – erzählt wird.

Die Groteske ist schockierend, Ekel erregend, zynisch – und ausgesprochen unterhaltsam. Der Witz liegt in den Bildern und vor allem in den schrägen Dialogen. Durch den schwarzen Humor werden auch Szenen gebrochen, die den Zuschauer erschüttern oder ihm den Magen umdrehen müssten. Sehenswert ist „Trainspotting“ wegen der originellen Einfälle, einiger Szenen, die der Fantasie eines Junkies entsprungen sein könnten sowie der unkonventionellen Kameraführung und Ausleuchtung. Kritisieren könnte man, dass Danny Boyle die Drogenproblematik verharmlost.

Außer der Filmmusik von Damon Albarn sind in „Trainspotting“ Ausschnitte folgender Werke zu hören:

  • Johann Sebastian Bach: „Herzlich tut mich verlangen“
  • Georges Bizet: Carmen Suite Nr. 2
  • David Bowie: „Lust For Life“
  • Brian Eno: „Deep Blue Day“
  • Iggy Pop und David Bowie: „Nightclubbing“
  • Deborah Harry: „Atomic“
  • Lou Reed: „Perfect Day“
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Inhaltsangabe und Kommentar: © Dieter Wunderlich 2005

Drogenmissbrauch, Drogensucht

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Karin Deckenbach - Jutta Limbach
Karin Deckenbach versucht in dieser Biografie nicht, ein Porträt oder gar eine Charakterstudie der Person Jutta Limbach zu vermitteln, sondern sie beschäftigt sich fast ausschließlich mit der außergewöhnlichen Karriere dieser Frau und skizziert dazu auch die zeitgeschichtlichen Schlüsselereignisse.
Jutta Limbach