Mörder ohne Gesicht

Mörder ohne Gesicht

Mörder ohne Gesicht

Mörder ohne Gesicht - Originaltitel: Mördare utan ansikte - Regie: Pelle Berglund - Drehbuch: Lars Börkman, nach dem Roman "Mörder ohne Gesicht" von Henning Mankell - Kamera: Tony Forsberg - Schnitt: Leif Kristiansson - Musik: Thomas Lindahl - Darsteller: Rolf Laasgård (Rolf Lassgard), Sven Wollter, Ake Jörnfalk, Rolf Lydahl, Anders Weick, Jan Sigurd, Frederic Täckström, Joakim Narin, Catta Palsson, Gunnel Nilsson-Göransson, Ernst Günther, Cecilia Zwick-Nash, Nina Gunke u.a. - 1995; 210 Minuten

Inhaltsangabe

Auf einem einsamen Bauernhof in Südschweden wird ein altes Ehepaar überfallen. Die Gerichtsmediziner können nicht mehr feststellen, an was Johannes Lövgren gestorben ist, weil die Leiche so viele verschiedene Verletzungen aufweist. Maria Lövgren stirbt im Krankenhaus. Ihre letzten Worte waren: "Johannes. Ausländer." Was wollte sie damit sagen?

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Kritik

Vordergründig geht es bei der Verfilmung von Henning Mankell's Bestseller "Mörder ohne Gesicht" um die Aufklärung von Mordfällen, aber dabei wird der Protagonist weitaus differenzierter porträtiert als dies in Kriminalromanen üblich ist, und zugleich werden Eigenschaften der schwedischen Gesellschaft kritisch dargestellt.
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Auf einem zu Lenarp, einem kleinen südschwedischen Dorf, gehörenden einsamen Bauernhof wird ein altes Ehepaar überfallen. Die Gerichtsmediziner können nicht mehr feststellen, an was Johannes Lövgren gestorben ist, weil die Leiche so viele verschiedene Verletzungen aufweist: acht Stichwunden von einem gezackten Gegenstand, Brandwunden, Knochenbrüche, Schwellungen. Maria Lövgren (Klara Rojås) stirbt im Krankenhaus. Ihre letzten Worte waren: „Johannes. Ausländer.“ Was wollte sie damit sagen?

Kommissar Kurt Wallander (Rolf Laasgård) in Ystadt leitet die polizeilichen Ermittlungen. Gestohlen wurde offenbar nichts. Die Spuren deuten auf zwei Täter hin. Eine am Hals von Maria Lövgren gefundene Schlinge weist einen unüblichen Knoten auf, von dem ein Experte meint: „Argentinische Seeleute verwenden diesen Knoten für die Hunde.“ Merkwürdig ist, dass die Polizei bei ihrem Eintreffen am Tatort noch einen frischen Heuhaufen im Pferdestall findet: Jemand muss das Pferd kurz zuvor noch gefüttert haben, doch Lövgrens Nachbar Nyström (Gunnar Öhlund), der das überfallene Paar entdeckt hatte, war es nicht.

In Lövgrens Bankschließfach findet Wallander nichts Auffallendes. Johannes Lövgren sei schon seit Jahren nicht mehr an seinem Schließfach gewesen, versichert der Bankangestellte. Lövgren hatte vier Konten bei der Bank. Zwei sind so gut wie leer. Auf einem Konto liegen 92.000 Kronen. Das vierte weist ein Guthaben von einer Million Kronen auf. Davon hob Johannes Lövgren jedes halbe Jahr einen Betrag ab, zuletzt 67.000 Kronen kurz vor seiner Ermordung. Die Bankangestellte erinnert sich, dass er es in eine braune Aktentasche steckte.

Der brutale Doppelmord beunruhigt die Bevölkerung. Besonders die alten Menschen fühlen sich nicht mehr sicher. Offenbar durch eine undichte Stelle bei der Polizei erfährt ein Journalist, dass nach zwei Ausländern gefahndet wird. Das gibt den Rassisten Auftrieb. Ein anonymer Anrufer bedroht Kurt Wallander: „Sie haben drei Tage Zeit, die Mörder zu finden. Dann übernehmen wir das.“ Unbekannte bewerfen ihn auf der Straße mit Rüben.

Zufällig kommt Wallander gerade am Asylantenheim vorbei, als es in Flammen aufgeht. Kurz darauf wird in dem Heim ein somalischer Flüchtling erschossen, der neun Kinder hinterlässt. Bei einer Zeitung ruft jemand an und behauptet: „Wir haben den Mord gerächt.“ Die Stimme des Unbekannten erkennt Wallander als die des anonymen Anrufers wieder, der ihm das Ultimatum gestellt hatte.

Unvermittelt entdeckt Wallander seine in Malmö bei seiner geschiedenen Frau lebende Tochter Linda (Cecilia Zwick-Nash) in Ystadt. Irritiert stellt er fest, dass sie ihn nicht besuchen wollte. Dabei muss er daran denken, dass er wegen seiner beruflichen Belastung seinen einsamen Vater (Ernst Günther) vernachlässigt. Sofort besucht er den alten Mann. Der beschwert sich prompt über die seltenen Besuche seines Sohnes und erzählt ihm, dass Linda in der letzten Zeit zweimal bei ihm war, einmal in Begleitung eines Schwarzen.

Unter dem Vorwand, mit ihr über Linda reden zu wollen, verabredet Kurt Wallander sich mit seiner geschiedenen Frau Mona (Cecilia Walton) in einem Restaurant in Malmö. Er bittet sie, wieder zu ihm zurückzukommen, aber sie lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass die Trennung endgültig ist. In seiner Sehnsucht nach Zuneigung verliebt Wallander sich daraufhin in die neue Staatsanwältin Anette Brolin (Nina Gunke), aber nachdem er sie bei einem Grillabend zu küssen versucht hat, beschränkt sie den Umgang mit ihm auf eine rein dienstliche Beziehung. Im Lauf der weiteren Ermittlungen kommen sich dagegen Wallander und Eva Strandberg (Carina Lidborn), die neue Leiterin des Asylheims, langsam näher.

Wallanders Vater wird gesehen, wie er im Rollstuhl und mit einem Koffer auf dem Schoß herumirrt. Sofort sucht Wallander nach ihm und bringt den verstörten Mann ins Krankenhaus.

Im Zusammenhang mit dem Mord an dem Somalier sagt eine Rumänin aus, sie habe einen Verdächtigen gesehen, der einen Apfel aß. Eine andere Frau will einen Citroën gehört haben. Tatsächlich wird am Tatort ein Apfelkern gefunden. Und ein ehemaliger Polizeibeamter in Malmö namens Bergman meldet den Diebstahl seines Citroën.

Bei der Beerdigung des ermordeten Ehepaars taucht Maria Lövgrens lediger Bruder auf, der zwar nach dem Mord in der Scheune seiner toten Verwandten gesehen worden war, jedoch über ein Alibi verfügt. „Ich dachte, dass ich irgendwo das deutsche Geld finden könnte“, sagt er bei der polizeilichen Befragung. Johannes Lövgren hatte zusammen mit seinem Vater im Krieg viel Geld auf dem Schwarzmarkt verdient. Seine Frau wusste davon ebenso wenig wie von seiner Geliebten in Kristianstad, die 1959 einen unehelichen Sohn geboren hatte. Wallander lässt ermitteln, dass 1959 in Kristianstad fünf Jungen ohne offizielle Angabe eines Vaters geboren worden waren. Nur einer von ihnen, Niels Sandberg, sieht auf den ersten Blick verdächtig aus, weil er in einem verwahrlosten Haus einen Reizwäscheversand betreibt und ein Bündel mit dreiundzwanzig 1000-Kronen-Scheinen versteckt hat. Da er jedoch nicht wusste, dass Johannes Lövgren sein Vater war, ist kaum anzunehmen, dass er das alte Ehepaar ermordete.

Wallander lässt sich von einer Ahnung leiten und observiert den ehemaligen Polizisten Bergman in Malmö, der seinen Wagen als gestohlen gemeldet hatte. Mitten in der Nacht fährt Bergman zu Wilfried Ström, von dem inzwischen aufgrund einer nach den Angaben der rumänischen Zeugin angefertigten Phantomzeichnung angenommen wird, dass er an der Ermordung des somalischen Asylbewerbers beteiligt war. Von einem Gerüst aus beobachtet Wallander, wie Bergman seine Schrotflinte gegen eine von Ström austauscht. Am nächsten Morgen wollen Wallander und drei Kollegen Ström verhaften, doch es gelingt ihm zu fliehen. Bei der Verfolgungsjagd verliert er die Kontrolle über seinen gestohlenen Wagen und kommt ums Leben. Bergman wird verhaftet, verweigert aber jede Aussage. Seinen angeblich gestohlenen Citroën findet die Polizei in einem Lager Ströms.

In einem Indizienprozess wird Bergman wegen Beihilfe zum Mord an dem Flüchtling verurteilt. Er und Ström gehörten einer rechtsradikalen Organisation an.

Wer aber hat Maria und Johannes Lövgren ermordet?

Durch Zufall erfährt Kurt Wallander, dass sich seine Tochter verlobt hat. Einige Zeit später taucht sie bei ihm auf und stellt ihm ihren Verlobten Jomo vor. Es handelt sich um einen Kenianer, der in Lund Medizin studiert. Wallander dachte immer, frei von rassistischen Vorurteilen zu sein, doch bei dem Gedanken, seine Tochter könne einen Schwarzen heiraten und mit ihm nach Afrika ziehen, zuckt er doch zusammen.

Um bei seinen Ermittlungen weiterzukommen, sucht Wallander die Kassiererin Britta-Lena Bodén (Carina Lidborn) auf, die Johannes Lövgren kurz vor dem Mord die 67 000 Kronen ausbezahlt hatte. Er findet sie an einem FKK-Strand und bittet sie, mit zur Bank zu kommen, um mit Hilfe von Beamten die damaligen Vorgänge zu simulieren. Es stellt sich heraus, dass hinter Lövgren zwei Männer anstanden, die Dollars wechseln wollten. Ausländer?

Aus der Zeitung erfährt Wallander von einem versuchten Raubmord an einem alten Ehepaar in Lund, der durch die unerwartete Rückkehr des betrunkenen Sohnes vereitelt wurde. Unvermittelt ruft die Kassiererin aus der Bank an: „Die beiden sind hier!“ Als Wallander und seine Kollegen eintreffen, sind die beiden mutmaßlichen Mörder bereits fort, aber eine Überwachungskamera hat sie aufgenommen. Kurt Wallander und ein Kollege finden und überwältigen sie auf einem Jahrmarkt in Kivik.

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Bei dem zweiteiligen Fernsehfilm handelt es sich um die Adaption des Kriminalromans „Mörder ohne Gesicht“ von Henning Mankell aus dem Jahr 1991, die etwas darunter leidet, dass Pelle Berglund und Lars Börkman zu viele Nebenhandlungen aus dem Roman übernommen haben.

Der Bestseller „Mörder ohne Gesicht“ machte den schwedischen Schriftsteller über Nacht berühmt. Damit begann Henning Mankell eine Buchreihe, deren Protagonist der schwedische Kommissar Kurt Wallander ist:

  • Mördare utan ansikte (1991; Mörder ohne Gesicht, 2001)
  • Hundarna i Riga (1992; Hunde von Riga, 2000)
  • Den vita lejonninan (1993; Die weiße Löwin 1998)
  • Mannen som log (1994; Der Mann, der lächelte, 2001)
  • Villospår (1995; Die falsche Fährte, 1999)
  • Den femte kvinnan (1996; Die fünfte Frau, 1998)
  • Steget efter (1997; Mittsommermord, 2000)
  • Brandvägg (1998; Die Brandmauer, 2001)
  • Den orolige mannen (2009; Der Feind im Schatten, 2010)
  • Handen (2013; Mord im Herbst, 2013)

Mit den Erzählungen in dem 1999 veröffentlichten Band „Wallanders erster Fall“ lieferte Henning Mankell die Vorgeschichte der Hauptfigur nach. Im Jahr 2002 knüpfte er mit dem Kriminalroman „Vor dem Frost“ an die erfolgreiche Reihe an, wies Kurt Wallander jedoch nur eine Nebenrolle zu und führte dessen Tochter Linda als Hauptfigur ein.

Vordergründig geht es um die Aufklärung von Mordfällen, aber dabei wird der Protagonist weitaus differenzierter porträtiert als dies in Kriminalromanen üblich ist. Einsam, liebesbedürftig, von Zweifeln geplagt, stürzt er sich immer wieder in die Arbeit, um nicht ins Grübeln zu verfallen. Zugleich hält Mankell der schwedischen Gesellschaft kritisch den Spiegel vor.

Weitere Verfilmungen von Henning Mankells Werken mit Rolf Lassgård (*1955) in der Rolle des Kommissars Kurt Wallander:

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2003 – 2007

Henning Mankell (Kurzbiografie)

Pelle Berglund: Hunde von Riga
Pelle Berglund: Die weiße Löwin

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