Der menschliche Makel

Der menschliche Makel

Der menschliche Makel

Der menschliche Makel - Originaltitel: The Human Stain - Regie: Robert Benton - Drehbuch: Nicholas Meyer, nach dem Roman "Der menschliche Makel" von Philip Roth - Kamera: Jean Yves Escoffier - Schnitt: Christopher Tellefsen - Musik: Rachel Portman - Darsteller: Anthony Hopkins, Nicole Kidman, Gary Sinise, Ed Harris, Wentworth Miller, Jacinda Barrett, Anna Deavere Smith, Harry Lennix, Clarg Cregg u.a. - 2003; 105 Minuten

Inhaltsangabe

Der siebzigjährige Literaturprofessor Coleman Silk wird Opfer einer heuchlerischen Hexenjagd. Niemand ahnt, wie absurd der Vorwurf ist, er habe sich rassistisch gegen Schwarze geäußert, denn der Mann, den alle für einen Juden halten, ist in Wirklichkeit ein besonders hellhäutiger Afroamerikaner ...

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Kritik

Robert Benton beginnt mit dem Tod des Protagonisten und seiner jungen Geliebten; dann erzählt er die unmittelbare Vorgeschichte davon, und in Rückblenden zeigt er Szenen aus Coleman Silks Jugend. Dabei hält er sich eng an die Romanvorlage "Der menschliche Makel".
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Im Sommer 1998 beherrschen unappetitliche Einzelheiten über die Affäre des US-Präsidenten Bill Clinton mit der Praktikantin Monica Lewinsky den Small Talk der Studenten am Athena College in Massachusetts.

Einer der Professoren – Coleman Silk (Anthony Hopkins; als Jugendlicher: Wentworth Miller) – war vor zwei Jahren in das Zwei-Zimmer-Häuschen gestürmt, in das sich der Schriftsteller Nathan Zuckerman (Gary Sinise) nach einer Prostata-Operation zurückgezogen hatte. Am Tag zuvor war Colemans Ehefrau Iris gestorben – an den Aufregungen aufgrund der ungerechtfertigten Rassismusvorwürfe gegen ihn, behauptete der Witwer, und bat den Schriftsteller, ein Buch über den Fall zu schreiben, ihn darin zu rehabilitieren und die Mörder seiner Frau anzuprangern. Weil der Schriftsteller sich dazu nicht in der Lage sah, begann Coleman Silk selbst zu schreiben.

Silk war jahrzehntelang Professor für klassische Literatur und Dekan am Athena College, wo er dafür gesorgt hatte, dass die träge gewordene Elite durch junge Idealisten ersetzt worden war. Nachdem der Siebzigjährige 1996 in den ersten sechs Wochen des neuen Semesters zwei für eines seiner Seminare angemeldete Teilnehmerinnen nicht zu Gesicht bekommen hatte, fragte er die Anwesenden: „Kennt jemand diese Leute? Hat sie schon mal jemand im College gesehen, oder sind es dunkle Gestalten, die das Seminarlicht scheuen?“ Er konnte nicht ahnen, dass es sich zum zwei Afroamerikanerinnen handelte. Eine von ihnen beschwerte sich bei der ehrgeizigen Professorin Delphine Roux. Obwohl Coleman Silk beteuerte, er habe die Hautfarbe der Studentinnen gar nicht gekannt, warf man ihm Rassismus vor. Zornig über die Ungerechtigkeit kündigte Coleman auf der Stelle. Iris, seine vierundsechzigjährige Frau, regte sich darüber so auf, dass sie einen Herzanfall erlitt und starb. So jedenfalls sah es Coleman Silk.

Sie starb, ohne zu ahnen, wie absurd der Rassismus-Vorwurf war, denn in den mehr als vierzig Ehejahren hatte Coleman Silk seiner Frau verheimlicht, dass er kein Weißer, kein Jude, sondern ein besonders hellhäutiger Schwarzer ist. Sein Vater besaß einen Optikerladen in East Orange und arbeitete nach seinem Bankrott als Speisewagenkellner, bis er eines Tages beim Servieren tot umfiel. Colman Brutus Silk hat einen älteren Bruder, Walter Anthony, und eine Schwester namens Ernestine Calpurnia (Lizan Mitchell). 1944, im Alter von achtzehn Jahren (Wentworth Miller), absolvierte er die East Orange Highschool als Jahrgangsbester. In seiner Jugend trat er erfolgreich als Boxer auf. Dann kam er auf die Idee, sich als Weißer bei der Navy zu bewerben, und es funktionierte. 1946, nach der Entlassung aus der Armee, begann er seine Hochschulkarriere. Zwei Jahre später verliebte er sich in die achtzehnjährige Studentin Steena Palsson (Jacinda Barrett), die aus einer dänischen und einer isländischen Familie stammte. Erst als er sie seiner Mutter (Anna Deavere Smith) vorstellte, merkte sie, dass er ein Schwarzer war und trennte sich von ihm. Auch Iris Gittelman (Mili Avital) gegenüber gab er sich als Jude aus. Bevor er sie heiratete, suchte er seine Mutter auf und machte ihr klar, dass er seine Familie verleugnen werde, um nicht zum Opfer der Vorurteile gegen Afroamerikaner zu werden. Die Witwe warnte ihn, er werde bei jeder Schwangerschaft seiner Frau befürchten müssen, dass sein Geheimnis durch die Hautfarbe der Kinder aufgedeckt werden könnte.

Zwei Jahre lang schrieb Coleman Silk an dem Buch über den Tod seiner Frau. Im Sommer 1998 gibt er es auf. Er erzählt seinem neuen Freund Nathan Zuckerman, er nehme Viagra und habe eine Geliebte, halb so alt wie er: vierunddreißig. Sie heißt Faunia (Nicole Kidman).

Faunia wuchs in einer großbürgerlichen Familie in Boston auf. Als sie fünf Jahre alt war, ertappte der Vater die Mutter bei einem Seitensprung und ließ sich scheiden. Faunias Mutter heiratete ein zweites Mal. Der Stiefvater betatschte das Mädchen und versuchte es zu vergewaltigen, aber die Mutter glaubte die Anschuldigungen ihrer Tochter nicht. Mit vierzehn lief Faunia von zu Hause fort. Sechs Jahre später heiratete sie den dreiundzwanzig Jahre alten Vietnamveteranen Lester Farley (Ed Harris). Der war psychisch gestört aus dem Krieg zurückgekommen. Faunia verließ ihn schließlich mit den beiden Kindern. Kurz darauf erstickten die beiden bei einem Unfall: In ihrem Zimmer war eine Heizsonne umgefallen und hatte Feuer gefangen. Die Ehe wurde inzwischen geschieden. Faunia wohnt mietfrei auf einer von zwei Lesben bewirtschafteten Milchfarm und melkt als Gegenleistung die Kühe. Ihren Lebensunterhalt verdient sie als Putzfrau im Postamt und im Athena College.

Lester Farley schleicht mehrmals um Colemans Haus herum, während Faunia dort ist. Einmal muss sie die Polizei rufen, um ihn zu vertreiben.

Als Delphine Roux von Coleman Silks Verhältnis erfährt, glaubt sie es kaum: Er wird in diesem Jahr zweiundsiebzig und kann es noch immer nicht lassen! Und dabei missbraucht er auch noch eine unterprivilegierte Frau! Sie schreibt ihm einen anonymen Brief: „Jeder weiß, dass Sie eine misshandelte, analphabetische Frau, die halb so alt ist wie Sie, sexuell ausbeuten.“ Coleman Silk durchschaut sofort, von dem der Brief stammt, und er beauftragt seinen Anwalt Nelson Primus, Delphine Roux eine Abmahnung zu schicken und gegen Lester Farley eine gerichtliche Anordnung zu erwirken, die es ihm verbietet, sich seiner Exfrau nochmals zu nähern. Der Anwalt rät ihm jedoch, die Sache auf sich beruhen zu lassen.

Gerüchte verbreiten sich, denen zufolge Faunia sich nach einer Abtreibung das Leben zu nehmen versuchte.

Als Coleman seine Geliebte wieder einmal auf der verschneiten Bergstraße nach Hause fährt, lauert Lester Farley mit seinem Pick-up auf sie. Sobald er Colemans Auto kommen sieht, lässt er den Motor an, blendet die Scheinwerfer auf und fährt ihnen auf der linken Straßenseite entgegen. Coleman versucht auszuweichen und rast dabei in den Abgrund. Lester Farley fährt weiter, als sei nichts geschehen.

Das Wrack mit den Leichen von Coleman und Faunia wird am anderen Morgen gefunden. Offenbar sei Coleman Silk zu schnell gefahren und habe in einer Kurve die Kontrolle über den Wagen verloren, heißt es.

Nathan Zuckerman, der beschlossen hat, ein Buch über Coleman Silk zu schreiben, bemerkt bald darauf während einer Autofahrt Lester Farleys geparkten Pick-up. Er hält an, steigt aus, entdeckt den Mann mitten auf einem zugefrorenen See und geht hin. Farley hat einige Löcher in das Eis gebohrt, um zu angeln. Farley glaubt zu wissen, dass Zuckerman ihn für den Mörder von Faunia und Coleman hält, und der Schriftsteller, der sich durchschaut fühlt, fürchtet plötzlich, mit dem scharfen Eisbohrer getötet zu werden.

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Obwohl der Roman „Der menschliche Makel“ von Philip Roth wegen seiner Komplexität und der Reflexionen für unverfilmbar galt, wagte Robert Benton den Versuch, die literarische Vorlage in einen Kinofilm umzusetzen. Wenn ich das Buch nicht gelesen hätte, wäre ich von dem Film „Der menschliche Makel“ begeistert gewesen: Es ist gewiss ein großartiger Film mit hervorragenden Schauspielern wie Gary Sinise, Ed Harris, Jacina Barrett und allen voran Nicole Kidman und Anthony Hopkins. Doch an den kunstvoll verzweigten, vielschichtigen und nachdenklichen Roman von Philip Roth kommt Robert Bentons Adaptation dann doch nicht ganz heran. Außerdem ist es nicht so einfach, sich den Waliser Sir Anthony als hellhäutigen Schwarzen vorzustellen und ihm seine sexuelle Obsession abzunehmen.

Robert Benton beginnt mit dem Tod des Protagonisten und seiner jungen Geliebten; dann erzählt er die unmittelbare Vorgeschichte davon, und in Rückblenden zeigt er Szenen aus Coleman Silks Jugend. Dabei hält er sich eng an die Romanvorlage und versucht nicht, sie mit stilistischen oder dramatischen Effekten aufzupeppen. Das ist wohltuend, denn die Geschichte ist kraftvoll genug.

Es geht in „Der menschliche Makel“ um das Verlangen nach persönlicher Freiheit, einer Freiheit auch von der eigenen Vergangenheit. Bei Nathan Zuckerman ist es die Krebserkrankung, bei Lester Farley der Vietnamkrieg, bei Coleman Silk die Abstammung, und bei Faunia sind es das Trauma der Vergewaltigung sowie der Tod ihrer Kinder.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2004

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