Zeit der Fische

Zeit der Fische

Zeit der Fische

Originaltitel: Zeit der Fische – Regie: Heiko Aufdermauer – Drehbuch: Dirk Laucke – Kamera: Gregor Schönfelder – Schnitt: Christian Griebel – Musik: Matthias Petsche – Darsteller: Janusz Kocaj, Kim Schnitzer, Christian Blümel, Steffi Kühnert, Joachim Lätsch, Manfred Möck, Marie Gruber, Klaus Rätsch u.a. – 2007; 85 Minuten

Inhaltsangabe

Robert ist 19 und hat gerade sein Abitur gemacht. Mit seiner geschiedenen Mutter Anna wohnt er in einem Plattenbau in Halle-Neustadt. Vergeblich versucht Anna, ihm einen Job zu verschaffen. Robert hat keine Lust, wie die anderen Spießer zu arbeiten. Als er sich in Jana verliebt, träumt er davon, mit ihr gemeinsam fortzugehen. Aber Janas Bruder Clemens will sie nicht verlieren, und das in einem abbruchreifen Gebäude hausende Geschwisterpaar wird von der Polizei gesucht ...
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Kritik

"Zeit der Fische" ist ein sprödes, realistisches, hoffnungsloses und zugleich poetisch stilisiertes Jugenddrama. Eine Kameraführung mit langen Einstellungen und der Verzicht auf jede Art von Effekthascherei verstärken die Tristesse.
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Robert (Janusz Kocaj) ist neunzehn Jahre alt und hat gerade sein Abitur gemacht. Mit seiner geschiedenen Mutter Anna (Steffi Kühnert) wohnt er in einem Plattenbau in Halle-Neustadt. Das Leben in der Siedlung ödet ihn an. Anna versucht alles, um ihrem arbeitslosen Sohn einen Arbeits- bzw. Ausbildungsplatz zu verschaffen, und es gelingt ihr, den Gebrauchtwagenhändler Kühne (Manfred Möck) zu überreden, Robert eine Chance zu geben. Damit Robert ordentlich aussieht, leiht Kühne ihm sogar den Konfirmationsanzug seines eigenen Sohnes. Als das Ehepaar Pockrandt (Marie Gruber, Klaus Rätsch) einen Kaufvertrag unterschreiben wollen, erklärt Robert ihnen, sie würden bei dem Geschäft übervorteilt. Daraufhin wirft Kühne ihn hinaus. Robert hat ohnehin keine Lust, wie die anderen Spießer zu arbeiten. Stattdessen träumt er davon, Punk-Sänger zu werden. Seiner Mutter bleibt nichts anderes übrig, als selbst einen Job als Bedienung in einer Baracke anzunehmen, die sich „Havanna“-Bar nennt.

In der aufgegebenen Bücherei des Viertels, die abgerissen werden soll, begegnet Robert einer Gleichaltrigen. Sie will nichts von ihm wissen, aber als er sie wiedersieht, lädt er sie zu einem Konzert von Musikern aus der Umgebung im „Steg“ ein, bei dem er auch einen Auftritt haben wird. Jana (Kim Schnitzer) – so heißt sie – kommt tatsächlich mit ihrem ein Jahr älteren Bruder Clemens (Christian Blümel). Als Hannes und Matze (Jakob Bieber, Michael Wiesner) Jana anpöbeln, verteidigt Clemens sie – und wird verprügelt. Da Jana und Clemens in einem abbruchreifen Kindergarten hausen, in dem der Wasseranschluss längst abgestellt wurde, nimmt Robert sie mit nach Hause und lässt sie zusammen ein Bad nehmen.

Statt dem Helfer dankbar zu sein, steckt Clemens dessen Walkman ein und stiehlt außerdem das Haushaltsgeld der Mutter aus einer Schublade.

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Als Anna das Fehlen des Geldes bemerkt, verdächtigt sie ihren Sohn, es genommen zu haben. Der sucht nach den Geschwistern und verlangt es zurück. Clemens leugnet zunächst, mehr als den Walkman gestohlen zu haben, aber seine Schwester bringt ihn dazu, Robert den noch nicht ausgegebenen Rest des Geldes zu geben.

Robert und Jana kommen sich näher. Sie vertraut ihm an, dass sie von der Polizei gesucht werden, weil sie von zu Hause fortliefen, nachdem Clemens den Vater bei einem Streit krankenhausreif geschlagen hatte. Ihr Bruder, der früher drogenabhängig gewesen sei, habe es nicht mehr ertragen, dass der Vater ihn ständig als Versager beschimpfte. Deshalb sei er gegen ihn losgegangen.

Eifersüchtig beobachtet Clemens die sich anbahnende Liebesbeziehung zwischen Jana und Robert. Er will seine Schwester nicht verlieren, den sie ist der einzige Mensch, dem er vertraut. Anna ist ebenfalls alarmiert, denn sie ist überzeugt, dass Jana einen schlechten Einfluss auf ihren Sohn ausübt.

Während Jana und Robert in einer als Abstellkammer genutzten Garage zum ersten Mal Sex miteinander haben, wird Clemens von Hannes und Matze verfolgt und in dem leer stehenden Kindergarten zusammengeschlagen.

Nach einem Streit mit seiner Mutter nimmt Robert das Haushaltsgeld, das er kürzlich in die Schublade zurücklegte und verlässt die Wohnung in der Absicht, mit Jana anderswo einen Neuanfang zu versuchen. Clemens sieht ein, dass er seiner Schwester nicht im Weg stehen darf. Er beschließt, sich zu stellen und fährt mit einem von Robert gestohlenen Motorrad los. Inzwischen rief Anna die Polizei, und Jana wird von zwei Streifenbeamten festgenommen.

Verzweifelt schüttet Robert Benzin in dem Abstellraum aus und läuft fort. Mit Kreide schreibt er den Namen Jana auf eine mehrspurige Ausfallstraße, legt sich auf den Boden – und verursacht einen Verkehrsstau.

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In „Zeit der Fische“ thematisieren Dirk Laucke (Drehbuch) und Heiko Aufdermauer (Regie) die „Neue Armut“. Vor dem Hintergrund von Arbeitslosigkeit und sozialer Kälte erzählen sie eine zarte Liebesgeschichte von zwei Neunzehnjährigen, die versuchen, sich aus ihren jeweiligen Abhängigkeiten zu befreien und nicht bereit sind, die Erwartungen der Gesellschaft zu erfüllen. Eine zurückhaltende Kameraführung mit langen Einstellungen und der Verzicht auf jede Art von Effekthascherei verstärken die Tristesse. „Zeit der Fische“ ist ein sprödes, realistisches, hoffnungsloses und zugleich poetisch stilisiertes Jugenddrama.

Der Titel „Zeit der Fische“ geht möglicherweise auf den 1937 veröffentlichten Roman „Jugend ohne Gott“ von Ödön von Horváth zurück, in dem ein Altphilologe mit dem Spitznamen Julius Cäsar vom „Zeitalter der Fische“ spricht. Damit meint er das „Dritte Reich“. Er prangert an, dass Kinder und Jugendliche unter dem NS-Regime zu unkritischen Mitläufern erzogen werden, die wie die Fische in einem Schwarm mit den anderen mitschwimmen.

Heiko Aufdermauer (* 1976) studierte Theaterwissenschaften an der Humboldt-Universität in Berlin und Regie an der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ in Potsdam-Babelsberg. Bei „Zeit der Fische“ handelt es sich um seinen Debütfilm.

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Inhaltsangabe und Filmkritik: © Dieter Wunderlich 2009

Dorothy Baker - Zwei Schwestern
"Zwei Schwestern" ist ein mit­reißen­der, meisterhaft komponierter Roman. Dorothy Baker lässt die beiden Hauptfiguren abwechselnd in der Ich-Form zu Wort kommen und verzichtet auf objektive Erläute­run­gen. Das psychische Drama erschließt sich aus Dialogen und inneren Monologen.
Zwei Schwestern