Samenbank für Genies


Der amerikanische Unternehmer Robert Klark Graham (1906 – 1997) wurde durch die Erfindung und Vermarktung bruchfester Brillengläser reich. Er wollte verhindern, dass sich durch den Sozialstaat geförderte Träger minderwertigen Genmaterials stärker vermehren als die geistige Elite. In den Sechzigerjahren fing er deshalb mit dem Genetiker und Nobelpreisträger Hermann Joseph Muller (1980 – 1967) zusammen an, die Gründung einer Samenbank vorzubereiten, die nur Genies als Spender akzeptieren würde.

In einem Bunkerlabor bei San Diego richtete Robert Klark Graham schließlich „The Repository for Germinal Choice“ ein. Am 29. Februar 1980 machte ein Zeitungsartikel die Nobelpreis Samenbank bzw. Samenbank für Genies publik.

Der Nobelpreisträger William Bradford Shockley (1910 – 1989), der die Sterilisation von Menschen mit einem unterdurchschnittlichen Intelligenz-

Quotienten forderte, soll zu den Samenspendern gehört haben. Schließlich weitete die Samenbank ihr Angebot von wissenschaftlichen Genies auf Olympiasieger und erfolgreiche Unternehmer aus. Die Namen der Spender blieben grundsätzlich geheim. Frauen und Paare, die bereit waren, an dem Programm mitzumachen, wählten das Sperma in einem anonymen Spenderkatalog aus.

Robert Klark Graham starb am 13. Februar 1997, während er an einem wissenschaftlichen Kongress in Seattle teilnahm, wo der Neunzigjährige neue Spender gewinnen wollte. Zwei Jahre später wurde die Samenbank geschlossen. Über zweihundert Kinder sollen mit Sperma aus dem Repository for Germinal Choice gezeugt worden sein.

Schon während des Betriebs war das Projekt heftig kritisiert worden. Viele verglichen es mit dem Herrenrasse-Denken der Nationalsozialisten und lehnten die Zucht von Menschen ab. Der zweifache Nobelpreisträger Linus Pauling soll es mit Humor genommen haben: Als ihn ein Reporter fragte, ob er Samen für die Nobel Prize Sperm Bank spenden würde, sagte er angeblich lachend: „The old-fashioned way is still best.“

2005 veröffentlichte der amerikanische Journalist David Plotz (* 1970) das Buch „The Genius Factory. The Curious History of the Nobel Prize Sperm Bank“. Er hatte mit dreißig Kindern und Erwachsenen im Alter zwischen sechs und zweiundzwanzig Jahren gesprochen, die mit Sperma aus dem Repository for Germinal Choice gezeugt worden waren. Acht von ihnen stammten vom selben Vater, einem Mann mit dem Decknamen „Donor Fuchsia“.

Einer der Betroffenen, Tom, erfuhr von seiner außergewöhnlichen Zeugung erst, als er Wrestler werden wollte. Da klärte ihn seine Mutter darüber auf, wies ihn auf sein genetisches Potenzial hin und versuchte auf diese Weise, ihn von seinem Vorhaben abzubringen. Mit siebzehn schwängerte Tom eine illegal in den USA lebende Russin. Mit ihr und dem Kind zusammen suchte er nach seinem Vater. Er fand ihn in Florida, in einer verwahrlosten Hütte, wo er bei mexikanischen Drogenhändlern wohnte.

Benedict Wells schrieb dazu den Roman „Fast genial“.

© Dieter Wunderlich 2011

Benedict Wells: Fast genial

Kent Haruf - Lied der Weite
"Lied der Weite" ist ein anrührender, bewusst einfach erzählter Roman über Menschen in der amerikanischen Provinz. Kent Haruf entwickelt die Handlungsstränge zunächst im Wechsel und führt sie dann immer enger zusammen.
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