Das Millionenspiel

Das Millionenspiel

Das Millionenspiel

Originaltitel: Das Millionenspiel - Regie: Tom Toelle - Buch: Wolfgang Menge, nach der Kurzgeschichte "Der Tod spielt mit" von Robert Sheckley - Kamera: Jan Kalis und Rudolf Holan - Schnitt: Marie-Anne Gerhardt - Darsteller: Jörg Pleva, Dieter Thomas Heck, Dieter Hallervorden, Josef Fröhlich, Theo Fink, Friedrich Schütter, Peter Schulze-Rohr, Annemarie Schradiek, Elisabeth Wiedemann - 1970; 100 Minuten

Inhaltsangabe

Beim "Millionenspiel" des Fernsehsenders TETV wird ein Kandidat eine Woche lang von drei Killern durch Deutschland gejagt. Falls er überlebt, gewinnt er eine Million. Gerade läuft das große Finale der 15. Folge. Bis zum Vorabend hat die Killerbande es nicht geschafft, den Kandidaten abzuschießen. Wird er auch den letzten Tag überleben, sich zum Sendestudio durchschlagen und um Mitternacht die Million in Empfang nehmen?
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Kritik

"Das Millionenspiel" ist eine rabenschwarze Satire auf die Quotenhörigkeit, Sensationsgier, Heuchelei und Menschenverachtung des Fernsehens. Wolfgang Menge hat das Drehbuch mit maliziösen Einfällen gespickt.

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Der Fernsehsender TETV ist für seine Wettbewerbsspiele bekannt. Höhepunkt ist das alle sechs Wochen veranstaltete „Millionenspiel“. Dabei wird ein Kandidat eine Woche lang, von Freitag bis Freitag, von drei Killern durch Deutschland gejagt. Falls er überlebt, gewinnt er eine Million.Gerade moderiert Thilo Uhlenhorst (Dieter Thomas Heck) das große Finale der 15. Folge. Bis Donnerstagabend haben es Köhler, Hänsel und Witte (Dieter Hallervorden, Josef Fröhlich, Theo Fink) nicht geschafft, den Kandidaten Bernhard Lotz (Jörg Pleva) abzuschießen. Wird er auch den letzten Tag überleben, sich zum Sendestudio in Osnabrück durchschlagen und um Mitternacht die Million in Empfang nehmen?

Acht seiner Vorgänger wurden erschossen. Einer gab am 4. Tag auf. Der nahm sich einige Zeit später selbst das Leben, weil er mit der Schande nicht fertig wurde.

24 Kamerateams verfolgen den Kandidaten und die Killer. Direktübertragungen und Zusammenschnitte aus den vergangenen Stunden, Balletteinlagen, Passantenbefragungen und Interviews beispielsweise der Killer sorgen in der von Werbeeinblendungen unterbrochenen Show für Abwechslung.

Lotz übernachtete zuletzt im Hotel Terminal. Ein Zimmermädchen erkennt ihn trotz des falschen Namens und verrät der Köhler-Bande seinen Aufenthaltsort. Im letzten Augenblick verhilft ihm ein Kellner zur Flucht aus dem Hotel. Die Killer, die mit ihren Schnellfeuergewehren durch die Straßen pirschen, sind gehalten, nur auf den Kandidaten zu schießen. Sonst erhalten sie Strafpunkte: 5 für jede Sachbeschädigung und 10 für jeden Personenschaden.

Nach 6 Tagen und 7 fast schlaflosen Nächten ist Bernhard Lotz bereits sehr erschöpft. Seit Mittwoch hat er nichts mehr gegessen. Er rettet sich in eine leer stehende Wohnung. Killer und Kameraleute postieren sich in den Fenstern eines gegenüber liegenden Hauses. Während einige von ihnen bereits im Treppenhaus sind, ruft der Zuschauer Gustaf Franke in der Sendung an. Er lebte bis vor 13 Jahren in der Wohnung und erinnert sich, dass damals ein Fenster zum Hof provisorisch mit Pappe zugemacht wurde. Vielleicht gelinge es dem Kandidaten, die Öffnung zu finden und auf das Dach des Schuppens darunter zu springen. Lotz schafft es tatsächlich, und der Anrufer wird vom Studio-Publikum beklatscht. Aber die Killer tauchen bereits am Fenster auf und eröffnen das Feuer auf den Kandidaten auf dem Schuppendach — bis ihnen Rauchgranaten die Sicht nehmen. Gabriele Steinfurth (Elisabeth Wiedemann) hat die fünf Rauchgranaten gestiftet. Sie wird vom Moderator auf die Bühne gebeten.

Eines der Kamerateams filmt vom Hubschrauber aus, wie Bernhard Lotz von der Köhler-Bande über ein freies Feld gehetzt wird. Schafft er es bis zum Waldrand? Ja, er verschwindet im Gehölz. Die Killer rennen zu ihrem Wagen zurück und umfahren das Waldstück. Erneut legen sie sich auf die Lauer. Lotz geht ahnungslos auf sie zu. Köhler rät Hänsel und Witte, nicht zu früh zu schießen. Da bremst eine junge Dame im Sportwagen neben dem Kandidaten und bringt ihn aus dem Schussfeld. Den Applaus für Claudia von Hohenheim — so heißt sie — verbindet Thilo Uhlenhorst mit einem pathetischen Dank auch an alle anderen Menschen, die in Not Geratenen helfen. Es sei doch wunderbar, dass es immer wieder „hilfreiche Samariter“ gebe.

Lotz fährt ein Stück mit dem Zug. Am Bahnsteig in Köln erwartet ihn die Köhler-Bande mit den Gewehren im Anschlag. Er springt aus einer Tür auf der anderen Seite. Am Bahnhofsvorplatz nimmt ihn ein Taxifahrer mit. Als dieser seinen Standort an die Zentrale durchgibt, wird Lotz misstrauisch. Tatsächlich hat Köhler dem Taxifahrer Geld für dessen Mithilfe gegeben. Der Kandidat springt aus dem Wagen.

Auch die Kamerateams verlieren ihn aus den Augen. Während sie fieberhaft nach ihm suchen, werden Archivaufnahmen in die Sendung eingeblendet, die zeigen, wie sich Bernhard Lotz vor 10 Monaten bei TETV bewarb. Durch einen Sieg bei einem Autorennen in der Sendung „Bahn frei“ qualifizierte er sich für die Sendung „Ernstfall“. Man setzte ihn betäubt in ein Sportflugzeug. In der vorgesehenen Höhe sprang der Pilot mit dem Fallschirm ab. Zwei Minuten bevor die automatische Steuerung abgeschaltet wurde, kam Lotz zu sich. Zu diesem Zeitpunkt reichte der Sprit noch für fünf Minuten. Obwohl Lotz nie zuvor in einem Flugzeug gesessen hatte, versuchte er eine Notlandung auf einem Acker. Die Maschine ging zwar zu Bruch, aber sie explodierte nicht. Um den Verletzten kümmerten sich Ärzte und Sanitäter, während der Moderator in die Kamera sprach: „Hoffen wir, dass der sympathische Leverkusener überleben wird.“

Um 23.30 Uhr bittet Thilo Uhlenhorst die Mutter des Kandidaten unter großen Beifall auf die Bühne. Über Funk darf sie ihrem Sohn Mut für die letzten Minuten machen. Sie ist stolz auf ihn und mahnt: „Pass schön auf dich auf!“ Bevor sie wieder Platz nimmt, bedankt sie sich bei allen Menschen, die ihrem Sohn bis zu diesem Augenblick halfen und verzeiht denen, die ihn an die Killer verrieten. Über diese großherzige Geste zeigt sich der Moderator sehr gerührt.

Plötzlich bricht Lotz zusammen: Kreislaufkollaps. Programmchef Gunther Mulian ist genervt. Er habe immer schon gewusst, dass dieser Kandidat ein Versager sei. Was werde nun aus der Quote? Sofort schickt er Mitarbeiter, Ärzte und Sanitäter los. Sie sollen den Kandidaten unter allen Umständen wieder auf die Beine bringen. Thilo Uhlenhorst verkündet die schockierende Nachricht und meint: „Aber es wäre diesem Draufgänger gar nicht Recht, wenn wir jetzt Trübsal blasen würden. Deshalb sage ich, was er an meiner Stelle jetzt auch sagen würde: Ballett!“

Lotz liegt auf einer Bahre. Sobald er wieder zu sich kommt, spricht ihn ein Angestellter des Senders an: „Sehen Sie: Die TETV kümmert sich um Sie! Ohne uns hätte die Köhler-Bande Sie schon abgeknallt!“ Dann reißt er ihn hoch und sagt ihm, in welche Richtung er weiterlaufen soll. Es sind nur noch wenige Meter bis zum Sendestudio. „Dies ist der Augenblick“, hebt der Moderator an, „auf den Sie sieben Tage lang gewartet — vielleicht auch gebetet — haben.“

Jetzt braucht der Kandidat nur noch eine im Studio aufgebaute 28.40 m lange „Todesspirale“ zu durchlaufen. Die Röhre besteht aus kugelsicherem Glas. An drei Stellen sind Öffnungen ausgespart. Darauf richten Köhler, Hänsel und Witte ihre Waffen. Thilo Uhlenhorst wünscht den Killern „toi, toi, toi“ und entschuldigt sich bei ihnen, dass er auch dem Kandidaten die Daumen drücke. Als dieser losläuft, kommentiert er: „Ich möchte jetzt nicht in der Haut der Mutter stecken.“ An der ersten Öffnung kommt Lotz unverletzt vorbei. Bei der mittleren wird er getroffen und stürzt zu Boden. Aber er rappelt sich wieder auf. Benommen robbt er in die falsche Richtung, bis der Moderator ihn darauf aufmerksam macht. „Entschuldigung“, reagiert Thilo Uhlenhorst auf Köhlers Protest, „das musste ich jetzt tun.“ Lotz springt aus der Röhre, bleibt auf der Bühne liegen. Es sieht so aus, als sei er durch die letzte Öffnung noch einmal getroffen worden. Der Moderator fragt den Arzt: Bernhard Lotz wird die Schussverletzungen überleben, muss aber wegen eines Schockzustandes stationär behandelt werden. Programmdirektor Gunther Mulian drückt dem Benommenen einen Scheck über eine Million in die Hand.

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„Das Millionenspiel“ ist eine rabenschwarze Satire auf die Quotenhörigkeit, Sensationsgier, Heuchelei und Menschenverachtung des Fernsehens. Szenen und Dialoge sind mit maliziösen Einfällen gespickt. Als der Fernsehfilm am 18. Oktober 1970 erstmals ausgestrahlt wurde, hielten viele Zuschauer „Das Millionenspiel“ für eine reale Veranstaltung und bewarben sich als Teilnehmer.

In der Wirklichkeit werden zwar keine Killer auf Kandidaten gehetzt, aber in Talkshows und Container-Sendungen nimmt man durchaus „Kolateralschäden“ in Kauf. Die Elemente des gezeigten Fernsehabends sind nicht aus der Luft gegriffen, sondern nur überzeichnet.

Wolfgang Menges Drehbuch beruht auf der Kurzgeschichte „Der Tod spielt mit“ von Robert Sheckley. Weil dieser dem amerikanischen Filmproduzenten Joseph Cates die Filmrechte zugesichert hatte, verschwand „Das Millionenspiel“ nach zwei Sendungen im Archiv. Erst nach einem jahrelangen Rechtsstreit und einer noch längeren Suche nach den aktuellen Besitzern der Filmrechte konnte sich der WDR mit „Studio Canal Image“ in Boulogne-Billancourt im Frühjahr 2002 über eine erneute Ausstrahlung einigen.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002

Benedict Wells - Vom Ende der Einsamkeit
In seinem Roman "Vom Ende der Einsamkeit" erzählt Benedict Wells eine feine, mehrfach gespiegelte Selbst­findungs­geschichte. Tragische Ereignisse bilden entscheidende Wende­punkte, aber die Lektüre ist nicht deprimierend, sondern ermutigend.
Vom Ende der Einsamkeit