Teena Brandon / Brandon Teena


Teena Renae Brandon wurde am 12. Dezember 1972 in Lincoln, Nebraska, geboren und wuchs bei ihrer Mutter Jo Ann auf. Ihren Vater kannte sie nicht. Angeblich wurde sie von einem Verwandten missbraucht und fürchtete sich seither vor einer Vergewaltigung. Vielleicht war das mit ein Grund, warum Teena Brandon sich bereits als Schülerin den Oberkörper bandagierte, die Unterhose vorn mit einem Paar Socken ausstopfte, das Haar kurz geschnitten trug und zur Bluejeans grobe Männerhemden aus Baumwolle. Als „Billy“ verabredete sie sich mit anderen Mädchen, die sie für einen Jungen hielten. Sie war nicht lesbisch, sondern wollte sich als Mann verwirklichen und nannte sich schließlich Brandon Teena.

Die Obdachlose schlug sich mit Gelegenheitsarbeiten, Diebstählen und Scheckbetrug durch. Das Geld für eine Hormontherapie oder eine operative Geschlechtsumwandlung fehlte ihr, aber Teena Brandon täuschte immer geschickter vor, ein Mann zu sein.

1993 zog Teena Brandon nach Humboldt, gut 100 Kilometer südöstlich von Lincoln, wo man sie nicht kannte, sie für einen jungen Mann hielt und nichts von ihrer Kleinkriminalität wusste.

Auch die drei Jahre ältere allein erziehende Mutter Lisa Lambert hielt Brandon Teena für einen Mann und freundete sich mit ihm an. Ihre Freunde Marvin Thomas („Tom“) Nissen und John Lotter, die beide schon im Gefängnis gewesen waren, akzeptierten Brandon Teena als neuen Kumpel. Tom Nissen war verheiratet und hatte zwei Kinder. Durch John Lotter lernte Teena Brandon auch dessen Jugendfreundin kennen, die inzwischen neunzehnjährige Lana Tisdel. Anfang Dezember 1993 begannen Teena Brandon und Lana Tisdel, miteinander auszugehen. Sie verliebten sich.

Um an Geld zu kommen, verübte Brandon Teena wieder eine Gaunerei und wurde am 15. Dezember festgenommen. Lana besuchte ihn im Gefängnis und wunderte sich darüber, dass er sich im Frauentrakt befand. Nach einer Woche überredete sie Tom, die Kaution für Brandon Teena zu bezahlen und erreichte damit seine Freilassung.

Inzwischen hatte „The Falls City Journal“ über die Festnahme von Teena Renae Brandon berichtet und damit unter den Leuten, die Brandon Teena kannten und überzeugt waren, dass es sich bei ihm um einen Mann handelte, Verwirrung ausgelöst. Lana stellte ihn zur Rede, und er gestand ihr, dass er sich in einer Identitätskrise befand. Obwohl sie nicht mehr sicher war, ob sie einen Mann oder eine Frau als Freund bzw. Freundin hatte, hielt sie zu ihm.

Den Heiligen Abend verbrachten John Lotter, Lana Tisdel und Brandon Teena bei Tom Nissen. Als John und Tom einiges getrunken hatten, packten sie Teena Brandon, rissen ihr die Hosen herunter und zwangen Lana, ihr zwischen die Beine zu blicken. Bald darauf musste Lana nach Hause.

Als Teena Brandon ins Bad ging, folgte Tom ihr und schlug sie nieder. Mit John zusammen zerrte er Teena ins Auto. Auf einem verlassenen Platz wurde sie zuerst von Tom und dann von John vaginal und anal vergewaltigt und zwischendurch mehrmals geschlagen.

Zerschunden und unter Schock stehend tauchte Teena Brandon einige Zeit später bei Lana auf. Die beiden Männer hatten sie davor gewarnt, sie zu verraten, aber Lana überredete ihre Freundin, sich im Krankenhaus untersuchen zu lassen. Man schaltete die Polizei ein. Sheriff Charles B. Laux vernahm Teena Brandon. Weil er einen ähnlichen Fall noch nicht gehabt hatte, befragte er das Opfer nicht nur über die Vergewaltigung, sondern auch über seine Sexualität, was diesem äußerst peinlich war.

Tom und John suchten am 26. Dezember an mehreren Orten nach Teena Brandon, fanden sie jedoch nicht.

Am 28. Dezember wurden sie von der Polizei vorgeladen und vernommen, aber nicht verhaftet.

Am 30. Dezember besuchten Tom und John einen Bekannten namens Eddie Bennet und stahlen dessen Pistole. Damit fuhren sie in der Nacht auf Silvester zu Lana, aber dort war Teena Brandon auch nicht. Lanas Mutter riet ihnen, es bei Lisa Lambert zu versuchen, die mit ihrem acht Monate alten Sohn Tanner in einem gemieteten Farmhaus außerhalb von Humboldt wohnte.

John und Tom brachen die Tür auf. Im Schlafzimmer fanden sie Lisa, das Baby und die Gesuchte. John schoss auf Teena, und Tom rammte ihr ein Messer in den Bauch. Ob noch jemand im Haus sei, wollten sie von Lisa wissen. Tatsächlich schlief in einem der anderen Zimmer der neunzehn Jahre alte Afroamerikaner Phillip DeVine, der Freund von Lanas Schwester, der sich mit ihr gestritten hatte und deshalb bei Lisa übernachtete. Um keine Zeugen am Leben zu lassen, erschossen Tom und John auch Lisa und Phillip.

Die Leichen und das verwaiste Baby wurden am nächsten Vormittag von Anna Mae Lambert gefunden, die ihre Tochter besuchen wollte. Mit den Rettungskräften traf Deputy Ray Harrod ein. Sheriff Charles Laux, der später dazukam, erkannte in einer der toten Personen Teena Brandon.

Noch am selben Tag wurden John Lotter und Tom Nissen festgenommen. Aufgrund eines Hinweises fand die Polizei auf dem zugefrorenen Nemaha River Handschuhe, eine Pistole und ein Messer in einer Lederscheide mit dem Aufdruck „Lotter“.

Der Prozess gegen Marvin Thomas Nissen begann im Februar 1995. Inzwischen hatte er die Vergewaltigung und seine Mittäterschaft bei der Ermordung von Teena Brandon nicht nur einem Mithäftling, sondern auch in einem „Playboy“-Interview gestanden. Die Geschworenen sprachen ihn denn auch am 3. März für schuldig.

Als John Lotter im Mai 1995 vor Gericht stand, sagte Tom Nissen in der Hoffnung, der Todesstrafe zu entgehen, als Zeuge gegen ihn aus. Daraufhin beschuldigte John Lotter seinen früheren Freund, geschossen zu haben. Er verstrickte sich allerdings in Widersprüche und wurde am 25. Mai wegen dreifachen Mordes zum Tod verurteilt. Nissen kam mit einer lebenslangen Haftstrafe davon. Rechtsanwälte bemühten sich bisher vergeblich um eine Revision des Urteils gegen John Lotter bzw. eine Wiederaufnahme des Falls.

Susan Muska und Gréta Ólafsdóttir drehten über die Tragödie den 90 Minuten langen Dokumentarfilm „The Brandon Teena Story“ (1998), in dem deutlich wird, dass der dreifache Mord möglicherweise verhindert hätte werden können, wenn die Vergewaltiger von Teena Brandon rechtzeitig festgenommen worden wären. Kimberly Peirce fokussiert in ihrem Spielfilm „Boys Don’t Cry“ auf das Opfer Teena Brandon bzw. Brandon Teena.

© Dieter Wunderlich 2009

Kimberly Peirce: Boys Don’t Cry

Henry James - Washington Square
Ruhig und mit sehr viel Liebe zum Detail veranschaulicht Henry James die Charaktere und das großbürgerliche Milieu, in dem sie sich bewegen. Eindrucksvoll ist vor allem der Gegensatz zwischen dem zwar souveränen, aber gefühlsarmen und großbürgerlichen Konventionen verhafteten Vater und seiner sensiblen Tochter.
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