Die Frau, die im Wald verschwand

Die Frau, die im Wald verschwand

Die Frau, die im Wald verschwand

Originaltitel: Die Frau, die im Wald verschwand – Regie: Oliver Storz – Drehbuch: Oliver Storz – Kamera: Frank Brühne – Schnitt: Heidi Handorf – Musik: Klaus Doldinger – Darsteller: Matthias Brandt, Stefan Kurt, Karoline Eichhorn, Jürgen Hentsch, Hermann Schreiber, Christoph Hofrichter, Dörte Freundt, Georg Alfred Wittner u.a. – 2009; 90 Minuten

Inhaltsangabe

Im Herbst 1956 verschwindet Katharina, die Ehefrau von Gerd Vorweg, des erfolgreichen Oberbürgermeisters der schwäbischen Kleinstadt Großgelden. Die Polizei nimmt an, dass sie bei der Explosion eines Blindgängers im Sperrgebiet ums Leben kam. Mitten in der Nacht taucht plötzlich Horst Karg, ein Verlierer, der nicht über die Kriegsgräuel hinweggekommen ist, bei Vorweg auf und erzählt ihm von seiner Liebesbeziehung mit Katharina ...
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Kritik

"Die Frau, die im Wald verschwand" ist der 3. Teil einer Trilogie von Oliver Storz über die Nachkriegszeit. Die mit der Emanzipation einer Frau endende Dreiecksgeschichte wirkt konstruiert und unglaubwürdig.
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Im Herbst 1956 findet in der schwäbischen Kleinstadt Großgelden ein Empfang statt, auf dem die Bürger wieder einmal ihrem Oberbürgermeister Dr. Gerd Vorweg (Stefan Kurt) und ihrer „First Lady“ Katharina Vorweg (Karoline Eichhorn) applaudieren. Dass es Vorweg gelungen war, mit der Textilfabrik „Mara“ das Wirtschaftswunder nach Großgelden zu holen, vergessen ihm die Bürger des Städtchens nicht. Außerdem gelten die seit zehn Jahren verheirateten Vorwegs als Traumpaar.

Katharina Vorweg, die bezeichnenderweise den Roman „Der Ekel“ von Jean-Paul Sartre liest, ist plötzlich verschwunden. Ihre Vespa wird im „Knochenwald“ gefunden. An der Umzäunung des alten Munitionsdepots findet die Polizei einen Stofffetzen ihres Mantels. Im Krater eines in der Nacht ihres Verschwindens detonierten Blindgängers findet die Polizei zwar keine weitere Spur von Katharina, aber Kommissar Dallmaier (Hermann Schreiber) nimmt an, dass sie bei der Explosion ums Leben kam. Vorweg kann nicht begreifen, was seine Frau in dem Sperrgebiet suchte und will nicht glauben, dass sie tot ist.

Mitten in der Nacht wird Vorweg durch Klavierspiel geweckt: Im Wohnzimmer seines Bungalows sitzt ein Mann und spielt Bach. Erst nach einer Weile erkennt er ihn: Horst Karg (Matthias Brandt) und er hatten sich zuletzt während des Krieges in einem Lazarett in den Ardennen gesehen. Dr. Vorweg war damals Feldarzt, und Karg einer seiner Patienten. Weil Vorweg sich geweigert hatte, Karg kriegsuntauglich zu schreiben, beging dieser schließlich Fahnenflucht. Man fasste ihn, aber da es so aussah, als sei er in den Kriegswirren versprengt worden, kam er mit dem Leben davon. Allerdings wurde er nun zum Minenräumen abkommandiert. Als bei der Entschärfung einer schweren Fliegerbombe zwei seiner Kameraden zerfetzt wurden, täuschte Karg seinen eigenen Tod vor und setzte sich zur Fremdenlegion ab. Dort blieb er neun Jahre lang. Inzwischen besitzt er einen französischen Pass und betreibt in Straßburg ein Bordell. Durch ein Zeitungsfoto, erzählt er, habe er erfahren, was aus Vorweg geworden ist. Deshalb sei er vor fünf Monaten nach Großgelden gefahren. Er hasst den ehemaligen Arzt, dem er vorwirft, sein Leben ruiniert zu haben.

Nachdem Karg eine geladene Pistole auf den Tisch gelegt hat, kommt er auf Katharina zu sprechen. Er begegnete ihr, als er auf der Zufahrtstraße nach Großgelden mit seinem Auto liegen geblieben war. Sie führte ein lahmendes Pferd an ihm vorbei. Es sei Liebe auf den ersten Blick gewesen, sagt er; als hätten sich zwei verletzte Seelen gefunden. Katharina habe die schrecklichen Kriegserlebnisse ebenso wenig wie er vergessen können: Ihre Eltern waren bei einem Luftangriff im Haus verbrannt, und Katharina hatte man in ein Konzentrationslager gesperrt.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Karg wirft Vorweg vor, seine Frau vor sechs Jahren verkauft zu haben. Damals befand Vorweg sich in einer unangenehmen Situation: Er hatte öffentliche Gelder nicht ordnungsgemäß verwendet. Die fehlenden Mittel wollte er durch die Ansiedlung Textilfabrik „Mara“ ausgleichen, aber die Firmenleitung schien einen anderen Standort zu bevorzugen. Weil Vorweg aufgefallen war, dass Dr. Rohleder (Jürgen Hentsch), der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens, ein Auge auf Katharina geworfen hatte, überredete er sie, einen Abend mit dem für ihn wichtigen Mann zu verbringen.

Rohleder fühlte sich schuldig, weil er unter den Nationalsozialisten zu den Tätern gehört hatte und forderte Katharina auf, ihn dafür zu „bestrafen“. Erst spät in der Nacht wurde sie von seinem Chauffeur nach Hause gebracht. Sie behauptete, im Theater gewesen zu sein und den Zug versäumt zu haben, aber ihr Mann wollte alles über ihr Zusammensein mit Rohleder wissen. Katharina, die es besser gefunden hätte, nie mit ihm darüber zu reden, blieb nichts anderes übrig, als ihm von dem Abend mit dem Masochisten zu berichten. Jedenfalls sorgte Rohleder dann als Gegenleistung dafür, dass „Mara“ die Fabrik in Großgelden baute.

Karg weiß auch, dass Katharina unter Panikattacken litt, Vorweg ihr aber verboten hatte, sich von dem jüdischen Psychiater Dr. Rosenbaum therapieren zu lassen.

Nachdem der Forstmeister Sauter Karg und Katharina beinahe beim Sex im Auto ertappt hätte, richteten sie in einem Bunker im Sperrgebiet ein Liebesnest ein. Einmal hörten sie in der Nähe eine Explosion. Möglicherweise hatte ein Fuchs eine Mine ausgelöst. Da kam Katharina auf die Idee, ihren Tod vorzutäuschen und mit ihrem Geliebten in Straßburg ein neues Leben anzufangen. Weil sie ihrem Mann nicht schaden wollte, kam eine Trennung nicht in Frage, denn der Skandal hätte ihn sein Amt gekostet, aber wenn man sie für tot hielt, konnte er weitermachen.

Also ließ Karg einen Freund namens Pierre aus Stuttgart kommen, suchte mit ihm zusammen einen entsprechend großen Blindgänger aus und bereitete alles für eine Sprengung vor.

Dann erklärte Karg seiner Geliebten, Pierre werde sie nach Stuttgart bringen. Er müsse erst noch Spuren beseitigen, bevor er nachkommen könne.

An dem Abend, an dem Katharinas Tod vorgetäuscht werden sollte, behauptet Karg nun, sei sie nicht zu Pierre, sondern geradewegs in das Sperrgebiet gegangen und wohl tatsächlich bei einer Explosion ums Leben gekommen.

In diesem Augenblick taucht Katharina in der Tür des Bungalows auf. Sie findet ihren Verdacht bestätigt, dass Karg eine Konfrontation mit ihrem Mann suchte und ihn leiden sehen wollte. Deshalb will sie mit keinem der beiden zusammenleben, sondern allein ihren Weg suchen.

Vorweg wirft seinen ungebetenen nächtlichen Besucher hinaus und versucht vergeblich, Katharina umzustimmen. Karg wartet draußen auf sie, aber sie steigt ohne ihn ins wartende Taxi.

Kurz darauf hört Vorweg einen Schuss. Er rennt zum Schuppen: Karg hat sich erschossen.

Monate später: Vorweg räumt das mit einem Trauerflor versehene Foto seiner Frau vom Schreibtisch und legt es in eine Schublade. Seine Sekretärin, die auch seine Geliebte ist, meldet den überraschenden Besuch des Ministerialdirigenten Sipple (Peter Hoefermeyer) aus Stuttgart an. Der kündigt Vorweg die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes durch den Bundespräsidenten Theodor Heuß an. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Oberbürgermeisters gratulieren ihm dazu.

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In „Die Frau, die im Wald verschwand“, einer „Ballade aus den Fünfzigern“, wie es im Untertitel heißt, beschäftigt Oliver Storz sich mit dem Gegensatz zwischen den Verlierern, die nicht über die Kriegsgräuel hinweggekommen sind und den Aufsteigern, die alles verdrängt und sich eine passende Biografie zurechtgelegt haben, an die sie schließlich selbst glauben. Auch hinter der idyllischen Fassade einer schwäbischen Kleinstadt lauert das Unheil.

Heute betrachtet man die Fünfzigerjahre ja als Zeit der Muffigkeit, Verklemmtheit und der Prüderie. Ich habe die Zeit als junger Mann erlebt und weiß, dass dies nur eine Seite ist. Hinter den Kulissen ging es ganz anders zu. (Oliver Storz)

An den Fünfzigern fasziniert mich diese Mischung aus bürgerlicher Wohlanständigkeit nach außen und der heimlich-unheimlichen Welt dahinter, in der alles möglich war, verbotene Liebe, Verbrechen und Laster. (Oliver Storz)

Die mit der Emanzipation einer Frau endende Dreiecksgeschichte wirkt jedoch arg konstruiert und unglaubwürdig. Nach ein paar hastigen Strichen nimmt Oliver Storz das Tempo zurück und zeigt eine kammerspielartige Begegnung der beiden an der Dreiecksgeschichte beteiligten Männer, die er mehrmals durch Rückblenden unterbricht. Dabei wird das Geschehen mehr erzählt als inszeniert. Die zum Teil hölzernen Dialoge werden mit starker Mimik und großen Gesten vorgetragen, so als spielten die Darsteller auf einer unmodernen Theaterbühne. Aufdringlich sind auch die „sprechenden Namen“: Der in der Zeit des Wirtschaftswunders prosperierende Ort, in dem die Bewohner – wie Katharina einmal meint – alles nach Preisen taxieren, heißt Großgelden. Der Aufsteiger hört auf den Namen Vorweg; der Verlierer nennt sich Karg. – Gelungen ist eigentlich nur das sarkastische Ende.

In meine Sammlung empfehlenswerter Filme habe ich „Die Frau, die im Wald verschwand“ nur aufgenommen, weil er zusammen mit „Gegen Ende der Nacht“ und „Drei Schwestern made in Germany“ eine Nachkriegs-Trilogie bildet.

Für mich ging die Reihe zeitgeschichtlich szenischer Beiträge schon 1994 mit „Drei Tage im April“ los, eine Momentaufnahme aus den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs. Der Film hatte einiges Aufsehen erregt und eine ganze Anzahl von Preisen abgeräumt. Der Sender wollte dann gleich ein Nachfolgeprojekt, das während des Waffenstillstands spielte. Es heißt „Gegen Ende der Nacht“ und war ähnlich erfolgreich, so dass mit Doris J. Heinze, Fernsehfilmchefin vom NDR, und Produzentin Regina Ziegler die Idee entstand, chronologisch weiter zu machen mit einer Reihe von Filmen, Momentaufnahmen einer deutschen Sozial- und Sittengeschichte sozusagen. So entstand „Drei Schwestern made in Germany“, ein Film, der in der Frier- und Hungerzeit vor der Währungsreform spielt. (Oliver Storz)

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2009

Oliver Storz: Gegen Ende der Nacht
Oliver Storz: Drei Schwestern made in Germany

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