Die Jahreszeit des Glücks

Die Jahreszeit des Glücks

Die Jahreszeit des Glücks

Die Jahreszeit des Glücks – Originaltitel: Štěstí – Regie: Bohdan Sláma – Drehbuch: Bohdan Sláma – Kamera: Diviš Marek – Schnitt: Jan Daňhel – Musik: Leonid Soybelman – Darsteller: Tatiana Vilhelmová, Pavel Liška, Anna Geislerová, Zuzana Kronerová, Bolek Polívka, Simona Stašová, Martin Huba u.a. – 2005; 100 Minuten

Inhaltsangabe

Die Handlung spielt in einer tschechischen Industriestadt. Monika und Toník sind seit ihrer Kindheit eng befreundet, aber kein Paar. Monikas Geliebter wandert in der Hoffnung auf ein besseres Leben in die USA aus und verspricht, sie nachholen. Als er ihr bereits ein Flugticket geschickt hat, wird ihre Freundin Dáša zwangsweise in eine psychiatrische Anstalt gebracht, und Monika nimmt sich mit Toník gemeinsam der beiden verwaisten Kinder an. Toník träumt vom gemeinsamen Glück ...
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Kritik

Sobald man glaubt, die Protagonisten des am Verismus orientierten Sozialdramas "Die Jahreszeit des Glücks" von Bohdan Sláma hätten ein Problem gelöst, erfolgt der nächste Schicksalsschlag. Eine wirklich überzeugende Dramaturgie ist das nicht.
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Die Handlung spielt in der tschechischen Industriestadt Most. Monika (Tatiana Vilhelmová) und Toník (Pavel Liška) sind seit ihrer Kindheit eng befreundet, aber kein Paar. Zu Beginn des Films bringen die beiden Monikas Geliebten zum Flughafen, denn er fliegt nach New York, um in den USA ein besseres Leben zu beginnen als es in der maroden postkommunistischen Gesellschaft möglich wäre. Sobald er die entsprechenden Vorbereitungen getroffen habe, verspricht er, werde er Monika nachholen.

Monika Součková arbeitet in einem Supermarkt und wohnt noch ebenso wie ihr jüngerer Bruder bei den Eltern (Simona Stašová, Bolek Polívka) in der Mietskaserne, in der auch Toník aufwuchs und seine Eltern leben. Monikas Vater ist arbeitslos und schwer alkoholkrank. Von seiner Frau wird er als Versager verachtet. Toníks Vater Tati (Martin Huba) missbilligt, dass sein Sohn bei seiner Schwester Zenuska (Vanda Hybnerová) auf dem heruntergekommenen Gehöft wohnt, das sie von den verstorbenen Eltern erbte und mit Hilfe des Neffen bewirtschaftet.

Im selben Plattenbau wie Toníks Eltern und Monikas Familie wohnt Dáša (Anna Geislerová), eine mit Monika befreundete allein erziehende Mutter von zwei kleinen Jungen. Vom Vater der Kinder wurde sie sitzengelassen. Die Miete zahlt ihr derzeitiger Liebhaber Jára (Marek Daniel), ein Verkaufsleiter in einem Sanitärgeschäft, der allerdings mit einer anderen Frau verheiratet ist. Die Liaison hält Dáša nicht davon ab, im Lift über Toník herzufallen und in ihrer Wohnung mit ihm zu schlafen. Als er am nächsten Morgen für die Kinder etwas zu essen besorgt, weil der Kühlschrank leer ist, findet er sie bei seiner Rückkehr mit Jára in der Badewanne vor.

Dáša vernachlässigt ihre Kinder und lässt die Wohnung verwahrlosen. Um die Kleinen kümmern sich Monika und Toník. Dáša, die an einem Borderline-Syndrom erkrankt ist, verdächtigt ihre Freundin deshalb, ihr nicht nur den Geliebten, sondern auch die Söhne wegnehmen zu wollen.

Wie versprochen, schickt Monikas Geliebter ein Flugticket und teilt mit, dass sie nach ihrer Ankunt zunächst auf die Kinder seines Chefs aufpassen könne und dafür Geld bekommen werde. Monika freut sich zunächst auf einen Neubeginn in Amerika, aber sie bringt es nicht fertig, die von der Mutter vernachlässigten Kinder im Stich zu lassen, zumal Dáša kurz darauf zwangsweise in eine psychiatrische Klinik eingeliefert wird. Als Toník erfährt, dass bei den medizinischen Untersuchungen eine Schwangerschaft festgestellt wurde, zuckt er zusammen.

Monika nimmt die Kinder zu sich. Ihre Mutter würde lieber das Sozialamt einschalten, denn sie befürchtet, dass Monika sich durch die Sorge für die beiden Jungen die Zukunft verbaut. Darüber kommt es zum Streit. Monika verlässt die Wohnung ihrer Eltern mit den Kindern und zieht zu Toník und seiner Tante auf den Hof. Dort, auf dem Land mit Ziegen und Hühnern, fühlen die Kinder sich wohl, und Zenuska freut sich darüber.

Toník träumt von einer dauerhaften Lösung; er beginnt, das Haus zu renovieren und fängt in der Fabrik zu arbeiten an, um das dafür erforderliche Geld zu verdienen. Aber Monika erklärt ihm, sie werde nur so lange bleiben, wie sie sich um die Kinder kümmern müsse.

Das Glück ist von kurzer Dauer. Zenuska bricht zusammen und muss ins Krankenhaus. Dort diagnostizieren die Ärzte Magenkrebs im Endstadium.

Während Zenuska noch im Krankenhaus liegt, feiern Toník und Monika den vierten Geburtstag eines der beiden Jungen. Gerade als das Geburtstagskind die Kerzen auf dem Kuchen ausgeblasen hat, fährt ein Wagen vor. Jára bleibt hinter dem Lenkrad sitzen, während Dáša kurz aussteigt und ihre Söhne ins Auto zerrt.

Wie angekündigt, fliegt Monika nun nach New York.

Zenuska liegt im Sterben und rät ihrem Neffen, das Gehöft zu verkaufen.

Als Monika aus den USA zurückkehrt, wird Zenuskas Haus gerade abgerissen und der Schrott vom Hof abtransportiert. Toník ist fort. Ob Monika ihn wiederfindet, bleibt offen.

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Der Originaltitel dieses Sozialdramas von Bohdan Sláma lautet „Štěstí“. Das bedeutet Glück bzw. Freude. Auch der deutsche Titel „Die Jahreszeit des Glücks“ ist sarkastisch, denn die einzige Zeitspanne, in der Monika und Toník das Leben einigermaßen genießen können, ist kurz, im Film keine zehn Minuten lang. Die übrigen eineinhalb Stunden von „Die Jahreszeit des Glücks“ werden von Elend, Depression und Perspektivlosigkeit in der maroden postkommunistischen Gesellschaft geprägt. Tristesse pur. Daran ändert auch das mögliche Happy End nichts.

Sobald man glaubt, die Protagonisten hätten ein Problem gelöst, erfolgt der nächste Schicksalsschlag. Eine wirklich überzeugende Dramaturgie ist das nicht. Stilistisch orientieren sich Bohdan Sláma (Regie) und Diviš Marek (Kamera) am Verismus.

„Die Jahreszeit des Glücks“ wurde von Tschechien in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“ für einen „Oscar“ eingereicht, jedoch von der Academy of Motion Picture Arts and Sciences nicht nominiert.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2013

Arno Geiger - Es geht uns gut
Arno Geiger erzählt mit viel Liebe zum Detail, großem Einfühlsvermögen und besonderem Gespür für Tragikomik von der Last der Vergangenheit. Dabei versetzt er sich in wechselnde Figuren und stellt das Geschehen aus ihrer subjektiven Sicht im Präsens dar.
Es geht uns gut