Silence

Silence

Silence

Silence – Originaltitel: Silence – Regie: Martin Scorsese – Drehbuch: Jay Cocks, Martin Scorsese nach dem Roman "Schweigen" von Endō Shūsaku – Kamera: Rodrigo Prieto – Schnitt: Thelma Schoonmaker – Musik: Kim Allen Kluge, Katherine Kluge – Darsteller: Andrew Garfield, Adam Driver, Tadanobu Asano, Ciarán Hinds, Liam Neeson u.a. – 2016; 160 Minuten

Inhaltsangabe

Die beiden Jesuiten Sebastião Rodrigues und Francisco Garupe reisen 1640 von Portugal nach Japan, um das Gerücht zu prüfen, dass ihr früherer Mentor, der Missionar Cristóvão Ferreira, vom Glauben abgefallen sei. Sie werden Zeugen der Christenverfolgung und schließlich selbst gefangen genommen. Francisco kommt ums Leben. Sebastião trifft schließlich auf Cristóvão Ferreira, der ihm rät, der Auf­forderung nachzukommen, öffentlich auf ein Jesus-Bild zu treten ...
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Kritik

Martin Scorsese verfilmte den auf Tat­sachen basierenden Roman "Schweigen" von Endō Shūsaku. "Silence" dreht sich um das Schwei­gen Gottes: Der Jesuit Sebastião erhält auf seine verzweifelten Gebete keine Antwort.
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Reise nach Japan

Als die beiden jungen Jesuiten Sebastião Rodrigues (Andrew Garfield) und Francisco Garupe (Adam Driver) in Portugal gerüchtweise hören, ihr früherer Mentor Cristóvão Ferreira (Liam Neeson), der als Missionar nach Japan gegangen war, habe dem Glauben abgeschworen, überreden sie ihren Vorgesetzten Alessandro Valignano (Ciarán Hinds), sie trotz der Gefahr nach Asien reisen zu lassen. Sie wollen nach Ferreira suchen und das Gerücht überprüfen.

1640 lassen sie sich von Macao nach Japan bringen. Wegen der Christen­verfolgung in Japan muss das heimlich geschehen. Dabei hilft ihnen der Japaner Kichijiro (Yôsuke Kubozuka), der vor acht Jahren sein Christentum öffentlich verleugnet hatte und deshalb nicht hingerichtet, aber des Landes verwiesen worden war. Er bringt sie zu einer Untergrund-Christengemeinde im Dorf Tomogi. Die Gläubigen verstecken die beiden Padres in einer abgelegenen Hütte.

Dorthin kommen Abgesandte eines anderen christlichen Dorfes, die durch Kichijiro von den Geistlichen wissen. Sebastião nimmt das Risiko auf sich, sie zu begleiten, um eine klandestine Messe zu lesen und den Christen die Beichte abzunehmen. Nach sechs Tagen kehrt er zurück.

Christenverfolung

Inzwischen haben Soldaten den Christen Ichizo (Yoshi Oida) in Tomogi gefangen genommen. Sie lassen ihn frei, verlangen jedoch von der Dorfgemeinde, innerhalb von drei Tagen die beiden Jesuiten oder vier christliche Bewohner auszuliefern. Ichizo, Mokichi (Shin’ya Tsukamoto), Kichijiro und eine Frau lassen sich nach Ablauf der Frist festnehmen. Man verlangt von ihnen, nicht nur auf ein Jesus-Bild zu treten, sondern außerdem ein Marienbild anzuspucken und die Muttergottes als Hure zu beschimpfen. Kichijiro tut es und wird freigelassen. Die drei anderen Konvertiten weigern sich und werden am Meeresstrand so an Pfähle gefesselt, dass die Flutwellen sie überspülen. Mokichi stirbt erst nach vier Tagen.

Sebastião und Francisco beschließen daraufhin, sich zu trennen.

Gefangennahme

Nach kurzer Zeit trifft Sebastião auf Kichijiro. Weil der Japaner den Portugiesen verrät, wird dieser an einer Wasserstelle gefangen genommen, und Kichijiro bekommt ein paar Münzen hingeworfen.

In Nagasaki werden Sebastião und andere christliche Gefangene von dem Statthalter und Inquisitor Inoue (Issei Ogata) vernommen. Bei ihm handelt es sich nicht um einen Eiferer, sondern um einen nachdenklichen Mann, der allerdings überzeugt ist, dass das Christentum nicht zur japanischen Gesellschaft passt und deshalb bekämpft werden muss.

Ein Dolmetscher (Tadanobu Asano) erklärt Sebastião, dass das Schicksal der anderen Gefangenen von ihm abhänge. Wenn der Jesuit dem Glauben abschwört und seine Mithäftlinge auffordert, dem Beispiel zu folgen, kommen diese frei. Andernfalls wird man sie zu Tode foltern. Sebastião weigert sich, der Forderung nachzukommen, und keiner der Christen ist bereit, auf ein Jesus-Bild zu treten. Sie schreien auf, als einem der Männer unvermittelt der Kopf mit einem Säbel abgeschlagen wird.

Einige Zeit später führt man Sebastião zum Strand. Von der anderen Seite nähern sich Soldaten mit fünf Gefangenen. Francisco ist einer von ihnen. Die vier gefesselten japanischen Christen, darunter zwei Frauen, werden in Strohmatten gewickelt und in ein Boot gelegt. Nachdem es ein Stück weit aufs Meer hinaus gefahren ist, werfen die Soldaten die bewegungsunfähigen Menschen über Bord. Francisco springt verzweifelt ins Wasser und versucht, wenigstens eines der Opfer zu retten, aber ein Soldat drückt ihn vom Boot aus mit einer Stange unter Wasser, bis er ebenfalls ertrinkt. Das alles muss Sebastião hilflos vom Strand aus mit ansehen.

Cristóvão Ferreira

Man bringt Sebastião in ein buddhistisches Kloster, wo er auf den seit einem Jahr dort lebenden Cristóvão Ferreira trifft. Der vom christlichen Glauben Abgefallene studiert Astronomie und schreibt ein Buch über Irrtümer des Christentums. Er hatte zuschauen müssen, wie an Pfählen gefesselte Gefangene langsam mit kochendem Quellwasser zu Tode gefoltert worden waren. Danach hatte er unter der Grubenfolter dem Glauben abgeschworen.

Inoue konfrontiert Sebastião mit fünf Konvertiten, die gerade der Grubenfolter unterzogen werden. Jeder der Gefesselten hängt kopfüber in einer Grube. Ein kleiner Schnitt hinter dem Ohr verhindert, dass sich das Blut im Kopf staut und der Tod rasch eintritt. Sebastião wird aufgefordert, die Gefolterten zu retten, indem er dem Glauben abschwört. Er weigert sich zunächst, aber dann glaubt er, Jesus spreche zu ihm und erlaube ihm, auf das Bild zu treten. Sobald er das Ritual vollzogen hat, werden die fünf Personen aus den Gruben gezogen und begnadigt.

Epilog

1641 reist der Arzt Dieter Albrecht (Béla Baptiste) im Auftrag der niederländischen Ostindien-Kompanie erstmals nach Japan. Dort erfährt er von den beiden abtrünnigen Jesuiten Cristóvão Ferreira und Sebastião Rodrigues. Ihnen ist die Aufgabe zugeteilt worden, Importwaren auf christliche Symbole zu überprüfen. Die Obrigkeit gibt Sebastião einen japanischen Namen und teilt ihm eine Frau (Asuka Kurosawa) zu. Als ihn der Verräter Kichijiro aufsucht, um ein viertes Mal bei ihm zu beichten, erklärt Sebastião ihm, dass er dazu nicht mehr legitimiert sei.

1667 wird unter Kichijiros Kleidung ein Kreuz entdeckt. Sebastião sieht, wie man ihn abführt.

Dieter Albrecht hört auf seiner letzten Japan-Reise im Jahr 1682, dass Sebastião inzwischen gestorben ist. Vor der Verbrennung nach buddhistischem Ritus schmuggelte die Witwe unbemerkt ein Kreuz in den Sarg.

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Der japanische Herrscher Toyotomi Hideyoshi (1537 – 1598) trug maßgeblich zur Einigung Japans bei und zeigte sich offen für das Christentum. Jesuiten, die mit portugiesischen Händlern ins Land kamen, betätigten sich als Dolmetscher. Ihre Missionsarbeit fiel besonders in den unteren Gesellschaftsklassen auf fruchtbaren Boden, denn der christliche Glaube eröffnete den Rechtlosen die Perspektive auf ein besseres Leben nach dem Tod. Japanische Feudalherren argwöhnten, die christliche Kirche könne ihre Autorität in Frage stellen. Toyotomi Hideyoshis Nachfolger Tokugawa Ieyasu (1543 – 1616), der Begründer des Tokugawa-Shogunats, schottete Japan deshalb vor allem gegen die katholischen Spanier und Portugiesen ab. Nur die niederländische Ostindien-Kompanie konnte noch einen streng limitierten und regulierten Handel mit Japan betreiben. Nach der Erhebung vorwiegend christlicher Bauern in den Jahren 1637/38 (Shimabara-Aufstand) wurde das Christentum in Japan verboten. Entlarvte Konvertiten mussten mit Folter und Tod rechnen.

Cristóvão Ferreira (1580 – 1650) lebte tatsächlich, und für die Figur des Sebastião Rodrigues gibt es ein Vorbild: den italienischen Jesuiten Giuseppe Chiara (1602 – 1685).

Der Film „Silence“ von Martin Scorsese basiert auf dem 1966 von Endō Shūsaku veröffentlichten Roman „Chinmoku“ („Schweigen“, Übersetzung: Ruth Linhart, München 1992). Während in der literarischen Vorlage ausführlich über die Reise der beiden Jesuiten nach Asien erzählt wird, konzentrieren sich Jay Cocks und Martin Scorsese auf Sebastiãos Heimsuchung in Japan.

Thema von „Silence“ ist das Schweigen Gottes. Vergeblich betet Sebastião und fleht um Hinweise, wie er sich verhalten soll. Gott antwortet nicht. Sebastião beginnt in seiner Gottverlassenheit am Glauben zu zweifeln. Der Japaner Inoue betont immer wieder, dass es ihm weniger auf die innere Überzeugung der Konvertiten ankomme als auf das Ritual des Abschwörens, aber die Christen halten den von ihnen geforderten Tritt auf ein Jesus-Bild für Gotteslästerung.

Dass der von dem japanischen Komiker Issei Ogata verkörperte Statthalter Inoue als Inquisitor bezeichnet wird, verweist auf eine Einrichtung der christlich-abendländischen Kirche zur Bekämpfung von Häresie vom 13. bis 18. Jahrhundert, bei der es vor allem im späten Mittelalter zu grausamen Folterungen und Hinrichtungen kam.

Die Handlung entwickelt sich in „Silence“ gravitätisch. Der größte Teil wird von Sebastião „berichtet“, und gegen Ende tritt ein weiterer Ich-Erzähler auf: der fiktive Japan-Reisende Dieter Albrecht.

Fast drei Jahrzehnte lang beschäftigte sich Martin Scorsese gedanklich mit der Verfilmung des Romans „Schweigen“ von Endō Shūsaku. Erst 2015 konnten die Dreharbeiten in Taipeh durchgeführt werden (30. Januar – 15. Mai). Beim Aufbau kam es am 28. Januar 2015 zu einem Unfall mit einem Toten und zwei Verletzten.

Rodrigo Prieto wurde in der Kategorie „Beste Kamera“ für einen „Oscar“ nominiert.

Finanziell gilt „Silence“ als einer der größten Misserfolge von Martin Scorsese.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2017

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