Asphalt-Cowboy

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Asphalt-Cowboy

Asphalt-Cowboy – Originaltitel: Midnight Cowboy – Regie: John Schlesinger – Drehbuch: Waldo Salt nach dem Roman "Mitternachts-Cowboy" von James Leo Herlihy – Kamera: Adam Holender – Schnitt: Hugh A. Robertson – Musik: John Barry – Darsteller: Dustin Hoffman, Jon Voight, Brenda Vaccaro, John McGiver, Ruth White, Sylvia Miles, Barnard Hughes, Jennifer Salt u.a. – 1969; 105 Minuten

Inhaltsangabe

Der Tellerwäscher Joe Buck aus Texas hofft auf ein besseres Leben in New York, und zwar als "Mietrammler". Aber bei der ersten Frau, die ihn mit in ihr Apartment nimmt, durchschaut er nicht, dass es sich um eine Prostituierte handelt, die Geld von ihm erwartet, statt ihn zu bezahlen. Der lungenkranke, gehbehinderte Kleinganove Rico Rizzo betrügt ihn zunächst, teilt sich dann aber mit ihm eine Behausung in einem leerstehenden, abbruchreifen Gebäude ...
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Kritik

Bei der Romanverfilmung "Asphalt-Cowboy" handelt es sich um ein sozialkritisches Drama über den American Way of Life. Mit tragi­komischen Szenen balanciert John Schlesinger die deprimierenden Elemente der Handlung aus.
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Joe Buck (Jon Voight) arbeitet in einer Kleinstadt seiner texanischen Heimat als Küchenhelfer. Weil er mit seinem Leben unzufrieden ist, beschließt er, sein Glück in New York zu suchen und fährt wie ein Cowboy gekleidet mit dem Überlandbus los.

Unterwegs erinnert er sich an seine vorwiegend bei der Großmutter Sally Buck (Ruth White) verbrachte Kindheit und Jugend. Sie starb, während er seinen Militärdienst absolvierte.

Der Hotelangestellte, der ihm sein Zimmer zeigt, erwartet ein Trinkgeld. Um das Fernsehgerät einschalten zu können, müsste Joe Münzen einwerfen, und in seinem mitgebrachten Kofferradio sind Börsenberichte zu hören.

Unter dem Vorwand, die Freiheitsstatue besteigen zu wollen und den Weg nicht zu kennen, spricht er auf der Straße Frauen an, denn er will seinen Lebensunterhalt als „Mietrammler“ verdienen. Eine nicht mehr ganz junge Frau, die ihren Pudel ausführt, nimmt ihn mit in ihr Apartment. Dass es sich um eine Prostituierte handelt, durchschaut der unerfahrene Texaner nicht. Während Cass (Sylvia Miles) sich telefonisch mit einem Freier namens Maurice verabredet, zieht sie sich aus und geht mit Joe ins Bett. Danach überrascht er sie mit einer Geldforderung. Aber sie zeigt ihm ihre leere Geldbörse und schluchzt, bis er ihr seine Brieftasche hinhält. Sie nimmt sich eine 20-Dollar-Note.

Noch am selben Abend wird Joe in einer zwielichtigen Bar von dem gehbehinderten Kleinganoven Enrico Salvatore Rizzo (Dustin Hoffman) aus der Bronx angesprochen, der es hasst, wenn ihn andere „Ratso“ nennen, und den gerade deshalb die meisten so rufen, um ihn zu ärgern. Als Rico erfährt, womit Joe sein Geld verdienen will, rät er ihm, sich mit einem geschäftstüchtigen Manager zusammenzutun und gibt ihm die Adresse eines angeblich dafür geeigneten Mannes. Für diesen Tipp schwätzt er Joe 20 Dollar ab. Bei Mr O’Daniel (John McGiver) handelt es sich jedoch um einen Verrückten, der in seiner Toilette einen Altar aufgebaut hat und dort mit seinem Besucher auf den Knien beten möchte.

Weil Joe mit der Bezahlung seiner Hotelrechnung in Rückstand geraten ist, wurde sein Zimmer geräumt, und man hat seine Habseligkeiten als Pfand eingelagert.

In seiner Not lässt Joe sich in einem Kino auf einen schwulen Studenten (Bob Balaban) ein, der sich an ihn heranmacht und ihm 25 Dollar verspricht, aber das wohl auch zum ersten Mal macht, denn nach der Fellatio übergibt er sich in der Toilette. Und Geld hat er auch keines bei sich. Joe will ihn zuerst im Zorn zusammenschlagen, bemitleidet dann aber den unglücklichen Studenten und lässt ihn laufen.

Durch das Fenster einer Gaststätte entdeckt er zufällig Enrico Rizzo. Er geht hinein und verlangt die 20 Dollar zurück, aber der Ganove besitzt nicht mehr als 46 Cents. Rico nimmt den obdachlosen Texaner mit in seine Behausung, eine Wohnung in einem leer stehenden, für den Abbruch vorgesehenen Gebäude. Dort schläft Joe sofort ein – und erlebt in einem Albtraum noch einmal, wie er und seine damalige Freundin Annie (Jennifer Salt) in Texas von einer Gruppe Männer gejagt wurden. Die Angreifer vergewaltigten Annie, und die traumatisierte junge Frau musste daraufhin in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen werden.

Rico zeigt seinem Mitbewohner, wie er sich mit Betrügereien, Laden- und Taschendiebstählen durchschlägt. Außerdem ermutigt er Joe, seine Dienste Frauen in einem Hotel anzubieten, aber nach wenigen Minuten wirft das Personal den Möchtegern-Gigolo hinaus. In der Not versetzt Joe das Kofferradio, das er aus Texas mitbrachte, für fünf Dollar. Damit gehen die beiden zu Freunden gewordenen Männer in einen Diner und bestellen etwas zu essen. Ein seltsames Paar legt ihnen eine Einladung zu einer Party auf den Tisch. Sie gehen hin. Die exzentrischen Gäste konsumieren Drogen. Shirley (Brenda Vaccaro), eine junge Frau im Pelzmantel, erklärt sich bereit, 20 Dollar für Sex mit Joe zu bezahlen. Gemeinsam mit Rico verlassen sie die Party. Der lungenkranke Ganove, der bei der Ankunft in kalten Schweiß ausgebrochen ist, stürzt auf der Treppe.

Er träumt von Florida – aber das Geld der beiden Männer reicht nicht für die Fahrkarten.


Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.


Towny (Barnard Hughes), ein verheirateter älter Mann, dem seine homosexuelle Neigung peinlich ist, nimmt Joe mit in sein Hotelzimmer. Dort schenkt er ihm seine Halskette mit einem Christophorus-Anhänger, schreckt aber aus Gewissensgründen vor sexuellen Handlungen zurück. Als Joe dennoch Geld verlangt, nimmt Towny 10 Dollar aus der Nachttischschublade. Damit gibt Joe sich nicht zufrieden, denn er benötigt 57 Dollar für zwei Bustickets nach Miami. Weil Towny sich schützend vor das Geld im Nachttisch stellt, schlägt Joe ihn nieder und ermordet ihn.

Schweißüberströmt sitzt Rico neben Joe im Überlandbus. Nach 30 Stunden Fahrt nähern sie sich Miami. Weil der kranke Rico in die Hose uriniert hat, kauft Joe während eines kurzen Aufenthalts neue Kleidung für sie beide und wirft dann auch seine Cowboy-Klamotten in eine Mülltonne, denn er beabsichtigt, sich in Miami um einen Arbeitsplatz zu bewerben.

Kurz bevor der Bus den Stadtrand von Miami erreicht, stirbt Rico.

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1965 veröffentlichte James Leo Herlihy (1927 – 1993) den Roman „Midnight Cowboy“ („Rodeo der Nacht“, Übersetzung: Walter Hasenclever, Scherz Verlag 1968; „Mitternachts-Cowboy“, dtv 1971). Waldo Salt schrieb dazu ein Drehbuch, das von John Schlesinger verfilmte wurde: „Midnight Cowboy“ / „Asphalt-Cowboy“.

Es handelt sich um ein sozialkritisches Drama, in dem der American Dream bzw. Way of Life als Illusion entlarvt und die Mitleidlosigkeit der Gesellschaft angeprangert wird. Weil in „Asphalt-Cowboy“ auch unverblümt Themen wie Prostitution, Homosexualität und Drogenmissbrauch tangiert werden, galt der Film in den USA als jugendgefährdend und erhielt ein X-Rating.

Die Geschichte ist ergreifend, mitunter etwas rührselig, aber trotz des tragischen Verlaufs auch unterhaltsam. Dazu tragen komische Einfälle bei, etwa wenn Enrico Rizzo eine Straße überqueren will, versehentlich vor ein Taxi läuft, auf die Motorhaube schlägt und den Fahrer aufgebracht anschreit: „Wenn ich gehe, hast du Pause!“ (im Original: „I’m walking here! I’m walking here!“).

Inzwischen gilt „Asphalt-Cowboy“ als Klassiker und steht für „New Hollywood“, eine Reihe von in Hollywood gedrehten gesellschaftskritischen Filmen, die Erwartungen der Zuschauer beispielsweise auf ein Happy End unterliefen. Das American Film Institute setzte „Asphalt-Cowboy“ 2007 in einer Liste der 100 besten US-Filme an die 43. Stelle.

Für Jon Voight, den Vater von Angelina Jolie, war die Rolle in „Asphalt-Cowboy“ nicht nur ein Meilenstein in seiner Karriere, sondern auch in seinem Privatleben, denn er und seine Filmpartnerin Jennifer Salt, die Tochter des Drehbuchautors Waldo Salt und der Schauspielerin Mary Davenport, wurden ein Paar. Waldo Salt ist in „Asphalt-Cowboy“ übrigens in einem Cameo-Auftritt als Joe Pyne in einer Fernseh-Show zu sehen.

Mehrmals hören wir in „Asphalt-Cowboy“ – wie übrigens auch in „Forrest Gump“ (1994) und „Borat“ (2006) – den Folk Rock Song „Everybody’s Talkin'“ von Fred Neil (1966) in einer Aufnahme aus dem Album „Aerial Ballet“ (1968) des Sängers Harry Nilsson.

„Asphalt-Cowboy“ wurde mit drei „Oscars“ ausgezeichnet: Bester Film, Beste Regie (John Schlesinger), Bestes adaptiertes Drehbuch (Waldo Salt). Nominiert hatte man „Asphalt-Cowboy“ außerdem in den Kategorien Bester Hauptdarsteller (Dustin Hoffman, Jon Voight), Beste Nebendarstellerin (Sylvia Miles) und Bester Schnitt (Hugh A. Robertson).

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2016

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In dem Roman "Pfaueninsel" be­schäf­tigt sich Thomas Hettche mit dem Gegensatz zwischen Natur und Zivilisation. In der spröden, histori­sie­renden Darstellung verbindet er eine fiktive, teilweise märchenhafte Geschichte mit historischen Figuren und Fakten.
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