Edgar Allan Poe : Grusel- und Schauergeschichten

Grusel- und Schauergeschichten
Originalausgaben: 1833 – 1849 Grusel- und Schauergeschichten Übersetzung: Gisela Etzel Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt/M 2009 ISBN: 978-3-3-596-90134-0, 201 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Grusel- und Schauergeschichten:

Das Manuskript in der Flasche – Ligeia – William Wilson – Lebendig begraben – Das Fass Amontillado – Hopp-Frosch – Der Goldkäfer – König Pest – Die längliche Kiste – Die schwarze Katze
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Kritik

Wie Edgar Allan Poe die Widersprüchlichkeit der plausiblen Darstellung des realen Geschehens und die Schilderung unglaubwürdiger Entwicklungen in den Geschichten nebeneinanderstellt, macht ihn zum Vorreiter des Genres der metaphysischen Erzählungen.
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Das Manuskript in der Flasche

MS. Found in a Bottle (1833)

Der gebildete und wohlhabende Ich-Erzähler dieser Geschichte entschließt sich, wegen „nervöser Ratlosigkeit“ eine Schiffsreise zu unternehmen. Das Frachtschiff, auf dem er segelt, gerät vor der Küste Javas in einen fürchterlichen Sturm. Die gesamte Besatzung wird entweder über Bord gespült oder kommt in den Kajüten um. Mit Ausnahme des Erzählers überlebt nur noch ein alter Schwede. Fünf Tage und Nächte können sie sich auf dem führungslos dahintreibenden Schiff halten und von den übrig gebliebenen Vorräten notdürftig ernähren. Den Versuch, das Schiff unter Kontrolle zu bringen, geben sie schließlich auf und binden sich an den noch stehen gebliebenen Stumpf eines Mastes.

Die Schiffbrüchigen meinen, in der Ferne ein großes Schiff über einem Wellenkamm ausmachen zu können. Die Welllen türmen sich immer höher; schließlich wird das havarierte Schiff in einen Wasserstrudel gerissen – und der Erzähler auf das fremde Schiff hinübergeschleudert. Ohne von der Besatzung bemerkt zu werden, gelingt es dem Geretteten, sich unter Deck zu verbergen. Selbst als er einem Matrosen direkt gegenübersteht, nimmt ihn dieser nicht wahr. Er begreift nun, dass er sich nicht zu verstecken braucht, denn die Seeleute, durchwegs alte, hinfällige Männer, wollen ihn nicht sehen.

Um seine Erlebnisse aufzuzeichnen, besorgt er sich aus der Kapitänskabine Schreibmaterial und führt eine Art Tagebuch. Das Manuskript will er zu gegebener Zeit in einer Flasche verschließen und sie ins Meer werfen.

Das Schiff wird schließlich von einer Strömung mitgerissen, die es „mit der Geschwindigkeit eines sich überstürzenden Wasserfalls“ gegen Eiswände wirft. Die Flut nimmt zu, die Spiralen des Strudels werden immer enger – bis das Schiff letztendlich in die Tiefe gezogen wird.

Die schwarze Katze

The Black Cat (1841)

Der Ich-Erzähler beschreibt sich selbst als weichherzigen, anschmiegsamen Menschen. Schon in seiner Kindheit forderte seine „hingebende Herzlichkeit“ den Spott seiner Kameraden heraus. Überdies hat er eine besondere Zuneigung zu Tieren. Er heiratet früh und hat das Glück, in seiner Frau ein verwandtes Gemüt zu finden. Sie teilt auch seine Liebe zu Haustieren. Goldfische, Vögel, Kaninchen, einen Hund, einen kleinen Affen und eine Katze schaffen sich die beiden an.

Die Katze ist ein großes, schönes Tier, ganz schwarz und erstaunlich klug. Sie ist des Ehemannes bevorzugter Spielkamerad. Er füttert sie, und die Katze folgt ihm im Haus überallhin nach; er kann sie kaum davon abhalten, mit auf die Straße zu laufen. Das geht mehrere Jahre so, bis infolge der Trunksucht des Erzählers ein reizbarer, rücksichtsloser Mensch aus ihm wird, wie er sich selbst eingesteht. Im Umgang mit seiner Frau ist er ebenso rüde wie gegen seine Tiere, die er nicht nur vernachlässigt, sondern auch misshandelt.

Eines Nacht kommt er schwer betrunken nach Hause und bildet sich ein, die Katze wiche ihm aus. Als er sie zornig packt, reißt das erschrockene Tier ihm mit den Zähnen eine Schramme in die Hand. Wahnsinnig vor Wut bohrt er mit einem Federmesser der Katze ein Auge aus der Höhle. Hinterher ist er entsetzt über seine „höllische Verruchtheit“.

Am anderen Morgen, nachdem er seinen Rausch ausgeschlafen hat, lässt die Reue schon nach, und er ersäuft seine Erinnerung an die Untat im Wein. Wie nicht anders zu erwarten, flieht die Katze vor ihm, sobald er in ihre Nähe kommt. Das Verhalten des Tieres lässt ihn abermals jegliche Besonnenheit vergessen.

Es war jene unergründliche Gier der Seele, sich selbst zu quälen und im Trotz gegen ihre erhabene Reinheit allein um des Bösen willen das Böse zu tun, die mich antrieb, meine Schuld an der wehrlosen Katze noch zu erweitern, soweit eben möglich. (Seite 174)

So legt er ihr eine Schlinge um den Hals und knüpft sie an einem Baum auf.

… ich erhängte sie unter strömenden Tränen und bittersten Gewissensqualen; erhängte sie, eben weil ich wusste, dass sie mich geliebt hatte, und weil ich fühlte, dass sie mir keinen Grund zu dieser Gräueltat gegeben hatte; erhängte sie, weil ich wusste, dass ich damit eine Sünde beging – eine Todsünde …(Seite 174)

In der Nacht nach der grausamen Tat schreckt er aus dem Schlaf hoch. Das ganze Haus steht in Flammen; alle Habe wird vernichtet. Seine Frau, die Magd und er entkommen mit knapper Not dem Feuer. Am Tage nach dem Brand besichtigt er die Ruine. Alle Mauern sind eingestürzt, bis auf eine Scheidewand, die erst vor kurzem mit einem neuen Putz beworfen wurde und somit dem Feuer widerstand.

Bei genauerer Betrachtung der Fläche bietet sich ihm ein unbegreifliches Bild: reliefartig ist der Abdruck einer toten Katze mit einem Strick um den Hals zu sehen. Der Erzähler versucht sich den „Höllenspuk“ – etwas anderes kann er sich nicht vorstellen – so zu erklären, dass nach dem Feueralarm sofort Menschen in seinen Garten liefen und die Katze an dem Baum hängen sahen. Irgendeiner hat wohl den Strick abgeschnitten und den Kadaver durch das offenstehende Fenster seines Schlafzimmers geworfen in der wohlmeinenden Absicht, ihn damit zu wecken. Da die Wand frisch aufgeputzt war, bildete sich wegen des darauf stürzenden Mauerwerks und verstärkt durch die Brandglut der Abdruck besonders gut aus.

Die eigenen, ihm vernüftig erscheinenden Erklärungen beruhigen vorübergehend sein Gewissen, aber das Ereignis belastet ihn noch lange. Schließlich bedauert er den Verlust des Tieres und sucht nach Ersatz. Über der Theke in einer Schnapskneipe entdeckt er eine schwarze Katze, die seiner alten bis auf einen weißen Fleck auf der Brust sehr ähnlich sieht. Der Wirt überlässt sie ihm ohne weiteres. Das Tier geht bereitwillig mit und fühlt sich bei ihm zu Hause sofort heimisch.

Doch bald entwickelt sich bei ihm eine Abneigung gegen die Katze: sie wird ihm mit ihrer aufdringlichen Liebe zuwider. Die Ablehnung steigert sich zu Hass, so dass er ihr aus dem Weg geht. Seinen zunehmenden Widerwillen erklärt er sich dadurch, dass sie – wie die vorherige Katze – nur ein Auge hat. Je mehr er sie verabscheut, desto inniger hält sie sich an ihren Besitzer. Sie folgt ihm auf Schritt und Tritt, und er muss sich beherrschen, sie nicht umzubringen. Und noch etwas bestärkt ihn in seiner Erbitterung: Der weiße Fleck auf der Brust der Katze entwickelte sich durch das Wachstum des Tieres zu einem scharfen Umriss in Form eines Galgens. Dieses Symbol des „martervollen Todes“ und die Angewohnheit der Katze, ihn keinen Augenblick allein zu lassen, rufen beim Erzähler häufig Wutausbrüche hervor.

Als er im Keller etwas zu besorgen hat, läuft ihm die Katze so zwischen die Beine, dass er beinahe gestürzt wäre. Außer sich vor Zorn greift er nach einer Axt und holt zu einem Hieb aus. Seine Frau, die ihm unbemerkt folgte, kann ihn gerade noch rechtzeitig zurückhalten. Diese Einmischung erbost ihn dermaßen, dass er mit der Axt auf ihren Schädel einschlägt.

Nach dem Mord überlegt er, wie er die Leiche unbemerkt beseitigen kann. Der Keller scheint ihm der dafür geeignete Ort. Und zwar will er sie hinter Mauern verstecken, die erst kürzlich mit Mörtel beworfen wurden. In der feuchten Kellerluft härtete der Putz noch nicht aus. Es ist also ein Leichtes, die Ziegelsteine zu entfernen, die Leiche in die Höhlung zu stecken und die Wand wieder zuzumauern. Auch die Katze, die Verursacherin allen Übels, will er sich vom Halse schaffen – aber sie lässt sich nicht mehr blicken. Die Fragen der Polizei nach dem Verbleib seiner Frau beantwortet er, ohne Verdacht zu erregen. Auch eine Hausdurchsuchung bleibt ergebnislos. Er ist erleichtert. Nach ein paar Tagen kommt jedoch nochmals die Polizei und inspiziert erneut die Räumlichkeiten. Er kann sich so beherrschen, dass den Kommissaren seine Nervosität nicht auffällt. Beim Verabschieden weist er beiläufig auf die solid gemauerten Wände hin und um seine Behauptung zu unterstreichen, schlägt er gegen das Mauerwerk, und zwar genau auf die Stelle, hinter der sich der Leichnam befindet. Im gleichen Augenblick ist eine Stimme zu vernehmen:

Es war ein Schreien, zuerst erstickt und abgebrochen wie das Weinen eines Kindes, dann aber schwoll es an zu einem ununterbrochenen, durchdringenden und unheimlichen Gekreisch, das keiner menschlichen Stimme mehr zu vergleichen war – zu einem bald jammervoll klagenden, bald höhnisch johlendem Geheul, wie es nur aus der Hölle kommt, wenn das Wehklagen der zu ewiger Todespein Verdammten sich mit dem Frohlocken der Höllengeister zu einem Schall vereint. (Seite 182)

Sofort reißen Männer die Mauer ein. Dahinter kommt der schon in Verwesung übergegangene Leichnam zum Vorschein – und auf dessen Kopf sitzt mit aufgesperrtem Rachen und einem glühenden Auge die schwarze Katze. Sie wurde unbemerkt mit eingemauert.

Das Fass Amontillado

The Cask of Amontillado (1846)

Montresor, ein Weinhändler, der die Geschichte erzählt, hat ein Fass Amontillado erworben. Scheinheilig bittet er Fortunato, über den er sich wegen dessen Kränkungen und Beleidigungen schon lange ärgert, ihn bei der Verkostung der Lieferung zu beraten. Um seinen Racheplan ausführen zu können, muss er Fortunato in das Kellergewölbe locken. Er umschmeichelt ihn so lange, bis dieser ihm in den von Salpeter verkrusteten Weinkeller folgt. Wegen der Ausdünstungen muss Fortunato husten. Deshalb köpft Montresor eine Flasche Wein und gibt ihm zu trinken. Immer wieder drängt er ihn – sich um die Gesundheit seines Freundes besorgt zeigend – noch mehr zu trinken. Die Wirkung des Alkohols macht sich bemerkbar. Fortunato wirft übermütig die leere Flasche an die Decke und fragt, ob Montresor zur „Bruderschaft“ gehöre, also ein „Maurer“ sei. Zur Bestätigung seiner Mitgliedschaft solle er ihm ein Zeichen vorweisen. Prompt zieht der Weinhändler eine Maurerkelle aus seinem Mantel.

Dann führt er seinen Gast tiefer in die Gruft hinein. Dort sei der Amontillado (ein lange gelagerter Sherry), behauptet er. Die Männer kommen am Ende der Höhlung an. Leicht wankend hält sich Fortunato an einer Mauer fest. Sogleich fesselt Montresor den Betrunkenen mit einer Kette und wirft ihn in eine Nische. Der Überrumpelte hat die Gefahr immer noch nicht begriffen und muss sich zudem verspotten lassen. Montresor beginnt, die Höhlung mit Steinen und Mörtel – mit Hilfe der Kelle – zuzumauern. Die Schreie des Gefesselten beunruhigen ihn zwar vorübergehend, aber er lässt sich in seiner Arbeit nicht beirren. Bevor er um Mitternacht den letzten Stein einmauern will, hört er aus der Nische ein leises Lachen; Fortunato macht sich über die Situation lustig. Er meint, sie würden wohl noch oft über diesen Spaß reden. Aber nun wolle er bitte nach Hause. „Bei der Liebe Gottes“ solle der Weinhändler ihn gehen lassen. „Ja“, sagt Montresor, „bei der Liebe Gottes!“. Daraufhin antwortet Fortunato nicht mehr. Montresor wirft noch eine Fackel in die verbliebene Öffnung und hört sie innen zu Boden fallen. Er vollendet das Mauerwerk und türmt einen Wall alter Knochen davor auf.

Hopp-Frosch

Hop-Frog or The Eight Chained Ourang-Outangs (1849)

Dem König, von dem hier die Rede ist, wird nachgesagt, dass Spässe zu seinem Leben gehören. Sein Verständnis von Witzen beschränkt sich aber auf die derberen Scherze, für den „Geist des Witzes“ hat er nichts übrig. An seinem Hofe hält er sich einen Spaßmacher, der ihn von der „ungeheuren Weisheit“ seiner sieben Minister und selbstredend seiner eigenen ablenkt. Der Wert seines Hofnarren besteht aus der Sicht des Königs nicht nur in der Fähigkeit, ihn zu unterhalten, vielmehr macht ihn auch seine physische Statur zu etwas Außergewöhnlichem: Der Narr ist ein Zwerg und ein Krüppel. Wegen seiner Fortbewegungsweise, halb ein Sprung, halb ein schlängelndes Vorschleudern des Körpers, wird er Hopp-Frosch genannt. Der Zwerg kommt wegen seiner missgestalteten Beine auf der Erde nur mühsam und unter Schmerzen vorwärts, kann jedoch gut klettern.

Eine innige Freundschaft verbindet den Hopp-Frosch mit einem jungen Mädchen, das mit ihm an den Hof kam. Die kleine Tripetta ist ebenfalls zwergenhaft, aber wohlproportioniert, und sie hat Talent zum Tanzen.

Anlässlich eines Staatsereignisses ist ein großes Maskenfest geplant. Bei der Diskussion über die Gestaltung des Balls soll Hopp-Frosch die Minister beraten, weil ihnen selbst nichts einfällt. Es ist schon spät, als der Narr und Tripetta gerufen werden, und die Runde ist bereits ziemlich weinselig. Obwohl der König weiß, dass sein Spaßmacher keinen Wein trinkt, nötigt er ihn dazu. Einen Becher trinkt Hopp-Frosch, weil er an diesem Tag Geburtstag hat, aber zu einem zweiten Glas lässt er sich nicht überreden, selbst dann nicht, als ihn der König deshalb anbrüllt. Da wirft sich Tripetta vor dem König auf die Knie: Er möge ihren Freund doch schonen! Diese Kühnheit verblüfft ihn, doch um seinem Zorn Luft zu machen, schüttet der dem Mädchen den Wein ins Gesicht.

Die Beratung wird fortgesetzt, und die Idee des Hofnarren, den König und die Minister bei dem Fest in Orang-Utan-Kostümen auftreten zu lassen, findet Beifall.

Das „Fell“ der Affenkostüme besteht aus Hemden und Unterhosen, die mit einer Teerschicht überzogen und mit Flachsfasern beschichtet sind. Damit die Maskierten als Formation im Ballsaal auftreten können, wird dem König und den Ministern eine Kette um den Leib geknotet. Sie stellen sich dann in einer Runde auf, und der Hopp-Frosch zieht den Rest der Kette zweimal diametral durch den Kreis. Das sei auch die Art, wie auf Borneo große Affen zusammengekoppelt werden, klärt der Zwerg sie auf.

Den Mittelpunkt des Deckengewölbes in dem Ballsaal bildet ein Kuppelfenster, von dessen Zentrum ein Kronleuchter an einer Kette herabhängt. Der Leuchter kann mittels eines Gegengewichts hochgezogen werden; das Ende der Kette wird außerhalb der Kuppel über das Dach geführt. An diesem Abend lässt Hopp-Frosch den Kronleuchter jedoch entfernen, um zu vermeiden – wie er zu bedenken gibt –, dass Wachs auf die kostbar gekleidete Gesellschaft tropft, Stattdessen werden zahlreiche Kandelaber ringsum an den Wänden verteilt und den Karyatiden Fackeln beigegeben.

Auf dem Höhepunkt des Fests lässt Hopp-Frosch die Orang-Utans auftreten. Beim Hereinstürmen stolpern sie wegen der hinderlichen Ketten und fallen übereinander. Das Entsetzen der Maskengesellschaft ist ungeheuer, aber der König ist entzückt über die Reaktion der Gäste, von denen die meisten die „grimmig aussehenden Wesen“ für wilde Bestien halten. Viele wollen fliehen, aber der König ließ sofort nach Erscheinen der Affenbande die Türen abschließen und gab dem Zwerg die Schlüssel. In dem Tumult achtet niemand darauf, dass die Kette, an dem sonst der Kronleuchter hängt, sich absenkt. Die aneinander gefesselten Orang-Utans taumeln zum Mittelpunkt des Saales. Der Zwerg feuert sie zu immer tollerem Gebaren auf, sodass sie nicht bemerken, wie sich die Kette in das Mittelglied des Kronleuchterhakens einhängt. Die Kette wird durch unsichtbare Kraft hochgezogen und zerrt die Orang-Utans eng aneinander.

Das ist der Moment, auf den Hopp-Frosch gewartet hat: Über die Köpfe der Menge hinweg hüpft er zur Saalwand, packt eine Fackel, springt auf den Kopf des Affen-Königs und von dort aus klettert er die Kette hoch. Er scherzt, dass er gleich herausfinden werde, wer die Bestien sind. Alle Anwesenden einschließlich der Maskierten schütteln sich vor Lachen – bis der Zwerg einen schrillen Pfiff ausstößt, woraufhin die bestürzten Orang-Utans mit der Kette hochgerissen werden. Noch immer macht der Hofnarr Spaß und fuchtelt mit seiner Fackel herum. Gleich wisse er, wen er vor sich habe, spottet er. Dann führt er die Flamme ganz nahe an den „Pelz“ des Königs, und der Flachs des Kostüms fängt augenblicklich Feuer. Nach einer halben Minute brennen alle acht Orang-Utans lichterloh. Die Flammen sind inzwischen so hoch, dass Hopp-Frosch höher hinaufklettern muss, und die entsetzte Menge sieht ihm stumm nach.

Diese Gelegenheit nutzt der Hofnarr zu einer Erklärung:

„Jetzt sehe ich deutlich, sagte er, „welcher Art Leute diese Maskierten sind. Es ist ein großer König mit seinen sieben Ministern – ein König, der sich kein Gewissen daraus macht, ein wehrloses Mädchen zu schlagen, und seine sieben Berater, die seiner schmachvollen Tat Vorschub leisten. Was mich anbetrifft, so bin ich nur Hopp-Frosch, der Spaßmacher, und das ist mein letzter Spaß.“ (Seite 98)

Nach diesen Worten sind die acht an den Ketten baumelnden Leichname bereits verkohlt. Hopp-Frosch klettert zur Saaldecke hinauf und verschwindet durch das Kuppelfenster. Tripetta, die auf dem Dach wartet, wird ihrem Freund bei dem grässlichen Racheakt wohl behilflich gewesen sein.

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Die Geschichten sind deswegen schaurig, weil die grausamen Verbrechen so dargestellt werden als fänden sie wirklich statt. Mit detailgenauen Beschreibungen der Örtlichkeiten und der Vorbereitung beziehungsweise der Ausführung der Schandtaten erweckt Edgar Allan Poe den Anschein, als verlaufe die Handlung realistisch. In „Hopp-Frosch“ zum Beispiel beschreibt Poe die mit Teer und Flachs präparierten Affen-Kostüme so ausführlich, dass man sich über deren Entzündbarkeit nicht wundert.

In „Hopp-Frosch“ ist Rache das Motiv des Verbrechens. Das ist auch bei den Erzählungen „Das Fass Amantillado“ und „Die schwarze Katze“ der Fall. In den beiden zuletzt genannten Geschichten wird darüber hinaus die Planung und Durchführung der Beseitigung der toten beziehungsweise noch nicht ganz toten Opfer ausführlich beschrieben.

In der abstrusen Kurzgeschichte „Das Manuskript in der Flasche“ von Edgar Allan Poe wird ein Schiffbrüchiger durch einen real nicht nachvollziehbaren Vorgang auf ein plötzlich erscheinendes Schiff geworfen, dessen Besatzung den Havarierten nicht wahrnimmt. Nur die tagebuchartigen, in eine Flasche gesteckten Aufzeichnungen des Verfassers, geben Zeugnis von dem Vorfall, sofern sie denn gefunden werden.

Angeregt durch den französischen Symbolismus (Baudelaire und Mallarmé waren seine Übersetzer) wendete sich Edgar Allan Poe der okkulten Vorliebe seiner Epoche und dem Dunklen der menschlichen Psyche zu. Poes Nachlassverwalter R. W. Griswold verhalf ihm zu dem Ruf, die „Inkarnation der Schwarzen Romantik“ zu verkörpern.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Irene Wunderlich 2009
Textauszüge: © S. Fischer Verlag

Edgar Allan Poe (Kurzbiografie)

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