Yella

Yella

Yella

Originaltitel: Yella – Regie: Christian Petzold – Drehbuch: Christian Petzold, Simone Bär – Kamera: Hans Fromm – Schnitt: Bettina Böhler – Musik: Stefan Will – Darsteller: Nina Hoss, Devid Striesow, Hinnerk Schönemann, Burghart Klaußner, Barbara Auer, Christian Redl, Selin Bademsoy, Wanja Mues, Michael Wittenborn, Martin Brambach, Joachim Nimtz, Peter Benedict, Ian Norval, Peter Knaack, Thomas Giese u.a. – 2007; 90 Minuten

Inhaltsangabe

Nachdem die junge Buchhalterin Yella sich in Wittenberge von ihrem Ehemann Ben getrennt hat, versucht er ihr einzureden, sie habe ihn nur wegen des Bankrotts seines kleinen Unternehmens verlassen. Als sie nach Hannover will, um dort eine neue Stelle anzutreten, bietet Ben ihr an, sie zum Bahnhof zu bringen. Es kommt zum Streit. Er reißt das Steuer herum, und sie stürzen in die Elbe ...
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Kritik

In "Yella" prangert Christian Petzold an, dass – obendrein korrupte – Kapitalisten (Private-Equity-Manager) ebenso skrupellos wie raffgierig jenseits realer Bezüge mit virtuellen Werten spekulieren.
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Die junge Buchhalterin Yella Fichte (Nina Hoss) hat sich von ihrem Ehemann Ben (Hinnerk Schönemann) getrennt. Er versucht, ihr einzureden, sie habe ihn nur wegen des Bankrotts seines kleinen Unternehmens verlassen. Weil Yella in derselben Firma arbeitete, muss sie sich einen neuen Job suchen. Als sie von einer Bewerbung aus Hannover nach Wittenberge zurückkommt und vom Bahnhof nach Hause geht, folgt Ben ihr. Er will sie überreden, es wieder mit ihm zu versuchen. Obwohl er respektvoll Abstand hält und sich beherrscht, kann er seine Wut nicht verbergen. Yella will nichts mehr von ihm wissen.

Ihr Vater (Christian Redl) freut sich, als sie ihm erzählt, dass sie bei Alphawings in der Buchhaltung anfangen kann, einem Unternehmen, das Steuerungsmodule für Airbus herstellt.

Als Yella am nächsten Tag nach Hannover will, um dort ein neues Leben zu beginnen, steht Ben mit seinem Wagen draußen und bietet ihr an, sie zum Bahnhof zu ringen. Obwohl sie bereits ein Taxi bestellt hat, lässt sie sich widerstrebend darauf ein, doch während der Fahrt nervt er sie mit seinen Zukunftsplänen, die er mit ihr gemeinsam verwirklichen möchte. Dass Yella nicht darauf eingeht, macht ihn wütend. Auf der Brücke über die Elbe reißt er absichtlich das Steuer herum, durchbricht das Geländer, und sie stürzen in den Fluss. Der Wagen geht unter und reißt sie mit in die Tiefe.

Wir sehen, wie Yella ans Ufer kriecht. Kurz darauf taucht auch Ben auf und legt sich erschöpft neben sie in den Schlamm.

Nach ein paar Minuten erhebt Yella sich. Es ist kaum zu glauben, aber sie ist unverletzt, hat nicht einmal ihre Schuhe verloren, und bevor sie losgeht, zieht sie ihr angeschwemmtes Gepäck aus dem Wasser. Statt die Polizei zu rufen oder zu ihrem Vater zurückzukehren, geht Yella zum Bahnhof und erreicht auch noch ihren Zug nach Hannover. Im Abteil zieht sie ihr zwar nasses, aber nicht verschmutztes Kleid aus, drückt sich weinend in eine Ecke und schläft ein.

Als sie aufwacht, steht der Zug bereits in Hannover, und die Putzkolonne geht durch die Waggons. Ihre Sachen sind wieder trocken. Im Hotel, wo sie für sechs Wochen ein Zimmer reserviert hat, wird eine Vorauszahlung von ihr verlangt. Damit hat sie nicht gerechnet, aber zum Glück findet sie in ihrer Manteltasche ein Bündel Banknoten, das ihr der Vater beim Abschied zusteckte. Es sieht so aus, als sei das Geld gar nicht nass geworden, und sie kann damit bezahlen.

Im Aufenthaltsraum des nicht besonders luxuriösen Hotels lernt sie den Private-Equity-Manager Philipp (Devid Striesow) kennen, der sich darüber wundert, dass Alphawings überhaupt noch Leute einstellt.

Am nächsten Morgen wird sie auf dem Alphawings-Parkplatz von Herrn Schmidt-Ott (Michael Wittenborn) begrüßt, dem Manager, der sie einstellte. Er bittet sie, ihm gleich mal eine rote Ledermappe aus seinem Schreibtisch zu holen. Im Büro wird sie von einem ihr unbekannten Manager ertappt, der ihr erklärt, dass Schmidt-Ott inzwischen Hausverbot bekommen hat.

Während sie im Hotel ihre Sachen packt, taucht Philipp auf. Der Private-Equity-Manager bräuchte für eine Verhandlung am nächsten Tag eine Assistentin, die Bilanzen lesen kann. Yella erleidet während der Verhandlung zwar einen Hörsturz, aber sie entdeckt in den Unterlagen des am Rande des Bankrotts stehenden Unternehmens, dass ein IT-Netzwerk, von dem sie weiß, dass Ben es kürzlich für 2000 Euro verkauft hat, mit 80 000 Euro bewertet ist. Das hilft Philipp, den Geschäftspartnern, die dringend auf frisches Kapitel angewiesen sind, für seine Beteiligung skrupellos 35 Prozent abzuverlangen.

Im Auto telefoniert Philipp mit Klaus, seinem Chef, und behauptet, 27 Prozent ausgehandelt zu haben. Yella, die das Gespräch mit anhört, begreift, dass er die Differenz in die eigene Tasche steckt. Er nimmt auch Schmiergeld. Das Kapital benötigt er, um eine Erfindung, die ein irisches Unternehmen im Heimwerkermarkt machte, im großen Maßstab auf Ölbohrungen übertragen und damit viel Geld verdienen zu können.

Ihr Hotelzimmer wurde durchwühlt, und das Fernsehgerät ist eingeschaltet. Ben! Yella läuft ins Freie. Der Stalker packt sie, wirft sie zu Boden und rennt weg.

Philipp nimmt Yella mit zu weiteren Verhandlungen nach Dessau. Ihr Verhandlungsgeschick beeindruckt ihn. Sie werden ein gutes Team.

Als Ben sie erneut im Hotel belästigt, flüchtet Yella zu Philipp. Der nimmt sie in die Arme. Sie küssen sich und schlafen miteinander.

Philipp und Yella bleiben zusammen. Bei der Ankunft in einem Motel steckt er ihr ein paar Geldscheine zu und überlässt ihr das Auto, damit sie sich ein neues Kleid kaufen kann. (Sie trägt noch immer das Kleid, das sie in Wittenberge anzog, um nach Hannover zu fahren.) Doch statt zu einem Geschäft fährt Yella zur Privatvilla von Dr. Gunthen (Burghart Klaußner), einem Unternehmer, der dringend Kapital benötigt, sich aber in den Geschäftsbesprechungen mit ihr und Philipp nicht zu einer Entscheidung durchringen konnte. Seine Ehefrau Barbara (Barbara Auer) will Yella zunächst nicht hereinlassen, aber Gunthen kommt hinzu und erklärt sich bereit, mit ihr zu verhandeln. Sie droht ihm damit, dass Philipp 45 Prozent für eine Beteiligung verlangen könnte und verspricht, dafür zu sorgen, dass es nicht mehr als 35 Prozent werden – wenn Gunthen ihr dafür 200 000 Euro Schmiergeld bezahlt. Der schockierte Unternehmer beteuert, allenfalls 30 000 Euro aufbringen zu können; das Haus gehöre seiner Frau. Eiskalt führt Yella ihm vor Augen, dass er alles verlieren werde, wenn es zu keiner Einigung komme.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Bei der Verhandlung am nächsten Morgen fehlt Dr. Gunthen. Yella läuft los und alarmiert seine Frau. Barbara Gunthen findet ihren Mann daraufhin im Fluss. Er hat sich ertränkt [Suizid].

Yella glaubt, wieder in einem Auto zu sitzen, das über holpriges Kopfsteinpflaster auf die Elbebrücke in Wittenberge zurast.

Mit einem Kran wird das Wrack von Bens Wagen aus dem Wasser gezogen.

Die beiden Insassen liegen tot am Ufer.

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Mit „Yella“ schloss Christian Petzold (* 1960) seine so genannte Geister-Trilogie ab, zu der auch „Die innere Sicherheit“ und „Gespenster“ gehörten. Das sollte man wissen, um den Film richtig einordnen zu können, denn andernfalls ärgert man sich nach wenigen Minuten über vermeintliche Continuity-Fehler.

„Yella“ ist ein gesellschaftskritisches Drama, in dem Christian Petzold 2007 – also vor dem Ausbruch der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise – den Turbokapitalismus im Allgemeinen und die Spekulation mit virtuellen Werten im Besonderen anprangert. Bei den Verhandlungen stehen sich Manager, die einen Bankrott ihres Unternehmens verhindern möchten und skrupellose Spekulanten („Heuschrecken“) gegenüber. Was aus den Beschäftigten der vom Konkurs bedrohten Firmen wird, interessiert niemanden. Und als einer der Manager einmal auf die Lagerbestände hinweist, winkt der Private-Equity-Manager ab: Lagerbestände und Fabrikanlagen schaut er sich nicht an. Stattdessen schätzt er den Restwert der kaputten Unternehmen anhand von im Laptop gespeicherten Daten. Bei jedem Vertragsabschluss unterschlägt er einen Teil des Geldes und verteilt ihn auf seine Privatkonten.

Übrigens wurde „Yella“ großenteils auf dem Expo-Gelände in Hannover gedreht.

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Inhaltsangabe und Filmkritik: © Dieter Wunderlich 2009

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