Pat Garrett jagt Billy the Kid

Pat Garrett jagt Billy the Kid

Pat Garrett jagt Billy the Kid

Pat Garrett jagt Billy the Kid – Originaltitel: Pat Garrett & Billy the Kid – Regie: Sam Peckinpah – Drehbuch: Rudolph Wurlitzer – Kamera: John Coquillon – Schnitt: Roger Spottiswoode, Garth Craven, Robert L. Wolfe, Richard Halsey, David Berlatsky, Tony De Zarraga – Musik: Bob Dylan – Darsteller: James Coburn, Kris Kristofferson, Bob Dylan, Slim Pickens, Katy Jurado, Jason Robards, Richard Jaeckel, Chill Wills, John Beck, Rita Coolidge, R. G. Armstrong, Luke Askew, Jack Elam, Paul Fix, Harry Dean Stanton, Aurora Clavel, Gene Evans, Sam Peckinpah, Dub Taylor, Elisha Cook jr. u.a. –1973; 106 - 124 Minuten

Inhaltsangabe

Eine Woche bevor Pat Garrett zum Sheriff von Lincoln County gewählt wird, rät er seinem jüngeren Freund Billy the Kid, sich nach Mexiko abzusetzen, denn die Rinderbarone, die sich für seine Wahl einsetzen, erwarten von ihm, dass er den Outlaw verhaftet oder tötet. Anders als Garrett, der sich mit den neuen Machthabern arrangiert, bleibt Billy the Kid sich treu. Einige Monate später nimmt Sheriff Garrett ihn fest, aber er bricht aus dem Gefängnis aus, und die Jagd beginnt von Neuem ...
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Kritik

In "Pat Garrett jagt Billy the Kid", einem Abgesang auf den Western, gibt es keine klare Unterscheidung zwischen Gut und Böse. Beide Hauptfiguren scheitern daran, dass Kapitalisten im Wilden Westen die Macht übernehmen.
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Der Outlaw Billy the Kid (Kris Kristofferson) schießt gerade in Fort Sumner, New Mexico, mit ein paar Kumpanen auf die Köpfe von im Sand eingegrabenen Hühnern, als Pat Garrett (James Coburn) auftaucht und seinen früheren Freund warnt: Der Rinderbaron John Simpson Chisum (Barry Sullivan) und einige andere einflussreiche Männer, deren Geschäfte von Billy the Kid gestört werden, wollen Garrett in einer Woche zum Sheriff wählen und erwarten von ihm, dass er Billy the Kid aus dem Weg räumt. Früher gehörte Garrett selbst zu den Gesetzlosen, aber jetzt ist er alt und hat sich mit den Mächtigen arrangiert. Er rät Billy the Kid, sich über die Grenze nach Mexiko abzusetzen, bevor er den Sheriff-Stern ansteckt.

Billy the Kid hört nicht auf ihn. Sheriff Garrett spürt ihn und zwei seiner Kumpane in einer abgelegenen Hütte auf. Bei dem Feuergefecht zwischen den drei Revolverhelden und einem Dutzend Männern auf Garretts Seite kommen Billys Kumpane ums Leben. Er selbst ergibt sich und wird ins Gefängnis von Lincoln City gebracht.

Während Garrett unterwegs ist, bricht Billy the Kid aus und erschießt dabei die Deputys J. W. Bell (Matt Clark) und Bob Ollinger (R. G. Armstrong).

Garrett ernennt daraufhin den Mörder Alamosa Bill (Jack Elam) zum Hilfssheriff.

Gouverneur Lewis Wallace (Jason Robards) und die beiden Geschäftsmänner Norris und Howland (John Davis Chandler, Jack Dodson) bieten Garrett 1000 Dollar Kopfgeld für Billy the Kid. Angewidert lehnt er das Geld ab. Er wird den Outlaw auch so jagen.

In Fort Sumner wird Billy the Kid beinahe von drei Kopfgeldjägern erschossen, aber von einem unbekannten Messerwerfer, der sich „Alias“ nennt (Bob Dylan), gerettet.

Auf der Farm von Black Harris (L. Q. Jones), wo Garrett mit dem alten Sheriff Colin Baker (Slim Pickens), der den Stern längst weggelegt hat, und dessen resoluter Ehefrau (Katy Jurado) nach Billy the Kid sucht, kommt es zu einer Schießerei. Tödlich getroffen wankt Harris zum nahen Fluss und stirbt in den Armen seiner Frau.

Während Garrett weiterreitet, rät der Mexikaner Paco (Emilio Fernández) seinem Freund Billy the Kid, mit ihm nach Mexiko zu ziehen, aber der Revolverheld bleibt. Garrett rastet an einem Flussufer und beobachtet ein langsam vorbeituckerndes Hausboot, dessen Schiffer auf eine im Wasser treibende Flasche schießt. Garrett nimmt ebenfalls sein Gewehr und beteiligt sich an der Schießübung – bis der Mann auf dem Boot auf ihn anlegt. Einen Augenblick lang stehen sie sich mit den Gewehren im Anschlag gegenüber, aber keiner der beiden drückt noch einmal ab.

Gouverneur Lewis Wallace hat inzwischen Hilfssheriff John W. Poe (John Beck) beauftragt, Garrett bei der Verfolgung von Billy the Kid zu unterstützen.

Am Tisch der Familie Horrell (Gene Evans, Claudia Bryar u.a.), die Billy the Kid aufsucht, sitzt ausgerechnet Deputy Alamosa Bill. Die beiden gehen hinaus, und die Familienmitglieder schauen mit den Kleinkindern auf dem Arm ungerührt zu, wie sie sich Rücken an Rücken stellen und vereinbaren, zehn Schritte zu gehen, bevor sie ziehen. Alamosa Bill zählt laut. Statt bei „zehn“ dreht er sich bereits „neun“ um, aber Billy the Kid ist einfach stehengeblieben, hat bereits seinen Colt in der Hand und schießt schneller. Alamosa Bill bricht zusammen und stirbt.

In Lemuels (Chill Wills) Saloon trifft Garrett auf drei Kumpane von Billy the Kid: Er zwingt Alias, Beaver (Donnie Fritts) niederzuschlagen und erschießt Holly (Richard Bright), als dieser unter dem Tisch zur Waffe greift.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Zufällig kreuzt Billy the Kid noch einmal Pacos Weg und sieht, dass Chisums Männer dessen Fuhrwerk überfallen haben und gerade dessen Begleiterin Silva (Jorge Russek) zu vergewaltigen versuchen. Er erschießt die Männer und beugt sich dann mit der jungen Frau über den sterbenden Mexikaner. Noch einmal beschwört Paco seinen Freund, nach Mexiko zu fliehen.

Stattdessen kehrt Billy the Kid nach Fort Sumner zurück und quartiert sich dort mit seiner Geliebten Maria (Rita Coolidge) bei Pete Maxwell (Paul Fix) ein.

Von der mit Billy the Kid befreundeten Prostituierten Ruthie Lee (Rutanya Alda) erfährt Garrett, wo der Gesuchte zu finden ist. Er macht er sich auf den Weg nach Fort Sumner. Während Billy the Kid und Maria miteinander im Bett sind und ihr Stöhnen zu hören ist, setzt Sheriff Garrett sich in einen Schaukelstuhl auf der Veranda und wartet. Halb angezogen und unbewaffnet kommt Billy the Kid aus dem Schlafzimmer, um sich etwas aus dem Eisschrank zu holen. Garrett erschießt ihn von hinten und zerstört gleich darauf mit einem zweiten Schuss den Wandspiegel, in dem er sich selbst sieht.

Dann reitet er los.

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Ein Mann, der nicht fliehen will, wird verfolgt von einem anderen Mann, der ihn nicht fangen will.

So fasste der Produzent Gordon Carroll die Handlung des Westerns „Pat Garrett jagt Billy the Kid“ zusammen. Tatsächlich ist der pessimistische Film von Sam Peckinpah sehr viel komplexer. Es geht um zwei legendäre Revolverhelden des Wilden Westens: Pat Garrett und Billy the Kid. Während der junge Outlaw sich selbst treu bleibt, arrangiert sich sein älterer Freund mit den Rinderbaronen, den Großgrundbesitzern und den von ihnen abhängigen Politikern in der Hoffnung, auf diese Weise seinen Lebensabend in Ruhe verbringen zu können. Durch den Seitenwechsel und den Verrat an den alten Idealen verliert er jedoch sein Selbstwertgefühl. – Eine klar erkennbare Grenze zwischen Gut und Böse gibt es in „Pat Garrett jagt Billy the Kid“ nicht. Sam Peckinpah macht weder aus Billy the Kid noch aus Pat Garrett ein Idol: Beide scheitern an den gesellschaftlichen bzw. wirtschaftlichen Veränderungen, die mit romantischen Vorstellungen aufräumen, und wie in einer griechischen Tragödie fügen sie sich in das unausweichliche Schicksal.

Bedächtig entwickelt Sam Peckinpah die Handlung. Wie Arthur Penn in „Bonnie und Clyde“ und Sergio Leone in „Spiel mir das Lied vom Tod“ nahm Sam Peckinpah in „Pat Garrett jagt Billy the Kid“ Gewaltszenen aus mehreren Blickwinkeln auf und montierte daraus eine Art Ballett in Zeitlupe. Bob Dylan, der die Rolle des Messerwerfers Alias spielte, schrieb zwischendurch Songs über Pat Garrett und Billy the Kid. Am Ende übertrug Sam Peckinpah ihm die Verantwortung für die gesamte Filmmusik. (Einen der Songtitel wählte Thomas Jahn später als Titel seines Films „Knockin‘ on Heaven’s Door“.)

Die Dreharbeiten begannen am 19. November 1972 in Durango, Mexiko. Weil dort zur gleichen Zeit ein Western mit John Wayne gedreht wurde, fehlte es Sam Peckinpah an geeigneten Pferden, Geräten und anderen Ressourcen. Eigentlich sollte er mit einer mexikanischen Crew arbeiten, denn MGM investierte gerade in Las Vegas und wollte Kosten sparen. Er durfte dann doch mit bewährten Leuten in der Crew arbeiten, aber statt der von ihm veranschlagten 75 Drehtage gestand MGM ihm nur 53 zu.

Als die ersten Filmmeter bei MGM in Culver City entwickelt wurden, stellte sich heraus, dass das Material aufgrund eines schadhaften Objektivs unbrauchbar war. Rudolph Wurlitzer, der mit am Set war, sollte daraufhin das Drehbuch so umschreiben, dass die bereits gedrehten Szenen herausfielen. Das ließ Sam Peckinpah allerdings nicht zu: Er nutzte selbst Tage, an denen das Team eigentlich frei gehabt hätte, um die unbrauchbaren Szenen nachzudrehen. Außerdem legte er sich mit Rudolph Wurlitzer an und hielt sich nicht an dessen Drehbuch, sondern verlagerte den Akzent auf die sozialkritischen Aspekte des Westerns. Schließlich grassierte auch noch eine Infektionskrankheit im Team. Der Stress veranlasste Sam Peckinpah, dessen dritte Ehe (mit Joie Gould) gerade geschieden wurde, exzessiv zu trinken.

Nach 74 Drehtagen kehrte Sam Peckinpah im März 1973 mit 111 000 Meter Film aus Mexiko zurück. (Er hatte übrigens selbst den Sargschreiner Will gespielt.)

Damit endeten allerdings nicht die Probleme. Um „Pat Garrett jagt Billy the Kid“ rasch vermarkten zu können, gestand MGM Sam Peckinpah nur zwei Monate für den Schnitt zu. In der letzten Maiwoche konnte die 124 Minuten lange Version im Preview vorgeführt werden. Die Produzenten hielten sie jedoch für zu lang und verlangten ungeachtet des Protests des Regisseurs eine Kürzung auf 90 Minuten. Im Juli 1973 kam schließlich eine 106 Minuten dauernde Fassung in die Kinos, in der u. a. die Ermordung Pat Garretts fehlte, mit der Sam Peckinpah den Film begonnen hatte. „Pat Garrett jagt Billy the Kid“ brachte MGM wenig mehr als die Produktionskosten ein.

Der Cutter Roger Spottiswoode stellte 1989 eine Neufassung zusammen, die wiederum von seinem Kollegen Paul Seydor 2005 überarbeitet wurde.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2008

Pat Garrett (Kurzbiografie)
Billy the Kid (Kurzbiografie)

Sam Peckinpah: Getaway
Sam Peckinpah: Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia

Reinhard Kaiser-Mühlecker - Wilderer
Die karge, realistische Darstellung täuscht über die Komplexität und Ambivalenz des Geschehens hinweg. Man könnte von einem wuchtigen Entwicklungsroman sprechen, denn der Erzähler bleibt dicht bei der schwierigen Hauptfigur, folgt den Fehlschlägen, dem Aufschwung und dem Zusammenbruch. Erst auf den letzten Seiten des Romans "Wilderer" lässt uns Reinhard Kaiser-Mühlecker das ganze Ausmaß der Tragödie erkennen.
Wilderer