Sitcom

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Sitcom - Originaltitel: Sitcom - Regie: François Ozon - Drehbuch: François Ozon - Kamera: Yorick le Saux - Schnitt: Dominique Petrot - Musik: Eric Neveux - Darsteller: Evelyne Dandry, François Marthouret, Marina De Van, Adrien De Van, Stéphane Rideau, Lucia Sanchez, Jules-Emmanuel Eyoumdeido, Jean Douchet u.a. - 1998; 85 Minuten

Inhaltsangabe

Wir sehen, wie ein Mann seine Villa betritt, hören von außen, wie die Familie ihn mit einem Geburtstagsständchen ("Happy Birthday") begrüßt – und dann sechs Schüsse ...


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Kritik

"Sitcom" ist eine schrille, rabenschwarze Geschichte über eine Familie, hinter deren großbürgerlicher Fassade sich unvermittelt ein wilder Reigen von Mordfantasien und Perversionen auftut, vor dem auch die Mutter schließlich nicht länger die Augen verschließen kann.
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Wir sehen, wie ein Mann seine Villa betritt, hören von außen, wie die Familie ihn mit einem Geburtstagsständchen („Happy Birthday“) begrüßt – und dann sechs Schüsse.

Einige Monate vorher:

Die Spanierin Maria (Lucia Sanchez) fängt bei der großbürgerlichen französischen Familie als Hausmädchen an. Sie wird von Elaine (Evelyne Dandry) begrüßt und ihrem Mann Jean (François Marthouret), ihrem Sohn Nicolas (Adrien De Van) und ihrer Tochter Sophie (Marina De Van) vorgestellt. Seit zwanzig Jahren, seit dem Tod von Jeans Mutter, wohnt die Familie in diesem Haus, dem Elternhaus von Jean.

Eines Abends bringt Jean eine weiße Laborratte in einem Käfig mit nach Hause. Elaine ist entsetzt: Ihr graut vor dem Tier.

Kurz darauf plant Elaine ein festliches Abendessen. Nachdem eine gewisse Françoise angerufen und wegen einer plötzlichen Erkrankung abgesagt hat, lädt Elaine Maria („Marie“) ein, und sie soll auch ihren Ehemann mitbringen. Außer Marie und ihrem schwarzen Ehemann Abdu (Jules-Emmanuel Eyoumdeido) sitzt auch noch Sophies leidenschaftlicher Geliebter David (Stéphane Rideau) mit am Tisch. Unvermittelt steht Nicolas auf und outet sich als schwul. Seine Mutter regt sich darüber auf, doch die anderen am Tisch tun das Geständnis als pubertäre Verwirrung ab. Abdu, der als Turnlehrer am Gymnasium viel mit Jugendlichen zu tun hat, soll sich um Nicolas kümmern, der sich in sein Zimmer zurückgezogen hat.

In der Nacht stürzt Sophie sich aus dem Fenster. Elaine schreckt durch ein Geräusch aus dem Schlaf, bemerkt das offene Fenster im Flur – und bricht zusammen, als sie ihre Tochter mit verrenkten Gliedern auf dem Boden vor dem Haus liegen sieht.

Einige Monate später berichtet Elaine ihrem Psychotherapeuten (Jean Douchet), sie sei froh, dass ihre inzwischen aus dem Koma erwachte Tochter so positiv auf die Querschnittlähmung reagiert habe.

Als sie vom Psychotherapeuten nach Hause kommt, tanzt Marie, und Sophie dreht sich mit dem Rollstuhl im Takt lauter Musik. Wütend fragt Elaine, ob Marie geputzt habe, doch das Hausmädchen keift, sie könne sich nicht um Sophie kümmern und gleichzeitig auch noch putzen.

Da Sophie von der Hüfte abwärts nichts mehr spürt, versuchen sie und David es mit sadomasochistischen Praktiken, aber es funktioniert nicht: Sophie fühlt sich kaum erregt, und David mag bald nicht mehr einen Hund spielen. Kurz darauf fotografiert Sophie ihn beim Liebesspiel mit Marie. „Abdu reicht dir wohl nicht!“, schreit sie Marie an.

Inzwischen hat Nicolas sein Studium abgebrochen und feiert in seinem Zimmer homosexuelle Orgien mit einem halben Dutzend Männern zugleich.

Allmählich macht Elaine sich Sorgen um ihre Kinder, aber ihr Mann beruhigt sie: Das gehe vorüber, sei alles nur altersbedingt. Doch Elaine ignoriert nicht länger, was im Haus geschieht und schreitet zur Tat. Sie verführt ihren Sohn, um ihn zu „heilen“ [Inzest]. Als Nicolas seine gelähmte Schwester badet, erzählt er ihr davon.

Marie ist untröstlich, weil Abdu entlassen wurde. Er hatte das Foto von Marie und David, das Sophie ihm geschickt hatte, um sich an ihrer Nebenbuhlerin zu rächen, seinen Schülern gezeigt und war daraufhin wegen sexueller Belästigung von den Eltern angezeigt worden. Marie macht es nichts aus, dass ihr Mann schwul ist, denn sie entdeckt neuerdings ihre eigenen lesbischen Neigungen.

Elaine fährt mit Nicolas und Sophie für ein paar Tage aufs Land. Jean, der nicht mitfahren wollte, träumt davon, wie er nach Hause kommt und von Elaine, Nicolas, Sophie, David, Marie und Abdu mit einem Geburtstagsständchen überrascht wird. Er holt einen Revolver aus seiner Aktentasche und erschießt alle sechs der Reihe nach. Durch einen Anruf seiner Frau wird er in die Wirklichkeit zurückgeholt: Die Ratte sei an allem Schuld, behauptet sie. Da holt er das Tier aus dem Käfig, setzt es in die Mikrowelle und drückt auf den Knopf. Anschließend tischt er sich den kleinen Braten auf und geht dann zu Bett.

Nach ihrer Rückkehr sucht Elaine ihren Mann im Schlafzimmer und wird dort von einer Riesenratte angefallen. Vergeblich versucht Nicolas, seiner Mutter zu helfen. Sophie zieht sich mit einem Küchenmesser zwischen den Zähnen die Treppe hoch und ersticht die Ratte.

Als Elaine, Nicolas, Sophie, David, Marie und Abdu bei der Beerdigung Jeans am Grab stehen, klingelt Maries Handy: Es ist Françoise. Sie konnte wegen einer plötzlichen Erkrankung leider nicht kommen.

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„Sitcom“ ist eine schrille, rabenschwarze Geschichte über eine Familie, hinter deren großbürgerlicher Fassade sich unvermittelt ein wilder Reigen von Mordfantasien und Perversionen auftut, vor dem auch die Mutter schließlich nicht länger die Augen verschließen kann.

François Ozon vermengt in „Sitcom“ unbekümmert Elemente von Situationskomödie, Horrorfilm und Melodram. Über den Film äußerte er sich folgendermaßen: „Die Kulisse einer Sitcom, das sind drei Wände. Ich wollte aber auch Decken und Böden; ein Haus filmen wie ein Puppenhaus, in dem Spielzeugfiguren leben. Ich wollte eine Geschichte erzählen wie ein Kind – diese unglaublichen Geschichten, die man sich als Kind ausdenkt – und keine Zensur auf mich ausüben, also die niedrigsten Instinkte, Vulgäres, Lächerliches, Gefühle … alles ohne läuternde Absichten zeigen. So gesehen ist ‚Sitcom‘ der Film eines – perversen – Kindes.“

François Ozon wurde am 15. November 1967 in Paris als eines von drei Kindern des Biologen René Ozon und dessen Ehefrau Anne-Marie, einer Französisch-Lehrerin, geboren. 1990 bis 1993 studierte er an der École Nationale Supérieure des métiers de l’image et du son (La fémis). Nachdem sich François Ozon bereits mit einigen Kurzfilmen einen Namen gemacht hatte, drehte er 1998 seinen ersten abendfüllenden Kinofilm: „Sitcom“.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2003

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