Spurwechsel

Spurwechsel

Spurwechsel

Spurwechsel - Originaltitel: Changing Lines - Regie: Roger Michell - Drehbuch: Chap Taylor und Michael Tolkin - Kamera: Salvatore Totino - Schnitt: Christopher Tellefsen - Musik: David Arnold - Darsteller: Ben Affleck, Samuel L. Jackson, Toni Collette, Sydney Pollack, Kim Staunton, Tina Sloan, Richard Jenkins, Akil Walker, Cole Hawkins, Ileen Getz, Jennifer Dundas, Matt Malloy, Amanda Peet, Myra Lucretia Taylor, Bruce Altman, Joe Grifasi u.a. - 2002; 100 Minuten

Inhaltsangabe

Auf dem Roosevelt Drive in New York drängt der weiße Anwalt Gavin Banek beim Spurwechsel den schwarzen Angestellten Doyle Gipson ab. Ein Verkehrsunfall. Beide haben es eilig. Gavin drückt Doyle einen Scheck in die Hand und fährt weiter, aber er vergisst am Unfallort eine für seinen Gerichtstermin entscheidende Akte. Doyle verpasst seinen Termin am Familiengericht und darf deshalb seine Kinder nicht mehr sehen. Ein Kleinkrieg der beiden Männer beginnt ...
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Kritik

Nicht alles in diesem auf die Ereignisse eines einzigen Tages komprimierten Film von Roger Michell ist plausibel, aber als spannendes Rachedrama mit einem moralischen und gesellschaftskritischen Anspruch ist "Spurwechsel" durchaus sehenswert.
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Doyle Gipson (Samuel L. Jackson) arbeitet im Call Center einer Versicherunsgesellschaft in Manhattan. Seine Alkoholprobleme hat der Afroamerikaner seit einiger Zeit im Griff, weil aber seine geschiedene Ehefrau Valerie (Kim Staunton) beantragte, ihm das Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder – den zehnjährigen Stephen (Akil Walker) und den drei Jahre jüngeren Danny (Cole Hawkins) – zu entziehen, steht ein Termin vor dem Familiengericht an. Doyle hofft, seine Frau und das Gericht überzeugen zu können, dass die Kinder ihren Vater brauchen und will ein einfaches Haus in Queens mit zwei Kinderzimmern kaufen, in dem die Familie wieder zusammen wohnen soll. Den erforderlichen Kredit sagt ihm die Bank für Ende der Woche zu. Als er an diesem Freitag auf dem Franklin Delano Roosevelt Drive zum Gericht fährt, drängt ihn ein anderer Autofahrer beim unachtsamen Spurwechsel ab, und Doyle kracht in ein paar abgestellte Fässer.

Der Unfallgegner hält an. Es handelt sich um den neunundzwanzigjährigen Rechtsanwalt Gavin Banek (Ben Affleck), der einen Termin beim Nachlassgericht hat und ohnehin schon zu spät dran ist. Aufgeregt sucht er in seinem Aktenkoffer nach der von Doyle verlangten Versicherungskarte, und als er sie nicht findet, bietet er ihm kurzerhand einen Blankoscheck an. Doyle besteht jedoch darauf, den Fall ordnungsgemäß abzuwickeln. Entnervt steigt Gavin wieder in seinen Wagen und lässt Doyle stehen. Der Afroamerikaner kann die Unverschämtheit des reichen weißen Anwalts nicht fassen, zumal er mit seinem Auto nicht mehr fahren kann und versuchen muss, von jemandem mitgenommen zu werden. Die Akte, die Gavin zu Boden gefallen war, nimmt Doyle an sich.

Aufgrund des Verkehrsunfalls kommen beide zu spät.

Als Gavin dem Gericht den Erbeinsetzungsvertrag des verstorbenen Mr Dunne präsentieren will, um die Klage seiner Tochter Mina (Jennifer Dundas Lowe) abzuschmettern, merkt er, dass ihm das Dokument an der Unfallstelle herausgefallen sein muss. Die Richterin Frances Abarbanel (Myra Lucretia Taylor) gibt ihm bis zum Abend Zeit, die Unterlagen nachzureichen. – Vermutlich hat der von ihm abgedrängte Autofahrer die Mappe, aber wie soll Gavin ihn finden, wo er doch keine Adressen oder Versicherungsnummern mit ihm ausgetauscht hat?

Doyle betritt den Gerichtssaal, als der Familienrichter Cosell (Joe Grifasi) gerade das Urteil verkündet: Valerie bekommt das alleinige Sorgerecht zugesprochen, und sie ist auch nicht bereit, sich auf irgendwelche Erklärungen ihres Exmanns einzulassen. Damit sind seine Hoffnungen zunichte gemacht. Enttäuscht verlässt er das Gebäude und wirft seine Unterlagen zusammen mit Gavins Akte in einen Abfallbehälter.

Zufällig sieht Gavin ihn kurz darauf vom Auto aus. Er entschuldigt sich für sein Verhalten und fragt nach der Akte, aber Doyle sagt ihm nur, die habe er fortgeworfen.

Während Gavin verzweifelt weiterfährt, kehrt Doyle um und holt die offenbar wichtige Akte aus dem Müll.

In der Kanzlei tut Gavin gegenüber den Seniorpartnern Stephen Delano (Sydney Pollack) und Walter Arnell (Richard Jenkins) zunächst so, als sei vor Gericht alles gut gelaufen. Aber dann erklärt er ihnen, er habe die Akte in einem Café liegen gelassen und müsse sie bis zum Abend wiederbeschaffen.

Ein Fax trifft für ihn ein: Quer über die Kopie einer Seite aus dem Erbeinsetzungsvertrag hat Doyle geschrieben: „Better Look At Me“. Gavin, der mit Cynthia (Amanda Peet), der Tochter Stephens verheiratet ist, fragt seine Kollegin und heimliche Geliebte Michelle (Toni Collette) um Rat. Sie gibt ihm die Adresse eines Privatdetektivs, der sich darauf spezialisiert hat, Leute unter Druck zu setzen, um sie zur Herausgabe bestimmter Dinge zu zwingen. Für eine Gebühr von 5000 Dollar macht Mr Finch (Dylan Baker) sich sogleich an seinem Computer zu schaffen und löscht Doyles Bankguthaben.

Gerade als Doyle ein Kuvert an Gavin adressiert, um ihm die Akte zu schicken, erhält er einen Anruf von seiner Bank und erfährt durch eine Nachricht Gavins auf seinem Anrufbeantworter, was der Anwalt gegen ihn unternommen hat.

Während der Mittagspause sitzen Gavin und Michelle im Freien. Da taucht ein Junge auf und drückt Gavin Papierschnipsel in die Hand. Es sind Teile aus der Akte! Er ruft Doyle an. Der verspricht ihm die Rückgabe der Akte für den Fall, dass sein Kontostand innerhalb von dreißig Minuten wiederhergestellt ist. Gavin telefoniert sofort mit Mr Finch und drängt ihn, alles rückgängig zu machen.

Als Doyle eine halbe Stunde später zur Bank kommt, stellt sein Kreditberater Ron Cabot (Matt Malloy) verblüfft fest, dass das Konto wieder im Plus ist. Allerdings heißt es auf dem Bildschirm, Doyle sei überschuldet. Cabot kann sich das alles zwar auch nicht erklären, und Doyle versichert ihm, dass es sich um das Werk eines Hackers handele, aber den Kredit für den Hauskauf bekommt er nicht. Wütend zertrümmert Doyle das Terminal.

Inzwischen hat Gavin herausgefunden, dass seine Seniorpartner sich mit dem Erbeinsetzungsvertrag selbst bereichern wollen. Dunne unterschrieb ihn auf dem Totenbett zu einem Zeitpunkt, als er bereits nicht mehr wusste, was er tat. Cynthia erzählt ihm, ihre Mutter (Tina Sloan) wisse seit langem von Stephens betrügerischen Anwaltsgeschäften und seinen Seitensprüngen, aber sie halte zu ihm, denn sie lebe von seinem Geld. Ebenso werde sie sich verhalten, obwohl sie über Gavins Affäre mit Michelle im Bilde sei. Cynthia drängt ihn, den Vorschlag seiner Seniorpartner anzunehmen und dem Gericht eine gefälschte Akte zu schicken.

Doyle verabredet sich mit Gavin, angeblich, um ihm die Akte zu übergeben. Auf dem Roosevelt Drive erfährt Gavin durch einen Anruf von Mr Finch, dass sich der vorgetäuschte Bankrott Doyles nicht mehr rückgängig machen ließ. In diesem Augenblick überholt ihn ein Taxi. Vom Rücksitz aus winkt Doyle mit einem Radmutternschlüssel. Als Gavin begreift, was das bedeutet, ist es bereits zu spät: Sein linkes Vorderrad fällt plötzlich ab, und er gerät ins Schleudern. Wie durch ein Wunder klettert er nur leicht verletzt aus dem Wrack.

Um sich für den Anschlag zu rächen, sucht Gavin die Schule auf, in die Doyles Kinder gehen und warnt die Lehrerin vor einem Entführungsversuch des vor dem Familiengericht unterlegenen Vaters. Dann ruft er Doyle an, nennt einen falschen Namen und alarmiert ihn wegen eines angeblichen Unfalls seiner beiden Söhne in der Schule. Erwartungsgemäß nimmt Doyle sofort ein Taxi, rennt in das Schulgebäude und schreit nach Stephen und Danny. Daraufhin wird er vorübergehend festgenommen.

Eigentlich möchte Gavin alles wieder in Ordnung bringen, sowohl die Sache mit Doyle als auch die mit dem Erbeinsetzungsvertrag. Aber die Seniorpartner haben dem Gericht bereits eine Fälschung zugestellt.

Als Doyle bei Gavin im Büro auftaucht, um ihm die Akte auszuhändigen, wird sie nicht mehr gebraucht.

Beim Abendessen mit Cynthia und seinen Schwiegereltern an diesem Freitagabend wirft Gavin unvermittelt die Akte auf den Tisch und erklärt, er werde sich ab Montag als Anwalt für wohltätige Zwecke einsetzen, Mina Dunne eine Überweisung seiner Seniorpartner in Höhe von 3 Millionen Dollar ankündigen und dafür sorgen, dass ein von ihm Geschädigter zu einem Haus kommt. Am Wochenende sucht er Valerie Gipson auf und überredet sie, mit den Kindern zu ihrem Mann zurückzukehren.

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„Spurwechsel“ handelt davon, was geschehen kann, wenn Weiße und Schwarze sozusagen nicht in ihrer Spur bleiben und die Gesellschaft nicht so akzeptieren wie sie ist. Roger Michell (Regie), Chap Taylor und Michael Tolkin (Drehbuch) lassen einen weißen Yuppie und einen schwarzen Underdog bei einem Verkehrsunfall aufeinanderprallen. Daraus entwickelt sich mitten in einer zivilisierten Stadt ein Kleinkrieg. Der weiße Rechtsanwalt wird am Ende geläutert: Er verweigert sich den betrügerischen Praktiken seines Seniorpartners und Schwiegervaters. Seinem afroamerikanischen Gegner verschafft er Gerechtigkeit und die Möglichkeit, wieder mit Frau und Kindern zusammenzuleben.

Nicht alles in diesem auf die Ereignisse eines einzigen Tages komprimierten Film von Roger Michell ist plausibel, aber als spannendes Rachedrama mit einem moralischen und gesellschaftskritischen Anspruch ist „Spurwechsel“ durchaus sehenswert.

Außer der Filmmusik von David Arnold ist der Song „Waiting in Vain“ von Bob Marley in „Spurwechsel“ zu hören.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2005

Roger Michell (kurze Biografie / Filmografie)

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